Analyse Fuß- und Radverkehr Öffentlicher Personennahverkehr Verkehrssicherheit

Transport for London testet Fußgänger- und Radfahrer-Detektionssysteme an Bussen

Bus in London mit Blur Effekt
Foto: Roberto Cacho Toca @ Flickr - CC BY 2.0

Transport for London hat begonnen, zwei Systeme zur Erkennung von Radfahrern und Fußgängern im Gefahrenbereich von Bussen zu testen. Mithilfe der Video- und Radar-basierten Detektionssysteme sollen Radfahrer und Fußgänger im toten Winkel erkannt und das Fahrpersonal gewarnt werden. Kollisionen mit Bussen und schweren Lkw sind für einen Großteil der in London schwer verletzten und getöteten Radfahrer verantwortlich.

Verletzliche Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer stellen mit 76,6 Prozent die Mehrheit der auf Londons Straßen getöteten und schwer verletzten Verkehrsteilnehmer, auf Fahrzeuginsassen entfallen 17,8 % der KSI casualties (Killed or Seriously Injured). In Relation mit der Anzahl oder Länge der zurückgelegten Wege, der Fahrleistung und der Reisezeit zeigt sich, dass weiche Verkehrsteilnehmer weitaus stärker gefährdet sind:

  • 21% der täglichen Wege wurden 2011 zu Fuß zurückgelegt, jedoch entfielen 35% der getöteten oder schwer verletzten Verkehrsteilnehmer auf diesen Verkehrsmodus.
  • 1% der täglichen Wege wurden 2011 mit Motorrädern zurückgelegt, jedoch entfielen 21% der getöteten oder schwer verletzten Verkehrsteilnehmer auf diesen Verkehrsmodus.
  • 2% der täglichen Wege wurden 2011 mit Fahrrädern zurückgelegt, jedoch entfielen 20% der getöteten oder schwer verletzten Verkehrsteilnehmer auf diesen Verkehrsmodus.
Mahnwache für einen getöteten Radfahrer in London im Jahr 2011
Mahnwache in London im Jahr 2011 – Foto: Andreas Kambanis @ FlickrCC BY 2.0

Im Jahr 2011 starben 16 Radfahrer im Großraum London, 2012 und 2013 wurden 14 Radfahrer getötet 1 2.

JahrPro Tag mit Fahrrädern
zurückgelegte Wege
im Großraum London
in Millionen
Getötete
Radfahrer
Schwerverletzte
Radfahrer
19930,2718485
19940,2715480
19950,2715521
19960,2720571
19970,2712560
19980,2712595
19990,2710469
20000,2914399
20010,3221434
20020,3220387
20030,3719414
20040,388332
20050,4121351
20060,4719373
20070,4715446
20080,4915430
20090,5113420
20100,5410457
20110,5716555
20120,5814657
2013n.b.14475

Transport for London arbeitet systematisch an der Verbesserung der Verkehrssicherheit und hat sich das Ziel gesetzt, die Zahl der schwer verletzten und getöteten Verkehrsteilnehmer bis 2020 um 40 Prozent zu senken (Basis: Durchschnitt 2005 – 2009). Langfristig wird das Vision Zero-Ziel verfolgt, also eine Reduktion der Verkehrsopfer auf null (siehe Safe Streets for London – The Road Safety Action Plan for London 2020).

Inselhaltestelle Radverkehrsfreundlich und sicher in London
Ebenfalls ein Element für mehr Verkehrssicherheit: Die neuen barrierefreien und radverkehrsfreundlichen Inselhaltestellen entlang des CycleSuperhighway am Beispiel Stratford High Street, Stratford, London – Foto: citytransportinfo @ FlickrCC BY 2.0

Ein Element dieser Strategie ist die Ausrüstung von Bussen mit entsprechenden Detektionssystemen. Insbesondere sollen Unfälle beim Linksabbiegen vermieden werden (das deutsche Problem mit rechtsabbiegenden Fahrzeugen besteht in Großbritannien aufgrund des Linksverkehrs auf der linken Seite). In einem sechswöchigen Test werden vier Busse mit zwei unterschiedlichen Systemen ausgestattet und auf den stark mit Fuß- und Radverkehr belasteten Linien 25 (Oxford Street – Ilford über Mile End) und 73 (Victoria – Stoke Newington über Oxford Circus und Kings Cross) eingesetzt.

Bild von Cycle EyeCycleEye vom Startup Fusion Processing Limited aus Bristol nutzt Radar und Videotechnik, um Radfahrer in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeug zu detektieren (vorne und für Großbritannien links) und warnt den Fahrzeugführer über eine Stimmausgabe (z.B. “cyclist left”). Busse können innerhalb einer Stunde mit dem System nachgerüstet werden.

In einem mehrtägigen Test in Bristol konnte das System 98,5 % aller Radfahrer richtig erkennen. CycleEye soll laut Herstellerangaben bei allen Wetter- und Verkehrslagen zuverlässig funktionieren.

Cycle Safety Shield von Safety Shield Systems Limited arbeitet mit Mono-Kameras, die Mobileye EyeQ2 Processing Platform und “machine vision technology”. Es kann Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer je nach Anzahl der Kameras 360° um einen Bus oder Lkw erkennen. Die Detektionsreichweite beträgt derzeit bis zu 40 Meter, soll aber durch bessere Kameratechnik auf bis zu 60 Meter steigen. Das Fahrpersonal wird visuell und akustisch über mögliche Gefahren informiert.

In einem dreimonatigen Test konnte das System 15 theoretisch ernsthafte Kollisionen zwischen Lkw und Radfahrern, Fußgängern und Motorradfahrern verhindert werden. Die durchschnittliche Kollisionsgeschwindigkeit hätte 21,89 km/h betragen und wäre somit theoretisch lebensgefährlich gewesen.

  1. Transport for London (2013): “Travel in London, Report 6” Seite 16.
  2. Transport for London (15 Juli 2014): “Number of daily cycle journeys in London”
Anonymous

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Jan
Jan
5. August 2014 09:13

Super sache – damit kann man denke ich jede Forderung nach Helmpflicht erschlagen:
Helmpflicht rettet kaum Menschenleben und kann sogar negativ wirken, der Cyclesafety shield verhindert Unfälle statt die Schwere zu senken und ist Verursachergerecht: Die Gefahr geht ja von den Fahrzeugen aus und nicht den Radfahrenden…

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Jan

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