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Entwicklung des Bestands an Pkw mit Verbrennungsmotor und elektrischem Antrieb in Deutschland 2016 – 10/2022

Foto: Michael Fousert @ Unsplash.com - Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch die Unsplash-Lizenz
Eine Antriebswende bringt nur dann einen Nutzen, wenn neu zugelassene Fahrzeuge mit alternativen Antrieben Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ersetzen und nicht ausschließlich den Gesamtfahrzeugbestand erhöhen. Für den Zeitraum 2016 – 10/2022 ist eine derartige Entwicklung nicht erkennbar.

Die Struktur und Größe der Pkw-Bestandsflotte haben einen erheblichen Einfluss auf die Emissionen des Verkehrssektors und somit die Klimaschutzerfolge im Verkehrsbereich. Der Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zu alternativen Antrieben ermöglicht einen ökonomisch sinnvollen Einsatz regenerativ erzeugter Energie im Pkw-Bereich. Diese Entwicklung wird durch den Staat aktuell über Zuschüsse beim Kauf eines batterieelektrischen Fahrzeugs gefördert. Eine Folge dieser Förderkulisse sind steigende Neuzulassungszahlen vollelektrischer Elektroautos und von Plug-in-Hybriden. Ausgehend von einem niedrigen Niveau weisen beide Antriebsarten aktuell vergleichsweise hohe Wachstumsraten auf.

Neben den gewünschten Effekten eines wachsenden Elektrifizierungsanteils in der Pkw-Flotte kann eine Förderung aber auch nicht erwünschte Sekundäreffekte nach sich ziehen: Durch die Subvention von alternativen Fahrzeugen kann der Pkw-Kauf insgesamt günstiger werden, was wiederum zu einem steigenden Pkw-Bestand führen kann (D’Haultfœuille et al. 2014). Die Förderkulisse ermöglicht es Haushalten bspw. einen elektrischen Zweit-, Dritt- oder Viertwagen anzuschaffen, ohne dass ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor ersetzt wird. Hierdurch steigen zum einen die negativen Folgen einer wachsenden Pkw-Flotte (u.a. Ressourcen- und Flächeninanspruchnahme), zum anderen verlängert sich die Nutzungsdauer der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, da die Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs nicht mit dem Fahrzeugalter, sondern der Fahrleistung zusammenhängt. Verringert sich die jährliche Fahrleistung eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor, da ein zusätzliches Fahrzeug mit alternativem Antrieb zur Verfügung steht, wird es länger gefahren. Es emittiert somit über einen längeren Zeitraum Treibhausgase, eine angepeilte Klimaneutralität des Verkehrs kann sich durch die spätere Außerbetriebsetzung der Pkw-Flotte nach hinten verschieben.

Für eine Antriebswende im Verkehr sind daher zwei Entwicklungen essentiell: ein steigender Fahrzeugbestand von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb bei gleichzeitigem Rückgang der Anzahl der zugelassenen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (Strukturfaktor) und die Gesamt-Pkw-Anzahl sollte im Idealfall ebenfalls rückläufig sein oder sich zumindest stabilisieren (Mengenfaktor).

Zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 ist die Zahl der in Deutschland zugelassenen Pkw um rund 85.000 Fahrzeuge gestiegen. Das Wachstum des Pkw-Bestands in Deutschland setzt sich weiter fort, wenngleich auf einem niedrigeren Niveau. So war im Vergleichszeitraum zwischen Oktober 2020 und Oktober 2021 der Pkw-Bestand in Deutschland um 500.000 Fahrzeuge gewachsen.

Die Anzahl der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nahm zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 um 490.000 ab. Wenngleich der Bestand an Pkw mit Verbrennungsmotor in Deutschland weiterhin sehr groß ist, ist eine leicht beschleunigte Abnahme im Vergleich zum Zeitraum Oktober 2020-2021 zu beobachten – damals waren es nur 120.000 Pkw. Der Bestand an batterieelektrischen Pkw stieg im Betrachtungszeitraum um 324.127, bei PHEV um 250.811. Das Wachstum der deutschen Pkw-Flotte wurde erneut vollständig durch (teil)elektrische Fahrzeuge getragen. Es sind somit Struktureffekte in leichter Ausprägung beobachtbar, die Entwicklung des Mengenfaktors verläuft weiterhin in falsche Richtung.

Hinzu kommt der Effekt, dass die Aufteilung in Marktsegmente, Fahrzeugklasse, Größe und Gewicht der batterieelektrischen Fahrzeuge und PHEV Energieeffizienzerfolge vermissen lässt. Einfach formuliert: die neu hinzugekommenen (teil)elektrischen Fahrzeuge sind tendenziell zu groß und zu schwer, um signifikante Erfolge im Sinne des Klimaschutzes erwarten zu lassen. In Kombination mit dem weiterhin wachsenden Pkw-Bestand in Deutschland kann diese Entwicklung als Fehlentwicklung bezeichnet werden.

01.10.202201.07.202201.04.202201.01.202201.10.202101.07.202101.04.202101.01.202101.10.202001.07.202001.04.202001.01.202001.10.201901.07.201901.04.201901.01.201920182017201620152014201320122011
Verbrennungsmotor47.145.94547.250.20947.274.13347.355.25147.636.44247.695.16847.615.47547.658.84347.758.17647.560.83747.455.91747.476.6814753184647.410.96347.134.70046.945.24046.375.98945.748.35245.034.702
Batterieelektrisch840.645
756.517687.241618.460516.518438.950365.262309.083221.968173.435158.880136.617125.168110.2959720083.17553.86134.02225.50218.94812.1567.1144.5412.307
Plug-in-Hybrid745.003684.057622.971565.956494.192426.192349.341279.861194.789143.807124.624102.17587.40679.5927258966.99744.41920.97510809
Brennstoffzelle1.8201.4441.3151.2111.111991910797729630549504485436383372325211196
Gesamt48.733.41348.692.22748.585.66048.540.87848.648.26348.561.30148.330.98848.248.58448.175.66247.878.70947.739.97047.715.97747.744.87847.601.28647.304.87247.095.78446.474.59445.803.56045.071.20944.403.12443.851.23043.431.12442.927.64742.301.563

Bei reinen Jahresangaben Stichtag jeweils zum 01.01. des jeweiligen Jahres.

Quellen:

Oktober 2022 – 2018: Kraftfahrt-Bundesamt: Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern nach Bundesländern, Fahrzeugklassen und ausgewählten Merkmalen der jeweiligen Perioden (FZ 27.5 von 2016 bis 2018, 2018 – 2022 FZ 27.11, ab 2022 FZ 27.9)

2011 – 2017: Kraftfahrt-Bundesamt: Jahresbilanz des jeweiligen Jahres

D’Haultfœuille, Xavier; Givord, Pauline; Boutin, Xavier (2014): The Environmental Effect of Green Taxation. The Case of the French Bonus/Malus. In: The Economic Journal 124 (578), F444-F480. DOI: 10.1111/ecoj.12089.

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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Randelhoff Martin

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