Städte können einen maßgeblichen Anteil an der Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase leisten. Insbesondere im Verkehrssektor lassen sich noch erhebliche Erfolge erzielen.
In den Jahren 1990 – 2011 haben wir es trotz aller technischen Neuerungen nicht geschafft, die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs zu senken. Im Gegensatz zur Industrie (-32 %), der Energieerzeugung (- 16%) und der Haushalte (- 24%) sind die Emissionen des Verkehrs um 28 Prozent gestiegen!
Im Bereich Verkehr basieren etwa 95 Prozent des weltweiten Endenergieverbrauchs auf fossilen Energieträgern, hauptsächlich Erdöl. Durch effizientere Verbrennungsmotoren werden zwar immer weniger Schadstoffe ausgestoßen, die wachsende Zahl an Fahrzeugen kann dieser Effizienzgewinn allerdings nicht kompensieren. Da sich dieser Trend weiter fortsetzt, wird der Verkehr in den kommenden Jahrzehnten zu einer weiteren Reduktion von Treibhausgasen, insbesondere der CO2-Emissionen, verpflichtet werden müssen. Anderen Bereichen wie der Industrie und den Energieerzeugern dürften weitere Zugeständnisse nur schwer abzuringen sein, wenn gleichzeitig ein Bereich alle Minderungsziele verfehlt und de facto seine Emissionen weiter ausweitet.
Neben effizienteren Motoren, Leichtbau und besserer Aerodynamik, einer Elektrifizierung des Antriebsstranges (Hybridisierung und elektrischer Antrieb aus regenerativen Energien) und dem Einsatz intelligenter Verkehrssteuerung werden wir mittelfristig um eine Dämpfung der Nachfrage nicht herumkommen. Mit einer steigenden Verkehrsnachfrage wird die Einhaltung der Minderungsziele keineswegs zu erreichen sein.
Insbesondere in Städten und anderen hoch verdichteten Räumen bieten sich diesbezüglich hohe Potenziale. Durch eine bessere Nutzungsdurchmischung und einer Verlagerung des Verkehrs auf Energie- und somit schadstoffärmere Verkehrsträger lässt sich ein signifikanter Anteil der verkehrsbezogenen Treibhausgas-Emissionen vermeiden.
Den Stadtverwaltungen und Stadtregierungen kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Straßen und Stadtviertel sind Fußgänger- und radfahrerfreundlich zu gestalten, zur Deckung der Grundbedürfnisse (Einkaufen, Bildung, etc.) sollten keine weiten Wege zurückgelegt werden müssen. Ein attraktives Nahverkehrsangebot sollte eine leistungsfähige Alternative zum motorisierten Individualverkehr (MIV) sein und der Grundsatz “Kein Verkehr ist der beste Verkehr” gelten.
Der Raumplanung kommt an dieser Stelle eine äußerst wichtige Rolle zu. Diese ist in der erfreulichen Situation mittelfristig, Mobilität bei möglichst wenig Verkehr sicherstellen zu können. Dies hilft, den Energieverbrauch im Stadtverkehr erheblich zu reduzieren. Städte sollten ihren Fokus und ihre Raumwahrnehmung beibehalten und im Gegensatz zur Zersiedelung nach Vorbild Los Angeles aus Verdichtung von Räumen setzen. Durch die Vermeidung von “Schlafstädten” und einer guten Durchmischung von Nutzungsweisen innerhalb von Stadtvierteln kann ein signifikanter Teil des Berufsverkehrs vermieden werden.
All dies spart Treibhausgas-Emissionen, da der Energieverbrauch in den Städten im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einwohnerdichte steht. Je höher die Zahl der Einwohner pro Quadratkilometer ist, desto effektiver kann beispielsweise ein öffentliches Verkehrsangebot wirken.
Es ist zu erkennen, dass hoch verdichtete Räume – beispielsweise asiatische Großstädte – einen viel geringeren Energieverbrauch je Kopf und Jahr aufweisen als zersiedelte Großstädte Nordamerikas. Insbesondere bei US-amerikanischen, kanadischen und australischen Städten besteht ein erheblicher Optimierungsbedarf, aber auch unter den europäischen Städten weisen die “Fahrradstädte” Kopenhagen und Amsterdam mit die besten Werte auf. Leider zeigt die obige Grafik auch nicht die ganze Wahrheit, da diese auf den Energieverbräuchen des Jahres 1989 basiert und somit das Ergebnis zum einen nicht aktuell und zum anderen verzerrt ist (Beispiel: Moskau). Leider existiert keine aktualisierte Version (Hinweise auf aktuelle Daten willkommen!).
Mir erscheint die Grafik unglaubwürdig, denn New York hat laut der folgenden Quelle eine Einwohnerdichte von 105 Personen pro Hektar: http://www.diercke.de/content/new-york-bev%C3%B6lkerungsdichte-978-3-14-100700-8-203-3-0
Hamburg hat 23 Einwohner pro Hektar.
Paris hat 212 Einwohner pro Hektar.
Wien hat 42 Einwohner pro Hektar.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bev%C3%B6lkerungsdichte#St.C3.A4dte
Das alles deutet darauf hin, dass die Werte für die Bevölkerungsdichte in der Grafik geschönt wurden, indem ggf. die Fläche der Stadt/Aglomeration passend zur gewünschten Aussage zugeschnitten wurden. Wenn aber schon die Bevölkerungsdichten so stark manipuliert sind, sind es die Werte für den Energiekonsum im Verkehr vermutlich auch, denn den kann man ja sehr schlecht erheben.
Die Grafik, die ich eigentlich gerade zitieren wollte, erscheint mir daher zu (ge)schön(t), um wahr zu sein.
Hallo Martin,
kennst du den Report “Ensuring quality of life in Europe’s cities and towns”? Die Abbildung 2.2. darin könnte aktuellere Daten zu europäischen Städten enthalten. Allerdings sind die Datenwerte dort nicht konkreten Städten zugeordnet.
Womöglich kann man auch aus den Daten auf S. 48-54 von “Megacity Mobility Culture” (Springer, 2013) eine Darstellung Energieverbrauch vs. Bevölkerungsdichte ableiten.
Was leider in der Auswertung der Sektor-bezogenen Treibhausgas-Emission nicht berücksichtigt wird, ist die Verlagerung großer Industriezweige ins Ausland, speziell China seit 10-15 Jahren!
Wenn diese Emissionen mit einbezogen werden würden (keiner weiß wieviel es wirklich ist), hätte der Graph einen positiven Anstieg, da der Konsum und “Verbrauch” industrieller Güter gestiegen ist. Rein gesteigerte Energieeffizienz kann das nicht ausgleichen! Doch diese Zahlen kann wohl keiner nennen.
Danke für diesen aufschlußreichen Artikel. Insbesondere die zweite Grafik finde ich äußerst interessant und bestätigt wiedermals die energiehungrige Lebensweise der USA :-/