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Tram im Trend: Erfahrungen aus Paris, Berlin, Zürich, Tunis und Bordeaux

Im Laufe der Woche wurde mir mehrmals die Dokumentation “Tram im Trend” von NZZ Format und dctp.tv aus dem Jahre 2011 empfohlen. Der 30-minütige Film ergänzt sehr gut das Video vom vergangenen Wochenende “Die Rolle der Straßenbahn in der Stadt der Zukunft”.

Der Fokus liegt zunächst auch auf dem französischsprachigen Raum. Zu Beginn wird vom Bau der Linie 3 der neuen Pariser Straßenbahn, die seit 2006 auf dem Boulevard des Maréchaux, einer Ringstraße nahe der Stadtgrenze, verkehrt. Seit 2012 umfasst die Strecke auch den Streckenabschnitt, der im Film noch als Erweiterung angekündigt wird. Mittlerweile gibt es in Paris wieder vier Straßenbahnlinien, vier weitere sind im Bau.

Nach Paris berichtet die Dokumentation vom Straßenbahnverkehr in Berlin, wobei hier besonderer Fokus auf die Verringerung der Lärmemissionen des Straßenbahnbetriebs und insbesondere das Kurvenquietschen der Straßenbahn gelegt wird. Im Laufe der Zeit entstehen an den Rädern so genannte „Flachstellen“ (Polygone) und an den Schienen Riffeln. Bei Radpolygone handelt es sich um ungleichförmigen Verschleiß in Radumfangsrichtung in Form von periodischen Flachstellen. Bei höheren Fahrgeschwindigkeiten erzeugen die Polygone Vibrationen im Gleiskörper und Wagenkasten, wodurch die Lärmbelastung für Anwohner steigt. Durch mikroprozessorgesteuerten Gleitschutzanlagen werden Verformungen an den Rädern beim Bremsen vermieden. Körperschallmessstationen identifizieren Fahrzeuge mit Polygonen, bei denen Lauffläche und Spurkranz überdreht werden, um die Laufruhe wieder herzustellen. Infrastrukturseitig werden Schienen in Gummiprofile gebettet und mit Gummimatten vom Boden entkoppelt. Rasengleise können ebenfalls Erschütterungen mindern.

Anhand des Berliner Beispiels wird ebenso die Stromversorgung der Straßenbahnen, die Umwandlung von 10.000 Volt Drehstrom in 600 V Gleichstrom und die Rekuperation von Bremsenergie erklärt. Durch den Nutzbremsbetrieb (Bremsstromrückspeisung) kann die BVG jedes Jahr etwa 15 Prozent Fahrstrom einsparen!

Interessant sind auch die Einblicke in die Geschichte und die Entwicklung des Tramverkehrs in Zürich, die Produktion von Citadis-Straßenbahnen im Alstom-Werk in La Rochelle mit den verschiedenen Customize-Möglichkeiten und den Ausbau des Straßenbahnnetzes in Tunis. Abgeschlossen wird die Dokumentation mit einem Blick nach Bordeaux und den dortigen oberleitungsfreien Straßenbahnbetrieb im Innenstadtbereich inklusive Probleme bei der Einführung des neuen Systems. Über Bordeaux hatte ich auch in meinem Vortrag über Elektromobilität in Koblenz einiges berichtet.

Seit mehreren Jahren kristallisiert sich heraus, dass der Bau einer neuen Straßenbahnstrecken nicht nur ein Verkehrsbauprojekt ist, sondern eine ganzheitliche Weiterentwicklung des jeweiligen Straßenzuges erfolgt. Vom weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes profitieren nicht nur die Fahrgäste, sondern auch Anwohner und sogar die Autofahrer!

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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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Sven Krämer
1. Juni 2013 09:10

Ich hoffe, dass die Stadt Mülheim an der Ruhr in ihrer Diskussion um eine Neuplanung ihres Liniennetzes nicht allzu in Streckenstreichungen verfällt und diese dann hinterher bereut.

Der Ast der Linie 104 vom Mülheimer Hauptfriedhof und dem Flughafen Essen / Mülheim wurde bereits stillgelegt. Die Mülheimer Verkehrs AG lässt die Strecke sehr verfallen. Es verkehrt dort ein unattraktiver Linienbus. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat gegen dieses Vorhaben allerdings Einspruch erhoben und Mülheim aufgefordert, den Streckenabschnitt wieder zu aktivieren.

Die Linie 110 (Styrum-Hauptfriedhof) ist auch von einer ganzen Streckenstreichung betroffen. Die Linie 112 soll im Angebot reduziert werden. Sie würde die Strecke der 110 im Mülheimer Süden übernehmen, aber nur jede zweite Bahn würde den Weg über die Stadtgrenze nach Oberhausen über die Neue Mitte nach Sterkrade nehmen dürfen. Die einstige Linie 116, die als Verstärkungslinie agierte, gibt es schon längst nicht mehr.

Aber auch in Duisburg wird seit Jahren schon heftigst über die Verkürzung der U79 diskutiert. Die Duisburger Verkehrs Gesellschaft (DVG) möchte das Duisburger Teilstück nicht weiterbetreiben, so dass die U79, die aus einer privaten Bahngesellschaft entstanden ist, wie auch die heutige Linie U76, soll dann im Düsseldorfer Norden enden. Auch da ist die Entscheidung noch nicht gefallen.

Auch wenn im Film vieles positiv dargestellt wird, so gibt es heute immer noch sehr vieles Negatives. Leider.

Jan Niko Kirschbaum
15. Februar 2013 19:06

Ich muss sagen, ich bewundere ja die Konsequenz, mit der die Franzosen ihre verkehrspolitischen Überzeugungen durchziehen. Die Tram ist alt und kaputt, dem Auto gehört die Zukunft: Weg damit! Dann kommt die Tram wieder in Mode und radikal werden die Autos aus der Stadt geworfen, noch dazu haben die Franzosen eine gute Idee für Design und das Einpflegen der Tram ins Stadtbild. War vor einigen Jahren in Montpellier und habe den Stil der Tram, der Haltestellen und des Fahrwegs sehr bewundert. Die schaffen die Stromversorgung auch mit einer einfachen Fahrleitung und nicht mit diesen kunstvollen deutschen Drahtverhauen in der Luft. Wahrenddessen führen wir hier noch (bin Wuppertaler) die Debatten vom Ende der 1980er Jahre. Ein Trauerspiel. Das einzige, was deutschen Politikern und Verkehrsplanern einfällt, ist die Tram zu verbuddeln, damit die Autos sich besser gegenseitig im Weg rumstehen können.

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