Radverkehr in deutschen Kommunen – es gibt nur wenige Stadtoberhäupter, Stadträte und Vertreter der Verwaltung, die auf die Frage nach den Bedingungen für den Radverkehr in ihrer Stadt nicht antworten, dass man auf einem guten Weg sei. Die deutsche Bundeshauptstadt ist hier keine Ausnahme.
Das Fahrrad sei als Verkehrsmittel im Alltag angekommen, die Bedingungen würden sich verbessern, man habe das Radverkehrsbudget erhöht und der Radverkehrsanteil am Gesamtverkehrsaufkommen steige kontinuierlich: von 7 Prozent im Jahr 1992 auf 10 Prozent im Jahr 1998 und 13 Prozent im Jahr 20081.
Im Jahr 2013 lag der Wert ebenfalls bei 13 Prozent2, ist jedoch aufgrund methodenbedingter Effekte nicht direkt mit dem Jahr 2008 vergleichbar. Unter Anwendung von Umrechnungsfaktoren ergibt sich mit der neuen Methode3 ein Radverkehrsanteil für das Jahr 2008 von 11 Prozent und somit eine Zunahme des Radverkehrs um zwei Prozentpunkte gegenüber der letzten Erhebung.
Die Befragungsergebnisse der SrV werden durch Pegelzählungen ergänzt4. In Berlin werden an festen Zählpunkten (Pegelpunkte) monatliche Zählungen des Radverkehrs durchgeführt. Daten für die westlichen Bezirke stehen seit 1983 zur Verfügung, zusätzliche Zählstellen wurden in den östlichen Bezirken im Juli 2000 in Betrieb genommen. In den 90er-Jahren wurde die Erhebung leider ausgesetzt. Seit 2015 werden zudem an 13 Stellen im Stadtgebiet Zählungen des Radverkehrs mit fest eingebauten, automatischen Messstellen durchgeführt. Diese erheben an jedem Tag des Jahres über 24 Stunden die Zahl der Radfahrer und werden die Datenlage weiter verbessern.
Bereits seit mehreren Jahren sind Radfahrer im Berliner Stadtbild präsenter. Dies drückt sich ebenfalls in den Zählergebnissen aus. Zwischen dem Jahr 2001 und 2014 ist das Radverkehrsvolumen an den Pegelpunkten um 51 Prozent gestiegen.
In einer Stadt mit wachsender Bevölkerungszahl nimmt die Zahl radfahrender Menschen automatisch auch bei einem stagnierendem Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr zu. In einer Stadt wie Berlin mit einem positiven Bevölkerungssaldo (2015 und 2016 soll Berlin jährlich um 80.000 Einwohner wachsen) und einem konstant wachsenden Radverkehrsanteil wächst das Radverkehrsaufkommen umso stärker. Die Gründe für das Wachstum sind vielfältig, auch wenn sie weniger in den guten Bedingungen für den Radverkehr zu finden sind.
Dieser Film von Claudia Brückner zeigt die Diskrepanz zwischen der politischen Zielsetzung in Form der 2013 vom Berliner Senat beschlossenen Radverkehrsstrategie [Broschüre, Senatsbeschluss], welche die strategische Ausrichtung der Radverkehrsförderung bis zum Jahr 2025 festlegen soll, und der Realität. Zum wiederholten Male wird deutlich: Das Bedrucken von Papier verbessert noch lange nicht die Bedingungen für den Radverkehr.
Einige Ziele im Jahr 2013 vom Berliner Senat beschlossenen Radverkehrsstrategie:
- Steigerung des Radverkehrsanteils auf 18-20% aller Wege
- Die jährliche Anzahl der im Straßenverkehr getöteten Radfahrer soll bis 2025 um 40%, die der Verletzten um 30 % gesenkt werden.
- Es wird angestrebt, schrittweise bis 2017 eine Größenordnung von 5 € pro Einwohner und Jahr in den Radverkehr zu investieren.
Die Ziele sind löblich, jedoch müssen hierfür auch Taten folgen. Denn ansonsten wächst die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit weiter. Ein großes Problem ist die mangelnde Personalausstattung. Ohne qualifiziertes Personal können die Planungen nicht umgesetzt werden. Elf von zwölf Bezirken haben Stand November 2015 keinen Zuständigen für Radverkehr, in der Senatsverwaltung gibt es nur 2,5 Stellen für den Radverkehr in Gesamt-Berlin. Hiervon ist ein Mitarbeiter ausschließlich mit Radverkehrsangelegenheiten befasst und verantwortet ein Budget von 4,5 Mio. € für Radverkehrsinfrastruktur und von ca. 2 Mio. € Radwegesanierungsmitteln pro Jahr. Er ist darüber hinaus noch mit diversen anderen Radverkehrsthemen befasst. Vier weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit unterschiedlichen Teilen ihrer Arbeitszeit für schwerpunktmäßig dem Radverkehr dienende Vorhaben tätig (siehe Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 22. Januar 2015, Drucksache 17 / 15361).
Eine Folge: Überlastung. Zur Verfügung stehende Finanzmittel können mangels fertiger Planung nicht vollständig verausgabt werden und verfallen am Jahresende.
Im Haushaltstitel “Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr” (EP 12, Kap. 1270, Titel 72016) waren in den letzten Jahren folgende Mittel eingestellt, nur ein Teil wurde verbaut (siehe Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 07. Juli 2015, Drucksache 17 / 16703):
Jahr | Haushaltsansatz | kassenwirksam abgerufen | in Prozent |
---|---|---|---|
2010 | 3.000.000,00 € | 3.563.683,30 € | 119 % |
2011 | 3.000.000,00 € | 2.240.433,44 € | 75 % |
2012 | 3.500.000,00 € | 2.517.767,97 € | 72 % |
2013 | 3.500.000,00 € | 2.893.814,39 € | 82 % |
2014 | 4.000.000,00 € | 2.087.617,80 € | 52 % |
2015 [Stichtag 31.07.2015] | 4.000.000,00 € | 935.833,50 € | 23 % |
Jährlich werden nur 20 km neue Radverkehrsinfrastruktur (etwa vier Radwege oder Radfahrstreifen) geschaffen, während mehr als die Hälfte der ca. 1.500 km Hauptverkehrsstraßen in Berlin überhaupt keine Radverkehrsanlagen haben. Von den angekündigten 20 Fahrrad-Hauptrouten sind bislang gerade erst die Hälfte ausgebaut. Bis 2017 werden es höchstens zwölf sein.
Im Haushaltstitel “Unterhaltung von Radwegen” (EP 12, Kap. 1270, Titel 52108) standen in den letzten Jahren durchgehend zwei Millionen Euro für den Unterhalt von Radverkehrsanlagen bereit. Auch diese wurden nicht vollständig verbaut, obwohl ein großer Sanierungsbedarf im Radwegenetz besteht:
Jahr | Haushaltsansatz | kassenwirksam abgerufen | in Prozent |
---|---|---|---|
2010 | 2.000.000,00 € | 1.703.388,27 € | 85 % |
2011 | 2.000.000,00 € | 2.504.001,50 € | 125 % |
2012 | 2.000.000,00 € | 1.828.046,66 € | 91 % |
2013 | 2.000.000,00 € | 1.930.569.45 € | 97 % |
2014 | 2.000.000,00 € | 1.537.246,74 € | 77 % |
2015 [Stichtag 31.07.2015] | 2.000.000,00 € | 690.088,01 € | 34 % |
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bei gewöhnlichen Straßenneubau- oder Straßensanierungsprojekten auch verbesserte Situationen für den Radverkehr entstehen können. Jedoch ist es methodisch nicht möglich, einen auf den Radverkehr entfallenden Anteil aus dem Gesamtinvestitionsvolumen herauszurechnen.
Darüber hinaus standen noch weitere Finanzmittel zur Förderung des Leihfahrradsystems “Call a Bike” von einer Million Euro (2013: 840.000,00 €, 2014: 906.923,45 € ausbezahlt), zur Errichtung von Fahrradabstellanlagen an ÖPNV-Verknüpfungspunkten (2013: BVG 122.300 €, S-Bahn Berlin 250.000 €, vollständig verausgabt) und zur Finanzierung des Projekts „EBikePendeln“ (306.321,28 € im Jahr 2014) zur Verfügung. Diese Mittel wurden auch verausgabt.
Da im Video von Claudia Brückner gefragt wurde, wieso Mittel verfallen: Ohne eine sachgerechte Personalausstattung wird sich daran auch in den kommenden Jahren nicht viel ändern. Nur durch sachkundiges Personal können Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs überhaupt durchgeführt werden. Verschärft werden die existierenden Probleme dadurch, dass erheblicher Koordinationsaufwand zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und den Bezirksämtern sowie zwischen den Bezirken selbst besteht. Die in der Radverkehrsstrategie enthaltene Festlegung, dass pro Bezirk eine Ingenieursstelle im Straßen- und Grünflächenamt zweckgebunden neu geschaffen werden soll, muss prioritär umgesetzt werden.
Eine Stadt mit 3,5 Millionen Einwohnern, die sich selbst als “Fahrradstadt Berlin” bezeichnet, benötigt mehr als eine (!) Vollzeitstelle für den Radverkehr. Der Aufgabenumfang und die Komplexität des Aufgabenspektrums machen vielmehr eine Fachabteilung von mindestens zehn Vollzeitstellen sowie jeweils einer Ingenieursstelle auf Bezirksebene notwendig. Ergänzt werden müssen diese durch Budget und Stellen für Instandhaltung der geschaffenen Infrastruktur sowie zur Planung und zum Bau von Radabstellanlagen. Und durch Schaffung von Stellen zur Durchsetzung von Verkehrsregeln wie Parkverboten, Rücksichtnahme bei Abbiegevorgängen sowie dem sicheren Zustand von Fahrrädern.
Dann kann es auch etwas mit der “Fahrradstadt Berlin” werden. Ansonsten werden andere europäische Hauptstädte wie London, Paris, Wien und Madrid vorbeiziehen. Von den Ausreißern Kopenhagen und Amsterdam gar nicht erst zu sprechen.
- Technische Universität Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung: Mobilität in Städten – SrV 2008 für Berlin, Endbericht. Dresden 2009 ↩
- Technische Universität Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung (2014): Mobilität in Städten – SrV 2013 für Berlin, Tabellenbericht Gesamt-Berlin. Dresden 2014 ↩
- Im Jahr 2013 wurde bei SrV eine verbesserte Erhebungsmethodik angewendet, welche insbesondere kurze Wege besser erfassen kann. Die Ergebnisse einer Methodenvorstudie im Oktober/November 2012 zeigen, dass diese Veränderung nicht zu methodischen Effekten führt, die über den Einfluss einer verbesserten Daten- und Erfassungsqualität hinausgehen. ↩
- Ingenieurbüro für Verkehrserhebungen, -statistik und -planung statplan (2015): Fahrradverkehr-Pegelzählungen Berlin Jahresbericht 2014 im Auftrag der Verkehrslenkung Berlin – VLB ↩
Gibt’s diese Daten im langen Zeitverlauf noch in einer aktuelleren Grafik?
Man sollte versuchen die Zahl der tödlich verunglückten Radfahrer (12 im Jahr 2014) nicht nur um 40% sondern um 100% verringern. Schweden geht mit der Vision Zero einen konsequenten und bisher erfolgreichen Weg.
Kleine Anmerkung Amsterdam ist sehr wohl eine europäische Hauptstadt, vermutlich wolltest du Rotterdam schreiben ;)
Hallo Alexander,
erst einmal Danke für den Hinweis mit Amsterdam. Keine Ahnung wieso mir das durchgerutscht ist, vielleicht der Unterschied zwischen Hauptstadt und Regierungssitz. Der Fehler ist nun aber behoben.
Und natürlich sollte die Null das Ziel sein. Ich kann auch nicht nachvollziehen, wieso Vision Zero in Deutschland so ein Schattendasein fristet. Und wenn es angesprochen wird, kommt oft ein ganz dickes “Aber”, z.B. hier http://www.deutschlandradiokultur.de/alkohol-am-steuer-die-vision-zero-null-promille-null.1008.de.html?dram:article_id=328985.
Schweden, Großbritannien, die Niederlande, Österreich und die Schweiz sind viel weiter als Deutschland. Hier gehen viele Kommunen eher den umgekehrten Weg und ziehen sich Stück für Stück aus der Verkehrsprävention zurück. Aber die Bevölkerung fordert das hierzulande auch nicht aktiv ein, opponiert gar gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen, eine niedrigere Alkoholgrenze oder eine striktere Durchsetzung von Verkehrsregeln. Ein Dilemma für die Politik – wobei ich auch keinen Weg weiß, wie sich dies auflösen lässt.
Viele Grüße,
Martin
Im Grunde genommen ist die Vision Zero in Schweden nicht wirklich erfolgreich. Zumindest dann nicht, wenn man sich die statistischen Zahlen genauer ansieht. In Deuschland hat sich beispielweise die Zahl der Verkehrstoten von 1993 (9.949 = 100%) bis 2014 (3.377 = 34%) um rund 66% reduziert, ohne Vision Zero. In Schweden hat man trotz bzw. durch Vision Zero (seit 1997) im gleichen Zeitraum die Anzahl der Verkehrstoten um “lediglich” 57% verringert; nämlich von 632 (100%) auf 270 (43%) -> http://trafa.se/en/road-traffic/road-traffic-injuries/ (pdf Road traffic injuries 2014 öffnen)
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/TransportVerkehr/Verkehrsunfaelle/Unfallentwicklung5462401089004.pdf?__blob=publicationFile
Generell sind aber die Schweden eingeführten Tempolimits (auf der Landstraße dürfen Autofahrer höchstens 80 Kilometer pro Stunde fahren, auf der Autobahn maximal 120 bzw. 110 und innerorts soll langfristig überall Tempo 40 gelten) sinnvoll und zwar nicht nur für den Fahrradverkehr, sondern für alle Verkehrsteilnehmer. Darüber hinaus wird es trotz allem immer Fälle geben, die sich nicht verhindern lassen. http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/ergebnis-der-obduktion-radfahrer-stirbt-nach-sturz-auf-tempelhofer-feld/8174362.html
Mittelfristig würde ich zur weiteren Reduktion von Unfalltoten eher auf Innovationen im Bereich der Fahrzeugtechnik setzen. Stichwort “Autonomes Fahren” und Sicherheitssysteme (z.B. Fußgänger-Airbag von Volvo oder Radarsensoren http://support.volvocars.com/de/cars/pages/owners-manual.aspx?mc=Y555&my=2015&sw=14w20&article=7fceb4e7544b4fbbc0a801e800b0ef6b bzw. http://www.deutschlandradiokultur.de/deutscher-zukunftspreis-das-jedermann-radar.2165.de.html?dram:article_id=338606)
Hallo,
ich sehe den Erfolg von “Vision Zero” nicht so negativ. Für mich ist Vision Zero auch eher ein planerisches Leitbild, denn absolut konkretes Ziel. Der Zufall macht nämlich ganz schnell einen Strich durch die Rechnung.
Bezüglich des Vergleichs zwischen Schweden und Deutschland:
Bezieht man die Zahl der Verkehrstoten auf die Bezugsgröße wie die Fahrleistung in der Einheit Milliarden Fahrzeugkilometer ergibt sich die folgende Lage:
Daten: http://internationaltransportforum.org/Pub/pdf/14IrtadReport.pdf
Schweden weist ein höheres Sicherheitsniveau auf als Deutschland. Zwei Tote pro 1 Mrd. Fz-km mehr ist ein signifikanter Unterschied – Deutschland ist sicherlich in der Lage, ein ähnliches Niveau auch ohne neue Fahrzeugtechnik zu erreichen. Deren Wirkung sollte noch oben drauf gepackt werden und das Niveau weiter senken.
Viele Grüße,
Martin
Hallo Martin,
ich sehe die “Vision Zero” Schwedens nicht per se negativ. Es gibt durchaus richtige und vor allem vernünftige Ansätze. Allerdings stellt sich immer auch die Frage der Verhältnismäßigkeit. Mit meinem Verweis auf die deutschen Zahlen zur Reduzierung der Verkehrstoten, wollte ich aufzeigen, dass es auch ohne großangelegte Umbau- oder Überwachungsmaßnahmen möglich ist, die Zahl der Opfer im Straßenverkehr signifikant zu senken; und noch dazu deutlicher als es den Schweden mit “Vision Zero” gelungen ist.
Wenn du auf die Zahl der Verkehrstoten im Verhältnis zur Fahrleistung (in der Einheit Milliarden Fahrzeugkilometer) abstellst, ist das natürlich statthaft. Allerdings bleibt dabei z.B. die sehr stark divergierende Bevölkerungsdichte beider Länder komplett außen vor (21,8 zu 226). Die Wahrscheinlichkeit in Deutschland einen Verkehrsunfall (mit tödlichem Ausgang) zu verursachen, erscheint mir allein schon deshalb deutlich größer als in Schweden. Insofern bleiben u.U. wichtige Einflussfaktoren unberücksichtigt. Wie siehst du die Problematik?
Viele Grüße
Kurt
Verkehrssicherheit umfasst mehr als Unfallstatistiken.
Z.B. die Sterblichkeit durch Abgase/durch Lärmstress gehört unbedingt zur Verkehrssicherheit dazu.
Es gibt aber noch andere Parameter, mit denen Verkehrssicherheit gemessen werden muss.
Der Mobilitätsradius von Kindern (Senioren) in Städten/auf dem Land gehört dazu.
Der Mobilitätsradius von Kindern schmilzt bekanntlich schneller als die Eisscholle im Klimawandel.
Eine Verkehrspolitik, die Schwächere von der Straßennutzung ausschließt,schönt die Unfallstatistik.
Eine Verbesserung wird so nur vorgegaukelt. In Wirklichkeit werden lediglich Risikoträger aus der Statistik ausgegliedert.
Es wäre also, als Beispiel, die Entwicklung des Mobilitätsradius von Kindern in Schweden/in Deutschland während des Vergleichzeitraums hinzuzuziehen.
Jeder Verkehrstote ist einer zuviel, aber der Slogan von der Vision Zero nährt meines Erachtens die Illusion, man brauche nur eine Schraube konsequent in eine Richtung zu drehen, bis alles gut ist.
Tatsächlich bewirken viele Maßnahmen eine Verbesserung an einer Stelle, aber eine Verschlechterung an anderer Stelle.
Beispiele:
Radwege senken das Risiko durch Unfälle im Längsverkehr, erhöhen aber das Risiko an Knotenpunkten (Di eine oder andere Studie versucht den letztgenannten Sachverhalt durch statistische Tricks und Fehler wegzurechnen).
Autoorientierte Forscher und Planer wollen den Radverkehr sicherer machen, indem sie die Radfahrer überall warten lassen, wo sie nicht dafür garantieren können (oder nicht erreichen wollen), dass die Autofahrer die Rechte von Radfahrern respektieren. Damit halten sie aber den Autoverkehrsanteil hoch, indem sie verantwortungsvolle Verkehrsmittelwahl (siehe Auswirkungen auf Umwelt und Mitbürger) bestrafen und Rücksichtslosigkeit belohnen.
Ampelschaltungen ganz ohne gleichzeitiges Grün für bedingt kompatible Verkehre könnten theoretisch Unfallrisiken an Kreuzungen minimieren , aber die resultierden endlosen Wartezeiten verleiten Verkehrsteilnehmer (noch vor allem nicht-motorisierte, zunehmend aber auch motorisierte) zu Rotlichtverstößen.
Beste Grüße
Ulrich