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Reine Spekulation: Was ist das neue Projekt “Hyperloop” von Elon Musk?

Eine Idee steht manchmal recht allein da. Nackt und ungeschützt. In ihren frühesten Anfängen, nur schwer umsetzbar, extrem aufwendig und somit teuer. Im Verkehrsbereich existieren eine Vielzahl von neuen Fahrzeugkonzepten, Motoren, Umschlagkonzepten, die alle an der einen oder anderen Hürde scheitern. Meistens fehlt das Geld, manchmal liegt es aber auch an der Qualität der Idee selbst. Nicht jede gedachte Revolution erwächst auch zu einer richtigen. So manche Technologie, die in der Simulation und auf dem Reißbrett funktioniert, wurde von der Realität eines besseren belehrt. Problematisch ist nur: Die Einführung eines neuen Verkehrsmittels kann Milliarden verschlingen und je stärker die Kosten wachsen, desto ärgerlicher ist das Scheitern. Bestes Beispiel ist der Transrapid.

Ab und zu gibt es aber auch Ideen, bei denen man ins Grübeln kommt. Man liest von einem Konzept und kommt dann unvermittelt ins Stocken. Dieses Mal war es der Ideengeber, der mich die Idee nicht gleich wieder verwerfen ließ: Elon Musk! Ja, er hat es schon wieder getan.Paypal (Revolution des Online-Payments), Tesla Motors (man kann durchaus behaupten, dass dieses Elektroauto die Automobilindustrie vor sich hertreibt) und Space X (das zurzeit weltweit einzige private Unternehmen, das in der Lage ist, ein Raumschiff in eine Erdumlaufbahn zu bringen und anschließend wieder sicher auf der Erde zu landen), haben bewiesen, dass Elon Musk durchaus ein Händchen für gute Ideen hat. Ich muss an dieser Stelle auch eingestehen, dass ich durchaus Bewunderung für Elon Musk übrig habe, ohne durch die rosarote Brille bei jeder Idee “Hurra!” zu rufen.

Aus Elon Musks neustem Einfall ist die Idee für ein neues Hochgeschwindigkeitsverkehrsmittel entstanden, das Los Angeles und San Francisco (560 km) in weniger als 30 Minuten (~1.100 km/h) miteinander verbinden soll.

Zurzeit ist über den “Hyperloop” noch wenig bekannt. Das ist bei Ideen, die zwischen Verstand und Umsetzung schweben, auch nicht selten. Daher kann man diesen Artikel auch als rein spekulativ ansehen. Das Ziel ist jedoch klar: Nach Musks Plänen soll der Hyperloop neben Flugzeugen, der Eisenbahn, Automobilen und Booten die fünfte wichtige Verkehrsart werden (Fuß- und Radverkehr kommt in den USA nicht vor). Eine Autofahrt von Los Angeles nach San Francisco dauert heute je nach Stauaufkommen etwa sechs Stunden, mit dem Zug mangels Direktverbindung 12 Stunden. Das Flugzeug befindet sich zwischen beiden Städten etwa eine Stunde in der Luft. Hinzu kommen noch die Zu- und Abgangszeiten zum / vom Flughafen.

In den Namen “Hyperloop” lässt sich einiges hineininterpretieren. So spezifisch der Name auch ist, lässt sich einiges in die Wortteile “Hyper” und “Loop” hineininterpretieren. In Interviews und öffentlichen Reden wurde Hyperloop durch Musk folgendermaßen beschrieben:

  • günstiger als Hochgeschwindigkeitszüge (“Cheaper than high speed rail”)
  • keine Wartezeitverluste (“it leaves when you arrive”)
  • bodengestützt (“ground based”)
  • Es ist nicht von der Wetterlage abhängig (“It’s not subject to weather.”)
  • nicht schienengebunden (“no rails required”)
  • günstiger als ein Zug / Flugzeug / Pkw oder Boot
  • schneller: Faktor 2 im Vergleich zum Flugzeug, Faktor 4 im Vergleich zur Eisenbahn und Faktor 12 im Vergleich zum Pkw
  • es kann vollständig mittels Solarenergie angetrieben werden (” It can be self powering with solar energy”)
  • Unfälle sollen nicht möglich sein (“It would be unable to crash.”)
  • Die Baukosten sollen bei etwa sechs Milliarden Dollar liegen. (“The cost of the SF-LA Hyperloop would be in the $6 billion range.”)
  • es ist kein (!) luftleerer Tunnel (“It is not an evacuated tunnel”)

Insbesondere der letzte Punkt ist interessant, da dies die Nutzung einer vakuumierten Tunnelröhre ausschließt. Für die geplanten Geschwindigkeiten bei gleichzeitig niedrigeren Kosten bleibt nur noch die umgekehrte Variante übrig. Ab hier wird es jetzt rein spekulativ. Anstatt das schwieriger herzustellende Vakuum zu erhalten, ist es viel einfacher, eine Tunnelröhre unter Druck zu setzen und den Luftdruck als Antriebsunterstützung zu nutzen. In einem überirdischen Tunnel fahren mehrere Podcars, die elektromagnetisch schweben und mittels Linearmotoren angetrieben werden. Das führende Podcar ist einem starken Luftwiderstand ausgesetzt. Durch die engen Fahrzeugfolgeabstände wird die Luft durch die nachfolgenden Podcars verdichtet und vor sich hergeschoben, bis diese auf ein vorausfahrendes Podcar trifft und diesem einen zusätzlichen Schub (Schubspannung) verleiht.

Dieser – natürlich rein spekulative – Aufbau ist für mich persönlich der einzig schlüssige. Allerdings steigt der Luftwiderstand des führenden Fahrzeugs mit dem Quadrat der Geschwindigkeit, sodass man eine Rückführung der verdichteten und energetisch nutzbaren Luft benötigt (deswegen Loop?), um diese dem letzten Fahrzeug in Gegenrichtung zur Verfügung zu stellen. In einem am Ziel offenen System wäre ansonsten der Energieverlust zu hoch.

Paul hat das Prinzip in den Kommentaren mit dem heutigen Stand der Technik in der Automobilindustrie in Verbindung gebracht:

Eine umlaufende, geschlossene Verbindung. Die darin befindliche Luft muss praktisch nur 1x auf die 1100km/h beschleunigt werden und danach muss “nur noch” der Rohrreibungs- und Umlenkwiderstand überwunden werden. Wenn man das geschickt konstruiert, dann ist den notwendige Energie in der Tat nicht überdurchschnittlich hoch.

Die Tubes mit den Passagieren könnten auf einer tangential einkuppelnden Geraden angesaugt werden und durch die niedrige Viskosität von Luft ist selbst bei hohen Druckunterschieden der Ruck des Tubes nicht so stark. Eine Luftsäule dämpft eben sehr stark. […] Ob Wasserrohre, Luftkanäle oder elektrische Netze, alles die gleichen Differentialgleichungen für die Berechnung. Die Elektroingenieure die er offiziell für Tesla recruitet können ohne Probleme an der Auslegung eines solchen Systems arbeiten.

Die Grenzen der Physik wird auch Elon Musk nicht aufheben können. Und der Bau eines landgebundenen, über 1.000 km/h schnellen Verkehrsmittels dürfte auch recht schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein. In Kalifornien sind ja bereits der Aufbau einer Schnellfahrstrecke und die Aufnahme eines Hochgeschwindigkeitszugverkehrs mit einigen Problemen verbunden. Und dabei handelt es sich um bewährte und funktionierende Technik! Aber harren wir der Dinge, die da kommen werden. 

Alternativ bauen wir einfach Evacuated Tube Transport (ETT) des US-Unternehmens ET3. Ist nämlich ebenfalls viel schneller als heutige Verkehrssysteme und kostet zudem nur einen Bruchteil der Baukosten einer Schnellfahrstrecke oder einer Autobahn. Klingt irgendwie auch zu gut, um wahr zu sein:

Wenn ich jemandem die Umsetzung eines solchen Projekts zutrauen würde, dann Elon Musk.

Anonymous

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Paul
24. Januar 2013 18:54

Meine These wäre ja folgende:
Er nutzt das Prinzip, wie es auch bei Windtunneln der Automobilindustrie verwendet wird: http://j.mp/VlIzdU

Eine umlaufende, geschlossene Verbindung. Die darin befindliche Luft muss praktisch nur 1x auf die 1100km/h beschleunigt werden und danach muss “nur noch” der Rohrreibungs- und Umlenkwiderstand überwunden werden. Wenn man das geschickt konstruiert, dann ist den notwendige Energie in der Tat nicht überdurchschnittlich hoch.

Die Tubes mit den Passagieren könnten auf einer tangential einkuppelnden Geraden angesaugt werden und durch die niedrige Viskosität von Luft ist selbst bei hohen Druckunterschieden der Ruck des Tubes nicht so stark. Eine Luftsäule dämpft eben sehr stark.

So etwas kann man natürlich nicht entwickeln ohne entsprechende Fachleute anzuwerben. Aber da hat Elon Musk auch einen großen Vorteil: Ob Wasserrohre, Luftkanäle oder elektrische Netze, alles die gleichen Differentialgleichungen für die Berechnung. Die Elektroingenieure die er offiziell für Tesla recruitet können ohne Probleme an der Auslegung eines solchen Systems arbeiten.

Genial der Typ.

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Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) hat mich im Rahmen der VDV-Jahrestagung 2013 in Mainz als “Talent im ÖPNV” des Jahres 2013 ausgezeichnet. Der VDV vertritt rund 600 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs, des Schienenpersonennahverkehrs, des Schienengüterverkehrs, der Personenfernverkehrs sowie Verbund- und Aufgabenträger-Organisationen.

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Verfasst von:

Randelhoff Martin

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Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
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