Analyse Straßenverkehr Telematik, Apps und IKT Verkehrspolitik

[Pkw-Maut] Vorschlag für eine datenschutzkonforme fahrleistungsabhängige Maut

Alles Wissenswerte zum Thema Pkw-Maut / Infrastrukturabgabe in Deutschland finden Sie in unserem Dossier.

Die Einführung einer Straßennutzungsgebühr, deren Höhe von der Fahrleistung, der Straßenkategorie sowie von der Zeit der Fahrt abhängig ist, wird sehr oft mit Datenschutzbedenken abgelehnt (siehe bspw. diese Diskussion). Meiner Meinung nach ist die Einführung einer derartigen Maut mit heute verfügbaren Mitteln datenarm und datenschutzkonform möglich. Nur eine nachfrage- und somit auslastungsabhängige Preisgestaltung erfordert eine Totalüberwachung aller Fahrten in Echtzeit. Diese ist aus Gründen des Datenschutzes und dem Prinzip „Wo der Trog, da kommen die Schweine“ bedenklich und daher abzulehnen.

Ich möchte daher an dieser Stelle einen Vorschlag für eine datenschutzkonforme fahrleistungsabhängige Maut machen, den ich zur Diskussion stellen möchte.

Grundlage der Mautermittlung sind vier Komponenten: Fahrzeugtyp, Straßenkategorie, Zeitraum der Fahrt sowie Fahrweite.

Straßenkategorie

Der Preis je zurückgelegten Kilometer orientiert sich an dem Straßentyp, welches das Fahrzeug nutzt. Differenziert wird nach vier verschiedenen Straßenkategorien: Autobahnen, Bundesstraßen, Landes-/ Staatsstraßen sowie Kreis- und Gemeindestraßen.

Strassennetz von Hof an der Saale
Straßennetz mit verschiedenen Straßenkategorien (Rot = Bundesstraße, Orange = Staatsstraße, weiß = Gemeindestraßen) meiner Heimatstadt Hof – Karte: OpenStreetMap, © OpenStreetMap-Mitwirkende unter Open Data Commons Open Database License (ODbL)

Für jeden zurückgelegten Kilometer ist ein differenzierter Betrag zu bezahlen. Ein Kilometer Fahrt auf der Autobahn ist aufgrund der hohen Bau- und somit Kapitalkosten je Kilometer, des wirtschaftlichen Vorteils aufgrund des Geschwindigkeitsvorteils multipliziert mit den individuellen Zeitkosten sowie den höheren Bau- und Unterhaltskosten je Nutzungseinheit am teuersten, gefolgt von Bundesstraßen, Landesstraßen und am unteren Ende der Preisspanne Kreis- und Gemeindestraßen, da diese von Nutzern des Straßennetzes am intensivsten genutzt werden und an dieser Stelle auch eine soziale Komponente greift.

Es ist zu klären, wie mit Bundes- und Staatsstraßen innerhalb von Kommunen verfahren wird und ob Straßen innerhalb eines Ortes generell als Gemeindestraßen abgerechnet werden.

Fahrzeugtyp

Zahlungspflichtig sind alle Straßennutzer, d.h. Pkw (bis 3,5 t), Motorräder sowie Busse. Für Lkw ab einem Gewicht von 3,5 Tonnen sollte das heutige Lkw-Mautsystem beibehalten, jedoch auf alle Straßenkategorien ausgeweitet werden. Eine preisliche Differenzierung innerhalb des Pkw-Bereichs nach CO2, Verbrauch, o.ä. sollte durch eine Reform der Energiesteuer statt durch eine Differenzierung bei den Straßennutzungsgebühren dargestellt werden.

Zeitliche Komponente

Ein Tag wird in mehrere Zeitblöcke unterschiedlicher Länge unterteilt. Die Zeiteinteilung sollte eine unvollkommene Lenkungswirkung beinhalten, das heißt nach Haupt- und Nebenzeiten differenzieren:

  • Hauptzeit: 06:30 – 09:00 Uhr sowie 15:30 – 18:00 Uhr
  • Nebenzeit: 00:00 – 06:30 Uhr sowie 18:00 – 00:00 Uhr

Funktionsweise

In jedem Fahrzeug wird eine OnBoard-Unit installiert. Auf dieser befindet sich entsprechendes Kartenmaterial, welches zwischen den verschiedenen Straßenkategorien differenziert. Entsprechend des Standorts wird der jeweilige Kostensatz der genutzten Straßenkategorie gewählt.

Alternativ könnte die Straßeninfrastruktur entsprechend einer Infrastructure2Vehicle-Kommunikation aufgerüstet werden. Sender, welche an Straßenschildern angebracht sind, signalisieren die Einfahrt in die jeweilige Straßenkategorie. Bei Autobahnen dienen Auf- / Abfahrten als trennendes Element, die Trennung zwischen dem Gemeinde- und Kreisstraßennetz zur Festsetzung der Mittelaufteilung (kein preislicher Unterschied) kann über Ortseingangs- bzw. Ausgangsschilder sichergestellt werden. Generell beginnt jede Autofahrt zunächst im Gemeinde- bzw. Kreisstraßennetz und kann dann in höherwertige Netzkategorien einfallen.

Die einzelne Fahrt wird mittels folgender Informationen abgewickelt: Fahrzeugtyp (fix), Zeit der Fahrt (keine Speicherung, nur für die Tarifwahl wichtig), Fahrleistung je Streckenkategorie (Kombination aus fahrzeugseitigen und infrastrukturseitigen Informationen). Während jeder Fahrt werden dem Fahrzeughalter, ähnlich wie auf einem Taxameter, die Kosten angezeigt. Dies soll dem Fahrzeugführer die Kosten bzw. vielmehr den Wert eines jeden zurückgelegten Kilometers nahebringen und neben den monetären Anreizen durch den psychologischen Effekt zu einer Reduktion der Fahrleistung motivieren. Die angefallenen Daten werden einmal am Tag, in der Woche oder im Monat gesammelt an eine Clearingstelle übertragen.

Abrechnung und Überwachung

Meiner Meinung nach dürfte dieses System datenschutzrechtlich akzeptabel und mit minimalem Datenaufkommen verbunden sein. An staatliche Stellen wird ausschließlich die Höhe der angefallenen Straßennutzungsgebühren zuzüglich des Kennzeichens übermittelt. Schuldner ist der Fahrzeughalter, die Forderungen werden durch die Kfz-Steuerstelle der Zollverwaltung (ab 1. Juli 2014 übernimmt die Zollverwaltung die Verwaltung der Kfz-Steuer von den Finanzämtern der Länder) eingetrieben. Die Aufteilung der Finanzmittel erfolgt entsprechend der zurückgelegten Fahrleistung auf Straßen der jeweiligen Kategorie und werden an den jeweiligen Baulastträger weitergegeben.

Da jeder Kfz-Halter zum Einbau der entsprechenden OnBoard-Unit in ein in Deutschland zugelassenes und somit der Kfz-Steuerstelle bekanntes Fahrzeug verpflichtet wird, kann auf den Aufbau entsprechender Überwachungstechnologie und –strukturen verzichtet werden. Im Rahmen der normalen Polizeikontrollen können der Einbau und die ordnungsgemäße Funktion der OnBoard-Unit stichprobenartig überprüft werden. Bei Missbrauch und Manipulation sind empfindliche Bußgelder von mindestens 5.000 Euro zu erlassen, bei Fehlen der OnBoard-Unit erlischt die Betriebserlaubnis.

Einbeziehung ausländischer Fahrzeugführer

Ausländische Fahrzeuge müssen Tages-Vignetten kaufen, die neben den Vertriebskosten eine Pauschalgebühr umfasst, die sich anhand der durchschnittlichen Fahrleistung je Straßenkategorie eines ausländischen Autofahrers bemisst. Da diese jedoch nur näherungsweise das reale Fahrverhalten abbilden kann, ist diese Gebührenart aufgrund ihrer Unvollkommenheit für die Erhebung von Straßennutzungsgebühren bei deutschen Autofahrern ungeeignet.

Investitionen

Kostenseitig sind auf Infrastrukturseite sowie fahrzeugseitig entsprechende Investitionen notwendig, die jedoch aufgrund von Skalenerträgen und ihres Charakters als Einmalkosten nur gering ins Gewicht fallen. Der Aufbau der Vertriebsinfrastruktur für Vignetten sollte keine hohen Investitionen erfordern.

Der Realisierungszeitraum dürfte etwa drei bis vier Jahre betragen. Dieser Zeitraum sollte zudem für die Anpassung der Energiesteuer (Artikel folgt) genutzt werden.

Ich würde mich sehr über eine kritische Auseinandersetzung mit meinem Vorschlag für eine datenschutzkonforme fahrleistungsabhängige Maut freuen. Verbesserungsvorschläge sind ebenso wie ein Verriss meiner Idee bei Vorhandensein der entsprechenden Argumente willkommen!

Anonymous

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
23 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments
Karin
Karin
20. November 2013 08:29

Also berechnet wird die maut nach Fahrtweite und Zeitraum der Fahrt?? Wie soll das denn gehen? Muss man dann vor jeder Fahrt wenn man an einen Mautpflichtige Straße kommt ein Ticket ziehen oder was? Warum nicht einfach wie in anderen Ländern auch (zB Österreich, Tschechien,…) einfach eine Vignette für gewisse Zeiträume: 10 Tage, 2 Monate, 6 Monate, 1 Jahr. is doch viel sinnvoller.

Arthur
19. November 2013 22:12

Ein guter Ansatz! Auf jeden Fall muss unser Mautsystem überarbeitet werden. Momentan sorgt dieses HiTec-System auf den Autobahnen eher für verstopfte Bundesstraßen.

Paul
Paul
18. November 2013 21:06

Hallo Martin,

ich muss zunächst einmal sagen, dass mir dein artikel und vor allem dein lösungsvorschlag für die mautproblematik sehr gefallen hat. so ein system wäre sicherlich das gerechteste, jedoch sehe ich die hohen installationskosten kritisch.

da erscheint mir eine vignettenmaut die erfolgsversprechendere methode.
schließlich könnte man diese doch auch etwas differenzieren, um sie stärker dem verursachergrundsatz anzupassen. dabei muss es nicht nur um angebote für verschiedene zeitspannen gehen (z.b. monatsvignetten) die wahrscheinlich nur für ausländer interessant sind. beispielsweise könnte man auch vignetten unterschiedlichen typs einführen. ich denke dabei an autobahnvignetten die alle straßenarten einschließen, baisisvignetten, die keine autobahnmaut enthalten und eventuell auch nebenzeiten-vignetten außerhalb der pendelverkehrzeiten….

sicherlich gibt es verschiedene weitere möglichkeiten für vignettenkategorien…

meiner meinung nach wäre es zumindest eine überlegenswerte ideee, autofahrer auf diese weise ein gewisses maß an wahlfreiheit zu geben, wie viel geld sie für ihre mobilität bezahlen möchten…

jwn
jwn
18. November 2013 11:22

Moin,

es fiel schon das Wort Überwachungsfetischisten. War zwar sichtlich nicht abwertend gemeint, aber den Einfluss des Aspekts des Datenschutzes auf die öffentliche Meinung sollte man nicht unterschätzen. Wer ein Projekt dieser Größenordnung aufziehen möchte, braucht ein Maximum an gesellschaftlicher Akzeptanz. Den Datenschutz sollte daher auch derjenige achten, der dieses Prinzip selber geringschätzt.
Im Gegensatz zur LKW-Maut trifft einen PKW-Maut jeden, weshalb ein enormes Potential für eine Emotionalisierung der Debatte vorhanden
ist.

Am Besten gefällt mir wirklich die Idee den Kilometerzähler zu verwenden, womit einige technische Probleme bei GPS-Nutzung vermieden werden (Tunnel) und auf eine Technik gesetzt werden kann, die seit Jahrzehnten verbaut ist. Andererseits sehe ich das Problem, dass es immer noch viele Fahrzeuge auf deutschen Straßen gibt, bei denen nur ein mechanischer Zähler vorhanden oder keine Auslesemöglichkeit vorhanden ist. Ich würde daher nicht auf GPS verzichten, das eventuell innerhalb der OBU/Blackbox dazu verwendet werden kann, eine Manipulation des ausserhalb liegenden Kilometerzählers auszuschliessen. Denn auch wenn eine Manipulation bereits heute verboten ist, ist gegenwärtig der finanzielle Anreiz einer Manipulation abseits vom Fahrzeugverkauf nicht sonderlich groß.

Was das Problem historischer Fahrzeuge angeht, könnten man ja auf den Einbau der OBU bei Fahrzeugen mit H-Kennzeichen verzichten.

In die Straße eingelassene Systeme ähnlich der genannten Balise müssen nicht unbedingt passiv sein, neben der Straße müsste ja sowieso auf den Wechsel der Kategorie und die Mautpflicht hingewiesen werden. Und solarbetriebene Messstationen entlang von Autobahnen gibt es heute schon in Massen. Bei in die Straße integrierten Systemen sollte auch die Umsetzung einfacher sein, da eine Zuordnung der Signale auf mehrspurigen Straßen durch physische Nähe einfacher ist, als durch Systeme am Straßenrand. Eine Kontrolle durch eine Zählschleife sollte auch einfacher und datenärmer sein, als eine Kontrolle per Kamera, wie sie jetzt bei der LKW-Maut eingesetzt wird.

Zu der Übertragung von Informationen: solange nicht schwerwiegende Gründe dafür sprechen, würde ich auf jeden Fall auf eine Funkübertragung verzichten. Es wird sehr komplex und sehr teuer, diese Übertragungsmöglichkeit gegen Manipulation und Missbrauch zu sichern. Ein System dieser Größe und wirtschaftlichen Bedeutung wird sicherlich erheblichen Angriffen ausgesetzt sein. Die Jailbreaks von Apple iOS-Geräten zeigen ja mit schöner Regelmäßigkeit, dass bei ausreichender Verbreitung und einem hinreichenden Interesse, selbst mit enormen finanziellen Aufwand gesicherte Systeme irgendwann fallen. Und auch wenn die Daten verschlüsselt übertragen werden, kann z.B. eine Übertragung an weit verbreitete Mautbrücken einen staatlichen Missbrauch nicht ausschließen. Und selbst wenn es geschafft wird, das System ausreichend zu sichern, ist es wahrscheinlich früher oder später möglich, per Fingerprinting einzelne Fahrzeuge zu tracken.

Idealerweise sollten die Informationen daher nur bei tatsächlichem physischen Zugriff ausgelesen werden können. Damit kann ich als Fahrzeughalter auch ohne großen technischen Sachverstand sicherstellen, dass der Zugriff nur mit meinem Einverständnis geschieht und ich kann mich selber von der Korrektheit der Informationen überzeugen. Physischer Zugriff und ein Siegelbruch sind etwas, das jeder versteht und damit einen hohe Transparenz und Kontrollierbarkeit schaffen.

Und zu der Ausweitung auf Motorräder: diese mögen im Stand zwar nicht die gleiche Fläche beanspruchen wie ein Auto, während der Fahrt sollten sie aber ähnliche Sicherheitsabstände erfordern und schränken damit die Kapazität einer Straße einem Auto entsprechend ein. Die geringe Achslast kann ja bei der Mautfestlegung berücksichtigt werden. Letzten Endes nutzen die Motorräder aber die gleiche Infrastruktur und haben vergleichbare externe Kosten, sodass sie an beidem eigentlich in gleichem Umfang beteiligt werden sollten.

Die Maut sollte übrigens bundeseinheitlich sein und eine Verteilung der Gelder unabhängig sein von der Straßennutzung in den einzelnen Ländern. Eine lokale, streckenbezogene Erhöhung der Maut bspw. innerhalb einer Kommune sollte nicht an diese ausgeschüttet werden, da die Erhöhung nur Steuerung der Verkehrsströme verwendet werden sollte.

Überhaupt kann ich mir nicht erklären, warum immer mit so einer hohen Komplexität gedacht werden muss. Unsere Wasser- und Stromzähler funktionieren ja auch ohne extrem komplexe technische Überwachungsmöglichkeiten per GSM. Die Komplexizität der LKW-Maut rührt wahrscheinlich daher, dass hier auch eine Vielzahl ausländischer Fahrzeuge, ständig wechselnde Fahrzeugkombinationen und auch die Einsatzzeiten der Fahrer kontrolliert werden sollten.

Clemens Auburger
Clemens Auburger
17. November 2013 12:04

Und wie wäre es mit einem radikal anderen Vorschlag: Wir erheben keine Maut. Eine Reduzierung des Verkehrs wird erreicht, indem Kraftstoffe besteuert werden. Wer viel fährt und wessen Auto einen hohen Spritverbrauch hat, wird also verstärkt besteuert. Die Wahl der Straßenkategorie überlassen wir hierbei dem Autofahrer selbst. Wenn sich der Verkehr dadurch auf Autobahnen konzentriert, ist das optimal, da dort das Unfallrisiko am geringsten ist und gegen die Lärmbelästigung am einfachsten Maßnahmen getroffen werden können, beispielsweise Lärmschutzwände.

Ein Vorteil dieses Systems sind die geringen Wartungs- und Installationskosten. Man stelle sich den Aufwand vor, jedes Auto mit einer OBU auszustatten, die dann auch noch regelmäßig Fahrzeugdaten sendet. Wie auch bei der Lkw-Maut gilt: Das Versprechen, die Daten ausschließlich zur Mauterhebung zu nutzen, wird zwar gegeben, aber was die Einhaltung angeht, müssen wir der Politik vertrauen. Und wenn dieses Vertrauen nur einmal enttäuscht wird, dann hat der Staat eine ganz simple Möglichkeit, von jedem einzelnen Bürger ein Bewegungsprofil zu erstellen und natürlich zu speichern – und sei es nur, um “Mautbetrug” zu verfolgen. Alleine schon die Angabe von zurückgelegten Kilometern, nach Streckenprofil aufgeschlüsselt und einmal täglich übermittelt, dürfte schon für eine umfangreiche Rekonstruktion des Nutzerverhaltens reichen.

Und natürlich entfällt der Aufwand, jedes einzelne Ortsschild mit einem Sender auszustatten. Überhaupt, wie sollte das gehen? Was ist mit Schleichwegen wie Feldwegen oder ähnlichem, die ein Fahrer durchaus auch verbotenerweise nutzen kann? Man müsste also auch Feldwege absichern. Der Aufwand wäre beträchtlich, und das, ohne dass dem irgendein Nutzen für den Fahrer gegenüberstünde.

Überhaupt ist es eine völlig falsche Annahme, eine Pkw-Maut würde der Steuerung des Nutzerverhaltens dienen. Die Maut dient dazu, Geld einzunehmen. Daher sind auch Vignettenlösungen so beliebt. Gelegentlich wird behauptet, das Geld diene der Instandhaltung der Infrastruktur. Solange es aber nicht de jure zweckgebunden ist, bleibt das ein leeres Versprechen.

Außerdem: Wenn der Staat das Nutzerverhalten steuern soll, warum soll er dann gerade auf ein Modell setzen, das den Autofahrer dafür belohnt, statt der Autobahn eine Land-, Kreis- oder Gemeindestraße zu nutzen, wo er sowohl durch Lärmemission als auch durch die Unfallgefahr, die nunmal mit der Pkw-Nutzung verbunden ist, einen ungleich größeren Schaden anrichtet? Und wieso sollte er versuchen, mit einer zeitlichen Staffelung das Nutzerverhalten zu beeinflussen? Wer zu Stoßzeiten unterweggs ist, tut das in der Regel nicht, weil ihm der Zeitraum günstig erscheint, sondern weil er es muss. Es gibt bereits einen Anlass, die Stoßzeiten zu meiden: Er heißt Stau.

Clemens Auburger
Clemens Auburger
Reply to  Randelhoff Martin
18. November 2013 08:58

Hallo Martin,

ich denke, der Einfluss einer Maut auf das Nutzerverhalten wird im Allgemeinen überschätzt. Für ein paar Leute, bei denen es von der Fahrzeit her wenig Unterschied macht, ob sie nun Auto oder ÖPNV nehmen, soll man also alle Autofahrer belasten? Auch denjenigen, für den der Umstieg auf ÖPNV bedeutet, für die gleiche Strecke die vierfache Zeit zu benötigen? (Selbst schon erlebt. Die höhere Zuverlässigkeit des Autos ist hier noch gar nicht eingerechnet.)

Die Maut müsste ganz schön hoch angesetzt werden, damit sie wirklich einen Unterschied macht. In meinem Fall müsste es schon ein hoher vierstelliger Betrag im Jahr sein, und selbst dann würde ich eher die Anschaffung eines billigeren Autos erwägen, als auf Bus und Bahn umzusteigen. Außerdem könnte ich die Mehrkosten durch die Maut leicht auf die durchs Autofahren eingesparte Zeit umlegen und länger arbeiten.

Aber wenn die Maut so hoch wäre, dass sie mich dem ÖPNV zutreibt, dann könnten sich andere Menschen ein Auto überhaupt nicht mehr leisten. Und wenn sie so niedrig wäre, dass Autofahren eine Option für Geringverdiener bleibt, dann würde sie in hohen Einkommensschichten gar nicht gespürt.

Was will man also machen? Die Maut ganz niedrig ansetzen, damit der Staat Geld bekommt, aber die Autofahrer ihr Verhalten nicht ändern? Das kann man mit einer Vignette auch erreichen, und das ganz ohne weitere Infrastruktur. Man müsste lediglich Personal für Vertrieb und Überwachung vorsehen.

Beuzüglich der Energiepolitik setze ich auf das Elektroauto. Praxistaugliche Exemplare gibt es schon (Leaf, i3, Zoe), jetzt geht es darum, durch hohe Stückzahl den Preis zu senken und die Modellpalette auszuweiten. Dann wird nachts mit billigem Windstrom aufgeladen, und das reicht für die meisten Pendler. Nun ist das keine Lösung für den Flächenverbrauch des Individualverkehrs – aber das ist die Maut ja auch nicht.

Und solange man den Autoverkehr nicht abschafft, ist es am sinnvollsten, ihn aus den Wohngebieten herauszuhalten. Wie schon gesagt, Unfallgefahr und Lärmbelästigung sind dort am gravierendsten. Man muss nicht jede Gemeinde mit einer Umgehungsstraße ausstatten – da wären wir wieder beim Flächenverbrauch – aber es ist sinnvoll, wenn sich der Durchgangsverkehr auf wenige Straßen beschränkt.

Georg
Georg
Reply to  Clemens Auburger
18. November 2013 10:03

Hallo Clemens,

ich bin in vielen Dingen anderer Meinung.
1. in Martins Vorschlag sind mehrere Steuerungsmöglichkeiten vorgesehen: unterschiedliche Mautsätze zu verschiedenen Zeiten, unterschiedliche Kategorien – insbesondere die Möglichkeit den (Innen-)Stadtbereich zu verteuern und die Möglichkeit den Lastverkehr auf die übergeordneten Straßen zu lenken.
2. der Zeitvorteil bei Nutzung des MIV ist meiner Erfahrung nach minimal:
– in der Stadt, außerhalb der HVZ ca. 5 bis 10 Min.
– in der Stadt zur HVZ ist er nicht vorhanden zumeist sogar negativ
– aus der Peripherie in die Stadt (bei idealer / Autobahnanbindung) ca. 30 bis 45 Min.
– aus der Peripherie in die Stadt (über die Dörfer) je nach Lage von keinem Zeitvorteil bis zu 30 Min.
Sicherlich setzt die Taktfrequenz des ÖPNV außerhalb von Städten eine gewisse eigene Zeitplanung voraus, was aber in aller Regel möglich ist.
Dies ist der Status Quo. Einmal angenommen, dass die Maut so kommen würde, könnte ich mir vorstellen, dass die Infrastruktur verbessert wird (und somit die Reisezeiten im MIV und besonders im ÖPNV attraktiver werden), das Angebot im ÖPNV weiter verbessert wird und abgelegene Gebiete weiter erschlossen werden – den lokalpolitischen Willen natürlich vorausgesetzt.
Ich bin der Meinung, dass der ÖPNV schon jetzt mit dem Auto auf wirtschaftlicher Ebene in den meisten Fällen konkurrieren kann, nur der Aufwand es zu nutzen ist äußerst gering, weil es eben in den meisten Fällen einfach da steht. In einigen Fällen ist es sicher richtig, dass keine akzeptable ÖPNV-Verbindung möglich ist und in diesen Fällen das private Auto ausschließlich mit dem Fahrrad konkurriert. Diese Verbindungen sind aber nicht die problematischsten in Bezug auf die Stauanfälligkeit und die ganzen anderen verkehrlichen Probleme und somit bei unseren Überlegungen zu vernachlässigen.
3. Bei den Elektroautos würde ich nicht sagen, dass es massentaugliche Exemplare gibt. Sowohl bei den Motoren, als auch bei den Akkus werden doch ganz besondere Rohstoffe verwendet. Diese sind schwer zu gewinnen, nicht leicht zu verarbeiten und in vor allem sehr selten – von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Problemen, die sie verursachen einmal abgesehen. Im Falle einer Massenproduktion wären wir also sehr schnell wieder beim Erdöl. Alles schöne Ideen, die es zu Unterstützen gilt, aber eben noch nicht reif für die große, weite Welt.

Georg
Georg
16. November 2013 16:58

Hallo Martin,

nur kurz: Festdatenbaliesen an sich sind keine Option. Obwohl die Vorstellung ein ETCS-ähnliches System für die Straße interessant wäre ;-)
Wenn ich mir ansehe, was bei der Eisenbahn nötig ist, um die Baliesen auslesen zu können… Glaube ich nicht, dass dies praktikabel umsetzbar wäre.

Ich dachte da eher an RFID’s an Straßenschildern, oder in die Fahrbahn eingebaut. Sozusagen ein Maut-Stolperstein. Das Prinzip ist zwar ähnlich zur Festdatenbaliese, aber nicht ganz so groß.

Ich melde mich nachher nochmal. Bis dahin: einen schönen Abend.

Georg

Jan
Jan
16. November 2013 15:19

Der Vorteil der Maut ist, dass diese Regional differenziert und Zeitabhängig erhoben werden kann, also insbesondere Staukosten auf die Nutzer umlegen kann. Daher finde ich es fragwürdig, Motorräder einzubeziehen – diese haben einen deutlich geringeren Platzverbrauch, also deutlich niedrigere Staukosten.

Im Sinne eines möglichst einfachen Systems:

Zeitliche Differenzierung nur ab 3,5t, dies könnte über das bestehende Trollcollect-System erfolgen, das gleichzeitig auf alle Straßen ausgeweitet wird. Warum zwischen Straßenkategorien differenziert werden soll, erschließt sich mir nicht ganz – Autobahnen könnte man teurer machen, da der Nutzen besonders hoch ist (allerdings nicht so sehr für Tempo 80-Limitierte LKWs?), gleichzeitig könnte man Argumentieren das Autobahnen pro Nutzer günstiger sind… Man könnte verschiedene Routen unterschiedlich teuer machen um eine Verkehrsverlagerung zu erzielen, in Würzburg z.b. B19 (durch die Stadt) teuer, dafür den Autobahnabschnitt ggf. etwas vergünstigen um es für LKWs unattraktiv zu machen, durch die Stadt abzukürzen. Also nicht stur nach rechtlicher Einordnung differenzieren, sondern überlegen, wo wünschenswerte Verkehrsverlagerungen erreicht werden können. Wohnmobile bitte nicht gesondert behandeln – wer sich ein 4t-Wohnmobil leisten kann, kann auch Maut zahlen, zudem wird dadurch nur unnötige Komplexität eingeführt. Die (zulässige) Masse kann man leicht ermitteln, ein Wohnmobil rechtssicher abzugrenzen könnte schwierig werden.
Für den PKW-Verkehr braucht es meines Erachtens keine Maut: Hier sollte vielmehr bei der Hauptursache der Verkehrspeaks, den gleichzeitig beginnenden Arbeitszeiten, angesetzt werden. Diese könnten durch Gleitzeitmodelle etwas entzerrt werden – wer die Wahl hat, versucht den Stau zu vermeiden, wer keine Wahl hat wird auch bei einer Maut nicht zu einer anderen Zeit fahren (dann aber ggf. von weniger Stau profitieren). Entsprechend sollte mit weiteren Maßnahmen (Parkraumbewirtschaftung, Öffnungszeiten…) versucht werden, die Peaks zu entzerren. Zudem sollte der Verkehr reduziert werden, z.b. durch Fördern von Carpooling (Betriebliches Mobilitätsmanagement) und natürlich Verkehrsverlagerung in den Umweltverbund. Gerade im städtischen Kontext kann ich mir eine hohe Verlagerungswirkung von hochwertigen Radverkehrsanlagen, an denen die Autofahrer*innen im Stau die Fahrradfahrer an sich vorbeiziehen sehen, vorstellen…

Kurzum: Erstmal die Hausaufgaben machen statt neue Komplexität einzuführen.

Georg
Georg
Reply to  Jan
17. November 2013 03:08

Hallo Jan,

Gleitzeitmodelle bringen sicher ein wenig Entlastung. Jedoch sehe ich keine Möglichkeit der Verkehrspolitik daraufhin einzuwirken. Die Verkehrsbelastung sollte sich dann von alleine regeln, wenn die Bürger für die Nutzung der Infrastruktur ihren Anteil zahlen, wie es jeder andere Verkehrsträger auch muss. (Straßenbahn, Eisenbahn)

bzgl. der anderen Sachen habe ich oben nochmal was geschrieben.

@ Martin: tut mir leid, dass die Antworten so durcheinander geraten sind. Vielleicht kannst du das ja noch ändern… :-/

Jan
Jan
Reply to  Georg
23. November 2013 13:05

Richtig, Gleitzeitmodelle sind kein klassischer Teil der Verkehrspolitik – aber Verkehrspolitisch sinnvoll.

Mein Gedankengang dabei: Wenn die Arbeitenden um 7 Uhr auf Arbeit sein müssen, wird eine höhere Bemautungsstufe von 6-7Uhr die Arbeitenden nicht zur Verlagerungen bringen können, da sie ja nach wie vor um 7 auf Arbeit sein müssen. Ist der Arbeitsbeginn flexibel, werden auch ohne Maut manche ihre Fahrtzeit verlagern. Um diesen Effekt möglichst zu verstärken ist natürlich Notwendig, dass allen bekannt ist wann weniger Stau ist – Google bietet bereits eine Stauprognose in Abhängigkeit von Uhrzeit und Wochentag. Dazu vielleicht noch ne kleine Imagekampagne fürs Stauumfahren.

Wenn man die Arbeitszeiten flexibilisiert hat und trotzdem noch zu viel Stau herrscht, könnte man sich nochmal über eine zeitvariable Maut unterhalten. Aber selbst dann sehe ich noch viele Alternativen, die man umsetzen kann und sollte, bevor eine Maut als beste alternative übrig bleibt.

Georg
Georg
16. November 2013 13:05

Eine sehr gut ausgearbeitete Idee. Einzelne Anmerkungen habe ich noch:

– Wohnmobiele (bis 4 / 4,5 Tonnen) sollten als PKW eingestuft werden
– weitere Kategorien (hattest du ja schon angedeutet): Motorad, Busse, Lkw (3,5 – 7,5 Tonnen), Lkw (7,5 – 12 Tonnen), Lkw (ab 12 Tonnen)
– Busse im ÖPNV (!) sollten eine Ermäßigung bekommen

– zusätzliche Kategorie Innenstadt sollte optional sein um eine weitere Steuerungsmöglichkeit zu haben
– Autobahnen und Bundesstraßen (Autobahnähnliche) sollten auch innerhalb von Städten als extra-Kategorie laufen

– Zeit zwischen 09:00 un 15:30 – Mittelzeit?

– Die Preise für die einzelnen Kategorien sollten nicht fest im Gerät hinterlegt sein, sondern als Rohdaten gesammelt werden. -> Bsp. 10 km * Hauptzeit * Autobahn + …

– Außengrenzen von Deutschland müssten im Gerät hinterlegt werden. -> Bsp: ein Auto wird per Autozug von Hamburg nach Bozen überführt. Dann darf die “Uhr” in Bozen nicht weiter laufen

– dynamische Anpassung der Multiplikatoren finde ich nicht gut und vom kommunikativen Aufwand her schwer vermittelbar

– die Idee einen Datenlogger zu integrieren finde ich gut – aber wie steht es da mit der Verbindung zum Fahrzeug? Einfach nur die GPS-Daten zu loggen ist nicht so toll, weil in Bezug auf die Geschwindigkeit ungenau.

– Interne Karten sind nicht so toll, da diese regelmäßig aktualisiert werden müssten.
– die Intrastrukturseitigen Sender müssen passiv sein, damit die Kosten niedrig bleiben

– die Abrechnung sollte automatisch laufen (per Funkabfrage). Um nicht in jede OBU ein GSM-Modem einsetzen zu müssen (mit den entsprechenden laufenden Kosten), sollten an neuralgischen Punkten Kommunikationsstellen aufgebaut werden. Zuerst könnten die Mautbrücken damit aufgerüstet werden. Später an weiteren Stellen mit hohem Verkehrsaufkommen. Spätestens zur HU müsste das Gerät ausgelesen werden.

– zur Absicherung der Funktion sollte das Gerät alle 2 oder 4 Jahre (im Rahmen der HU) getauscht und anschließend geprüft werden.

– die Idee der Anzeige der Daten, ähnlich einem Taxometer, finde ich sehr gut. Diese sollte die Kategorie der Straße immer aktuell anzeigen und auch eine Abfrage der Tagesleistung möglich seinn -> Kontrollmöglichkeit des Fahrers auf die korrekte Gerätefunktion

– zur besseren Erfassung der zurückgelegten Strecke müsste auch ein zusätzlicher Geschwindigkeitssensor eingebaut werden um z.B. in Tunneln korrekte Daten zur Abrechnung zu sammeln. Dieser könnte auch für die Datenlogger-Funktion genutzt werden…

– ausschließlich Tagesvignetten (1 bis 3 Tage) auszugeben finde ich gut. Alternativ könnten auch Leihgeräte zur Verfügung gestellt werden und die Abrechnung auf den km genau erfolgen. (Ist wohl in Tschechien für Fahrzeuge größer 3,5 Tonnen üblich)

Frage: könnte über dieses System die Maut für LKW nicht sogar ersetzt werden?

Alex
Alex
16. November 2013 12:23

Der Vorschlag ist, vor allem im Vergleich zu den Ideen die ich bisher zur Maut gelesen habe, geradezu genial. Sowohl Nutzungsabhängigkeit, Verteilung als auch Datenschutz werden gut unter einen Hut gebracht. Für Ausländer könnte man statt Vignette eigentlich auch solche Zähler ausgeben, denn ob diese eine Vignette oder das Zählgerät anbringen müssen, macht eigentlich keinen Unterschied. Wobei es dann natürlich schön wäre (und schwer umzusetzen), sie würden den Zähler wieder zurückgeben ;)

Aber wie jwn schon schrieb, gibt es ja leider eher die Tendenz zu unnötig komplizierten und dabei noch fehlerbehafteten Systemen :( Aber dennoch hoffe ich, dass wenn eine allgemeine Maut kommt, sie doch eher diesem Vorschlag entspricht.

Jaheira
Jaheira
Reply to  Randelhoff Martin
20. November 2013 18:59

Die EU verbietet es in der Regel, Ausländer und Deutsche unterschiedlich zu behandeln. Ich weiß nicht, ob es zulässig wäre, Ausländern eine kostengünstigere GPS-Box zu verweigern. Außerdem sind nicht alle Ausländer auf der Durchreise, es gibt auch Urlauber, Praktikanten, Studenten, Gastdozenten, Geschäftsleute… .

jwn
jwn
16. November 2013 11:14

Ein sehr interessantes Modell! Ein Mautsystem, das zeitlich und nach Straßenkategorie differenziert, ist sicherlich in vielfacher Hinsicht das Optimum, aber leider auch starken datenschutzrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Dein Ansatz stellt einen sehr gut durchdachten Kompromiss dar, den ich nur etwas weiterdenken möchte. Insbesondere der Gedanke des Taxameters und seiner psychologischen Wirkung gefällt mir sehr.

Die Hardware im Auto sollte idealerweise wie eine Blackbox gestaltet sein: passiv und autark, zum Auto besteht nur eine Verbindung zur Stromversorgung. Das Gerät verfügt aber auch über einen Akku.

Berechnet wird die Maut, wie du es beschrieben hast. Die zurückgelegte Distanz wird per GPS ermittelt. Die Straßenkategorie wird passiv über strassenseitige Anlagen erkannt.

Die Anlagen werden zu Anfang an Bundes- und Landesstraßen errichtet. Kommunen und Kreisen ist es freigestellt, die Anlagen zu errichten. Eine schrittweise Einführung kann eventuell so den finanziellen Druck von den Baulastträgern nehmen. Der finanzielle Anreiz der Mauteinnahmen sollte genügen, dass das System schrittweise eingeführt wird.

Aufgeteilt werden die Einnahmen gemäß Daten, die durch Zählschleifen gewonnen werden.

Alternativ können auch dynamische Anlagen errichtet werden, die einen stündlich anpassbaren Multiplikator übertragen, um an neuralgischen Stellen auch abhängig vom Verkehrsaufkommen die Maut zu verändern. Den Faktor kann man über das Internet oder Anzeigetafeln am Straßenrand in Erfahrung bringen.

Ausgelesen und übermittelt wird der Betrag durch den Fahrzeughalter über ein Display, kontrolliert wird durch das Finanzamt bei Bedarf, regelmäßig bei der HU oder im Sonderfall durch die Polizei. Das Gerät selbst ist versiegelt und funkt nicht.

Die Blackbox loggt tatsächlich mit, um polizeiliche Ermittlungen nach einem Unfall zu ermöglich. Die Daten sind aber nur durch Siegelbruch und physischen Zugriff möglich. Geloggt wird auch nur bis zu 12 Stunden.

Das Ganze eigentlich nur aus der Perspektive gedacht, ein absolutes Maximum an Datenschutz zu ermöglichen.
Ich denke, dass ein solches minimalistisches System (fahrzeugseitig) alternativlos ist, wenn man eine vielfältige Fahrzeugflotte mit historischen Fahrzeugen und Motorrädern ausrüsten will.

Ich denke auch, dass der Verzicht auf komplexe technische Systeme die Manipulierbarkeit, Fehleranfälligkeit und Missbrauchsmöglichkeiten (insbesondere von staatlicher Seite) gering halten kann.

Inwiefern es möglich ist, dass die Geräte durch interne Karten zumindest anfangs die Straßenkategorie selber ermitteln, kann ich nicht abschätzen. Wäre aber sicherlich sinnvoll, um die Investitionskosten gering zu halten.

Vor dem Hintergrund von Tollcollect und Gesundheitskarte gebe ich mal den Pessimisten und prognostiziere ein hochkomplexes System :P

Und solange Autofahren in Deutschland ein ungeschriebenes Menschenrecht (und Staatsreligion) ist, sind Veränderungen sicherlich schwer umzusetzen..

Georg
Georg
Reply to  jwn
17. November 2013 02:58

Hallo Martin,
hier noch ein paar weitere Gedanken:

Um LKW (und auch KFZ) auf die großen Straßen und außerhalb der Städte zu lenken, könnte man sogar einen zusätzlichen Multiplikator für a) städtische Bereiche und b) für Innenstädte definiert. Dieser sollte durch die Kommune festgelegt werden dürfen. Damit sollte man das abkürzen durch die Stadt vermeiden können.

So ganz steige ich bei der aktuellen LKW-Maut noch nicht durch: sind da Karten / Koordinatenbereiche hinterlegt, die Mautpflichtig sind, oder wie funktioniert das?
Ich denke, dass die LKW-Maut gerne Pate stehen darf. Es ist doch “nur” keine Eingabe nötig. Das GPS-Modul fällt vllt. auch weg. Zusätzlich wären die Lesegeräte für die Ortsmarkierungen z.B. als RFID.

Probleme könnten jedoch auftreten, wenn durch die PKW-Maut die kriminellen Handlungen zunehmen und z.B. die Ortsmarkierungen gestohlen und mitgeführt werden, um permanent in der niedrigsten Datenklasse eingebucht zu sein..?

Verstehe ich das richtig, dass du auf den Kilometerzähler im Auto direkt drauf gehen willst? Ist da nicht der Aufwand sich an die jeweiligen Automodelle anzupassen zu groß? Wäre da nicht ein unabhängiger Odometrie-Sensor besser?

Bei der Preisübertragung von der Infrastruktur aus ist eine Preisanpassung aufwändig und würde das neu Programmieren, oder Austauschen der Ortsmarkierungen erforderlich machen. Eine DAU-Lösung wäre eine vorhandener Datenschnittstelle z.B. GSM nicht nur zur Abrechnung, sondern auch für Preisupdates / Firmwareupdates zu nutzen.
Da die aktuellen OBUs zur Abrechnung offensichtlich GSM nutzen, ist dabei zumindest schon ein Erfahrungswert da. Ich persönlich kann leider nicht abschätzen, wie aufwändig die Abrechnung wia GSM oder extra Daten-Brücken wäre.

Für das 4-Tonnen Wohnmobil bin ich deshalb, weil diese Grenze sehr schnell erreicht ist. Außerdem ist Gerüchten zufolge eine Anpassung der Fahrerlaubnis von Seiten der EU in Arbeit, dass diese auch mit einem 3,5-Tonnen KFZ-Schein gefahren werden dürfen. Hier ist es für den Privatmann ein leichtes seine Reiseplanung entsprechend auszurichten. AUßERDEM: Es würde in jedem Fall keine zusätzliche Kategorie für KFZ mit großem Anhänger (Gesamtgewicht > 3,5 Tonnen) geben! Demzufolge wären Womos den KFZ mit großem Wohnanhänger benachteiligt – mit der entsprechend unschönen Signal.

Die Ermäßigung für Busse des ÖPNV halte ich deshalb für notwendig, weil a) die Busse an den Kosten der Infrastruktur beteiligt werden müssen (herstellen der Kostengerechtigkeit zu SPNV und Straßenbahn) und b) trotzdem der ÖPNV gefördert werden soll. Die Umsetzung wäre meiner Meinung nach aber auch nur über eine zusätzliche Eingabemöglichkeit an dem Gerät nach Muster der aktuellen Maut möglich.

Zur Einführung würde ich vorschlagen, dass in der ersten Stufe die Autobahnen und Schnellstraßen, auf denen die aktuelle Maut gilt mit entsprechenden Ortsmarkierungen ausgerüstet werden und die Maut für Busse und LKW ab 7,5 Tonnen eingeführt wird. Hier könnte man bei den LKW zusätzliche Bedienmöglichkeiten, wie bei den 12 Tonnen LKW erproben. Ich gehe davon aus, dass die “neue” Variante (unabhängig der geplanten Ausweitung auf alle Straßen) günstiger ist. Je nach Erfolg der Einführung sollte das System zügig auf alle Fahrzeugtypen erweitert werden und anschließend auf das restliche Streckennetz erweitert werden. Mit der Erweiterung auf das restliche Streckennetz sollte eine Angleichung der aktuellen Maut-OBUs auf dann aktuelle erfolgt sein.
Der Sinn das alte System zu ersetzen kommt daher, dass eine Erweiterung des bestehenden Systems bedeuten würde zwei sich ähnliche Systeme gleichzeitig zu führen. Ob die Ausweitung und Erweiterung des aktuellen Systems auf lange Sicht günstiger wäre, kann ich nicht sagen, da ich mich mit Zug und nicht mit LKW auskenne… Dazu gibt es kluge Köpfe in den einschlägigen Hochschulen, die sowas sicher gerne schnell mal überschlagen, oder für die Politik das eine, oder andere Gutachten erstellen.

Zur Mittelverteilung an die Städte und Gemeinden sollten die sowieso erhobenen Daten über das Verkehrsaufkommen als Anhaltspunkt genommen werden. Zusätzlich könnte ein Bonus über Zielvorgaben bei der Eindämmung des Verkehrsaufkommens in Relation zu der Einwohneranzahl gezahlt werden. Vorgaben zur Mittelverwendung sollten auch gemacht werden: z.B. 50% Infrastrukturerhaltung /-ausbau (allgemein) + 50% Förderung ÖPNV/SPNV mit dem Ziel der Angebotsverbesserung.
An die Länder sollte ein prozentualer Anteil (z.B. 15-20%?)des Mautaufkommens der oberen Streckenkategorien überwiesen werden. Auch hier sollten Vorgaben zur Mittelverwendung analog zu den Städten und Gemeinden erfolgen.
Der Bundesanteil sollte dem Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und explizit auch Projekten zur Verlagerung und Bündelung von Verkehren auf der Schiene dienen.

Gruß
Georg

Jetzt abonnieren

4.416Fans
8.046Follower
2.618RSS-Abonnements
990Follower
  

Neue Diskussionsbeiträge

  • GeorgNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024DPD weitet Bahnnutzung aus https://www.paketda.de/news-dpd-bahn.html
  • GeorgNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024Ich kann das Fachkräfte-Gejammer nicht mehr hören. Teilweise ist das auch ein Einstellungspraxisproblem. Für manche Firmen aber auch nicht: https://www.ccbaeuml.de/aktuelles/sternstunden-bei-cc-b%C3%A4uml
  • GeorgNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024Minderung und Vertragsstrafe im SPNV RLP https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/9066-18.pdf
  • GeorgNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024https://www.hs-geisenheim.de/hochschule/mitteilungen-veranstaltungen-termine/nachrichten/archiv/detail/n/ein-radverkehrsnetz-fuer-die-mobilitaetswende-ohne-kompromisse-geht-es-nicht/ Mehr als 150 Personen nahmen an der hybriden 6. Tagung „Straße und Landschaft“ teil, zu der Hessen Mobil - Straßen- und Verkehrsmanagement, der Landesbetrieb Mobilität Rheinland…
  • GeorgRandelhoff Martin zu News- und Diskussionsfaden März 2024An der schwedischen Chalmers tekniska högskola (Technische Hochschule Chalmers) wurde eine neuartige Lkw-Front aus Aluminiumwaben entwickelt, welche den Insassenschutz bei Pkw-Lkw-Kollissionen verbessern soll. In Crashtests konnten Verformungen des Pkw-Innenraums um 30 bis 60 Prozent reduziert werden. - https://news.cision.com/chalmers/r/new-truck-front…

Auszeichnungen

Grimme Online Award Preisträger 2012

Zukunft Mobilität hat den Grimme Online Award 2012 in der Kategorie Information erhalten. Ich möchte mich bei all meinen Lesern für die Unterstützung bedanken!

PUNKT Preisträger 2012

Zukunft Mobilität hat den PUNKT 2012 der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) in der Kategorie "Multimedia" gewonnen.

Logo VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) hat mich im Rahmen der VDV-Jahrestagung 2013 in Mainz als “Talent im ÖPNV” des Jahres 2013 ausgezeichnet. Der VDV vertritt rund 600 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs, des Schienenpersonennahverkehrs, des Schienengüterverkehrs, der Personenfernverkehrs sowie Verbund- und Aufgabenträger-Organisationen.

Lizenz

Zukunft Mobilität Creative Commons

Die Inhalte dieses Artikels sind - soweit nicht anders angegeben - unter CC BY-SA 3.0 de lizensiert. Grafiken sind von dieser Lizenz aus Vereinfachungs- und Schutzgründen ausgenommen (Anwendung aufgrund der Verwendung von Grafiken / Bildern mit unterschiedlichen Lizenzen zu kompliziert) außer die CC-Lizenz ist ausdrücklich genannt.

Weitere Informationen

Verfasst von:

Georg

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net