Energieeffizienz und Flächenverbrauch werden meiner Meinung nach in Zukunft die wichtigsten Bewertungsgrößen für die Effizienz und Verträglichkeit eines Verkehrssystems sein. Viele andere Faktoren wie Lärm, Unfallkosten oder Schadstoffemissionen sind auch wichtig, hängen jedoch stets stark von den exogenen Gegebenheiten wie Bebauung, Verkehrsstärke, etc. ab und können daher nicht so einfach verallgemeinert und verglichen werden.
Im Bereich der Energieeffizienz haben alle motorisierten Fortbewegungsarten noch große Potenziale. Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor könnte beispielsweise die Abwärme viel effizienter genutzt werden, aber auch bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen wie Straßenbahnen, elektrisch angetriebenen Lokomotiven / Triebfahrzeugen existiert noch eine Vielzahl von Verbesserungsmöglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz.
Der Flächenverbrauch wird zukünftig insbesondere in dicht besiedelten Regionen eine wichtige Kenngröße. Es fällt schwer zu akzeptieren, dass in Städten wie München oder Hamburg mit einem sehr hohen Mietniveau Fläche entweder kostenfrei oder nur zu einem Bruchteil des wahren Wertes für Fahrzeuge vorgehalten wird. Durch einen hohen Anteil von Verkehrsfläche sinkt gleichermaßen die Aufenthaltsqualität und somit die Lebensqualität der Bewohner insgesamt. Wer wohnt nicht lieber an einer Allee statt an einer Hauptverkehrsstraße? Wer sitzt nicht lieber in einem Straßencafe in der Fußgängerzone als in einem Cafe an einer vielbefahrenen Straße? Verkehrsfreie und verkehrsberuhigte Bereiche sind uns viel wert. Je weniger Raum ein Verkehrsmittel einimmt, desto weniger Fläche benötigt auch die jeweilige Verkehrsinfrastruktur und desto mehr Raum steht für die Entwicklung qualitativ hoher Gebiete zu Verfügung, in denen man sich als Mensch einfach wohlfühlt.
Von der Herausforderung einer möglichst effizienten Flächennutzung ist außer dem Fußverkehr keine Verkehrsart ausgenommen. Für den motorisierten Individualverkehr existieren zahlreiche Fahrzeugkonzepte. Kabinenrollern ersetzen beispielsweise im urbanen Raum große Fahrzeuge mit über fünf Metern Länge. Auf diesen Trend setzt beispielsweise der Hiriko Fold oder diese Designstudie. Öffentliche Verkehrsmittel besitzen eine Dimension, die ich aus verschiedenen Gründen ungern ändern würde. Allerdings kann man die Effizienz durch eine höhere Auslastung bei gleichbleibender Fläche erhöhen. Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, Gelenkbusse durch Doppeldeckerbusse zu ersetzen und somit die Grundfläche des Fahrzeugs zu veringern.
Aber auch der Radverkehr bietet einige Entwicklungsmöglichkeiten. Zwar ist das Fahrrad an sich sehr flächensparsam, in der Masse können aber dennoch sehr große städtische Fläche eingenommen werden.
In Städten mit einem sehr hohen Radverkehrsanteil ist das Bewusstsein für diese Problematik bereits vorhanden. Durch spezielle Fahrradparkhäuser und Radstationen versucht man das Problem zu lösen, indem man bei gleicher Grundfläche in die Höhe oder Tiefe baut.
Für Bikesharing-Angebote gibt es mangels Volumen noch keine derartige Lösung. Heutzutage werden meistens ein oder Stellplätze zu Gunsten des Bikesharing-Angebots umgewandelt. Dem zuvor geht natürlich eine starke Diskussion um die neue Raumaufteilung zum Nachteil des motorisierten Individualverkehrs. Zur Vermeidung von Streitigkeiten, einer schnelleren Einführung und in Hinblick auf die Herausforderung des minimalen Flächenverbrauchs hat der mehrfach ausgezeichnete US-Industriedesigner Jung Tak in meinen Augen ein sehr interessantes Konzept entwickelt. Die Bikesharing-Stationen wurden dabei auf die Anforderungen der sehr dicht besiedelten südkoreanischen Hauptstadt Seoul zugeschnitten. Statt die Fahrräder nebeneinander aufzustellen, hat er die flächenverbrauchsarme Aufbewahrungsvariante gewählt und stapelt die Fahrräder übereinander. So können 32 Fahrräder auf der Fläche eines herkömmlichen Parkplatzes, der normalerweise für acht Fahrräder ausreicht, angeboten werden.
Die Fahrräder können mittels Smartphone-Application reserviert und ausgeliehen werden. Zur platzsparenden Aufbewahrung lassen sich die Lenker einklappen.
Durch die geringen Abmessungen kann das T-Rack nicht nur im öffentlichen Straßenraum aufgestellt werden, sondern auch in Bahnhöfen, U-Bahnstationen und an Haltestellen. Mit einem speziellen Lkw mit Elektroantrieb werden defekte Bikesharing-Räder eingesammelt und die Verfügbarkeit von Rädern an jeder Station sichergestellt.
Wie bereits angesprochen, erfordert ein solches Konzept natürlich auch spezielle Fahrräder. Diese müssen zum einen robust und günstig in der Anschaffung und Unterhalt sein und zum anderen den vorhandenen Raum möglichst effizient ausnutzen.
Meiner Meinung nach zeigt diese Designstudie eine Möglichkeit, wie wir den Flächenverbrauch von Bikesharing noch weiter senken können und somit die Effizienz und Effektivität dieser an sich schon sehr umweltbewussten und flächentechnisch gerechten Verkehrsart weiter steigern können. Ich würde mich freuen, wenn wir dieses oder ein ähnliches System irgendwann in Deutschland sehen würden.