Das Seegebiet um die norwegische Halbinsel Stadlandet ist bei Seefahrern berühmt-berüchtigt. Aufgrund der Kombination von Meeresströmungen und einer bestimmten Unterwasser-Topografie entstehen an 90 bis 110 Tagen im Jahr sehr hohe Wellen aus verschiedenen Richtungen. Folge dieser sich kreuzenden Wellen ist ein Fahrwasser mit sehr fordernden Wellenverhältnissen, die vielen Schiffen bereits zum Verhängnis geworden sind. So erlitt 2011 der Frachter Molo Trader Schiffbruch, 2003 konnte die MS Midnatsol nach einem Maschinenschaden 150 Meter vor Auflaufen auf ein Riff durch Werfen des Ankers gestoppt werden. Das Entstehen von etwa fünf Milliarden norwegische Kronen volkswirtschaftlichen Schaden wurde dadurch gerade noch verhindert.
Seit dem 19. Jahrhundert wird daher über einen Tunnel nachgedacht, der Schiffen eine Alternativroute zum gefährlichen Fahrwasser bieten soll. Neben des Sicherheitsaspekts soll der geplante Stad Skipstunnel zudem die Fahrzeit zwischen beiden Seegebieten verringern.
In mehreren Untersuchungen aus den Jahren 2000-2001 und 2007-2008 wurden mehrere Routenvarianten untersucht und hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit geprüft. Die Position der Tunnelportale im äußersten Süden der Halbinsel Stadlandet ermöglichen die Passage auf kürzeste Distanz und bieten gleichzeitig Seebedingungen, welche die Nutzung bei der Mehrheit der möglichen Wetterzustände erlauben.
Kanäle werden bereits seit mehreren Jahrhunderten genutzt, um schweres Seegebiet zu umgehen und den kürzesten Landweg zwischen zwei Küsten für Schiffe nutzbar zu machen.
In Frankreich wurden Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mehrere schiffbare Kanaltunnel gebaut, um Gebirge zu unterqueren. Bekanntes Beispiel ist der 7,12 Kilometer lange, 22 Meter breite und 15,4 Meter hohe Tunnel du Rove, der zwischen 1911 und 1927 errichtet wurde. Am Canal de Saint-Quentin wurden der 5670 Meter lange Tunnel Riqueval und der 1098 Meter lange Tunnel Tronquoy in den Fels getrieben. Der Bau eines 13,7 Kilometer langen Tunnels wurde kurz vor der Fertigstellung eingestellt.
Der 1,7 Kilometer lange Tunnel auf dem Gebiet der westnorwegischen Gemeinde Selje im Fylke Sogn og Fjordane soll den Moldefjord bei Eide mit dem Vanylvsfjord bei Kjøde verbinden. Pro Tag sollen den Tunnel 70 bis 120 Schiffe passieren. Mit einer Breite von 36 Metern (26,5 Meter befahrbar), einer Höhe von 49 Metern (1,625 m2), davon 37 Metern über der Wasserlinie und einem Tiefgang von 12 Metern soll der Tunnel durch solides Gneiss-Gestein von Schiffen bis zu 16.000 BRT befahrbar sein.
Der geplante Stad Skipstunnel könnte etwa 500 Lkw-Fahrten in West-Ost- bzw. Ost-West-Richtung verlagern, die derzeit aufgrund der langen Fahrzeiten um die Halbinsel Stadlandet nicht auf dem Seeweg transportiert werden.
Die Baukosten sollen 1,7 Milliarden norwegische Kronen, umgerechnet 230 Millionen Euro, betragen. Eine Milliarde Kronen stellt die norwegische Regierung bereit, die restlichen Finanzmittel müssen aus anderen Quellen finanziert werden. Das Projekt wurde in den nationalen norwegischen Verkehrsplan 2014-23 aufgenommen.
Zum Bau muss an beiden Enden des Tunnels zunächst ein Kofferdamm gebaut werden, der das Wasser bis zur Fertigstellung des Tunnels fernhält. Der Tunnelvortrieb würde mittels Tunnelbohrmaschinen und Sprengungen bis zwölf Meter unter den Wasserspiegel erfolgen. Zuletzt werden die beiden Dämme entfernt und der Tunnel geflutet. Durch den Bau entsteht eine schnelle Ganzjahres-Route zwischen Bergen und Ålesund.
Im Moldefjorden soll eine Brücke über dem Tunnelportal entstehen, von welcher Besucher die ein- und ausfahrenden Schiffe beobachten können. Da es sich um ein landschaftlich sensibles Gebiet handelt, soll der Tunnel zum einen mit möglichst geringen Eingriffen in die Natur errichtet werden und zum anderen eine architektonisch ansprechende Gestaltung haben.
Eine Machbarkeitsstudie wird derzeit erarbeitet. Der Baubeginn ist für das Jahr 2019, die Fertigstellung für das Jahr 2023 geplant.