Infrastruktur Konzepte Straßenverkehr

Selbstheilender Asphalt vervierfacht die Lebenszeit des Straßenbelags von zehn auf 40 Jahre

Feuchter Asphalt in der Nacht
Foto: "Night Traffic Surface" (unbearbeitet) von sagesolar @ Flickr - CC BY 2.0
Asphalt als wichtiges Baumaterial im Verkehrsbereich wird durch die Einflüsse des Verkehrs, der Witterung und bspw. von Auftaumitteln stark beansprucht. Um die Kosten für die Erneuerung von Asphaltdeckschichten zu minimieren und deren Lebensdauer zu erhöhen, haben Wissenschaftler der Technische Universität Delft einen neuen mit Stahlwollefasern versetzten Asphalt entwickelt, bei dem kleine Schäden mittels Induktionsenergie behoben werden können.

Eine Mischung aus Bitumen und Gesteinskörnung ist für Verkehrsflächen von essenzieller Bedeutung: Asphalt. Asphalt wird nicht nur im Straßenbau eingesetzt, sondern findet auch bei Schienenwegen als Tragschicht oder als Abdichtung im Wasserbau Verwendung. Am häufigsten kommen wir jedoch mit Asphalt bei Straßen und Parkplätzen in Berührung. In der Bundesrepublik Deutschland sind 95 % aller befestigten Straßen mit einer Asphaltdecke ausgestattet.

Die verschiedenen Asphaltarten

Oberfläche einer Autobahn Asphaltschicht
Abbildung der einzelnen Schichten im Oberbau für schwerbelastete Straßen, Bauklasse SV, Asphalttragschicht und Schottertragschicht auf Frostschutzschicht bei 75 cm frostsicherem Oberbau. – Grafik: G.Dillbahner – CC BY-SA 3.0

Je nach Beanspruchung und den verlangten Eigenschaften werden verschiedene Asphaltarten verwendet. Sie unterschieden sich vor allem durch die verwendete Gesteinskörnung.

Um bei stark belasteten Straßen wie beispielsweise Autobahnen einen Straßenbelag mit großer Dauerhaftigkeit zu haben, wird oft Gussasphalt verwendet. Diese Asphaltsorte ist besonders standfest und alterungsbeständig. Hinzu kommt, dass die Lebensdauer von Asphalt oftmals wegen mangelhafter Verdichtung leidet. Gussasphalt muss jedoch nicht mit Straßenwalzen verdichtet werden, sondern wird gegossen und dann glatt gestrichen.

Des Weiteren ist es möglich, Spannungen aus Temperaturschwankungen oder langsam ablaufenden Bauwerksbewegungen durch seine natürliche Elastizität rissfrei abzubauen. Wegen seiner Viskoselastizität ist er abriebsfest und verkraftet das Befahren mit schweren Fahrzeugen.

Eine weitere Asphaltsorte ist sogenannter offenporiger Asphalt, der wegen des hohen Anteils von groben Gesteinskörnungen einen hohen Gehalt an zusammenhängenden Hohlräumen aufweist. Durch diese Hohlräume kann Regenwasser besser abfließen (verminderte Aquaplaning-Gefahr) und der Schall der Fahrgeräusche wird besser absorbiert. Folge ist ein leiserer Straßenbelag (sog. “Flüsterasphalt”).

Um Energie bei der Herstellung von Asphaltmischgut zu sparen, wird Niedrigtemperaturasphalt getestet, der bei geringeren Temperaturen gemischt und eingebaut wird. Kaltasphalt wird für kleinere Reparaturarbeiten wie das Verfüllen von Schlaglöchern genutzt und wird, wie der Name bereits sagt, in der Regel bei 80 °C – 100 °C gemischt (normal: 160 und 180 °C).

Das Entstehen von Schlaglöchern

Aufgrund seiner Struktur ist Asphalt aber auch häufig ein großes Ärgernis für Autofahrer. Nach einer bestimmten Zeit, insbesondere nach strengen Wintern und starker UV-Bestrahlung durch die Sonne, entstehen feine Mikrorisse im Bitumen. Durch diese Risse löst sich nach einiger Zeit die Asphaltstruktur an der Oberfläche auf und der Zersetzungsprozess beginnt. Folge ist Splittverlust an der Straßenoberfläche.

In die defekte Oberfläche können nun Wasser und Carbonate (insbesondere Streusalz) eindringen, welche die Struktur des Asphalts weiter angreifen. Bei niedrigen Temperaturen gefriert das Wasser und vergrößert dabei sein Volumen um etwa ein Zehntel. Dadurch vergrößern sich die Risse. Bei wiederholtem Tau- und Frostwetter werden schließlich Teile des Materials durch Frostsprengung abgetrennt. Durch diese Schäden kann noch mehr Wasser in die Straßenoberfläche eindringen, das Problem und die Ausbrüche werden größer.

Lebensdauer des Asphalts verlängern

Der Lehrstuhl für Materialforschung der Fakultät Bauingenieurwesen an der TU Delft unter Leitung von Prof. dr. ir. Erik Schlangen hat eine neue Asphaltart entwickelt, die das Verfüllen der kleinen Mikrorisse im Bitumen ermöglicht 1. Geheimnis sind kleine Stahlwolle-Fasern, die dem Bitumen beigemischt werden 2. Beim Auftreten von Schäden werden die Stahlwollefasern mittels Induktionsenergie erhitzt, das umliegende Bitumen schmilzt bei einer Temperatur von 60 bis 70° C und verfüllt die Risse 3.

Der Asphalt wird seit 2010 auf einem 400 Meter langen Teilstück der A 58 nahe Vlissingen in den Niederlanden erprobt. Der verwendete Asphalt ist ein spezieller offenporiger Asphalt, dem kleine Stahlwolle-Fasern beigemischt wurden. Über die Erfahrungen mit dem neuen Straßenbelag wird in einem speziellen Blog berichtet.

Erste Ergebnisse zeigen, dass die Lebendauer des Asphalts bei Anwendung aller vier Jahre etwa verdoppelt werden kann. Der mit Stahlwollefasern angereicherte Asphalt kostet etwa 25 % mehr als eine herkömmliche Asphaltdecke, erzielt jedoch in einer Gesamtkostenbetrachtung wirtschaftliche Vorteile.

Sollte sich die Dauerfestigkeit des Asphalts und die Funktion der neuen Asphaltsorte herausstellen, könnten Kommunen und Länder jedes Jahr Milliardenbeträge im Straßenunterhalt einsparen. Für die Niederlande gehen die Wissenschaftler bei flächendeckender Anwendung von jährlichen Einsparungen in Höhe von 90 Millionen Euro aus.

Deutsche Städte und Gemeinden wenden jedes Jahr etwa 3,5 Milliarden Euro für die Beseitigung von Schlaglöchern auf. Meistens sind diese Finanzmittel nicht vorhanden, Folge: Die Straßenqualität nimmt spürbar ab, Lärm und Partikelaufwirbelungen nehmen zu. Durch die Beimischung von Stahlwollefasern dürften die finanzielle Belastung gemindert werden.

Ebenfalls sehr interessant ist die Forschungsarbeit im Bereich Beton. In Zusammenarbeit mit Mikrobiologen wurden spezielle Bakterien entwickelt, die Risse in Beton mit Calciumlaktat verfüllen und zudem den Bewehrungsstahl vor Korrosion schützen.

  1. Schlangen, E & Joseph, C (2008). Self-healing processes in concrete. In SK Ghosh (Ed.),Self-healing materials: fundamentals, design strategies and applications (pp. 141-182). Weinheim: Wiley-vch gmbh&co.
  2. Schlangen, E, Jonkers, H.M., Qian, S & Garcia, A (2010). Recent advances on self healing of concrete. In BH Oh (Ed.), Fracture mechanics of concrete and concrete structure (pp. 291-298). Seoul, Korea: Korea Concrete Institute.
  3. Liu, Q, Schlangen, E, Ven, MFC van de & Garcia Hernandez, A (2010). Healing of porous asphalt concrete via induction heating. In H.D. Benedetto, A.C. Collop & H.U. Bahia (Eds.), EATA Conference 2010 Vol. 11. Road materials and pavement design (pp. 527-542). Paris, France: Lavoisier. (TUD)
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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Joachim
Joachim
18. Mai 2017 00:46

Ist es vielleicht eher so, dass der Asphalt sich nicht selber heilt, sondern so, dass der Heilungsvorgang von außen durch die induktionsbedingte Erwärmung zustande kommt? Und die Stahlwolle schmilzt vielleicht nicht selber, sondern schmelzt den Asphalt wieder etwas auf?

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Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
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