Bereits im Jahr 2009 hat die League of American Bicyclists eine Untersuchung über die volkswirtschaftlichen Wirkungen eines wachsenden Radverkehrs in Auftrag gegeben. Untersuchungsgegenstand waren unter anderem geringe Unfall- und Staukosten, geringere Kosten für das Gesundeitssystem durch mehr Bewegung, eine bessere Luftqualität und weniger Lärm. Hinzu kommen Arbeitsplatzeffekte durch Verbesserungsmaßnahmen im Infrastrukturbereich wie den Bau neuer Radwege, eine Änderung der Grundstückspreise und einige weitere Variablen..
Diese Studie wurde nach drei Jahren auf den aktuellen Stand des Jahres 2012 gebracht und kann hier heruntergeladen werden. Die neuen Ergebnisse wurden zudem leicht verständlich in einer Infografik aufgearbeitet. Für detaillierte Einblicke möchte ich jedoch die Lektüre der Studie empfehlen, da viele Daten und vor allem Quellen nur in der Textversion genannt werden.
Zudem muss man anmerken, dass diese Untersuchung natürlich keinen Anspruch an Vollständigkeit hat, da sie von Rad-freundlicher Seite kommt und natürlich ökonomische Langfristfolgen wie der Rückgang des Autoabsatzes und Wechselwirkungen mit dem ÖPNV / Taxiverkehr außen vor bleiben. Nichtsdestotrotz kann man einen guten Einblick in den Nutzen des Radverkehrs gewinnen und die Ergebnisse mit anderen Studien verknüpfen.
So hatte ich beispielsweise im März 2011 die Studie des Political Economy Research Institute der Universität von Massachusetts Amherst, welches die Arbeitsplatzeffekte von Infrastrukturmaßnahmen untersucht hat, vorgestellt. Es zeigte sich, dass Ausgaben in Höhe eines Dollars für Fußgänger- und Radwege beinahe zwei Mal so viele Arbeitsplätze schaffen wie ein Dollar Investition in den Straßenbau. Dies hängt vor allem mit der arbeitsintensiveren Bauweise zusammen, da keine großen Maschinen wie zum Beispiel Teermaschinen zum Einsatz kommen (wachsende Skaleneffekte) und Radwege auch oftmals gepflastert werden.
In einem Paper von Kelly J. Clifton, Associate Professor für Bau- und Umweltingenieurwesen der School of Urban Studies and Planning, Portland State University, Portland, Oregon, wurden ebenfalls die wirtschaftlichen Auswirkungen einen wachsenden Radverkehrsanteils betrachtet. So wurden neben direkter Effekte wie beispielsweise dem Umsatz des Radtourismus in Wisconsin in Höhe von einer Milliarde Dollar, die Konsumausgaben von Menschen in Abhängigkeit ihrer Verkehrsmittelwahl untersucht.
Umfragen im Jahr 2011 zeigten, dass Pkw-Fahrer nicht zwingenderweise einen höheren Umsatz bringen als Radfahrer, Fußgänger oder ÖPNV-Nutzer. Zwar stellen Autofahrer den größen Anteil der Kunden und generieren je Einkauf auch einen höheren Umsatz, allerdings bleibt oftmals die Frequenz unbeachtet. Wird die Häufigkeit der Kaufvorgänge mit in Betracht bezogen, geben Fahrradfahrer insgesamt das meiste Geld aus. Allerdings ist der Effekt statitisch nicht signifikant.
Unter Einbeziehung der Lage treten allerdings statisch signikante Unterschiede auf. So wurde für die Untersuchung die Stadt Portland in vier Gebiete aufgeteilt: das Central Business District, der direkt daran anschließende Innenstadtbereich, Viertel mit Nahversorgungszentren und ein suburbaner Raum mit geringerer Dichte.
Im Innenstadtbereich wurde im Durchschnitt ein Umsatz von 14,55 Dollar je Einkaufsvorgang generiert, in den außenliegenden Wohnvierteln mit Nahversorgung 11,55 Dollar, im Central Business District in Höhe von 11,07 Dollar und im suburbanen Raum von 10,08 Dollar. In allen Gebieten geben Menschen, die mit dem Pkw gefahren sind, je Einkauf am meisten Geld aus.
Je nach Art des Geschäfts variiert jedoch die Frequenz. So haben Gemischtwarenhändler mit 7,36 Dollar / Einkauf den geringsten Durchschnittsumsatz, jedoch mit 89,40 Dollar / Monat den höchsten Gesamtumsatz. Beide Werte unterscheiden sich zudem nach der Art des gewählten Verkehrsmittels.
Eine weitere Infografik zum Radverkehr verdeutlicht Ergebnisse, welche die letzte American Community Survey des U.S.-Statistikamtes ergab. Wenig überraschend ist der Radverkehrsanteil in fahrradfreundlichen Gemeinden (Liste) höher als in jenen Gebieten, in denen der Radverkehr weniger oder gar nicht gefördert wird. Seit dem Jahr 2000 stieg der Radverkehrsanteil der Quelle-Ziel-Relation Wohnen-Arbeit, mit anderen Worten der normale Weg zur Arbeit, um 80 Prozent in radfahrerfreundlichen Städten. Im gleichen Zeitraum lag der landesweite Durchschnitt bei 47 Prozent und mehr als doppelt so hoch wie in Kommunen, die den Radverkehr wenig oder gar nicht fördern und nur 32 Prozent Wachstum erzielen konnten.
Die exakten Radverkehr-Wachstumsraten der größten siebzig US-Städte zwischen 1990 und 2011 können hier als .xlsx-Datei heruntergeladen werden.
Interessante Zahlen, Danke fürs Zusammenfassen. Endlich mal belastbare Zahlen zum Einkaufsverhalten in dem Clifton-Papier! Da habe ich lange nach gesucht.
Leider kommt man mit solchen Argumenten in Deutschland wegen der Zuständigkeiten nicht weit. Gerade das Gesundheitsargument läuft häufig ins Leere, weil der Gewinn ja in einem ganz anderen Topf landet. Als Kommune hab’ ich da nichts von. In Dänemark ist das Gesundheitssystem tatsächlich auf Gemeindeebene organisiert, dort ist der Anreiz für Investitionen in Radverkehrsinfrastruktur wesentlich größer. Durch den Bau der Fahrradschnellwege in Kopenhagen hofft man ja auf die Einsparung von ca. 40 Millionen € jährlicher Aufwendungen im Gesundheitssystem. Dort ist das für die Entscheidungsträger ein konkreter Anreiz. Oft gehört habe ich auch, dass sogar direkt aus dem Gesundheitssystem Geld fließt, nachweisen kann ich das jedoch nicht. Auf jeden Fall einer der Gründe, warum ich mir manchmal wünsche, dass der Dannebrog über’m Landeshaus in Kiel flattern würde..
Leider stecken gerade bei den großen Volksparteien immer noch Dogmen wie “Autobahn = Wachstum” in den Köpfen, da wird man auch mit Argumten nichts.
Eine Ölkrise vor 2015, bitte bitte bitte.
Kompliment! Echt tolle Seite.
Prima Info! Nachhaltige Mobilität – wichtiger denn je.
Grüße aus der Redaktion
Danke!