Ich habe mich lange Zeit aus der Diskussion um Stuttgart 21 herausgehalten und werde dies auch in Zukunft tun. Ich habe diese Entscheidung für mich nicht getroffen, weil ich mich nicht für die Geschehnisse im Ländle interessiere oder eine offene Diskussion scheue. Ich denke einfach, dass bereits sehr viele Leute ihre Meinung dazu geäußert haben (mal mehr oder weniger kundig) und es genügend Quellen und Diskussionen im Internet zu finden gibt. Wer sich dafür interessiert, findet auch etwas.
Heute möchte ich jedoch eine Ausnahme machen. Das Video, das ich heute vorstellen möchte, behandelt die Finanzierung von Stuttgart 21. Die Mittelherkunft bei Infrastrukturprojekten ist für mich persönlich immer sehr interessant und ich halte es da mit Bertolt Brecht:
Lege den Finger auf jeden Posten, prüfe die Rechnung. Du musst sie bezahlen.
Noch besser ist es natürlich, wenn ich diese Rechnung nicht selber anstellen muss, weil es bereits andere gemacht haben. In diesem Falle Wirtschaftsfachleute der Parkschützer. (Link zum Bericht)
Die offiziellen Finanzierungsanteile stellen sich wie folgt dar und werden auch so in der Öffentlichkeit kommuniziert:
Stefan Mappus sagte dazu am 22.2.2011 bei einem Wahlkampfauftritt in Heddesheim:
82 Prozent der Mittel kommen von der Europäischen Union, dem Bundeshaushalt und der Deutschen Bahn AG. (…) Wenn man vier, fünf Milliarden von außerhalb bekommt, kann man doch nicht sagen: Vielen Dank für das Angebot. – Baden-Württemberg zahlt für dieses Projekt weniger als wir in einem Jahr in den Länderfinanzausgleich stecken. (…) Ich will nicht, dass dieses Geld woanders hin fließt!
Nach einigen Berechnungen und Neubewertungen sowie unter Einbezug aller mit dem Projekt zusammenhängenden Zahlungsflüsse und Verzichtleistungen – Details können im Video nachvollzogen werden – stellt sich die wirkliche Verteilung der Lasten aber folgendermaßen dar:
Zu erkennen sind die ungleichen Finanzierungsanteile. Nach dem Einbezug aller mit dem Projekt zusammenhängenden Zahlungsflüsse und Verzichtleistungen erwirtschaftet die Deutsche Bahn mit dem Bau von Stuttgart 21 einen Überschuss in Höhe von 2,033 Milliarden Euro. Die größte Belastung hat die Stadt Stuttgart in Höhe von 1,599 Milliarden Euro, gefolgt vom Bund mit 1,229 Milliarden Euro sowie dem Land Baden-Württemberg mit 1,124 Milliarden Euro. Der Flughafen Stuttgart steuert 489 Millionen Euro bei und die Region Stuttgart 100 Millionen Euro.
Dies entspricht aber immer noch nicht den wahren finanziellen Belastungen!
Legt man die Ergebnisse von Deutscher Bahn, Flughafen und Region Stuttgart gemäß den tatsächlichen Beteiligungen auf die jeweiligen Eigentümer Landeshauptstadt Stuttgart, Land Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland sowie den vier Landkreisen aus der Region um, ergibt sich für den interessierten Bürger folgendes Bild:
Die wirkliche Lastenverteilung der Stuttgart 21-Finanzierung erkennt man erst aus einer konsolidierten Betrachtung. Der Gewinn der Deutschen Bahn muss rein rechnerisch dem alleinigen Eigentümer, der Bundesrepublik Deutschland, zugerechnet werden. Die Kosten, die der Flughafen Stuttgart zu tragen hat (489 Millionen Euro), müssen letztendlich zu 65% vom Land (318 Millionen Euro) und 35% von der Stadt Stuttgart (171 Millionen Euro) getragen werden. Durch die Kosten für den Flughafen verringert sich der Gewinn und somit die Dividende für die Anteilseigner um eben jenen Betrag. Daher können die Kosten des Flughafens als Verlust der Anteilseigner gesehen werden. Die 100 Millionen Euro der Region Stuttgart verteilen sich mit 26 Millionen Euro auf die Stadt Stuttgart und mit jeweils 18,5 Millionen Euro auf die Landkreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und den Rems-Murr-Kreis.
Damit ergeben sich folgende wirtschaftliche Ergebnisse für die Beteiligten:
- Bundesrepublik Deutschland: + 803 Millionen Euro
- Land Baden-Württemberg: – 1,442 Milliarden Euro
- Landeshauptstadt Stuttgart: – 1,796 Milliarden Euro
- die vier oben genannten Landkreise: – 74 Millionen Euro
Die oben genannten Ergebnisse lassen sich aber nur bei einer stabilen Kostenentwicklung gemäß den Planungen erzielen. Sollten die Projektkosten weiter steigen, so verringert sich auf der einen Seite der Gewinn der BRD Deutschland um 278 Millionen Euro, auf der anderen Seite erhöht sich der Verlust sowohl des Landes als auch der Stadt Stuttgart um jeweils eine Milliarde Euro.
Bemerkung: Mir ist natürlich klar, dass dieses Video von Stuttgart 21-Gegnern ist und natürlich deren Interessen dient. Ich hätte liebend gerne ein Statement der Stuttgart 21-Befürworter in diesen Artikel aufgenommen, leider existiert keines. Gegner und Befürworter versuchen dieses Projekt natürlich entweder besonders gut oder besonders schlecht aussehen zu lassen. Dies liegt in der Natur der Sache. Wie so oft liegt die Wahrheit wahrscheinlich in der goldenen Mitte.
Und man sollte folgendes nie vergessen: Jeder Politiker, Oberbürgermeister, etc. ist nur ein treuhänderischer Verwalter des Geldes seiner Bürger. Es gehört ihnen nicht. Sie müssen damit verantwortlich umgehen! Das muss man ihnen immer wieder sagen.
Heidenheim
Der Brenzbahn-Gipfel – ein Rohrkrepierer?
Den heute in Sontheim/Brenz stattfindenden Brenzbahn-Gipfel beleuchtet die Vorsitzende des Grünen-Kreisverbandes Heidenheim, Stefani Schall-Uhl, von zwei Seiten.
16.02.2014
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Einerseits begrüßt sie es, dass die Brenztäler „nach 150 Jahren Stillstand endlich aktiv werden“. Andererseits bedauert sie es, dass das Ganze „leider eher nach einem Rohrkrepierer aussieht“ als nach einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Zweigleisigkeit oder gar Elektrifizierung der Brenztalbahn.
In einer Pressemitteilung, die sich auf den HZ-Kommentar von Günter Trittner in der Ausgabe vom 13. Februar bezieht, untermauert die Heidenheimer Grüne diese Aussage: Die Vorgängerregierung in Baden-Württemberg habe das notwendige Geld bereits Jahre im Voraus ausgegeben, und die jetzige grün-rote Landesregierung kämpfe deshalb um den notwendigen Erhalt des Status Quo. Regelmäßig zur Fahrplankonferenz klinge es aus Stuttgart: „Wir haben gerade mal so viel Geld, dass der Bestand nicht gefährdet ist – das ist doch schon mal etwas.“ Und deshalb seien noch nicht einmal neue Verbindungen, wie zum Beispiel ein späterer Abendzug von Aalen nach Ulm und umgekehrt, finanzierbar.
Zweifel, ob das Vorgehen förderlich war
Dann befasst sich die Grüne mit dem Brenzbahn-Gipfel selbst, zu dem der Landkreis in der Person von Landrat Reinhardt wenige Wochen vor der Veranstaltung dann auch noch den Landesverkehrsminister Hermann eingeladen habe: „Wenn Heidenheim ruft – der Verkehrsminister hat zu kommen?!? Zu wissen, es ist kein Geld vorhanden, und mit dem Verkehrsminister dann so umgehen?“
Stefani Schall-Uhl bezweifelt, ob dieses Vorgehen für das Thema „Zweigleisigkeit“ förderlich ist und macht klar, dass in Stuttgart keiner die Brenztalbahn kennt. Selbst die „Verkehrsfreunde Stuttgart“, ein renommierter Verein, der sich für Schienenverkehr und SPNV interessiere, habe das unlängst festgestellt: „Warum soll dann plötzlich, weil Heidenheim ruft, Stuttgart parat stehen?“
Keine Beteiligung an Festlichkeiten
Dann richtet sich die Kritik an die Heidenheimer, die nicht in der Lage seien, das 150. Jubiläum der Brenzbahn im September zu nutzen, um auf die Situation aufmerksam zu machen: Weder der Landkreis noch die Stadt Heidenheim beteiligten sich an den Festlichkeiten.
Abschließend heißt es: „Heidenheim weiß, dass wir hier am Rande von Württemberg seit 150 Jahren auf das zweite Gleis warten – Heidenheim weiß aber auch, dass größere Projekte und Ereignisse im Zentrum des Landes immer wichtiger waren und sind als die Brenztalbahn. Dies gilt es dringend zu verändern.“