Analyse Straßenverkehr Telematik, Apps und IKT Verkehrssicherheit

Einsatz von Open Data zur Verbesserung der Verkehrssicherheit

Das Erkennen von Unfallhäufungsstellen (UHS) und Unfallhäufungslinien (UHL) ist eine wichtige Voraussetzung, um Maßnahmen zur Beseitigung der Unfallursache ergreifen zu können. Unfälle können entweder aufgrund des Verhaltens von Verkehrsteilnehmern (zu schnelles Fahren, Vorfahrtsverstöße, usw.) oder wegen Mängeln in der Infrastruktur (schlechte Einsehbarkeit und Erkennbarkeit) entstehen. Um die jeweilige Ursache zu erkennen, führt die Polizei sogenannte Unfallsteckkarten, in denen die Unfälle entsprechend ihrer Art und Schwere markiert werden. Die verschiedenen Farben zeigen den Unfalltyp (Konfliktvorgang, der zum Unfall führte) und die verschiedenen Durchmesser der Nadeln die Unfallkategorie (Getötete, Schwer- und Leichtverletzte sowie Sachschaden). Zusätzlich können die Nadeln mit Markierungen (kleinen Dreiecken) hinterlegt werden, die weitere Unfallumstände betreffs Unfallursache (Alkoholunfall, Wildunfall) oder Unfallart (Aufprall auf einen Baum, Fußgänger, Radfahrer) aufzeigen. Zusätzlich zur Karte werden Unfallblattsammlungen geführt, die weitere ausführliche Daten enthalten, so zum Beispiel zum Unfallhergang, zum Straßenzustand, zur Witterung, zu den Sichtverhältnissen usw.

Früher wurden Stecknadeln zur Markierung von Unfällen in der Unfalltypenkarte genutzt, heutzutage werden meistens elektronische Unfallsteckkarten eingesetzt. Weit verbreitet ist beispielsweise EUSka, die elektronische Unfalltypen-Steckkarte, der PTV AG. Die Polizei in Rheinland-Pfalz nutzt GEOPOLIS V (“Geografisches polizeiliches Informationssystem für Verkehrsunfälle“).

Die elektronisch vorliegenden Unfalldaten werden heutzutage allerdings nicht veröffentlicht. EUSka kann über das integrierte Model “Datenweitergabe” die Daten in Formate der Statistischen Landesämter ausgeben oder im EUSka-Format weiterleiten und in anderen EUSka-Auswertungsanwendungen überspielen.

Eine Umwandlung in offene Datenformate sollte ebenso wie ein Onlinezugriff auf die Unfallsteckkarten ohne große Probleme machbar sein.

Durch die Veröffentlichung der entsprechenden Unfallkarten dürfte das Bewusstsein für Unfallschwerpunkte in der Bevölkerung wachsen. Entsprechende Maßnahmen wie die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung und andere geschwindigkeitsdämpfender Maßnahmen dürften eine höhere Akzeptanz erfahren. Neue Tempolimits sind oft Gegenstand einer starken und langlebigen Diskussion. Die Argumentation der jeweiligen anordnenden Behörde oder anderer öffentlichen Stellen bleibt zurzeit leider oftmals sehr vage und argumentiert nicht faktenorientiert. Eine Veröffentlichung bzw. ein Zugriff auf die 1-Jahreskarte (alle Unfälle innerhalb von 12 Monaten), die 3-Jahreskarte (P) (Unfälle mit Personenschäden innerhalb von 36 Monaten) und die 3-Jahreskarte (SP) (Unfälle mit schweren Personenschäden innerhalb von 36 Monaten) dürfte die Zahl, Ursache und Schwere von Unfällen nochmals vor Augen führen. Die Kenntnis aller Unfälle der vergangenen drei Jahre auf einem bestimmten Streckenabschnitt dürfte in der Bevölkerung meistens nicht vorhanden sein.

In den USA und Großbritannien mit einer ausgeprägteren Open Data-Kultur ist das Veröffentlichen von Unfalldaten schon länger üblich. Die britische Regierung veröffentlicht Unfalldaten über ihr Open Data-Portal data.gov.uk. Mehrere Kartendienste helfen bei der Visualisierung der Unfälle.

UK Road Accident Map

Die UK Road Accident Map verzeichnet alle Unfälle auf einer Karte und gibt neben Zeit und Ort die Art der beteiligten Fahrzeuge, die Unfallschwere, die Zahl der Verunfallten, deren Alter und Geschlecht, den Straßentyp, etwaige Geschwindigkeitsbegrenzungen, Wetter- und Straßenzustand, Helligkeit und die Polizeibeteiligung an.Unfallsteckkarte Großbritannien Unfälle Open Data

Die Daten lassen sich nach beteiligten Fahrzeugen und Schwere des Unfalls klassieren und ein- bzw. ausblenden.

Cycle Injury Map

Die auf Verkehrsunfälle spezialisierte Kanzlei Levenes Solicitors hat aus den öffentlich gemachten Daten eine spezielle Unfallkarte mit Fokus auf Fahrradunfälle erstellt. Die jeweiligen Unfälle sind ebenfalls mit zusätzlichen Informationen angereichert. Zudem besteht die Möglichkeit, sich mit Street View einen genaueren Eindruck vom jeweiligen Unfallort zu verschaffen.Karte von Fahrradunfällen in Großbritannien

SafeRoadMaps

Für die USA bietet SafeRoadMaps einen umfassenden Einblick in das Unfallgeschehen. Neben den entsprechenden Übersichtskarten kann auch auf einen Unfallticker zugegriffen werden, der neben Unfällen auch geplante Baumaßnahmen und Wettermeldungen enthält.Verkehrsunfaelle USA Karte

Neben den Unfallsteckkarten werden auch Unfallhäufungen für Bundesstaaten, Stadtgebiete und einzelne Viertel ausgewiesen. SafeRoadMaps bezieht auch das US-Highwaynetz mit in die Analysen ein.

CrashStat.org

CrashStat.org ist ein Angebot von Transportation Alternatives, das von der Stadt New York zum Teil finanziert wird. Die Anwendung soll der Stadt New York bei ihrem Ziel unterstützen, die Zahl der Verkehrstoten auf nahe Null zu verringern. Zwischen CrashStat und SafeRoadMaps besteht vom Aufbau außer ein paar Designunterschieden keine großer Differenz, allerdings bietet CrashStat die Möglichkeit die Unfalldaten von 1995 bis 2009 miteinander zu vergleichen. Somit lassen sich Fortschritte im Gesamtnetz oder auf einzelnen Streckenabschnitten erkennen.Verkehrsunfälle in new York

Los Angeles High-Injury Corridors

Die Kartenanwendung des Los Angeles Department of Public Health legt den Fokus auf im Straßenverkehr getötete Fußgänge. Statt individuelle Einzelunfälle zu verzeichnen, wichtet die Anwendung die Unfalltypen nach Schwere. Getötete Fußgänger werden höher bewertet als Leichtverletzte. Die Werte werden nicht punktuell, sondern für einzelne Straßenabschnitte bestimmt. Mithilfe der Anwendung erkannte man beispielsweise, dass sich in fünf Prozent der Straßen 55 Prozent der schweren Unfälle ereignen.

Getötete Fußgänger in Los Angeles

Ebenso konnte in einem direkten Vergleich mit den Straßenzügen, in denen die Stadt in Verkehrssicherheit und Verkehrsberuhigung investiert hat, fast keine Unfälle geschehen sind.

UK Accident Black Spots

Neben Kartenanwendungen ässt sich auch eine Vielzahl anderer Anwendungen auf Grundlage von Unfalldaten erstellen. Sehr interessant ist beispielsweise auch die folgende Infografik, die das Verkehrsunfallgeschehen auf britischen Straßen genauer aufschlüsselt.

Infografik Verkehrsunfälle UK
Verkehrsunfallgeschehen in Großbritannien – Infografik von Staveley Head
Anonymous

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Road Safety Dude
28. Oktober 2014 20:40

Ich bin mir nicht sicher, ob man mit der Veröffentlichung von Unfalldaten die Verkehrssicherheit verbessern kann. Wenn ich mir die Karten aus dem Ausland so anschaue, sehe ich fast an jeden Knotenpunkt Punkte, Totenköpfe oder Achtungszeichen. Doch was fange ich als normaler Verkehrsteilnehmer damit an? Umgehe ich diese Stellen oder fahre ich an diesen besonders vorsichtig?

Letztendlich besteht zu jeder Zeit an jeden Ort die Möglichkeit zu verunfallen – auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls an einer Unfallhäufungsstelle vermutlich etwas höher ist.

Mir wäre viel wichtiger, dass an den identifizierten Unfallhäufungsstellen von kompetenten “Verkehrssicherheitsexperten” schnell geeignete Maßnahmen umgesetzt werden.

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Randelhoff Martin

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