Oh je, der arme deutsche Autofahrer. Nicht nur, dass es tagtäglich an der Zapfsäule geschröpft wird, jetzt muss er auch noch sein allseits geliebtes Blech und Leben gegen den neuen Straßenkämpfer auf deutschen Straßen, den Radfahrer, verteidigen. Meint zumindest der SPIEGEL in seiner neuen Ausgabe 37/2011.
Zugebenerweise war ich früher begeisteter SPIEGEL-Leser, dies hat in den letzten Jahren stark nachgelassen. Eigentlich hat sich mein SPIEGEL-Konsum auf den Onlineableger Spiegel Online und meine seltenen Arztbesuche reduziert.
An einem SPIEGEL mit dem Titel “Der Straßenkampf – Rüpel-Republik Deutschland” kann ich allerdings nicht vorübergehen und muss sagen, er hat mich in meiner Meinung voll und ganz bestätigt.
Liest man den SPIEGEL, könnte man meinen auf den Straßen dieser Republik herrsche Krieg und Anarchie. Bereits im ersten Absatz ist von einem selbsternannten Verkehrserzieher die Rede, der vom gescholtenen Radfahrer statt mit einer Entschuldigung mit einem gebrochenen Arm zurück bleibt. Der SPIEGEL konstatiert: Auf deutschen Straßen verrohen die Sitten. Doch ist das Verhältnis zwischen Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmer wirklich so schlecht?
Das Verhältnis ist zerrüttet
Im Rahmen einer Umfrage der DEKRA im April 2011 unter 1.600 Autofahrern, die zur HU kamen, beklagten sich drei von vier Befragten (77 Prozent), dass sich Radfahrer häufig über die Verkehrsregeln hinwegsetzen. Andererseits wirft mehr als jeder zweite Befragte (56 Prozent) den Autofahrern vor, zu wenig Rücksicht auf Radfahrer zu nehmen. Genauso viele sind der Meinung, dass sich Autos und Fahrräder im Straßenverkehr häufig auf Kollisionskurs bewegen und Radler und Autofahrer oft keine Partner, sondern Gegner sind.
Insgesamt haben die Befragten keine gute Meinung über das Verhältnis der Radler zur Straßenverkehrsordnung. Noch nicht einmal jeder Fünfte (18 Prozent) ist der Meinung, dass sich Radfahrer im Allgemeinen an die Verkehrsregeln halten. Selbst von den Befragten, die oft Fahrrad fahren, teilt jeder Vierte (25 Prozent) diese Ansicht. 44 Prozent aller Befragten beklagen, dass Radfahrer öfter Fußgänger in Gefahr bringen. Bei denjenigen, die oft das Fahrrad nutzen, sind es immerhin 41 Prozent. In der Frage nach mehr Sicherheit für Fahrradfahrer sprachen sich zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) für den weiteren Ausbau des Fahrradnetzes aus, 63 Prozent versprechen sich Vorteile durch eine festinstallierte Beleuchtungsanlage an Fahrrädern und 60 Prozent plädieren für die Einführung einer Helmpflicht für Radfahrer. 59 Prozent wünschen eine intensivere Fahrradausbildung für Kinder („Fahrradführerschein“). Auf verhaltene Zustimmung trifft der Vorschlag, die Verkehrsverstöße von Fahrradfahrern konsequenter zu ahnden (55 Prozent).
Anscheinend gibt es derzeit ein sehr hohes Konfliktpotential zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern. Interessant ist jedoch, dass sich auch unter den Autofahrern keine große Mehrheit finden lässt, die für eine schärfere Bestrafung oder Verfolgung von Radfahrern plädieren. Viel mehr wird ein weiterer Ausbau des Radwegenetzes gefordert (die meisten werden wohl auf freie Fahrt hoffen, wenn die Radfahrer auf den Radweg verbannt werden), für eine bessere und vollständige Beleuchtung (ADAC Motorwelt Heft 12/2009, Seite 21, Umfrage in 11 Städten mit 1.500 Radfahrern: 48,10% fuhren mit voller Beleuchtung, 39,40% unbeleuchtet und 12,50% teilweise beleuchtet) und 60% für eine Radhelmpflicht. (Eine Diskussion über das Pro & Contra einer generellen Radhelmpflicht finden Sie hier.)
Jedes Jahr untersucht der ADFC den Zustand des “Fahrradlands Deutschland”. Im Rahmen der Untersuchung werden 2.000 Personen (deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren) befragt. Vergleicht man nun die Forderungen, die Autofahrer im Rahmen der DEKRA-Befragung formulierten mit denen, die die ADFC-Untersuchung nennt, erkennt man, dass sich die Forderungen nicht sonderlich stark unterschieden.
Die ADFC-Untersuchung lässt erkennen, dass die Mehrheit der Befragten dem Radverkehr keineswegs negativ eingestellt ist. Natürlich existiert auch hier ein Verbesserungsbedarf. Eine große Mehrheit der Befragten glaubt, dass man durch den Bau neuer Radwege, einer besseren Verkehrserziehung an Schulen und der Durchführung von Kampagnen zu einem besseren Miteinander im Verkehr gelangen kann. Eine gewisse Überschneidung in den Forderungen lässt sich natürlich auch deswegen erkennen, dass in 87 Prozent der befragten Haushalte ein PKW zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund relativieren sich die Forderungen eventuell ein bisschen; Aussagen wie die folgende gewinnen aber an Brisanz: “Nur 14% der Deutschen stufen die Bundesregierung als fahrradfreundlich ein.” 1
Frage: Und in welchen Bereichen könnte die Politik Ihrer Meinung nach mehr für den Radverkehr tun? – Fahrradland Deutschland – ADFC-Monitor 2009, August 2009, Quelle: Sinus Sociovision; Basis: 2.000 telefonische Interviews
Die genannte Unfallzahl weist eine leichte Tendenz auf
Der nächste Kritikpunkt des SPIEGELs an deutschen Radfahrern ist die gestiegene Zahl der Verkehrstoten. So stieg die Zahl der getöteten Radfahrern in diesem Jahr von Januar bis Mai um 7,9% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Durch die Platzierung dieser Passage im Artikel wird unterschwellig konnotiert, dass durch das rüpelhafte Verhalten der Radfahrer die Zahl der Verkehrstoten steigt. Leider wird hier der falsche Schluss gezogen. Steigt der Anteil des Radverkehrs insgesamt, wie vom SPIEGEL auch richtig auf den nächsten Seiten bemerkt, so muss dies (so traurig es klingt) auch mit einer höheren Zahl Verkehrstoter in diesem Segment einhergehen. Nun kann man natürlich anmerken, dass die Zahl der Opfer im Straßenverkehr seit längerem rückläufig ist. Allerdings muss man dann auch dazu sagen, dass Straßenverkehrsteilnehmer die letzten Jahrzehnte vor allem mit Autofahrern gleichzusetzen waren. Jene haben mit Airbags, Gurt und Knautschzone natürlich eine größere Schutzwirkung als der Radfahrer mit…Nichts.
Betrachtet man zudem die Zahl der verunglückten und getöteten Radfahrer in einem längeren Zeitraum, so fällt einem auch eine Unsauberkeit seitens der SPIEGEL-Autoren auf. Denn die Zahl der verunglückten und getöteten Fahrradfahrer steigt nicht, sondern sinkt:
Statistisches Bundesamt: Unfallentwicklung auf deutschen Straßen 2010, Seite 29
Im Jahr 2009 ist die Zahl der getöteten Radfahrer minimal von 456 (2008) auf 462 gestiegen, wenn man möchte, kann man hier von einer Stagnation sprechen.
Und auch für die Jahre vor 2009 kann man nicht wirklich von einer Explosion der Opferzahlen sprechen:
Statistisches Bundesamt: Unfallentwicklung auf deutschen Straßen 2009, Seite 637
Relativ gesehen mag die Zahl der verunfallten bzw. getöteten Radfahrer stark schwanken. Im Vergleich zu 2007 ist die Zahl der getöteten Radfahrer im Jahr 2008 relativ um 7,3% gestiegen, in absoluten Zahlen ausgedrückt handelt es sich um zehn (!) tödlich Verunglückte mehr als im Vorjahr. Im darauf folgenden Jahr stagnierte die Zahl der Toten und sank im Jahr 2010 wieder um 18 Prozent. Ich kann mir persönlich nicht erklären, woran das genau liegt. Ich vermute allerdings, dass die Witterungsbedingungen einen entscheidenden Einfluss haben dürfte. Man muss auch im Hinterkopf behalten, dass aufgrund der geringen Gesamtzahl bereits ein Toter mehr relativ gesehen eine große Steigerung bedeutet. Und das Statistische Bundesamt erklärt auch, dass die steigenden Unfallzahlen Folge einer wachsenden Radnutzung sind. Das zeigt auch der Bestand an Fahrrädern, der im betrachteten Zeitraum um etwa 13 % zugenommen hat. Von einer aggressiveren Fahrweise ist hier keinesfalls die Rede.
Die unangenehmsten Seiten der deutschen Verkehrsteilnehmer treten nun noch schärfer als in der Vergangenheit hervor, es geht um die Hoheit im Straßenverkehr, um Rechthaben und das Erteilen von Lektionen. Lieber fährt man frontal auf den Gegner zu, als die eigene Vorfahrt aufzugeben; das Gefühl, moralisch überlegen zu sein, weil Fahrräder gut fürs Klima sind, ermächtigt zum konstanten Regelbruch. Ein neuer Straßen- Darwinismus macht sich breit, in dem das Blech des Stärkeren nicht mehr automatisch überlegen ist.
– Der SPIEGEL, 37/2011, Seite 68
Bei der weiteren Lektüre des Artikels wurde ich das Gefühl nicht los, dass die Autoren mit zweierlei Maß messen. So fordert die wachsende Zahl der Fahrradfahrer nun auch noch mehr Raum für sich ein! Und dies alles zu Lasten der Autofahrer und der anderen
Verkehrsteilnehmer.
Alte Hierarchien müssen aufgebrochen werden
Reflexartig wird von den übrigen Straßenverkehrsteilnehmern versucht ihre in den letzten Jahrzehnten erstrittenen Pfründe zu verteidigen und den “Gegner” zu beschädigen. Autofahrer und vorrangig ihr Sprachrohr, der ADAC, fordern beispielsweise ein Tempolimit für Radler, die kombinierte Geh- und Fahrradwege benutzen (Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h”), eine Helmpflicht, eine Warnwestenpflicht, eine Nummernschild-, Führerschein- und Versicherungspflicht sowie das Verbot von Alkohol auf dem Sattel (mit letzterem könnte ich mich sogar anfreunden, aber nur wenn die 0,0-Promillegrenze im gesamten Straßenverkehr gilt).
Viele Fahrradfahrer möchten den PKW-Verkehr weiter zurückdrängen, Busspuren und Gehwege nutzen und möglichst zügig die Radinfrastruktur ausgebaut bekommen. Und viele Fußgänger wollen die Radfahrer vollständig auf die Straßen drängen und den ihnen angedachten Raum für sich behalten. Der Radverkehr als Neuling befindet sich folglich zwischen den Fronten.
Wir leben nun mal in einer Zeitenwende. Der Anteil des Motorisierten Individualverkehrs geht immer weiter zurück, während der Umweltverbund weiter gestärkt wird. Insbesondere in den Großstädten unseres Landes steigt der Anteil des Radverkehr stetig weiter. Alte Hierarchien werden aufgebrochen, einen Kampf um den Raum, wie es der Soziologieprofessor Andreas Knie (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) nennt, möchte ich hier aber nicht sehen.
Zwar werden Autofahrer etwas öfters als früher einen langsameren Radfahrer vor sich sehen. Und sie müssen auch etwas Straßenraum für Radwege “opfern”, allerdings sind unsere Straßen meist so großzügig dimensioniert, dass 1,50 Meter weniger meist nicht wehtun.
Der Konflikt Fußgänger – Radfahrer
Ein großes Problem sind jedoch die Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern. Generell müssen Fahrradfahrer ab dem 10. vollendeten Lebensjahr auf der Straße fahren, solange kein benutzungspflichtiger Radweg existiert, der mit den Zeichen 237, 240 oder 241 gekennzeichnet ist.
Allerdings müssen auch als benutzungspflichtig ausgeschilderte Radwege unter bestimmten Umständen nicht befahren werden. Die Ausnahmen richten sich aber nicht danach, ob der Radweg die Mindestvoraussetzungen erfüllt, die seit 1997 in den Verwaltungsvorschriften zur StVO an ihn gestellt werden.
Nach Bernd Sluka: Erfüllt ein Radweg auch nur eine der folgenden Kriterien nicht, muss er nicht benutzt werden. Man darf dann mit dem Fahrrad auf der Fahrbahn mitfahren, selbst wenn der Radweg beschildert ist.
- straßenbegleitend
Radwege sind u.a. nicht straßenbegleitend, wenn sie zu weit, in der Regeln 5 Meter und mehr, von der Hauptfahrbahn entfernt geführt werden. Ein deutliches Indiz dafür, dass der Radweg nicht die Straße begleitet, ist dass er an Kreuzungen nicht dieselben Vorfahrtsrechte bekommt. Radwege, die weitab von einer parallelen Fahrbahn oder gar völlig unabhängig von Straßen verlaufen sind nicht straßenbegleitend. - benutzbar
Unbenutzbar sind Radwege beispielsweise, - wenn sie nicht in die Richtung führen, in die man fahren will (u.a. auch, wenn man links abbiegen möchte, darf der Radweg rechtzeitig vor der Kreuzung verlassen werden, um sich auf der Fahrbahn einzuordnen),
- wenn sie zugeparkt oder zugestellt (z.B. Mülltonnen) oder Fußgänger auf ihnen laufen, so dass man dort nicht fahren kann,
- anderweitig (z.B. durch Schneemassen) blockiert sind, aber auch
- von Schnee bedeckt ist, während die Fahrbahn geräumt ist.
Jeweils der unbenutzbare Abschnitt ist nicht benutzungspflichtig; jedoch muss man nicht ständig zwischen Radweg und Fahrbahn wechseln, sondern fährt frühzeitig an einer möglichst sicheren Stelle vor dem Hindernis auf die Fahrbahn und an einer sicheren Auffahrt danach, wieder auf den Radweg zurück. Ist der Radweg alle paar hundert Meter unbenutzbar, muss er auf der ganzen Strecke nicht befahren werden, weil ein ständiger und nicht gerade ungefährlicher Wechsel zwischen Radweg und Fahrbahn nicht zugemutet werden kann.
Dabei ist unerheblich, ob der Gehweg frei ist, denn Radfahrer dürfen nicht auf Gehwegen fahren, auch nicht über sie ausweichen. Die einzig legalen Varianten sind Fahren auf der Fahrbahn oder Schieben über den Gehweg, letzteres aber auch nur, wenn dadurch Fußgänger nicht behindert werden. Sonst wäre auf der Fahrbahn zu schieben, wo man dann aber auch gleich fahren kann.
- zumutbar
Zumutbarkeit ist ein unscharfer Begriff. Zunächst einmal ist ein Radfahrer nach § 3 StVO gehalten, seine Geschwindigkeit den Umständen anzupassen. Eine schlechte Oberflächenbeschaffenheit (z.B. schlechter Belag, rutschige Blätter, Streugut) des Radwegs bringt alleine keine Unzumutbarkeit. Kann sie jedoch auch durch angepasste Fahrweise nicht ausgeglichen werden, muss der dann unzumutbare Radweg nicht benutzt werden.“Unzumutbar” kann man vielleicht am besten daran festmachen, ob der Zustand durch angepasstes Fahren nicht mehr in den Griff zu bekommen ist. Dieses Kriterium schließt damit auch die Benutzungspflicht kurzer Stecken linksseitigen Radwegs aus, weil die dazu notwendige Querung der Fahrbahn eine erhebliche Gefahrenquelle darstellt. Auch der ständigen Wechsel zwischen Abschnitten benutzungspflichtigen Radwegs und der Fahrbahn oder zwischen rechts- und linksseitigen Radwegstücken ist unzumutbar. Nicht hinnehmen muss man beispielsweise auch, dass auf dem Radweg verbliebenes Streugut, Glasscherben oder ähnliches ständig zu Reifenpannen führen.
Rein rechtlich ist die Koexistenz von Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger eigentlich klar geregelt. Natürlich kann man über eine Radwegepflicht streiten, letztendlich ändert dies aber nichts an der derzeitigen Rechtslage. Problematisch wird das ganze nur, wenn durch mangelnde Finanzmittel ein Unterhalt der Radwegeinfrastruktur unterbleibt, sodass diese immer weiter verfällt. Ein anderer Faktor ist das Mentalitätsproblem. Wo früher kein Radweg war, konnte man bedenkenlos seine Mülltonnen abstellen oder im Winter die Schneemassen “parken”. In meinem Geburtsort in Oberfranken, wo im Winter reichlich Schnee fällt, wird der Schnee Jahr für Jahr zuerst auf den Radwegen oder später sogar auf den Gehwegen gelagert, hauptsache die Autofahrer haben freie Fahrt. Von einer gleichberechtigten Nutzung des Straßenraums sind wir hier weit entfernt, auch wenn ich verstehe, dass der geräumte Schnee ja irgendwo liegen muss.
Gehen wir aber von normalen Straßen- und Wetterverhältnissen aus, stellt sich die Frage: Wieso fahren so viele Erwachsene mit dem Fahrrad auf dem Gehweg? Die Antwort ist meiner Meinung nach relativ simpel: Weil sie Angst haben.
Das Sicherheitsgefühl von Radfahrern im Straßenverkehr ist ausbaufähig.
Fühlen Sie sich im Straßenverkehr sicher, wenn Sie Rad fahren? – Fahrradland Deutschland – ADFC-Monitor 2009, August 2009, Quelle: Sinus Sociovision; 1.622 Befragte
Nach meinen eigenen Beobachtungen fahren insbesondere ältere Damen mit einer relativ geringen Geschwindigkeit auf den Gehwegen. Und Jüngere (um die 20 – 30), die vorrangig versuchen rote Ampeln zu umgehen und Abkürzungen zu befahren.
Für die obere Gruppe würde entweder ein Radweg helfen (durch die geringen Geschwindigkeiten dürfte auch bei Ausfahrten noch genügend Bremsweg zur Verfügung stehen) oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer, sodass die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen MIV und Radverkehr nicht so groß ist. Dies dürfte dem subjektiven Sicherheitsempfinden sicherlich zuträglich sein.
Die Verkehrspolitik muss endlich mit den neuen Realitäten arbeiten
Zum Ende hin legt der SPIEGEL-Artikel qualitativ sogar leicht zu. So werden die mangelnden Investitionsmittel für den Radverkehr kritisiert. Leider haben sich die Autoren nicht dazu durchringen können, zu schreiben, dass der Fuß- und Radverkehr in den Prognosen des Bundesverkehrsministerium keinerlei Rolle spielt und auch bei der Investitionsplanung nicht beachtet wird. Und auch hier kommt die massive Unterfinanzierung und Nichtbeachtung des Radverkehrs seitens der Politik schön zur Geltung: für Investitionen in die Radverkehrsanlagen entlang der Bundesstraßen stehen 2011 80 Millionen Euro zur Verfügung (2010 waren es übrigens noch 100 Millionen Euro, im Bundeshaushalt 2012 sind sogar nur 60 Millionen Euro vorgesehen), für den Straßenbau jedoch 7,1 Milliarden Euro. Für weitere Informationen zur Investitionspolitik von Verkehrsminister Ramsauer empfehle ich folgenden Artikel: [Porträt] Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer: der LKW-Minister
Zum Abschluss muss ich mir auch noch die Frage stellen, was der SPIEGEL mit dieser Titelstory eigentlich bezwecken wollte. Wenn er stumpf auf eine Bevölkerungsgruppe eindreschen wollte, so hat er dies auf den ersten Seiten geschafft, nur um seine Kritik später im Text wieder zu relativieren. Am Ende kommen wir bei Null heraus. Der Inhalt ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Bei den Lesern wird trotzdem das Negative überwiegen und der SPIEGEL beteiligt sich so bestimmt an keiner Entschärfung des Konflikts. Zumal der SPIEGEL auf das Aufzeigen von Lösungen verzichtet hat.
Ein Blick in unsere Nachbarländer hätte diesen Artikel eventuell obsolet werden lassen können: in Dänemark beträgt der Radverkehrsanteil 18 Prozent, in den Niederlanden sogar 27 Prozent. Und dort herrscht keine pure Anarchie. Wieso sollten wir das in Deutschland nicht auch schaffen?
- Fahrradland Deutschland – ADFC-Monitor 2009, Seite 49 ↩
Lieber Martin,
danke für deinen Artikel!Der Spiegel Artikel ist ein Skandal, ich habe selten so ein tendenziöses Machwerk gelesen wie das.
ca. 5 x Leserbriefe an den SPIEGEL habe ich wieder verworfen, da ich meine Emotionen nicht in den Griff bekommen habe…
Ingo
Ich fahre nur mit dem Auto und habe dafür kein Verständnis. Radfahrer stören die Autos. Ganz ehrlich, ich sehe nicht ein, warum ich an einer Ampel nicht vernünftig anfahren kann, weil sich mal wieder so ein Drahtesel neben bzw. vor mich geschoben hat.
Straßen sind für die Autos da. Wer bezahlt denn am meisten Steuern? Doch wir Autofahrer. Also haben wir auch den Raum verdient.
Ich fahre an der Ampel demonstrativ weit nach rechts, um das Problem zu minimieren. Viele wechseln dann schon auf den Gehweg. Und wer es nicht macht, bekommt nach Kick-Down mal kräftig Abgas ab.
Und wenns einen Unfall gibt, sieht es dann immer so aus, als wären die bösen Autofahrer daran schuld.
Weg mit Radfahrern von der Straße!!!
Nix gegen den Spiegel^^
Guter Heinrich aus dem Froschkoenig,
Es gibt tatsaechlich in Deutschland Strassen, die nur fuer Autos da sind; Die Kennzeichnung ist Weisse Bruecke auf blauem Grund oder Weissem Auto auf blauem Grund.
Wenn die geistige Reife nicht ausreicht um am Strassenverkehr auf anderen Strassen vernuenftig teilzunehmen, lieber das Auto an der Abfahrt abstellen, und ein Taxi rufen.
Es ist btw. mit nichten so, das der Autofahrer alleine fuer den Strassenbau & Erhalt aufkommt; siehe http://j.mp/w83wLA
Nun greift auch der Tagesspiegel das Thema auf. Es wird Zeit!
http://j.mp/p6Y3dI
@ dothebart@citadel.org
Das ist sicherlich richtig. Aber ich persönlich fühle mich trotzdem unwohl, wenn mich die ganze Zeit LKW vom nahen Containerterminal mit 70 km/h überholen. Aber es ist schon richtig: der Radweg ist eigentlich gefährlicher. Ich komme aus Hof, einer Stadt mit gerade einmal 2% Radverkehrsanteil. Die Autofahrer sind nicht auf Radfahrer gepolt und Rechtsabbieger haben mich schon mehrmals in die ein oder andere brenzlige Situation gebracht und mich schon fünf Mal vom Rad gekickt…
Ich muss dazu mal einen Artikel mit ein paar Hintergrundinfos verfassen. So als mahnendes Beispiel.
@ Tom
Ich lebe in Dresden, da gibt es schon ein paar Radfahrer mehr als in meiner Heimatstadt. Viele Konflikte Fußgänger – Rad kann ich persönlich nicht beobachten, Schwerpunktkontrollen der Polizei haben vor allem Rotlichtverstöße und mangelndes Licht festgestellt (wirklich ein Problem). Ein großes Problem in Dresden sind in letzter Zeit vor allem unvorsichtige Radfahrer, die LSA an Straßenbahngleisen nicht beachten, von der Straßenbahn erfasst werden und versterben.
Mit Ihren restlichen Anmerkungen haben Sie sicherlich Recht. Wir brauchen einen besseren Umgang miteinander und eine bessere Radinfrastruktur. Und natürlich sollten sich Radfahrer nicht einfach so das Recht herausnehmen und immer da fahren wo es ihnen genehm ist. In Ausnahmefällen (!) halte ich es aber trotzdem für legitim den Geh weg zu befahren. Wieso auch nicht wenn man sich rücksichtsvoll verhält? Sie schreiben selber dass der Großteil der Radfahrer vernünftig ist und gescheit fährt. Der rücksichtslose Rest sollte durchaus von der Polizei verfolgt und zur Kasse gebeten werden. Da sind wir sicherlich einer Meinung. ;-)
“Sind keine Radwege vorhanden bzw. fühlt man sich als Radfahrer von anderen Verkehrsteilnehmern auf der Straße gefährdet, so weicht man auf den Gehweg aus.”
Und gefährdet dann dort eben die Fußgänger.
Sorry, so geht das nicht.
Im Umkehrschluss rechtfertigt dass die Aussage “Wenn dem Autofahrer der Platz auf der Straße nicht ausreicht, dann drängelt er eben den Radfahrer weg”.
Wo sollen die Fußgänger hin? Vielleicht gleich zu Hause bleiben? Fahrräder sind Fahrzeuge. Als solche gehören Sie auf die Straße oder sofern eine entsprechende Beschilderung das vorschreibt, auf den Radfahrweg. Niemand wird zum Fahrradfahren gezwungen. Wenn es die Gegebenheiten nicht zulassen, dann kann man doch nicht einfach nach Belieben auf den Gehsteig ausweichen und dort Jagd auf Fußgänger machen.
Nein, das kann man natürlich nicht. Wobei ich schon stark bezweifle, dass Radfahrer gezielt Jagd auf Fußgänger machen.
Es ging mir hier eher um die Strukturen, die mit dem steigenden Radverkehrsanteil nicht mitgewachsen sind. Hier müssen insbesondere die Kommunen umdenken und an Engstellen und Gefährungspunkten die Infrastruktur ausbauen.
Ein kleines Beispiel: In meiner Geburtsstadt gibt es eine etwa ein Kilometer langes Teilstück an einer vierspurigen Straße (etwa 26.000 Fahrzeuge am Tag) die auch massive vom Schwerlastverkehr befahren wird. Die beidseitigen Gehwege sind nicht für den Radverkehr freigegeben, ich müsste also theoretisch auf der Straße fahren. Die Fahrspuren erlauben es aber nicht, den vorgeschriebenen Überholabstand einzuhalten. Man fühlt sich wirklich äußerst unsicher und ich gebe zu, dass ich hier auf dem Gehweg fahre. Das mag verboten sein, allerdings drückt hier sogar die Polizei ein Auge zu (die Stadtverwaltung braucht hier schon zwei Jahre für die Planung – Ende noch nicht absehbar, entsprechenden Schilder für die Freigabe des Gehweges würden ja erstmal ausreichen). Aber ich fahre auch langsam, bremse an Aus-/Einfahrten ab und überhole Fußgänger mit einem ausreichenden Seitenabstand.
Solche Infrastruktudefizite gibt es im ganzen Land und müssten drigend behoben werden. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist die gegenseitige Rücksichtnahme. Autofahrer müssen Rücksicht gegenüber Fahrradfahrern walten lassen. Genauso müssen Radfahrer auch Rücksicht gegenüber Fußgängern walten lassen, wenn sie aus irgendwelchen gründen auch immer auf dem Fußweg fahren müssen. Ich kann nicht pauschal sagen Radfahrer müssen IMMER auf die Straße, denn das hängt immer stark von den örtlichen Gegebenheiten ab. Generell müssen Fahrradfahrer allerdings auf der Straße fahren, da hast du ganz Recht. Aber meiner persönlichen Meinung nach ist es durchaus legitim in bestimmten Situationen den gehweg zu befahren. Dort aber Fußgänger zu jagen ist eine andere Sache…
“Ich kann nicht pauschal sagen Radfahrer müssen IMMER auf die Straße, denn das hängt immer stark von den örtlichen Gegebenheiten ab.”
Da kommen wir nicht auf einen Nenner. Was gibt Fahrradfahrern dass Recht, eigenmächtig zu entscheiden, ob es genehm ist, Straße, Radweg oder Fußweg zu benutzen? Nichts!!
Wenn die örtliche Gegebenheit es nicht zulässt, dann muss sich der Radfahrer eine andere Strecke suchen oder den ÖPNV nutzen. Ein Autofahrer kann auch nicht durch einen Park fahren, weil es sich da ruhiger fährt oder weil ihm die Starße nicht gefällt. Wobei das noch die Frage ist. In öffentlichen Parkanlagen wimmelt es – trotz Verbot – ja auch vor Radfahrern. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn auf großen Straßen ordentliche Radfahrstreifen vorhanden wären und wenn gegen Autofahrer, die diese verbotswidrig nutzen, entsprechend vorgegenagen würde.
Ich weiß nicht wo Sie leben. Aber in meiner Stadt (Berlin) wimmelt es vor Terroristen auf Fahrrädern. Verkehrsregeln werden grundsätzlich ignoriert und gefahren wird da, wo man es gerade will. Ampeln gelten ja sowieso nicht für Radfahrer.
Damit wir uns richtig verstehen. Die Mehrzahl der Fahrradfahrer hält sich an die Regeln und nimmt Rücksicht. Aber es gibt eben bei Radfahrern eine gefühlte steigende Anzahl von Leuten, die meinen, Sie haben alle Rechte und keine Pflichten. Das nervt nicht nur, sondern ist auch gefährlich und eben rücksichtslos.
Da genau hat der SPIEGEL-Artikel mich übrigens sehr angesprochen, weil eben nicht immer der Radfahrer das arme Opfer ist. Auch wenn er sich gerne so sieht.
Ein entspannter Umgang mit berechtigter Kritik und die Konfrontation eigener Fehler würde vielen Radfahrern gut tun.
Ich denke nicht, das es an einer 4 spurigen Strasse die notwendigkeit gibt auf den Buergersteig zu fahren.
Auch durch einen Blutstreifen wird die Strasse nicht breiter; eher im Gegenteil. Man muss dort eben so weit mittig fahren, wie es die eigene Sicherheit gebietet (wer in der Gosse faehrt, landet auch da). Ein Traktor oder Mofa muessen dort auch auf der Fahrbahn fahren, Sie sind Teil des Verkehrs wie Radfahrer, und nicht unbedingt schneller. Der Restliche Verkehr hat sich danach zu richten; kann man nicht mit 1,50 abstand ueberholen, dann geht es halt nicht!
Lieber Tom,
es ist richtig, dass ich den Konflikt Radfahrer – Fußgänger hier nicht weiter ausgeführt habe. Im Spiegel-Artikel wurde dies angesprochen und ich habe hier nichte erwähnt, weil es diesbezüglich am Spiegel-Artikel nichts zu kritisieren gab.
Generell ist immer ein gewisses Konfliktpotential vorhanden, wenn zwei verschiedene Verkehrsteilnehmer um Raum konkurrieren. Die gegenseitige Rücksichtnahme sollte eh das oberste Gebot sein.
Radfahrer fühlen sicb von Autofahrern gefährdet und Fußgänger von Radfahrern. Dies korreliert vor allem mit der gefahrenen Geschwindigkeit und den Geschwindigkeitsdifferenzen. Kein Licht, keine Klingel tun hier ihr Übriges und zeugen von einem geringen Verantwortungsbewusstsein. Da haben Sie Recht.
Aber: Die Aufteilung ist eigebtlich klar geregelt. Fußgänger auf dem Gehweg, Radfahrer und Autoffahrer auf der Straße. Deswegen fühlen Sie sich auch nicht von Autofahrern gefährdet – diese sind auf Gehwegen recht selten unterwegs. Auf der Straße fahrende Radfahrer müssen aber mit Autofahrern agieren. Daher kommt auch der größere Ärger miteinander.
Stellen wir uns hingegen die Frage wieso Radfahrer überhaupt auf dem Gehweg fahren so hat dies sehr wohl mit den Strukturen und den Autofahrern zu tun. Sind keine Radwege vorhanden bzw. fühlt man sich als Radfahrer von anderen Verkehrsteilnehmern auf der Straße gefährdet, so weicht man auf den Gehweg aus. Wir befinden uns immer in Systemen und gegenseitigen Abhängigkeiten. Man kann da schwer mit dem Finger auf jemanden oder eine Grupppe zeigen und sagen ihr macht es falsch, ihr gefährdet andere, fahrt woanders und lasst uns in Ruhe!
Und: Raser und andere Idioten, die irgndwen gefährden, gehören natürlich bestraft!
Das eigentliche Problem wird hier geflissentlich übersehen.
Die meisten Radfahrer sind rücksichtslos gegenüber Fußgängern. Ein erwachsener Radfahrer gehört auf die Straße oder auf einen Radweg. Auf dem Gehsteig darf er sein Rad gerne schieben.
Ich persönlich wurde schon zweimal von Radfahrern auf dem Gehsteig angefahren und musste mir dann auch noch blöde Sprüche anhören. Zum Glück wurden die Täter ermittelt und gerichtlich belangt.
Zum Verhältnis Radfahrer vs. Autofahrer kann ich aus eigener Erfahrung nichts sagen, da ich entweder zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin.
Mir scheint es aber so, als ob die Radfahrer ihren Frust über Autofahrer gerne bei den Fußgängern abreagieren. Denn da sind sie die Stärkeren.
Somit ist der radfahrende Gutmensch auch nicht besser, als der rücksichtslose Autofahrer.
In diesem Artikel wurden viele Probleme uebersehen und ueberredet und nicht Addressiert.
Radfahrer haben natuerlich auf gehwegen nichts zu suchen (bis auf vielleicht um zur Haustuere zu rollen; Autos duerfen dann ja auch ueber den Gehweg)
Es sind aber viele RVAs nicht wirklich gut von Gehwegen getrennt / unterscheidbar;
Auch fehlt viel Aufklaerung etc.
Im Spiegel-Artikel wurde das Problem der auf Gehwegen fahrenden Radfahrern sehr deutlich geschildert. Aber hier und in den Kommentaren wird es verharmlost.
Radwege, die schlecht von Fußwegen zu unterscheiden sind, mag es vereinzelt geben. Das rechtfertigt jedoch in keiner Weise die Radfahrer, die durch Fußgängerzonen rasen oder mir in der Dunkelheit (natürlich ohne Licht) auf engen Gehwegen entgegen kommen oder von hinten auf mich zu rasen und dann auch noch klingeln.
Ich persönlich fühle mich als Fußgänger von Radfahrern wesentlich mehr bedroht als von Autofahrern.
Sehr interessanter und informativer Beitrag! Eine kleine Ungenauigkeit will ich anmerken: Du schreibst, dass sich die Forderungen von Rad- und Autofahrern nicht stark unterscheiden. Die zum Beleg angeführte ADFC/Sinus-Studie richtete sich aber nicht speziell an Radfahrer, sondern an alle Verkehrsteilnehmer, also auch Autofahrer. Interessant finde ich vor allem, dass die Teilnehmer der Dekra-Umfrage auch die Rücksichtslosigkeit von Autofahrern in so hoher Zahl anprangern. Man erinnere sich daran, dass Herr Ramsauer diese Umfrage zum Anlass nahm, von “Kampfradlern” zu sprechen, obwohl sich die Autofahrer selbst Rücksichtslosigkeit bescheinigen, und zwar gar nicht so viel weniger als den Radfahrern… Jedenfalls zeigen diese Umfragen, dass die Meinungen und Eindrücke von allen Verkehrsteilnehmern sich gar nicht groß voneinander unterscheiden, unabhängig vom Verkehrsmittel. Trotz des teilweise biestigen Klimas auf den Straßen macht mir das ein wenig Hoffnung, dass eine Prioritätenverschiebung in der Verkehrspolitik nicht zwangsläufig zum Kulturkampf führt :)
Hallo,
danke für die Anmerkung. Die Abgrenzung von mir ist wirklich ein wenig unsauber. Ich werde mir da noch was überlegen.
Bezüglich der Aussage von Herrn Ramsauer möchte ich nur anmerken, dass wir alle auf denselben Straßen unterwegs sind. Autofahrer, Radfahrer und alle anderen Verkehrsteilnehmern ist dies bewusst (wenn auch vielleicht nur im Unterbewusstsein). Herr Ramsauer hingegen muss sich auf eine polarisierende Meinung beschränken und er hat sich eben PRO-PKW und ANTI-Radverkehr entschieden (wie so oft).
Interessant ist hier auch, dass viele Medien von “eine[r] Umfrage unter 1.600 Verkehrsteilnehmern” (http://www.welt.de/politik/deutschland/article13122100/Ramsauer-droht-mit-Kontrollen-fuer-Kampfradler.html) sprechen statt von einer Umfrage unter 1.600 Autofahrern (so wie es die DEKRA macht).
Hallo Martin,
Deine Auseinandersetzung mit dem Artikel finde ich sehr gut. Ich habe auch was zum Spiegel geschrieben und Deinen Artikel verlinkt. Meiner ist wohl etwas weniger sachlich: Hier . Fand den Artikel einfach zu unterirdisch…
Schöne Grüße
e-Rad Hafen
Das Gute an der Spiegel-Geschichte ist daß sie die Leute erst mal lockt mit dem Bild vom rüpelhaften Radfahrer, ein Bild das die einen gerne bestätigt sehen und das die anderen aufregt, um dann zu relativieren und dar zu legen was die eigentliche Ursache ist für die (auch in meiner Erfahrung) zunehmende Konflikte: es wird kein Geld ausgegeben für Radwege, das Auto ist immer noch das Maß der Dingen, und es gibt für die Zukunft keinen Plan wie die Infrastruktur für Fahrräder verbessert werden kann.
Das Problem ist nicht kompliziert oder schwierig. Wir brauchen uns nur die Niederlanden an zu schauen um zu wissen wie es geht. “Warum sollten wir das in Deutschland nicht schaffen?” Weil der Wille nicht da ist und somit kein Geld.
Ein wirklich sehr gut geschriebener, informativer Blogeintrag! Ich hatte schon überlegt, mir den Spiegel zu kaufen, da ich mich als Radfahrerin über Berlins rücksichtslose Autofahrer ärgere… nun bin ich froh, dass ich es nicht getan habe, da hätte ich mich nur alle 2 Sätze geärgert. Vielen Dank!
Übrigens: Das erste Mal, dass ich diesen scheußlichen Facebook-libe-Button benutzt habe. Hier lohnt der sich mal :)
Danke für den Kommentar und die Facebook-Empfehlung!
Die Forderung nach einer generellen Helmpflicht kam nicht von Seiten der Radfahrer, sondern von Seiten der Autofahrer. Dies muss man vorrangig vor dem Hintergrund interpretieren, dass eine generelle Radhelmpflicht die Attraktivität des Radverkehrs senkt und der Radverkehrsanteil somit zurückgehen dürfte. Eine genauere Interpreation habe ich in einem gerade erschienenen Artikel veröffentlicht: http://j.mp/ngT00P
Das mit der Gewöhnung ist sicherlich richtig. Allerdings benötigt dies Zeit und dieser Zeitraum kann durchaus recht konfliktreich ausfallen. Es ist daher nötig, dass §1 StVO oberste Handlungsmaxime ist und bleibt: gegenseitige Rücksichtnahme ist essentiell für ein gutes Zusammenleben! ;-)
Ein sehr interessanter und differenzierter Bericht mit vielen weiteren Verweisen und Quellen. Ich bin mittlerweile nicht mehr überrascht über derartige Artikel von Spiegel und Spiegel-online.
Was ich noch interessant finde, und was nicht erwähnt wurde: Wieviele Leute sehen das Cover des Spiegels und wieviele machen sich die Mühe ihn auch tatsächlich zu kaufen und zu lesen: Die meisten werden wohl einfach nur das Cover sehen. Und was sieht man da: Einen bösen (rot) Fahrradfahrer, einen neutralen (gelb) Autofahrer sowie einen guten (grün Fußgänger). Die Symbolik ist doch schon sehr daneben! Selbst wenn sich dann der eine oder andere die Mühe macht und die ersten Seiten des Artikels liest, wird er ein ziemlich eindeutiges Bild aufgedrückt bekommen. Nur diejenigen, die wirklich bis zum Ende durch kommen, werden dann mit einer dürftigen Differnzierung vertröstet. Traurig traurig.
Übrigens habe ich eine Sache nicht ganz verstanden: Waren wirklich 60% der befragten RADFAHRER für eine Helmpflicht? Das würde mich doch stark wundern!?
Was hier bereits erwähnt wurde, was aber nicht oft genug wiederholt werden kann: Das größte Problem liegt im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer für Radfahrer. Ich selbst (Niederländer, seit 26 Jahren in Deutschland) sehe gewisse Parallelen zwischen Oldenburg und Städten in den Niederlanden. Hier in Oldenburg (sehr Fahrradlastige Stadt) schauen sich die Fußgänger auch schon deutlich mehr um, wenn sie über den Radweg wollen als es in anderen deutschen Städten der Fall ist. Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern sind also durchaus bereits auf dem Weg der Minderung. Bei den Autos ist es jedoch noch nicht so sehr angekommen, vermutlich wegen der stärkeren baulichen Trennung. Irgendwann wird es aber nicht mehr zu vernachlässigen sein, und selbst der blindeste Autofahrer wird mit Radfahrern rechnen lernen!
Nochmals danke für den tollen Artikel!
Für meinen Geschmack war der Spiegel-Artikel auch ein bisschen zu sehr darauf ausgelegt, das Bild des bösen Radfahrers zu zeichnen – kaum ein Wort über die Gefahren, die durch unachtsames Verhalten mancher Autofahrer ausgehen. Schön, dass am Rande auch Fehler in der Verkehrspolitik Erwähnung fanden, aber aus dem Thema hätte man mehr machen können.
> Bei den Lesern wird trotzdem das Negative überwiegen und der SPIEGEL beteiligt sich so bestimmt an keiner Entschärfung des Konflikts. Zumal der SPIEGEL auf das Aufzeigen von Lösungen verzichtet hat.
Der Spiegel verzichtet nicht nur auf das Aufzeigen von Loesungen, auf das konkrete bennenen von Problemen wird auch verzichtet.
Es wird der Geisterradler ermahnende mit dem gebrochenen Arm erwaehnt; warum Geisterradeln aber gefaehrlich ist, das es die hauptunfallursache zwischen Radfahrern ist, und z.b. durch zur beidseitigen Benutzungspflicht freigegebenen Radwegen gefoehrdert wird, wird nicht benannt.
Das Problem mit einseitigen Zweirichtungsradwegen ist vorrangig ein Problem der schlechten Planung. Generell bin ich nicht gegen Zweirichtungsradwege, aber diese müssen sich baulich in das Straßenbild integrieren und im Idealfall mindestens 3m Breite aufweisen. Die Promenade in Münster ist hier ein gutes und lobenswertes Beispiel.
Es hängt eben alles an einer guten Planung. Und die ist zur Zeit in vielen Städten und Gemeinden noch ausbaufähig.
Dem kann ich nicht uneingeschränkt zustimmen.
Die BASt-Studie zu Sicherheit auf Radwegen wurde an Wegen durchgeführt, die dem Stand der Technik entsprachen. Trotzdem erhöhten linksseitige Radwege massiv das Unfallrisiko.
Die meisten Wege beginnen und enden halt irgenwo und da kommt es dann zu den Komplikationen.
Leider kenne ich die Promenade in Münster nicht. Ist dort wirklich ein fahrbahnbegleitender Zweirichtungsweg?
Wie wurde die Führung an Anfang und Ende gelöst?
Münster ist in sofern auch ein Spezialfall, dass dort ein gewisser “Safety in numbers”-Effekt wirkt, aber absolut gesehen gibt es selbst in der Radfahrstadt mehr Unfälle als z.B. in ähnlich großen Holländischen Städten
Moin!
Die Promenade in Münster ist leider nicht straßenbegleitend. Ich hatte mich da falsch ausgedrückt. Sie ist vielmehr ein innerer Verkehrsring (Zweirichtungradwreg) um Münsters Altstadt. Hat daher keinen wirklichen Anfang und kein wirkliches Ende. Sieht so aus: http://j.mp/qjwRP1
Zu querende Straßen sind mit Zebrastreifen für die Fußgänger (der Radweg läuft daneben, insgesamt höhere Sicherheit durch erzwungenes Abbremsen des Straßenverkehrs) und Vorfahrt achten-Schildern für den Radverkehr bzw. mit Lichtsignalanlagen gesichert.
Ich glaube in Greifswald gibt es in Teilen so etwas ähnliches.
Die BASt-Studie muss ich mir mal zu Gemüte führen. Ist nur leider gerade in meiner Uni-Bibliothek nicht verfügbar. Evtl. wird ja ein neuer Artikel daraus…
hm, sowas allee artiges gibts in koeln auch innerhalb des Guertels (liegt aber meistens nicht auf einem meiner Wege); an den Stellen, wos ueber die Sternstrassen richtung Innenstadt geht, sind aber Bettelampeln.
Hat man da in Muenster freie Fahrt?
es gibt im grossraum Koeln eine handvoll Radwege die ich regelmaessig freiwillig benutze; quasi alle sind in beide Richtungen freigegeben; Frequenz absteigend:
Bergisch Gladbach Refrath
A4 Bruecke ueber den Rhein (vorsicht an den Pfeilern! Schoen aber die neuen Rampen)
Suedeisenbahnbruecke (nicht zu nah ans Gelaender…)
Rheinufer Radwege (gemuetlich kullern, blos nicht Sonntags bei gutem Wetter)
Ueber den Uni Campus (um nicht auf die Ampel warten zu muessen; aber aeusserst ungern)
Bensberg Forsbach (nicht immer…)
Diese machen vielleicht 1% meiner Fahrrad-KM aus; ~60% meiner Wege haben wohl Radwege, (auch zweirichtungsradwege) die ich mich zu benutzen weigere.
– ~60% der Radwege haben nen Belag der ne frechheit is oder sie handtuchbreit sind
– ~80% der Radwege habe ich schiss drauf zu fahren, weil alle 2m einmuendungen, starke Verschwenkungen, Geisterradler, Fussgaenger
– ~10% sind zwischen den obigen unguenstig gelegen, und damit nicht erreichbar
– ~5% halte ich fuer Gemeingefaehrlich (z.b. Ecke Frankfurter Strasse/Olpener Strasse; Nordseite Deutzer Bruecke,…) Hier wuerde ich eher zu Fuss ueber die Fahrbahn schieben als sie zu benutzen.
Fuer eine Millionenmetropole wuerde ich da “ausbaufaehig”als sehr freundlich ausgedrueckt nennen; von “Guter Planung” moechte ich auch bei den juengsten Projekten nicht sprechen.
Wie gesagt: zu querende Straßen sind am häufigsten mit einem “Vorfahrt gewähren”-Schild gesichert, einmal mit einer Unterführung und vier Mal mit einer Ampel, die aber normale Lichtsignalanlagen sind mit relativ schnellen Umschaltzeiten. Ansonsten würde sich der Radverkehr auch zu sehr stauen…
EIn sehr interessanter Kommentar,
ich bin sowohl Radfahrer als auch Autofahrer, knne daher beide Seiten.
Vor einigen Wochen bin ich 2 Wochen in Holland Rad gefahren. Besonders in Amsterdam “herrscht Krieg” – ABER nicht mit den Autofahrern oder Fußgängern, sondern auf den überfüllten Radwegen ;-)
Wären die Radwege in DE so gut ausgebaut wie in den Niederlanden, ich glaube der Radfahreranteil wäre steigen und die Situation erheblich entschärfen.
Dort sind die Radwege min2 Meter breit und ordentlich getrennt von Straße und Fußweg. So kommt es kaum zu konflikten.
Solch einen Ausbau halte ich bei uns jedoch fast für unerreichbar, da die gesammte Verkehrsinfrastruktur geändert werden müsste.
Nur die Infrastruktur von NL macht’s allein nicht. Es ist auch sehr viel an der Denkweise anders. Ich hab ca. 1 Jahr in NL gelebt und drehe mich heute als Fußgänger beim Überqueren von Radwegen um, um zu schauen, ob da wer kommt. Aber schau Dich in der deutschen Stadt Deiner Wahl um, wieviele Fußgänger das tun. Dasselbe ist es mit den Autofahrern und natürlich auch den Radfahrern, da ist noch eine andere Denkweise mit dabei.
Hallo,
wie gesagt: die Mentalität spielt sicherlich auch eine Rolle. Das Fahrrad ist im holländischen Alltag viel präsenter und der Rad- und Autofahrer auch anders sozialisiert.
In holländischen Fahrschulen lernt man ja auch, sich als Fahrer mit der linken Hand (als Beifahrer mit der rechten) abzuschnallen und so automatisch nochmal über die Schulter zu blicken um Radfahrern und Fußgängern die Tür nicht vor den Latz zu knallen…
Schöner Blog, toller Artikel! Mit dem Thema Sicherheit im Verkehr beschäftigt sich auch die aktuelle Ausgabe des http://www.reflektor-magazin.de.
Vielleicht hast du ja sogar Lust, in der Redaktion mitzuarbeiten? Dass du schreiben kannst, ist ja jedenfalls schonmal nicht zu übersehen :-)
Ich würde mich sehr freuen.
Viele Grüße,
Konrad Krause
Hallo,
danke für das Lob. Leider muss ich das Angebot ausschlagen, da das zeitlich nicht hinhauen würde. Aber trotzdem Danke.
Viele Grüße!
Martin
Was ich gestern vergaß zu erwähnen: Natürlich dürfen alle meine Artikel, die in diesem Blog erschienen sind, weiterverbreitet, d.h. auch in Zeitschriften und Magazinen (auch abgeändert, solange der Sinn der gleiche bleibt) abgedruckt werden. Einzige Voraussetzung ist, dass diese nichtkommerziell sind (der Reflektor liegt doch immer kostenlos in der SLUB aus, oder irre ich mich da?). Weitere Informationen dazu sind hier zu finden: http://j.mp/nhyJn5