Entwicklung der Kraftstoffpreise Straßenverkehr USA

Das Jammern über die hohen Spritpreise in den USA

In vielen amerikanischen Haushalten herrscht derzeit blankes Entsetzen über die rasch steigenden Benzinpreise. Mittlerweile liegt der Preis für eine Gallone (3,785 Liter) Benzin bei über 4 Dollar. Am 24.3. kostete der Liter Normalbenzin sowie der Liter Super Plus umgerechnet 0,66€ je Liter. Ein Liter Superbenzin war für 0,59€ zu bekommen, der Liter Diesel kostet umgerechnet 0,71 Euro. Preise von denen Autofahrer in Deutschland und ganz Europa nur träumen können.

Nichtsdestotrotz herrscht auch in vielen us-amerikanischen Blogs, die sich mit den Themen Verkehr und Mobilität auseinandersetzen, eine gewisse Panik. Es wird wild gerechnet und gemutmaßt was dies nun für die amerikanische Wirtschaft, das Mobilitätsverhalten der Amerikaner und die Fahrleistung bedeutet (siehe auch: Steigende Benzinpreise beeinflussen die Fahrleistung – zumindest in den USA).

Die Diskussion gewann nochmals an Schärfe, nachdem sich die Republikanerin und “Tea-Party-Königin” Sarah Palin mit einem populistischen Aufruf in die Debatte eingeschalten hat.

Sarah Palin Steigende Benzinpreise in den USA Facebook Aufruf

In ihrem Post auf Facebook beschuldigt sie Präsident Obama, dass dieser durch die Förderverbote nach der Explosion der Deepwater Horizon und der damit verbundenen Ölpest im Golf von Mexiko, den Benzinpreis nach oben getrieben habe. Des Weiteren seien keine weiteren Erkundungsbohrungen in Umweltschutzgebieten Alaskas erlaubt. Weitere Gründe seien abgeschaffte Steuervergünstigungen für Öl- und Energiekonzerne sowie die allgemein negative Haltung der Obama-Regierung gegenüber Ölförderung im eigenen Land. Dadurch dem amerikanischen Mittelstand Geld aus der Tasche gezogen werden und den Reichtum ausländischer Regime mehren.

Ich hatte vorhin schon angemerkt, dass die Amerikaner auf einem sehr hohen Niveau jammern. Weltweit steigen die Benzin- und Dieselpreise kräftig an. Dies hat nicht nur etwas mit der mangelnden Freundschaft Obamas zu amerikanischen Ölkonzernen zu tun, sondern auch etwas mit der steigenden Nachfrage in Asien, den Unruhen in vielen erdölexportierenden Staaten, der wachsenden Zahl der Autos auf diesem Planeten, höherer Fahrleistung, etc.pp.

Die USA haben bereits heute die geringsten Steuern auf Kraftstoffe, ganz im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern. Durch diese erhöhte Steuern kann in Europa allerdings im direkten Vergleich zu den USA mehr in den ÖPNV, das Eisenbahnnetz und andere Transportinfrastrukturnetze investiert werden. Aus diesem Grund können Europäer, so er denn gewillt ist, eine Autofahrt theoretisch leichter substituieren als ein Amerikaner.

Ben Jervey und Alan Boccadoro haben in einem Artikel für das US-Onlinemagazin GOOD.is die weltweiten Benzinpreise miteinander verglichen. Erwartungsgemäß rangieren die USA ganz unten im Vergleich mit Kanada und den europäischen Staaten.

Vergleich und Gegenüberstellung der Benzinpreise weltweit Europa USA Kanada

In den meisten anderen Ländern auf dieser Planeten liegen die Treibstoffpreise ebenfalls über denen der USA (einige erdölexportierenden Länder mit hochsubventioniertem Benzin ausgenommen):

  • Afghanistan: $8.04
  • Bolivien: $2.26
  • Brasilien: $5.99
  • China: $4.47
  • Grönland: $7.14
  • Hong Kong: $7.67
  • Indien: $4.57 (Normalbenzin, 14. Juli 2010)
  • Iran: $1.47
  • Irak: $1.44
  • Israel: $6.51 (13. Juni 2010)
  • Russland: $3.68
  • Südafrika: $4.78
  • Venezuela: $2.62 (Normalbenzin)

In einer Infografik von Fast Company wird dieser Unterschied noch deutlicher. Als Basis wurde der durchschnittliche Benzinpreis in den USA in Höhe von 3,14 Dollar je Gallone gewählt. Je dunkelgrüner ein Land eingefärbt ist, desto weniger muss die dortige Bevölkerung für ihr Benzin bezahlen. Insbesondere die erdölexportierenden Länder subventionieren massiv den Treibstoff für ihre Bevölkerung. Je röter ein Land gefärbt ist, desto teurer ist das Benzin und der Diesel in einem Land. Insbesondere in den europäischen Ländern ist der Steueranteil und somit der Preis besonders hoch.

Weltweite Benzinpreise 2011 im Vergleich zu den USA

Und nicht nur im Vergleich zu anderen Ländern ist das Benzin in den USA relativ billig. Verglichen mit anderen Flüssigkeiten wie Parfüm, Latte Macchiato, Nagellack, Wein, Energy Drinks, etc. ist Benzin wirklich spottbillig:

Vergleich Preis einer Gallone Benzin mit anderen Flüssigkeiten Parfüm Red Bull KostenUnabhängig vom politischen Diskurs sollten sich die USA überlegen, wie sie in die nächsten Jahrzehnten ihre Mobilität sicherstellen wollen. Die USA sind ein Land mit einem sehr hohen PKW-Anteil am Modal Split. Klar ist auch, dass die Treibstoffpreise auf lange Sicht eher steigen als fallen werden. Dies hat nicht viel mit den jüngsten Entwicklungen in nordafrikanischen Ländern zu tun. Libyen ist mit lediglich rund 2% der Weltproduktion ein vergleichsweise kleiner Produzent. Diese Fehlmenge von rund 500.000 bis 600.000 Barrel pro Tag könnten andere OPEC-Länder wie Saudi-Arabien ohne weiteres ausgleichen. Das Problem ist eher die Knappheit des Rohstoffes Erdöl und einem nahenden wenn nicht sogar bereits überschrittenen Peak.

Zwar sinkt der Erdölverbrauch der OECD-Staaten kontinuierlich, die freigewordene Nachfragemenge wird aber von den aufstrebenden Schwellenländern wie China, Indien, etc. rasch aufgebraucht. Daher sind die Preissteigerungen in den letzten Jahren, wenn auch kurzfristig gedämpft durch die Weltwirtschaftskrise, in diesen Kontext einzuordnen und zeigen uns – und hoffentlich auch Sarah Palin – nochmals auf, dass wir dringend einen technologischen wie auch politisch-gesellschaftlichen Paradigmenwechsel benötigen.

Alles andere ist purer Populismus.

Bitte lesen Sie auch unsere Artikelserie Entwicklung der Kraftstoffpreise und -märkte in Deutschland. Eine Übersicht über alle Artikel finden Sie hier.

Anonymous

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
2 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments

Jetzt abonnieren

4.416Fans
8.046Follower
2.618RSS-Abonnements
990Follower
  

Neue Diskussionsbeiträge

  • AnonymousNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024DPD weitet Bahnnutzung aus https://www.paketda.de/news-dpd-bahn.html
  • AnonymousNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024Ich kann das Fachkräfte-Gejammer nicht mehr hören. Teilweise ist das auch ein Einstellungspraxisproblem. Für manche Firmen aber auch nicht: https://www.ccbaeuml.de/aktuelles/sternstunden-bei-cc-b%C3%A4uml
  • AnonymousNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024Minderung und Vertragsstrafe im SPNV RLP https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/9066-18.pdf
  • AnonymousNorbert zu News- und Diskussionsfaden März 2024https://www.hs-geisenheim.de/hochschule/mitteilungen-veranstaltungen-termine/nachrichten/archiv/detail/n/ein-radverkehrsnetz-fuer-die-mobilitaetswende-ohne-kompromisse-geht-es-nicht/ Mehr als 150 Personen nahmen an der hybriden 6. Tagung „Straße und Landschaft“ teil, zu der Hessen Mobil - Straßen- und Verkehrsmanagement, der Landesbetrieb Mobilität Rheinland…
  • AnonymousRandelhoff Martin zu News- und Diskussionsfaden März 2024An der schwedischen Chalmers tekniska högskola (Technische Hochschule Chalmers) wurde eine neuartige Lkw-Front aus Aluminiumwaben entwickelt, welche den Insassenschutz bei Pkw-Lkw-Kollissionen verbessern soll. In Crashtests konnten Verformungen des Pkw-Innenraums um 30 bis 60 Prozent reduziert werden. - https://news.cision.com/chalmers/r/new-truck-front…

Auszeichnungen

Grimme Online Award Preisträger 2012

Zukunft Mobilität hat den Grimme Online Award 2012 in der Kategorie Information erhalten. Ich möchte mich bei all meinen Lesern für die Unterstützung bedanken!

PUNKT Preisträger 2012

Zukunft Mobilität hat den PUNKT 2012 der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) in der Kategorie "Multimedia" gewonnen.

Logo VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) hat mich im Rahmen der VDV-Jahrestagung 2013 in Mainz als “Talent im ÖPNV” des Jahres 2013 ausgezeichnet. Der VDV vertritt rund 600 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs, des Schienenpersonennahverkehrs, des Schienengüterverkehrs, der Personenfernverkehrs sowie Verbund- und Aufgabenträger-Organisationen.

Lizenz

Zukunft Mobilität Creative Commons

Die Inhalte dieses Artikels sind - soweit nicht anders angegeben - unter CC BY-SA 3.0 de lizensiert. Grafiken sind von dieser Lizenz aus Vereinfachungs- und Schutzgründen ausgenommen (Anwendung aufgrund der Verwendung von Grafiken / Bildern mit unterschiedlichen Lizenzen zu kompliziert) außer die CC-Lizenz ist ausdrücklich genannt.

Weitere Informationen

Verfasst von:

Anonymous

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net