Ich interessiere mich ja immer dafür, warum Menschen ein bestimmtes Verkehrsmittel wählen und die ebenfalls vorhandenen Alternativen nicht. Das diese Entscheidung nicht ausschließlich rational getroffen werden, ist ja bereits länger bekannt. Hier stoßen die entsprechenden Wahlmodelle an ihre Grenzen.
So spielen die Kosten zwar eine gewisse Rolle, aber auch ein kostenloser ÖPNV kann die Menschen nicht dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen. Dies haben die entsprechenden Versuche in Templin und Lübben gezeigt.
In der Verkehrswissenschaft werden Formeln wie diese genutzt, um die Verkehrsmittelwahl zu ermitteln und vorherzusagen:
Verkehrsaufteilung auf der Basis der diskreten Entscheidungstheorie am Beispiel des Rubit-Modells. Variante 1 mit einem multiplikativ verknüpften Nutzenansatz sowie mit exponentieller Transformation der Reisezeit, Variante 2 mit einem multiplikativ verknüpften Nutzenansatz sowie mit EVA2-Transformation der Reisezeit, Aus: LOHSE, Dieter, SCHNABEL, Werner: Grundlagen der Straßenverkehrstechnik und der Verkehrsplanung, Band 2 Verkehrsplanung, 3. überarbeitete Auflage, Beuth Verlag Berlin Wien Zürich, 2011, S. 344
Für den Privatgebrauch ist eine Entscheidung mit objektiven Parametern definitiv nicht durchführbar. Vor allem nicht morgens um 06:30 Uhr. Für den Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen wird die Verkehrsmittelwahl im Unterbewusstsein mit Hilfe bereits gemachter Erfahrungen getroffen. Ein Blick aus dem Fenster bei schlechtem Wetter lässt beispielsweise die Bewertung des Fahrrads bei den meisten Menschen in den Keller rauschen.
Nun versucht ein neues Forschungsprojekt von Prof. Udo Onnen-Weber von der Hochschule Wismar in Zusammenarbeit mit der EcoLibro GmbH, dem ADFC Schwerin und dem TÜV Nord objektiv zu messen, welche Vorteile und welche Nachteile die einzelnen Verkehrsmittel für den Pendlerverkehr bieten und wieso welches Verkehrsmittel ausgewählt wird. Vom 16.04. bis zum 27.04. werden jeden Werktag acht Testfahrer zur Hauptverkehrszeit mit einem anderen Verkehrsmittel in Schwerin fahren. Die Weglängen (Tür zu Tür) zwischen Friedrichsthal und dem Schweriner Rathaus betragen sieben bis neun Kilometer (abhängig von der Routenwahl). Die Hauptverkehrszeit im Schweriner ÖPNV ist zwischen 06:00 Uhr – 08:00 und Uhr 13:30 Uhr – 18:00 Uhr, die HVZ für den Pkw-Verkehr zwischen 6:30 Uhr – 7:45 Uhr und 15:30 Uhr – 17 Uhr. Die Fahrten werden folglich zwischen 07:15 und 08:00 sowie zwischen 16:15 und 17:00 durchgeführt.
Getestet werden die Fahrt mit dem
- Pkw (Benzin)
- Pkw (elektrisch)
- Motorroller (Benzin)
- Motorroller (elektrisch)
- Fahrrad
- Pedelec (E-Bike)
- ÖPNV (zu Fuß zur / von der Haltestelle)
- ÖPNV (Bike & Ride)
Untersucht werden sollen die benötigte Fahrzeit, die reale Wegelänge, Kosten, Energieverbrauch, CO2-Ausstoß und Gesundheitswerte (körperliche Bewegung / Stressniveau). Die Einhaltung der StVO wird mittels Helm- und onBoard-Kameras überwacht. Die Ergebnisse sollen unter anderem die Diskussion und Argumentation zum 2. Nationalen Radverkehrsplan unterstützen. Der “Schweriner Versuch” wird vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gefördert.
Ich glaube, es wird recht interessant sein, inwieweit diese Untersuchung weitere Einblicke in den Pendelverkehr ermöglicht und die bislang etwas dürftige Datenlage ergänzt. Ich werde in diesem Blog diesen Versuch weiter begleiten und natürlich die Ergebnisse zur Diskussion stellen.
Gewinnspiel
Die EcoLibro GmbH lobt einen 30 Euro Gutschein für denjenigen aus, der folgende Frage beantworten kann: “Welches Verkehrsmittel auf dem Arbeitsweg ist nach Ihrer Einschätzung für Nutzer und Umwelt das Sinnvollste?”Das Gewinnspiel läuft bis zum 31. Mai. Und die Datenschutzerklärung ist wirklich Nutzerfreundlich…
Disclaimer: Ich kenne Michael Schramek, den Geschäftsführer der EcoLibro GmbH, die diese Untersuchung koordinieren.