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Elektromobilität nur mit erneuerbaren Energien sinnvoll?

In der schönen neuen Elektroauto-Welt freut sich jeder über den sparsamen Stromer, durch dessen Nutzung man auch noch die Umwelt schützen kann. Des Weiteren muss man sich keinerlei Gedanken mehr über Öl- und Benzinpreis, die alljährlichen Ausschläge an der Tankstelle zu Ostern und Pfingsten und das Erreichen der europäischen Klimaziele machen. Was ein bisschen verschwindet, ist die Frage, woher der Strom für unsere Elektromobilität eigentlich kommt.

Dabei ist dies eine sehr wichtige Frage, die bis jetzt noch unbeantwortet ist. Eine Verschiebung vom Verbrennungsmotor hin zu Strom, der aus Kohle- und Gaskraftwerken kommt, ist schwachsinnig und bei einem Kampf gegen den Klimawandel eher kontraproduktiv. Zwei Drittel des in der EU genutzten Öls werden vom Verkehr verbraucht, der für 28% der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Im Transportsektor werden die Treibhausgasemissionen auch in Zukunft weiter steigen, während andere Sektoren ihren Ausstoß senken werden. Eine “Dekarbonisierung” ist also essentiell, wenn wir das Zwei-Grad-Ziel erreichen wollen. Falls es uns gelänge Autos mit Elektroantrieb durch Strom aus regenerativen Energien – und eventuell ein bisschen Atomkraft, aber das ist ein anderes Thema – anzutreiben, hätte dies nur Vorteile: durch Verkehr verursachte schädliche Klimagase und CO2-Emissionen würden rapide zurückgehen ebenso wie unsere Abhängigkeit vom Öl.
Eine WWF-Studie aus dem Jahr 2009 berechnete die Auswirkungen, die eine, zehn oder zwanzig Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen, haben würden. Es wurde angenommen, dass ein durchschnittliches Auto mit Verbrennungsmotor im Jahr 2020 einen Kohlendioxidausstoß von 130g/km haben würde und dass die Elektroautos zu einhundert Prozent aus regenerativen Energien, die null Gramm Kohlendioxid ausst0ßen, gespeist würden. Jeder mit einem Elektroauto gefahrener Kilometer würde also 130g CO2 sparen.

Elektroauto Deutschland Einsparungen CO2
Abb. 1 – Eingesparte CO2-Emissionen durch die Einführung von Elektroautos – WWF 2009

Der Graph zeigt, dass sogar im Idealfall von 20 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen, die Einsparungen nur 2,4% der nationalen Kohlendioxid-Einsparungen betragen würden. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass auf kurze Sicht Elektroautos keinen großen Effekt für den Klimaschutz bieten.

Eine Alternative wäre die Weiterentwicklung sparsamer Verbrennungsmotoren 1. Um das Klimaziel bis zum Jahr 2050 zu erreichen, ist es sowohl nötig die Effizienz von Verbrennungsmotoren zu steigern als auch neue Antriebsformen zu entwickeln. Diese Handlungsweise wäre die kostengünstige und würde nur relativ geringfügige Anpassungen im Automobilsektor erfordern. Die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors könnte mit weiteren Maßnahmen, u.a. einer Regulierung und Abschwächung des Verkehrsflusses, einer geänderten Verhaltensweise der Autofahrer, einer geringeren Häufigkeit von Autofahrten, etc. zu einer CO2-Reduzierung von 42% auf Basis von 170g CO2/km bis zum Jahr 2030 führen.

Eine zusätzliche CO2-Einsparung in Höhe von 7% könnte bei diesem Szenario durch Hybrid- und Elektroautos erreicht werden. Das Erreichen dieses Wertes wäre von der raschen Einführung von Elektromotoren, der Entwicklung neuer Kraftwerke, die statt 600 Tommen CO2 / GWh im Jahr 2006 nur noch 250 Tonnen in 2030 emittieren, und einer Optimierung der bis dahin auf den Straßen fahrenden Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, abhängig.

Elektroauto Verbrauch CO2 Emission nachhaltig erneuerbare Energien
Abb. 2 – Mögliche Szenarios der potentiellen Reduktion von Treibhausgasen – McKinsey (2009): Roads towards a low-carbon future: Reducing CO2 emissions from passenger vehicles in the global road transportation system

Was lernen wir nun?

Über diese Frage habe ich nun einige Tage bzw. Wochen nachgedacht. Es ist klar, dass das Elektroauto keinen großen Einfluss auf das Erreichen des Klimazieles haben wird. Wir sitzen einem Irrglauben auf, wenn wir denken, dass wir unsere Mobilitätsgewohnheiten nicht ebenfalls umstellen müssen. Der Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zum Elektroantrieb mag zwar aus energiepolitischer und wirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheinen, allerdings sollte man dies auch klar benennen und nicht den Umweltaspekt vorschieben. Dieser existiert schlicht weg nicht.

Zusätzlich ist festzuhalten: die Nutzung eines Elektroautos macht – soweit überhaupt – nur dann Sinn, wenn der Strom dafür nicht aus Kraftwerken, die mit fossilen Energieträgern betrieben werden, stammt sondern aus regenerativen Energien gespeist wird. Ansonsten wird das System noch ineffektiver und die Umwelt weiter in einem zunehmenden Maße verschmutzt.

Conclusio

Die einzige Möglichkeit schnell und nachhaltig die Umwelt zu schonen ist der Verzicht. Der Verzicht manche Wege mit dem Auto zurückzulegen und häufiger mit dem Rad zu fahren oder seine Wege per pedes zurückzulegen.

  1. McKinsey (2009): Roads towards a low-carbon future: Reducing CO2 emissions from passenger vehicles in the global road transportation system – http://www.mckinsey.com/clientservice/ccsi/pdf/roads_toward_low_carbon_future.pdf
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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Benjamin Kirschner
31. August 2010 14:07

Guter Artikel!

Ich weis, dass du deine Aussage “Die einzige Möglichkeit schnell und nachhaltig die Umwelt zu schonen ist der Verzicht.” auf die Elektromobilität beziehst.

Dennoch: Ein Verzicht auf das eigene Auto muss nicht zwangsweise zu einem Verzicht auf flexible Mobilität mit dem Auto führen. Auch über Ridesharing kann die Umwelt nachhaltig geschont werden.

Grüße
Benni

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Verfasst von:

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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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