Am Donnerstag der vergangenen Woche (03.04.2014) saß ich mit Prof. Ferdinand Dudenhöffer (Professor für Automobilwirtschaft und deutscher “Autopapst”), Dr. Felix Clary (Sprecher des Verbandes der österreichischen Automobilimporteure, ehemaliger Hauptgeschäftsführer BMW Austria und Leiter der BMW Group Nordic), Prof. Hermann Knoflacher (Auto-Kritiker und Autor („Virus Auto”)) und Doris Holler-Bruckner (Chefredakteurin „Oekonews.at”) in einem Salzburger Fernsehstudio und diskutierte in der Talkshow “Talk im Hangar-7” (ServusTV) über die Zukunft des Automobils.
In der einstündigen Sendung (01:08:05) haben wir uns zu Beginn mit den zahlreichen Vor- und Nachteilen der Massenmotorisierung und des Automobils beschäftigt. Über Raum- und Nutzungsdurchmischung sowie den Aufbau unserer Städte haben wir im Anschluss aktuelle Trends und die Herausforderungen ländlich geprägter Regionen, alternative Antriebstechnologien, den Stand der Elektromobilität und die Wirkung autonomer Fahrzeugsysteme diskutiert.
Ich persönlich war überrascht, dass wir uns relativ kritisch mit den Entwicklungen in der Automobilindustrie auseinandergesetzt haben. Insbesondere von Herrn Prof. Dudenhöffer hatte ich im Vorfeld durchaus andere Statements erwartet. Ebenso überrascht war ich über die Frage “Ist Autofahren am Ende asozial?”, die in einer deutschen Talkshow so vermutlich nicht gestellt werden würde.
Dass was die deutsche Bundeskanzlerin gemacht hat, die 95 g CO2-Grenze in die Zukunft zu schieben, heißt, sie hat drei Jahre lang Elektroautos getötet!
– Prof. Ferdinand Dudenhöffer
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Ferdinand Dudenhöffer argumentiert gut, zeigt aber erstaunlicherweise eklatante Lücken beim Thema fossile Energieresourcen. Tatsächlich verdichten sich die Anzeichen, dass es schon in wenigen Jahren endgültig bergab geht:
http://www.peak-oil.com/2014/04/weitere-peak-oil-anzeichen-bp-im-sinkflug/
Felix Clary verkörpert in perfekter Weise die selbstherrliche Hilflosigkeit der Automobilindustrie: “Wenn sie in einem globalen Wettbewerb stehen, müssen sie ein bissl schneller sein als zu Fuß.”
Hermann Knoflacher spricht einen Satz, der die gegenwärtige Misere von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft schön darstellt: “So lange der Hamster läuft, wird er nie auf eine gute Idee kommen.”
Ich fand auch das es eine Sachliche Diskussion war.
Danke für den Link zur Sendung. Das war ja eine erstaunlich sachliche Diskussion für das deutschsprachige Fernsehen.
Das lag vermutlich an den Diskutanten. Man kann TV-Diskussionen auch sachlich und gewinnbringend für die Zuschauer führen. Leider fehlt es oftmals aber an Diskussionskultur und Zuschauer wünschen es sich ja leider oft, dass es mal so richtig kracht… (jedenfalls denken das die Fernsehmacher und laden sich die entsprechenden Lautsprecher, die Konflikte versprechen, ein.)
Faszinierend in welcher Traumwelt Herr Clary zu leben scheint.
Ich würde es nicht ganz so zugespitzt formulieren. Herr Dr. Clary hat eine gewisse Aufgabe und diese erledigt er augenscheinlich sehr gut.
Er vertritt eben die Interessen der Autoindustrie und muss daher die Vorzüge des Automobils hervorheben. Und Deutschland hat ja durchaus in den vergangenen Jahrzehnten wirtschaftlich sehr von der Automobilindustrie profitiert. Des Weiteren ist eine gewisse Generation mit dem Pkw aufgewachsen und sieht dies als Symbol auch des persönlichen wirtschaftlichen Aufstiegs. Leider eben mit dem Nebeneffekt, dass diese Generation Städte und deren Raumaufteilung so verändert hat, dass wir heute vor großen Herausforderungen stehen. Nicht nur im Umweltbereich, sondern auch in unserer Abhängigkeit vom Pkw und dem Energieträger Erdöl.
Vor 40 oder 50 Jahren hat sich der damalige Weg richtig angefühlt, heute wissen wir um die negativen Effekte. Und haben eben die entsprechenden Veränderungstendenzen, die auf einen gewissen Widerstand stoßen. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier, der sein Verhalten nicht ändern will. Und diesen Bruch zwischen den Generationen, Idealen und Lebensmodellen muss man eben irgendwie moderieren. Dazu gehört aber auch Herr Clary und die Branche, die er vertritt… ;-)
Das er in dieser Runde eine ganz bestimmte Position vertreten hat ist schon klar, aber irgendwie wurde man das Gefühl nicht los, dass er krampfhaft jede Veränderung leugnete. Der Autoindustrie sollte auch klar sein, dass diese Generation sowieso keinen grossartigen Meinungsschwenk mehr durchführen wird. Mich würde lieber mal interessieren, was die Automobilindustrie wirklich an Innovativen Konzepten zu bieten hat.
Car Sharing ist wohl das Konzept der Stunde – aber derzeit fehlt es da noch irgendwie an den geeigneten Autos und Konzepten. Im Augenblick wird CarSharing ja hauptsächlich für die Stadt konzipiert – aber da brauch ich nur sehr selten ein Auto. Aber wie komme ich am Wochenende mit dem Mountainbike in die Berge? Da hilft mir kein Mini und erst recht kein Smart und mit Minutentarifen ist das auch kaum abzubilden. Wenn der Vertreter der Automobilindustrie an uralten Konzepten festhält, dann verliert man die Hoffnung, dass sich da irgendwann mal was bewegt.
Der Markt für Mobilitätsangebote ist gerade im Umbruch und die Automobilindustrie muss sich auch neu selektieren. Auf der einen Seite ein stagnierender und gesättigter Markt in Europa, auf der anderen Seite ein (noch) gut laufender und wachsender Markt in Asien, Südamerika und zukünftig auch Afrika. Jedoch hat man dort nochmal ganz andere Voraussetzungen, eine andere Mentalität und ich persönlich glaube nicht, dass der Pkw sich dort in der gleichen Weise durchsetzen wird wie bei uns. Die begrenzte Fläche und eine sehr hohe Bevölkerungsdichte sind limitierende Faktoren, die man nicht überwinden können wird.
In Deutschland finde ich es sehr schade, dass die DB und die öffentlichen Verkehrsunternehmen die neuen Chancen nicht erkennen bzw. besser gesagt, nicht bereit sind in diesen Bereichen zu investieren: “kein Kerngeschäft”. Ein Argument, das meiner Meinung nach falsch ist, wenn man gesamtsystemisch denkt.
Carsharing ist eine Lösung, die jedoch wie der gesamte öffentliche Verkehr nur bei hohen Dichten wirtschaftlich eigenständig tragbar ist. Daimler, BMW & Co. haben natürlich gewisse Renditeziele, die sie erfüllen müssen. Im ländlichen Bereich wird das Flottenmanagement komplizierter und damit teurer, Minutentarife ineffizienter (höhere Geschwindigkeiten als im Stadtverkehr und damit höhere Fahrweiten, mehr Verschleiß, usw.) und der Zugang (Entfernung zum nächsten Fahrzeug) der große limitierende Faktor.
Carsharing im ländlichen Raum kann aber durchaus funktionieren, dürfte aber aufgrund der Vollkostenrechnung teurer sein. Die Kosten des eigenen Pkw werden ja subjektiv unterschätzt und dann mit den Kostensätzen eines flächendeckenden, aufwändigen Systems verglichen. Ob dann die Nutzungsbereitschaft wirklich so groß ist und die Kosten des eigenen Pkw wirklich dem Preis des ÖPNV / Carsharings gegenübergestellt werden, wage ich mal zu bezweifeln.
Für die Fahrt aus der Stadt (München, o.ä.) in die Berge kann man sicherlich ein Modell finden. Vielleicht hilft auch der klassische Autoverleiher weiter… ;-)
Ich hatte zu diesem bzw. einem ähnlichen Thema Ende 2012 dem europcar-Unternehmensmagazin ein Interview gegeben: https://www.zukunft-mobilitaet.net/10948/urbane-mobilitaet/zukunft-europcar-autovermieter-mietautos-interview/
Eine meiner damaligen Antworten lautete: “Autovermieter sollten auch in die Kurz- und Langzeitvermietung investieren und die Zusammenarbeit mit Carsharing-Anbietern und lokalen Verkehrsunternehmen intensivieren. Insbesondere in der Abrechnung ließe sich Komplexität für den Kunden reduzieren.” Das gilt weiterhin…