Entwicklung der Kraftstoffpreise

[Serie] Entwicklung der Kraftstoffpreise und -märkte in Deutschland

Tankstelle Treibstoffpreose in Deutschland Entwicklung AgunoDie Weltwirtschaft wie auch die meisten Pendler, egal ob sie mit dem PKW oder der Eisenbahn zur Arbeit fahren, sind hochgradig von der Entwicklung der Kraftstoff- und Ölpreise abhängig. In dieser Artikelserie wollen wir in Zukunft die Entwicklung der Treibstoffpreise begleiten, kommentieren und die (hoffentlich richtigen) Schlüsse für die Zukunft ziehen.

Jedes Jahr zu Ostern und zu Pfingsten ist dasselbe Schauspiel zu betrachten. Die Benzin- und Dieselpreise ziehen an und reflexartig schimpfen ADAC, BILD, Politik und deutsche Autofahrer im Kollektiv auf die Mineralölkonzerne, die dem kleinen Mann schamlos das Geld aus der Tasche ziehen. Aber ist dem wirklich so?

Aufgrund der besseren Wetterverhältnisse fahren die Deutschen ebenso wie alle anderen Autofahrernationen im Frühling wieder mehr Auto. Die Nachfrageeinbrüche der Wintermonate lassen sich in den unterstehenden Analysen der Monate Januar und Februar relativ gut nachvollziehen. Im März – wenn Schnee und Eis weggetaut sind – kann aber wieder hemmungslos Gas gegeben werden, die Autosaison hat wieder begonnen. Ich frage Sie: Wer von Ihnen macht ab März / April wieder eine “Fahrt ins Grüne”?

In den USA wird diese Entwicklung wieder einmal auf die Spitze getrieben. Am Memorial Day (26. Mai) wird mit dem Beginn der “Driving Season” der Tank vollgeknallt und auf High- und Freeways richtig aufs Gaspedal gedrückt. Kein Wunder, dass im Frühjahr die Benzinpreise weltweit explodieren.

Unabhängig von der frühjahrlichen Preisentwicklung gilt zudem: Erdöl ist ein endlicher Rohstoff. Das bedeutet, dass das Angebot irgendwann zur Neige gehen wird. Im Golf von Mexiko und in der Nordsee ist das Fördermaximum bereits überschritten und die Fördermengen nehmen kontinuierlich bei weltweit steigender Nachfrage ab. 1990 lag die Nachfrage nach dem “Schmiermittel der Weltwirtschaft” bei nur 65 Millionen Barrel Rohöl am Tag, im Jahr 2000 wurden tagtäglich bereits 75 Millionen Barrel Rohöl nachgefragt. Und der weltweite Durst steigt immer weiter.

Eine kurze Bestandsaufnahme

Anfang 2008 wurden bei einer täglichen Nachfrage von 87 Millionen Barrel Erdöl 88 Millionen Barrel gefördert. Nur Saudi-Arabien hatte nach eigenen Angaben noch Kapazitätsreserven in Höhe von etwa 1,5 Millionen Barrel pro Tag (auch wenn dies zumindest von US-amerikanischer Seite angezweifelt wird wie durch Wikileaks veröffentlichte Cables belegten). Der drohende Lieferengpass ließ den Preis für ein Barrel Rohöl auf 147,50 US$, den bisherigen historischen Höchstpreis, steigen. Aufgrund der Finanzkrise und der schwächelnden Weltkonjunktur sank die tägliche Nachfrage nach Rohöl auf nur noch 83 Mio. Barrel Rohöl, der Preis sank folgendermaßen auf unter 50 Dollar je Barrel.

Jedoch sank die weltweite Nachfrage nach Erdöl nicht gleichmäßig. Der wachsende Energiehunger Chinas, Indiens und weiterer asiatischer Schwellenländer ließ den weltweiten Verbrauch nicht so stark einbrechen wie durch den Preisverfall eigentlich impliziert wird. In Europa sank die Nachfrage um 1,6 Millionen Barrel pro Tag, im Gegenzug stieg sowohl die chinesische Nachfrage als auch die Nachfrage kleinerer asiatischer Staaten um jeweils 1,23 Millionen Barrel / Tag.

Bei “normaler” wirtschaftlichen Entwicklung steigt die Nachfrage nach Rohöl um rund 1,6 Prozent pro Jahr.

Insbesondere die USA gehen verschwenderisch mit dem “schwarzen Gold” um.

40 Prozent aller in den USA zurückgelegten Wege sind 3,2 Kilometer (= zwei Meilen) oder kürzer. Aber nur 12% werden zu Fuß oder per Rad zurückgelegt obwohl diese Entfernung leicht unmotorisiert zurückgelegt werden könnte. Aber nicht nur in der Bevölkerung fristen per Fuß und per Rad zurückgelegte Wege ein Schattendasein: beide Transportmodi erhalten nur zwei Prozent des jährlichen Bundesbudgets des amerikanischen Verkehrsministeriums.

Ein flächendeckendes ÖPNV-Angebot ist eine effiziente Möglichkeit zur Ortsveränderung, wenn diese ausreichend finanziert ist. Eine Studie der American Public Transportation Association hat nachgewiesen, dass ein Amerikaner bei Nutzung des ÖPNV statt des Autos durchschnittlich 9.656 Dollar im Jahr sparen kann.

Ein leistungsfähiger ÖPNV und mehr per Fuß oder Rad zurückgelegte Wege würden den Energieverbrauch des amerikanischen Transportsektors senken. Dieser liegt derzeit bei 27%. Jeder eingesparte Tropfen Erdöl würde die Energieabhängigkeit der USA sowie den Ölpreis verringern und auch in Zukunft ein hohes Maß an Mobilität ermöglichen. Allerdings sieht es derzeit nicht so aus, als ob die USA diesen Weg einschlagen würden.

Der Unterschied zwischen WTI, OPEC Korb und Brent

Um die Analysen richtig lesen zu können, muss dem Leser der Unterschied zwischen dem Nordseeöl Brent und dem amerikanischen West Texas Intermediate (WTI) klar sein.

Der internationale Ölhandel orientiert sich in der Regel an zwei Referenzölen. Für Europa ist Öl der Sorte Brent entscheidend, für die USA der Sorte WTI.

Brent ist eine europäische Ölsorte mit niedrigen Schwefelgehalt von rund 0,37 Prozent. Brent Crude war ursprünglich Brent Blend von Esso und Shell, das hauptsächlich auf den Feldern Brent und Ninian zwischen den Shetlandinseln und Norwegen gefördert wurde. Da beide Felder ihr Fördermaximum bereits überschritten haben, ist Brent Crude im Moment ein synthetisches Blend, dessen Bestandteile auf den Feldern Brent, Oseberg, Ekofisk and Forties gefördert werden. Das jeweilige Brent ist damit die Referenznordseesorte, in Norwegen ist es zusätzlich Ekofisk. Brent Crude wird an der Londoner Warenterminbörse ICE Futures, der einstigen International Petroleum Exchange (IPE) gehandelt.

Auch West Texas Intermediate (auch WTI) ist ein leichtes (viele niedrigsiedende und damit wertvollere Bestandteile), süßliches (wenig Schwefelanteile) Rohöl aus den USA. Die New York Mercantile Exchange (NYMEX) bestimmte den Ort Cushing in Oklahoma im Jahr 1983 zum offiziellen Auslieferungszentrum für leichtes Rohöl. Daher wird WTI auch heute noch nur in Cushing gehandelt.

Die Organisation erdölexportierender Länder, kurz OPEC, ist ein Kartell aus erdölexportierenden Ländern, die etwa 40 Prozent der weltweiten Erdölproduktion fördern und über drei Viertel der weltweiten Erdölreserven verfügen. Die Mitgliedsländer sind: Algerien, Angola, Libyen, Nigeria, Irak, Iran, Katar, Kuwait, Saudi-Arabien Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Ecuador und Venezuela.

Durch Festlegung von Förderquoten für die einzelnen OPEC-Mitglieder möchte die OPEC den Weltmarktpreis kontrollieren. Allerdings kommt es vor, dass sich einzelne Mitglieder nicht an die festgesetzten Förderquoten halten, sondern ihre eigenen wirtschaftlichen und politischen Ziele verfolgen.

Weitere Refenzsorten sind beispielsweise Dubai Fateh (marktbeherrschend in Asien), Maya, Light Sweet Crude, Leona, Tijuana, Alaska North Slope, Zuetina oder Urals. Diese sind jedoch im Realölhandel indirekt an Brent und WTI gekoppelt.

Der Preisverlauf für Benzin und Diesel der letzten Jahre

Hinweis: Die amtlichen Mineralölabsatzzahlen werden in Deutschland vom Mineralölwirtschaftsverband e.V. (MWV) erhoben und veröffentlicht. Leider dauert dies immer etwas, sodass wir unsere Monatsanalysen nicht zeitnah veröffentlichen können. Im Schnitt werden die Absatzdaten etwa zwei Monate nach Monatsende des betrachteten Monats veröffentlicht (sprich: Februar im April/Mai, März im Mai/Juni, usw.). Ich bitte um Verständnis.

2011

Kraftstoffmärkte im Januar 2011: Benzinpreis, Dieselpreis, Absatz, Ölpreis in Euro und Dollar
Kraftstoffmärkte im Februar 2011: Benzinpreis, Dieselpreis, Absatz, Ölpreis in Euro und Dollar

1950 – 2009

Entwicklung der Treibstoffpreise in Deutschland 1950 – 2009

Foto von Aguno @ FlickrCreative Commons

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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Thomas
10. Dezember 2013 10:31

Hallo Martin,
der Artikel ist gut recherchiert, aber doch – anders als der Titel suggeriert, doch etwas erd-ÖL-fixiert, auch wenn das Öl momentan noch die Hauptantriebsquelle unserer Mobilität ist. Wie ist denn die Preisentwicklung auf dem Strommarkt? Da sind ja auch nicht unbedingt Preissenkungen angesichts des Ausstiegs aus der Kernenergie zu erwarten – siehe http://j.mp/1btZPlO
Insofern dürfte das die Erwartungen an die Elektromobilität dämpfen. Eine Alternative Antriebsquelle ist auch Autogas, das als industrielles Abfallprodukt (http://de.wikipedia.org/wiki/Autogas) anfällt, auch wenn die Umrüstung vorhandener Antriebe offenbar oft nicht sonderlich professionell ausgeführt wird – siehe auch: http://j.mp/1btZPlQ
.
Gruß
Thomas

Marcel Fischer
Marcel Fischer
12. Mai 2012 14:48

Hallo Zusammen,

Ich behandel momentan das Thema Auswirkungen der steigenden Kraftstoffpreise auf die Automobilnachfrage und wollte eure Tipps dazu haben was ihr alles mit den steigenden Benzinpreisen vergleichen würdet um am ende eine kleine Zukunftsprognose abzugeben??

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Zukunft Mobilität hat den Grimme Online Award 2012 in der Kategorie Information erhalten. Ich möchte mich bei all meinen Lesern für die Unterstützung bedanken!

PUNKT Preisträger 2012

Zukunft Mobilität hat den PUNKT 2012 der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) in der Kategorie "Multimedia" gewonnen.

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Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) hat mich im Rahmen der VDV-Jahrestagung 2013 in Mainz als “Talent im ÖPNV” des Jahres 2013 ausgezeichnet. Der VDV vertritt rund 600 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs, des Schienenpersonennahverkehrs, des Schienengüterverkehrs, der Personenfernverkehrs sowie Verbund- und Aufgabenträger-Organisationen.

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Verfasst von:

Marcel Fischer

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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