Dieser Artikel ist Teil der Serie Entwicklung der Kraftstoffpreise und -märkte in Deutschland. Eine Übersicht über alle Artikel finden Sie hier.
Die Treibstoffpreise sind ein wichtiges Stimmungsbarometer für den Deutschen. Viele Menschen ärgern sich über die hohen und “unverschämten” Preise, wenn Sie an einer Tankstelle vorbeifahren. Der Öl- und Benzinpreis bestimmt in einem hohen Maße unser Mobilitätsverhalten. Der motorisierte Individualverkehr stellt heute den größten Teil des Verkehrsaufkommens dar. Durch einen immer weiter steigenden Ölpreis und den damit verbundenen Kraftstoffpreiserhöhungen dürfte sich das Mobilitätsverhalten drastisch ändern.
Auch für die zukünftige Entwicklung im Automobilsektor, wäre ein steigender Benzinpreis hilfreich. Durch eine Erhöhung der Treibstoffkosten, d.h. den variablen Kosten, würde der Fixkostenanteil nicht mehr so stark ins Gewicht fallen. Dadurch wären zum Beispiel die aufgrund der Batterietechnik teureren Elektroautos rentabler gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Ebenfalls dürfte die Verkehrsverlagerung, bzw. Verkehrsvermeidung beschleunigt werden. Bei einem höheren Benzinpreis wird genauer über die Notwendigkeit einer Autofahrt oder die Verwendung des Autos nachgedacht. Eventuell erscheint eine Bahnfahrt oder im innerstädtischen Verkehr eine Fahrt mit dem Rad dann billiger.
Man sieht also, dass sehr viel von der Entwicklung des Benzinpreises abhängt.
Die nachfolgenden drei Charts verdeutlichen die Entwicklung der Treibstoffpreise zwischen 1950 und 2009 in Euro. Die Daten sind nicht inflationsbereinigt.
Durchschnittlicher Preis für ein Liter Normalbenzin 1950 – 2009 in Euro, nicht inflationsbereinigt – Daten: ADAC – Creative Commons
Durchschnittlicher Preis pro Liter Super plus 1950 – 2009 in Euro, nicht inflationsbereinigt – Daten: ADAC – Creative Commons
Durchschnittlicher Dieselpreis 1950 – 2009 in Euro, nicht inflationsbereinigt – Daten: ADAC – Creative Commons
Maßgebliche Faktoren für die Entwicklung der Treibstoffpreise waren folgende Entwicklungen:
1973 – Die erste Ölkrise
Die Organisation der erdölexportierenden Länder (OPEC) hat im Jahr 1973 bewusst die Fördermenge an Rohöl um etwa fünf Prozent reduziert um die westlichen Länder bezüglich ihrer Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg (6. bis 26. Oktober 1973) unter Druck zu setzen. Dadurch kam es zu einem ersten, deutlich spürbaren Preisanstieg von rund drei US-Dollar pro Barrel (159 Liter) Öl auf über fünf Dollar (etwa 70% Plus). Im Jahr 1974 stieg der Ölpreis auf über zwölf USD pro Barrel Erdöl. Dadurch musste die Bundesrepublik Deutschland für ihre Ölimporte rund 17 Milliarden DM mehr bezahlen als im Jahr zuvor.
1979 – Die zweite Ölkrise
Nach der ersten Ölkrise 1973 / 1974 normalisierten sich die Preise wieder. 1979 kam es jedoch zu einem zweiten drastischen Anstieg des Ölpreises. Ursache für die erneute Ölkrise, in der der Ölpreis ein erneutes Rekordhoch von 38 Dollar pro Barrel erreichte, waren Förderausfälle und vor allem die Islamische Revolution, die zum ersten Golfkrieg, in dem der Irak den Iran angriff, führte. Bis 1986 kostet ein Liter Benzin knapp über 70 Cent pro Liter. Die Benzinpreise erholten sich nach der Krise wieder und fielen bis 1990 wieder auf knapp 50 Cent pro Liter.
1990 – Der zweite Golfkrieg
1990 griff der Irak Kuwait an und besetzte dies. Die USA griffen in den Konflikt ein um die Stabilität im Nahen Osten zu gewährleisten und einen Angriff des Iraks auf Saudi-Arabien zu verhindern. Es kam aber wider Erwarten nur zu einem kurzzeitigen Hochschnellen des Ölpreises. Dennoch stieg der Benzinpreis erneut.
Wirtschaftswachstum nach 2000
Nach der Jahrtausendwende gab es vor allem in Asien ein starkes Wirtschaftswachstum. Dadurch stieg die Nachfrage nach Erdöl. Die Witterungsbedingungen im strengen Winter 2001/02 führten ebenfalls zu einem erhöhten Ölbedarf. Durch eine Erhöhung der Fördermenge konnte ein starker Preisanstieg jedoch verhindert werden. Die Ereignisse des 11. Septembers ließen die Nachfrage nach Flugkerosin einbrechen. Durch den Schockzustand der Weltwirtschaft kam es zu einem leichten Rückgang der Ölpreise. Dies hatte jedoch fast keinen Einfluss auf die Benzinpreisentwicklung. Im Jahr 2004 erreicht der Ölpreis ein vorläufiges Hoch von 53 Dollar pro Barrel. 2005 stiegen die Rohölpreise auf Grund des verheerenden Hurrikans Katrina, der die Ölförderung im Golf von Mexiko und die Raffination in den USA beeinträchtigte, auf 70 USD pro Barrel. Am 11. Juli 2008 wurde das Barrel Rohöl mit 147,27 Dollar gehandelt, den bisher höchsten Wert.
2008 – Die Finanz- und Wirtschaftskrise
Aufgrund der weltweiten Finanzkrise, die durch die Immobilienkrise in den USA ausgelöst wurde, kommt es an den Börsen zu enormen Kurseinbrüchen. Die erwarteten Effekte auf die Realwirtschaft und starke Rezessionsängste sorgen für einen extremen Rückgang der Ölpreise. Ende Oktober sind die Ölpreise auf einem Jahrestief von nur 67 Dollar pro Barrel angelangt. Auch die Spritpreise sinken infolge dessen stark.
Die steigenden Treibstoffpreise sind ohne Inflationsbereinigung und Kaufkraftentwicklung wenig aussagekräftig, denn der Wert des Geldes schwankt geringfügig und sinkt langfristig, während das Arbeitsentgelt langfristig steigt. Wer für sein Geld arbeitet statt erbt, sollte also auf einen passenden Maßstab achten.
Über lange Zeiträume wie die gewählten 60 Jahre gibt es nur eine konstante Größe, das ist die Arbeitszeit, die Verbraucher aufwenden können. Daher ist eine Angabe, wie lange für 1 kg Brot oder 1 l Benzin 1950 oder 2010 zu arbeiten ist, sehr viel interessanter:
1 kg Mischbrot kostete 1950 27 Minuten Arbeitszeit, 2010 nur noch 11 Minuten; das ist etwa eine Halbierung.
1 l Benzin kostete 1950 14 Minuten Arbeitszeit, 2010 nur noch 5 Minuten; das ist etwa eine Drittelung.
Hallo,
ich kenne diese Betrachtungsweise über die Arbeitszeit natürlich und kann diese auch nachvollziehen. Allerdings ergeben sich hier auch wieder einige statistische Verzerrungen, da mit Mittelwerten gearbeitet wird und die Einkommens- bzw. Entgeltspreizung nicht mit einbezogen wird.
Letztendlich müsste man mit Einkommensklassen arbeiten und jeweils den Ausgabenanteil für Kraftstoffe am Einkommen betrachten. Dies kann man dann auch noch auf die notwendige Arbeitszeit herunterbrechen…
Eine langfristige Betrachtung wie etwa 1950 / 2010 mag da noch zielführend sein, für einen Zeitraum von wenigen Jahren würde ich doch einen inflationsbereinigten Chart vorziehen.
Viele Grüße,
Martin Randelhoff
Guten Tag, ihre ganze Mühen sind ohne Inflationsbereinigung und Kaufkraftentwicklung für die Katz !
Beste Grüße
muncher
Jap, deswegen wurde das hier gemacht: https://www.zukunft-mobilitaet.net/170251/konzepte/ausgebliebene-minderaloelsteuererhoehung-co2-steuer-bvwp-verkehrsprognose-verkehrsverflechtungsprognose/
Danke für die schnelle Recherche und Antwort!
Ja, ich glaube: Je weniger Tankstellen, desto größer der Monopoleffekt und steigende Preise. Auch das Gefühl für die aktuelle Preislage verliert sich, wenn man nur noch alle 10km eine Tankstelle sieht.
Weniger Tankstellen, mehrmalige Preisveränderungen am Tag, das sind alles Effekte, die den durchschnittlichen Preis, zu dem wir tanken, nach oben treiben.
Grüße,
Frank
Hallo,
bitte, gern geschehen.
Ich persönlich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass der Rückgang von Tankstellen einen großen Effekt auf den Preis haben kann. Der Treibstoffmarkt (mit dem ich mich zugegebenerweise nicht sonderlich gut auskenne) wird vor allem von den Raffineriekapazitäten beschränkt. Ob eine Stadt drei oder vier Tankstellen hat, wird preislich maximal einen Cent Unterschied bedeuten. Natürlich kann ein Tankstellenpächter eine Monopolstellung schamlos ausnutzen, allerdings ist die Tankstellendichte in Deutschland immer noch so dicht, dass genügend alternative Bezugsquellen zur Verfügung stehen, auch wenn man evtl. 10km weit fahren muss.
Auswirkungen auf den Kraftstoffmärkten werden vor allem durch die großen Mineralölkonzerne gesteuert. Den Staat möchte ich hier kurz ausklammern, da die Steuern auf Kraftstoffe vorhersehbar und eindeutig zurechenbar sind. Termingeschäfte an den Spotmärkten und der steigende Ölpreis (mittlerweile über 90 $ pro Barrel) beeinflussen kurz- bzw. mittelfristig die steigenden Benzinpreise. Langfristig haben wir weltweit zu geringe Raffineriekapazitäten und eine steigende Nachfrage v.a. im asiatischen Raum. Wir werden uns die nächsten Jahre also sowieso auf steigende Benzin- und Dieselpreise einstellen müssen. In den USA beträgt der Preis für eine Gallone Sprit mittlerweile im Durchschnitt drei Dollar. Das sind 76% mehr als 2008. Dürfte sich auch bald in Europa bemerkbar machen…
Hallo, sehr interessante Darstellung. Sinnigerweise ging es mit den Benzinpreisen seit dem Fall der Mauer nur noch bergauf. Somit hat uns die Globalisierung nicht nur Preisvorteile gebracht.
Was mich noch interessiert, aber noch keine Zahlen zu gefunden habe: Die Entwicklung der Tankstellennetze. Mein Gefühl ist, dass die Wege zur nächsten Tankstelle immer länger werden. Insbesondere seitdem BP und Aral eins geworden sind. Diese zunehmende Monopolisierung spielt doch sicher auch eine Rolle?
Grüße,
Frank
Hallo,
die Zahl der Tankstellen in Deutschland ist tatsächlich seit einigen Jahren rückläufig. In den letzten 10 Jahren sind etwa 2.000 Tankstellen in Deutschland geschlossen worden, etwa jedes Jahr 300 (Quelle: Mineralölwirtschaftsverband: http://www.mwv.de/cms/front_content.php?idcat=14&idart=50)
Dies bringt es logischerweise mit sich, dass die Wege zur nächsten Tankstelle weiter werden. Durch die höheren Anfahrtswege steigen natürlich die Beschaffungskosten für einen vollen Tank. Aral hat nach der Übernahme der BP-Tankstellen einige geschlossen, ca. 650 auf ARAL umgerüstet, aber auch viele an OMV verkauft. (siehe auch hier: http://www.mwv.de/cms/front_content.php?idcat=14&idart=58)
Grüße,
Martin