Eine der Restriktionen, die einen direkten Schienengüterverkehr zwischen China und West- bzw. Osteuropa behindert, sind unterschiedliche Spurweiten. Während sich bei den Eisenbahnen in China und fast allen Ländern der Europäischen Union die Normalspur (1435 mm) durchgesetzt hat, verwenden die Länder der ehemaligen UdSSR Breitspur mit einer Spurweite von 1520 mm. Die Spurweite beträgt in Europa, dem Iran, der Türkei und China 1435 mm, in großen Teilen Indiens und Pakistans 1676 mm, in Russland und den meisten angrenzenden Ländern jedoch 1524 mm. Weitere Informationen zu diesem Thema lassen sich im Artikel “Die neue Seidenstraße: von China nach Europa mit der Eisenbahn” finden.
Eine im Rahmen einer neuen eurasischen Eisenbahnverbindung diskutierte Streckenalternative war eine teilweise Trassenführung über die Transsibirische Eisenbahn. Die Transsibirische Eisenbahn beginnt im Jaroslawler Bahnhof in Moskau und endet nach gut sechs Tagen Fahrt 9288 km weiter in Wladiwostok am Japanischen Meer. Wie bei den meisten Eisenbahnstrecken in Russland wurde auch hier die sogenannte russische Breitspur mit einer Spurweite von 1520 mm verwendet.
Um die Anzahl der Umschlagsvorgänge weiter zu reduzieren und somit den Schienengüterverkehr zu beschleunigen, baut die Russische Staatsbahn RZD ihr Breitspurnetz immer weiter nach Osteuropa aus. Zurzeit endet das Breitspurnetz in der ostslowakischen Stadt Košice. Die slowakische Breitspurstrecke Uschhorod–Košice bindet die Slowakei an das ukrainische Breitspurnetz – was wiederum mit dem russischen verbunden ist – an.
Im Mai 2007 unterzeichnete die RZD mit der ungarischen Regierung eine Absichtserklärung, die Breitspurstrecke Uschhorod–Košice bis Bratislava zu verlängern. Diese Strecke soll später bis nach Wien führen (Streckenlänge Košice-Wien je nach Streckenverlauf zwischen 390 und 430 Kilometer). Um dieses Ziel zu erreichen, wurde Ende 2008 die Breitspur Planungsgesellschaft mbH gegründet. An diesem Unternehmen sind die Staatsbahnen aus Russland (RZD), Ukraine (UZ), Slowakei (ŽSR) und Österreich (ÖBB) zu je einem Viertel beteiligt.
Im Juni 2010 kündigte die neue slowakische Regierungskoalition, bestehend aus den Parteien Slowakische Demokratische und Christliche Union (SDKU), die neoliberale Freiheit und Solidarität (SaS), die Christdemokratische Bewegung (KDH) und die ungarisch-slowakische Partei Most-Hid (Brücke), an aus dem internationalen Breitspurprojekt aussteigen zu wollen.
Am 19. Mai 2011 unterzeichneten Russland und Österreich sowie die Staatsbahnen beider Länder einen Zwischenvertrag für die Entscheidungsfindung über Anteile und Finanzierung der Entwicklungsgesellschaft. Diese soll den Bau planen und leiten. Bis Ende des Jahres 2011 sollten nach der Vereinbarung unter anderem die Eigentümerstruktur und das Geschäftsmodell festgelegt werden. Ein wichtiger Punkt ist noch die ausstehende Finanzierung des Großprojekts.
Die Breitspurbahnlinie soll – so sie denn gebaut wird – die Transportzeit für Güter aus Asien nach Europa und umgekehrt auf 15 Tage reduzieren. Gegenwärtig werden für den Transport auf dem Seewege 20 – 30 Tage für die Relation Hongkong – Rotterdam benötigt. Die Dauer ist abhängig von der gewählten Route und den unterwegs angelaufenen Häfen.
Eine von der Beratungsgesellschaft Roland Berger im Auftrag der Staatsbahnen durchgeführten Studie kam Ende 2010 zu dem Ergebnis, dass die Erweiterung des 1520 mm Breitspurnetzes von Košice in der Ostslowakei nach Wien technisch und rechtlich machbar sei.
Durch die Errichtung würden durchschnittlich durch direkte oder indirekte Beschäftigung 21.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Sobald das Projekt läuft, würden im Schnitt 8.100 Arbeitsplätze durch den Betrieb der Züge sowie weitere 3.100 Arbeitsplätze durch den Betrieb der Terminals und der restlichen Infrastruktur geschaffen, besagt die Studie. Darüber hinaus soll das Breitspurprojekt das Gütervolumen von derzeit rund 113 Millionen Tonnen jährlich um etwa zehn Prozent steigern.
Leider ist die besagte Studie nicht öffentlich verfügbar, sodass die getroffenen Annahmen und Ergebnisse nicht auf ihre Praxistauglichkeit und die zugrunde liegenden Annahmen hin überprüft werden können. Es erscheint zweifelhaft, dass 8.100 Arbeitsplätze für den Betrieb der Züge sowie 3.100 Arbeitsplätze für den Betrieb der Terminals und der restlichen Infrastruktur nötig sein dürften. Solange diese Studie aus Gründen der Transparenz nicht veröffentlicht wird, sind diese Zahlen stark anzuzweifeln. (Danke @ Helmigo für seine kritischen Anmerkungen)
Die Errichtungskosten lassen sich laut Studie mit 6,36 Milliarden Euro beziffern. Darüber hinaus fallen 240 Millionen Euro für die Terminals und 130 Millionen Euro für das rollende Material an. Aus den Untersuchungen geht hervor, dass die Kosten durchaus im Rahmen vergleichbarer europäischer Eisenbahnprojekte liegen. Auf der Bahnstrecke sollen etwa 20 Millionen Tonnen Güter jedes Jahr transportiert werden. Die Fertigstellung ist im Falle weiterer positiver Machbarkeitsstudien für 2024/25 geplant.
Die Verlängerung der russischen Breitspurbahn von der Ostslowakei bis Wien samt der Errichtung eines Güterterminals in Österreich soll die Spurweitengrenze zu einem überregionalen Logistikzentrum verschieben. Die Stadt Wien ist durch Donauhafen, etlicher Bahntrassen und Autobahnen besser geeignet als Košice. Die ostslowakische Stadt mag zwar mit etwa 230.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Slowakei sein, ist aber dennoch verkehrstechnisch eher mangelhaft angebunden. Straßentechnisch ist Košice derzeit an die Europastraßen 50 (Brest in Frankreich – Deutschland – Tschechien – Slowakei – Ukraine bis Machatschkala in der russischen Teilrepublik Dagestan) und 71 (Košice – Ungarn – Kroatien – Bosnien-Herzegowina – nochmals nach Kroatien) angebunden. Eine direkte Autobahnverbindung Richtung Bratislava und Prag, die Autobahn D1, befindet sich im Bau bzw. ist teilweise fertiggestellt. Eisenbahntechnisch bestehen Direktverbindungen nach Wien (über Bratislava), Prag, Budapest, Kiew, Lwiw, Krakau, Cheb und Dresden.
Von Wien bestehen praktisch in alle weiteren Richtungen (Nord/West/Süd) bereits leistungsfähige Verkehrsverbindungen. Des Weiteren könnte die Donau als wichtige europäische Wasserstraße einen Teil der Fracht aufnehmen. Durch den Rhein-Main-Donau-Kanal ist Wien durch eine Wasserstraße sowohl mit dem Hafen Rotterdam als auch den deutschen Industriegebieten verbunden.
Natürlich wäre ein Ende der Breitspurstrecke auch in Bratislava möglich. Die slowakische Hauptstadt böte ebenso einen Zugang zur Donau. Allerdings sind die Verkehrswege Richtung Norden (sprich Hamburg und Duisburg) im Vergleich zu Wien schlechter ausgebaut.
Aktualisierung – 28.08.2011
Natürlich ist noch unklar, ob dieses Vorhaben wirklich umgesetzt werden wird. Es fehlen außerdem noch wichtige Informationen über die Streckenführung und die Finanzierung. Frühere Gütertransporte auf der Schiene zwischen China und Europa haben die Machbarkeit nachgewiesen, die letztendliche Nachfrage nach diesen Transporten ist durch die Projektpartner allerdings noch zu benennen. Erst zu diesem Zeitpunkt lässt sich eine Aussage über den Nutzen der Verlängerung treffen. Eventuell ist ein Beibehalten des bisherigen Vorgehens, ein Umspuren von Güterzugwagen in speziellen Umspuranlagen (z.B. in Brest in Weißrussland), ein Tausch von Radsätzen oder Drehgestellen oder das einfache Umladen von Wechselbrücken und Containern auf Wagen anderer Spurbreite, günstiger.
Aktualisierung – 07.06.2012
Auf dem 1520 Wirtschaftsforum Ende Mai 2012 hat Mikhail Goncharov, Berater von RZD-Präsident Wladimir Jakunin, bekannt gegeben, dass die Machbarkeitsstudie ab Anfang 2013 durchgeführt werden soll. Diese soll nach 18-24 Monaten abgeschlossen sein. Im Rahmen dieser Untersuchung sollen der exakte Streckenverlauf, der Standort der Terminalanlagen, die Finanzierung sowie die Auswirkungen auf die Umwelt festgestellt werden. Die Vorplanungen sollen bis 2016 abgeschlossen sein. Mit dem Bau und dem Projektstart wird voraussichtlich im Jahr 2020 begonnen. Derzeit befindet sich die RZD in Verhandlungen mit der Europäischen Union, um finanzielle Beihilfen zum Investitionsvolumen in Höhe von 6,36 Milliarden Euro zu erhalten. Goncharov bekräftigte allerdings, dass die russische Staatsbahn das Projekt auch ohne finanzielle Unterstützung der EU durchführen und finanzieren werde.
Aktualisierung – 10.07.2012
Am 05. Juni 2013 unterzeichneten die Bahnchefs aus Russland (RZD), Ukraine (UZ), Slowakei (ŽSR) und Österreich (ÖBB) ein gemeinsames Memorandum of Understanding zur geplanten Verlängerung der Breitspurbahn nach Wien. In einer nächsten Projektphase soll eine Machbarkeitsstudie durchgeführt und ein Business Modell entwickelt werden, das auch einen Vorschlag zu einer angemessenen Kostenbeteiligung der Projektpartner beinhaltet. Die Machbarkeitsstudie soll bis Ende 2013 fertiggestellt werden, sodass eine Entscheidung über die Projekt-Realisierung bis Mitte 2014 fallen kann.
Aktualisierung – 19.06.2017
Mit Stand Juni 2017 kristallisiert sich heraus, dass die Breitspurstrecke nicht im Wiener Hafen oder dem Güterverkehrsterminal in Wien-Inzersdorf enden dürfte. Favorit ist derzeit der Bau eines 200 Hektar großen Umschlagterminals in Parndorf im Burgenland, welches verkehrsgünstig an den Bahnstrecken in die Slowakei und nach Ungarn sowie am Autobahnkreuz der A4 Ostautobahn mit der A6 Spange Kittsee liegt. Wöchentlich könnten über 50 Züge abgefertigt werden. (Der Standard).
In Parndorf regt sich mittlerweile jedoch Widerstand aus der Bevölkerung.
Aktualisierung – 19.03.2018
Im Rahmen der Konferenz „Strategic Partnership 1520″ haben die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und die Russischen Eisenbahnen (RZD) eine engere Zusammenarbeit im Güter- und Personenverkehr vereinbart. Zudem wurde das Interesse bekräftigt, die heute bis Kosice in der Ostslowakei führende russische Breitspurstrecke (1520 mm Spurweite) bis in den Raum Wien weiterzuführen. Der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) peilt eine Inbetriebnahme der Strecke für das Jahr 2033 an. Finanzierung und exakte Streckenführung sind jedoch noch unklar. Studien aus dem Sommer 2017 haben die Kosten für den Bau der 400 Kilometer langen Strecke von Wien bis zum Endpunkt der Transsibirischen Eisenbahn in Kosice (Slowakei) auf knapp 6,5 Mrd. Euro geschätzt. Die Staatsbahnen von Russland, Österreich, der Slowakei und der Ukraine haben bereits hinter verschlossenen Türen über die Errichtung, Finanzierung und Geschäftsmodelle für die Strecke verhandelt – dies jedoch hinter verschlossenen Türen. Weitere Details sind noch nicht bekannt (Die Presse | Der Standard)
Zusammenfassung
Streckenverlauf: Košice – Bratislava – Wien
Länge: ~400 km
Status: Vorplanung
Baukosten: 6,36 Milliarden Euro + 240 Millionen Euro für die Terminals und 130 Millionen Euro für das rollende Material
Fertigstellung: 2024/25
geplante Kapazität: 20 Millionen Tonnen Güter / Jahr
Mal ganz grob gesprochen, ohne die Pläne im Detail zu betrachten:
Der Hamburger Hafen schlägt ca. 140 Mio t/Jahr um, davon ein großer Teil mit China. Das Potential an Gütervolumen ist also enorm, für mich stellt sich eher die Frage ob da nicht noch mehr geht.
In der Folge hätten wir völlig andere Verkehrsbeziehungen in Deutschland: Hafenhinterlandverkehr würde nur noch nach Teilen von Deutschland Sinn machen, Österreich wäre vermutlich schon sinnvoller über die Schiene zu erreichen. “Expressgüter” könnten über die Schiene geliefert werden, die Schiffe könnten etwas gemütlicher und sparsamer fahren, da sie weniger Volumen transportieren müssen. Allein bei der Elbvertiefung/-breiterung könnten Investitionen von eine halben Milliarde Euro eingespart werden…
Moldawien baut seinen Donauhafen aus, wobei $12 Mio. wohl keine wirklich großen Sprünge zulassen werden. Trotzdem hier nicht uninteressant, lautet doch ein Argument, dass man über die Neubaustrecke nach Bratislava und Wien die Donau mit dem russischen Breitspurnetz verbinden will. http://j.mp/V9IE1F
Vielen Dank für die Info! Ich persönlich glaube aber auch nicht, dass diese Investition einen großen Einfluss haben wird. Für Short Shipping dürfte das nicht attraktiv genug sein.
Viele Grüße!
Martin
Ich als Österreicher, bin von so einem teuren Projekt weniger begeistert. Vor allem gibt es bereits automatische Umspuranlagen welche in in der Lage, in langsamer Fahrt und unter Last umspuren. siehe: SUW2000
Wie man herausliest, gehts in erster Linie um Containertransport. Und da sind die slowakischen wie österreichischen Lichtraumhöhen für HI Cube Container geeignet. Vorab soll erst einmal geprüft werden, ob Eisenbahnwaggons mit dieser Umspurtechnik nicht ausreichend sind. Denn darüber wurde bis Dato noch nichts veröffentlicht.
Ein sehr interessantes Interview mit Vladimir Yakunin, dem Chef der russischen Eisenbahn in der österreichischen Tageszeitung “Die Presse”: http://j.mp/TJ1ifL
Die Argumente von Hr. Yakunin, warum man nicht auch an der ukrainischen Grenze umspuren kann, halte ich für sehr dünn.
Hallo Helmigo,
wieder einmal Danke für deinen Kommentar. Schätze ich wirklich sehr!
Zum Interview:
Das Argument mit den administrativen Hindernissen ist wirklich ein wenig konstruiert. Wenn man wirklich diese bürokratischen Hemmnisse abbauen wollte, könnte man einen einheitlichen Frachtbrief entwickeln. Der größere russische Bruder könnte sicherlich auf die Ukraine einen gewissen Einfluss ausüben zumal die Ukraine auch an leistungsfähigen Verbindungen interessiert sein dürfte.
Die Russen verfolgen mit diesem Anschluss noch eine Menge weiterer geostrategischer Ziele, aber das ist ein anderes Thema. Mich würde einmal interessieren, welche Schnittstelle Russland – China genutzt werden soll? Zabaykalsk – Manzhouli, Zamyn-Uude – Erlian oder Dostyk – Alashankou? Und wie wirkt sich das auf die Gesamtlaufzeit aus? Fracht aus dem Raum Peking wird wohl über Zamyn-Uude – Erlian laufen, aber bei Chongqing und Wuhan stellt sich die Frage schon…
Ganz abgesehen natürlich vom Bruch in der Transportkette und dem notwendigen Umladevorgang…
Gruß,
Martin
Bitte, gerne geschehen.
Hier ein aktueller Ausbauplan des chinesischen Bahnnetzes, leider ist alles nur auf chinesisch beschriftet aber man erkennt trotzdem ganz gut, wo Strecken bis zur Grenze hin ausgebaut oder neu gebaut werden: http://j.mp/RI2Sz7
Ich glaube, dass man aus mehreren Gründen den Verkehr eher fächern will, als ihn auf eine Strecke zu konsentrieren. Ein Grund ist der, dass Chinas Wirtschaft in den letzten 10 Jahren stark von der Ostküste Richtung Westen expandiert ist. Dadurch ergeben sich sehr unterschiedliche optimale Verkehrswege.
Nur im Osten kommt man ohne Drittland von China nach Russland. Die beiden anderen Verbindungen führen durch zwei unterschiedliche Drittländer. Deshalb wird man nach meiner Einschätzung auch aus strategischen Gründen keine der 3 Strecken vernachlässigen.
UIC und OSShD entwickeln Standards für ein, für Personen- und Güterverkehr einheitliches, automatisches Umspursystem. Dieses Projekt “trägt zur Interoperabilität bei, indem es technische Lösungen zur Überwindung der technischen Hürden zwischen den Schienennetzen mit unterschiedlicher Spurweite bietet.” http://j.mp/KzQWgw
Die Zusammenführung der Netze zu einer technischen Einheit liegt also zum greifen nah.
Danke, sehr interessant! Die Machbarkeitsstudie für die Breitspurstrecke soll Ende des Jahres bzw. zu Beginn des kommenden Jahres begonnen werden. Mit der Veröffentlichung ist 2014 / 2015 zu rechnen.
Hallo!
Habe deinen Artikel gelesen und finde ihn sehr interessant.
Wenn es kein Problem für dich ist…
Hätte da nämlich eine Frage bezüglich deines Artikels.
Schreibe nämlich gerade an einer Arbeit…
Wäre sehr nett, wenn du dich via E-Mail melden könntest?
Ganz liebe Grüße,
Sonja
Und, hast du versucht an die Studie zu kommen und mit welchem Ergebnis?
Versucht habe ich es. Ich war nur nicht sehr erfolgreich. Wenn man an eine bestimmte Studie kommen möchte, ist das manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen. Ich hab zwar noch nicht ganz aufgegeben, aber ich glaube nicht mehr dass ich Zugriff bekomme…
Das einzige was man mittlerweile abrufen kann, ist die vorläufige Machbarkkeitsstudie: http://www.breitspur.com/pdf/final_report.pdf Aber auch dieses PDF ist gekürzt…
Super, danke!
In dem Link sind einige hoch interessante Informationen enthalten, nach denen ich bisher ohne Erfolg gesucht habe.
Stück für Stück kriegt man schon alle notwendigen Informationen. Ich glaube aber, dass wir auf die endgültige Machbarkeitsstudie warten sollten (wenn diese denn zur Zeit in Arbeit ist). Die sollte ja auf jeden Fall im Volltext veröffentlicht werden.
Der zentrale Punkt!
Um den zentralen Punkt auf zu zeigen, muss man jetzt nicht unbedingt die nächste Studie abwarten. Gleich in der Einleitung dieses „final report“ (dem jetzt noch ein weitere Studie nachfolgen soll) findet sich der folgende Satz: „Overall motives for the extension are to establish a non-interrupted and efficient transport chain from Russia, China and other Asian countries to Central Europe,…“
Und genau dieses Ziel, eine nicht durch die unterschiedliche Spurweiten unterbrochene Verbindung zu schaffen, kann diese Strecke nicht erreichen. Nicht nur, weil China auf Normalspur fahrt, sondern auch Richtung Mitteleuropa müssen die Züge umgespurt oder Container umgeladen werden. Das bestätigt auch die Untersuchung, indem sie davon aus geht, dass Stückgut in Containern transportiert wird. Container werden eingesetzt, um Umladevorgänge zu vereinfachen, sie machen also per Definition nur dann Sinn, wenn es keinen „non-interrupted“ Transport gibt. Zu den Bulk-Zügen schreiben die Autoren der Studie: „…it is assumed bulk will be transported in special rolling stock with gauge change capability…“. Mitteleuropa mit Breitspur zu erreichen ist kein Selbstzweck. Der Zweck ist der Entfall des Umspurvorgangs, und das wird nicht erreicht!
Das ist der zentrale Punkt, den erst einmal jemand entkräften muss, bevor man überhaupt weiter ins Detail gehen kann.
Ich finde, du hast in deinem Artikel viel zu viele Informationen aus div. Pressemeldungen ungeprüft übernommen. Gerade als angehender Verkehrswissenschaftler solltest du die Inhalte stärker kritisch hinterfragen.
Du schreibst: “Die Breitspurbahnlinie soll – so sie denn gebaut wird – die Transportzeit für Güter aus Asien nach Europa und umgekehrt auf 15 Tage reduzieren. Gegenwärtig werden für den Transport auf dem Seewege 30 Tage benötigt.”
Diesen Satz hast du offensichtlich aus Pressemitteilungen abgeschrieben und über keinen der folgenden Punkte eigenständig nachgedacht:
1. Von wo in Asien nach wohin in Europa, macht so eine Pauschalaussage überhaupt Sinn?
2. Welcher Seeweg über Suez Kanal oder um Afrika herum?
3. Wie schnell fahren moderne Containerschiffe und brauchen sie wirklich 30 Tage?
4. Wird ein Bahntransport von Asien nach Europa wirklich erst durch dies Strecke möglich?
“Durch die Errichtung würden durchschnittlich durch direkte oder indirekte Beschäftigung 21.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Sobald das Projekt läuft, würden im Schnitt 8.100 Arbeitsplätze durch den Betrieb der Züge sowie weitere 3.100 Arbeitsplätze durch den Betrieb der Terminals und der restlichen Infrastruktur geschaffen, besagt die Studie”
Hast du die Studie gelesen? Meines Wissens wird die Studie streng geheim gehalten. Warum wird eine aus Steuergeldern bezahlte Studie geheim gehalten? Für wie realistisch haltest du z.B. die Angabe, dass unmittelbar für den Betrieb einer modernen Neubau-Güterzugstrecke 8100 Mitarbeiter benötigt werden. Falls du diese Zahl, so wie ich, für vollkommen absurd haltest, welche anderen Interessen könnten da dahinter stecken?
Meines Erachtens handelt es sich um ein sehr teures Projekt, aus dem vor allem die Bauwirtschaft Profit schlagt. Das Problem der unterschiedlichen Spurweiten wird dadurch nur verschoben, aber nicht gelöst. Der Nutzen ist also unendlich weit von den Kosten entfernt. Zur Überwindung von Spurweitengrenzen gibt es eine Reihe von Systemen. Im Güterverkehr ist derzeit die Verwendung von Containern und Wechselaufbauten am gebräuchlichsten, das geht rasch und unkompliziert und ermöglicht gleich auch einen kombinierten Transport mit LKW für die letzten Kilometer zum Bestimmungsort, wenn dort kein Bahnanschluss vorhanden ist. Im Personenverkehr werden zwischen europäischer Normalspur und russischer Breitspur derzeit noch die Drehgestelle gewechselt. Zwischen Spanien und Frankreich ist man allerdings schon weiter. Dort werden die Züge voll automatisch umgespurt und ich glaube, das dies auch im Güterverkehr die Technologie der Zukunft sein wird.
Hallo,
es stimmt natürlich, dass ich stark auf Artikel und auch Pressemitteilungen anderer angewiesen bin. Allerdings versuche ich diese immer (!) mit einer Sekundär- und manchmal sogar einer Tertiärquelle zu verifizieren.
Zu 1.)
Man kann die 30 Tage beispielsweise für die Strecke Hongkong – Rotterdam rechnen. Die Route würde durch das Rote Meer und den Suezkanal führen. Natürlich entsprechen die 30 Tage nicht der reinen Fahrzeit des Schiffes, diese liegt eher bei 12 (sehr schnell, eher unrealistisch) – 16 Tagen (realistischer), kommt auf die gefahrene Geschwindigkeit und die Wetterverhältnisse an. Da die meisten Linienverkehre Europa-Asien allerdings keine Direktverbindungen sind, sondern unterwegs verschiedene weitere Häfen (Singapore, Colombo, Mumbai, Fujeira, Jeddah, Damietta, Gioia Tauro, Algeciras, Le Havre, Marseille) anlaufen können (nicht alle, nur eine Auswahl) verlängert sich die Fahrzeit auf mindestens 20 – 30 Tage. Bei LCL-Containern (Sammelverkehre) kann das ganze noch ein wenig länger dauern. Ich werde den Artikel hier entsprechend ergänzen.
Natürlich ist es bereits heute möglich, Container auf dem Landweg von China nach Europa zu transportieren. (siehe dieser Artikel: http://j.mp/kCczPq
) Bereits 2008 hat DB Schenker einen Containerzug von China nach Europa fahren lassen
Damals fuhr der Zug die folgende Strecke (Zitat): Der Zug, dessen gesamter Vorlauf in China von verschiedenen DB-Schenker-Gesellschaften organisiert wurde, durchquert China, die Mongolei und passiert bei Irkutsk die Grenze zu Russland. Er folgt im weiteren Verlauf der Trans-Sibirischen Eisenbahn via Nowosibirsk, Omsk, Ekaterinburg bis Moskau. Von dort rollt er über Weißrussland und Polen weiter nach Deutschland.
Und natürlich lassen sich Europa-Russland-Verkehre leicht über Wechselbrücken/Container abwickeln. Theoretisch sind auch Güterzüge mit den angesprochenen Drehgestellen einsetzbar. Das würde keine größeren Infrastrukturmaßnahmen erfordern, ist aber im Betrieb aufwendiger. Die im Personenverkehr eingesetzten Talgo-Drehgestelle haben im Güterverkehr nur den Nachteil, dass die Achslast limitiert ist. Ich weiß allerdings nicht, wie das bei Containerverkehren mit der Achsverteilung ist. Bei anderen Transporten (Schüttgut, o.ä. sollten sie denn kommen), kann der Einsatz von Talgo-Drehgestellen schnell an die Grenzen stoßen.
Gut, das mit der Studie muss ich mir ankreiden lassen. Ich muss auch zugeben, dass ich diese nicht gelesen habe. Mal schauen ob man da etwas mit dem österreichischen Auskunftspflichtgesetz erreichen kann.
Die Zahl der entstehenden Arbeitsplätze scheint wirklich etwas hochgegriffen zu sein, ich werde das im Artikel entsprechend anpassen. Danke dafür!
Und natürlich spielen hier wieder einmal alle möglichen Interessen mit. Die Bauindustrie wird natürlich ein riesiges Interesse an der Umsetzung dieses Infrastrukturprojekts haben (wie an jedem anderen auch).
Aber es geht hier erstmal ja nur um eine Idee. Man kann diese jetzt gut finden oder nicht. Ich verwahre mich immer dagegen, Ideen allzu stark zu kritisieren, wenn es keine detaillierten Planungen gibt. Wenn etwas Konkretes auf dem Tisch liegt, hat man auch die Möglichkeit Schwachpunkte in den Konzepten zu identifizieren und zu kritisieren. ;-)
Natürlich wären die Kosten für einen Normalspur-Ausbau immens. Aber nachdem das ja ohnehin schon ein Mega-Projekt ist und China “schnell mal” eine Strecke bis zur Grenze von Kasachstan bauen will ist es bis Europa dann ja auch nicht mehr weit. ;-)
Dankeschön für den Tipp – ich wusste nicht, dass die chinesischen Pläne schon so weit gediehen sind.
Eine neue Normalspur-Strecke wäre natürlich am Idealsten – dann wäre beim Transport China – Europa überhaupt kein Umladen bzw. Spurwechsel mehr notwendig.
China streckt seine Eisenbahn-Fühler ja auch Richtung Laos und Thailand aus und möchte gerne eine Neubaustrecke bis Singapur bauen – in Normalspur anstatt der bestehenden Meterspur.
Es bleibt wirklich spannend. :-)
Das Problem mit der Normalspur wäre nur der erheblich Aufwand und die Baukosten. Breitspurstrecken liegen ja bereits auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Und der Großteil der chinesischen Güter lässt sich ja in Containern transportieren, sodass ein Umladen relativ zügig erfolgen kann. Ich glaube, dass die Chinesen versuchen werden, die Breitspur bis in einen großen und gut vernetzten Ballungsraum zu verlängern und dann die Güter weiter zu verteilen bzw. zu bündeln.(ebenso wie es auf europäischer Seite geplant ist).
Mmh…und zu Laos und Thailand wollte ich schon länger einen Artikel schreiben, könnte man ja mal in Angriff nehmen. :-)
Ein wirklich interessantes Projekt. Die Entfernungen lassen sich nur Erfühlen, wenn man mit dem Zug von Österreich mal bis Wladiwostok gefahren ist.
Was ich mich allerdings frage ist, wie die Rolle Chinas bei diesem Projekt zukünftig sein soll. Eine Anbindung wäre da ja nur durch die Mongolei (ebenfalls Breitspur) am Effizientesten.
Und vor einiger Zeit habe ich mal von Plänen für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke gelesen, die von China bis nach Europa führen soll. Da gibt’s allerdings derzeit noch einige Krisenherde zu überwinden…
Spannend bleibt’s auf jeden Fall. :-)
Hallo,
stimmt, denkbar wäre die Anbindung durch die Mongolei oder eine Verknüpfung der Transsib mit dem chinesischem Eisenbahnnetz in Zabaikalsk. Die Chinesen bauen ja derzeit bereits an einer Strecke nach Kasachstan. Diese ließe sich auch entsprechend verlängern. Würde den chinesischen Machtanspruch in der Region auch festigen.
Bezüglich der Hochgeschwindigkeitsstrecke und drei möglichen Trassen empfehle ich den folgenden Artikel: http://j.mp/kCczPq
;-)
Da steht auch nochmal was zu den politischen Schwierigkeiten drin…