4.000 Menschen arbeiten in New York. Sie wohnen aber nicht im Big Apple, sondern pendeln. Das ist jetzt nicht Ungewöhnliches, schließlich pendeln Millionen von Menschen jeden Tag von und nach New York zur Arbeit. Interessant ist jedoch die Art wie diese Pendler zu ihrem Arbeitsplatz kommen. Sie fahren nicht mit dem Auto, dem Bus oder der U-Bahn, sondern sie fliegen zu ihrer Arbeitsstätte.
Daten der letzten Volkszählung zeigen, dass etwa 4.000 Pendler jede Woche nach New York zur Arbeit fliegen. Aus den Daten der letzten Volkszählungen war dieses Phänomen noch nicht erkennbar. Viele Pendler fliegen Dienstags zur Arbeit, arbeiten Mittwochs und fliegen Donnerstags wieder nach Hause, da an diesen Tagen die Flugtickets am günstigsten sind. An den restlichen beiden Werktagen der Woche ist Heimarbeit angesagt.
Besonders viele Pendler fliegen von Illinois, Kalifornien und Florida aus nach New York. Einige nehmen sogar Wege von 4.000 Kilometer und mehr in Kauf.
Eine Studie 1 des Rudin Center for Transportation Policy and Management hat das Phänomen des “Super-Pendlers” weiter untersucht. “Super-Pendler” arbeiten meist in den großen Agglomerationsräumen, wohnen aber in größerer oder kleinerer Entfernung hinter der Stadtgrenze. Üblicherweise reist dieser Pendlertyp ein bis zwei Mal in der Woche zu seiner Arbeitsstätte. Die seltene Anwesenheit wird durch schnelle Internetverbindungen, globale Arbeitsteilung, Videokonferenzen, usw. ermöglicht.
Durch die Trennung von Arbeitsplatz und Wohnsitz können “Super-Pendler” einen Zusatznutzen erzielen. Sie verdienen das Gehalt einer Großstadt bei Lebenshaltungskosten einer Region mit niedrigerem Lohnniveau. Trotz des Reiseaufwandes stellen sich diese Personen gegenüber anderen Personen, die an ihrem Wohnort arbeiten, besser.
Diese neuen Pendlerströme bringen neue Verkehrsströme und Raumaufteilungen mit sich. Für hochbezahlte Arbeitsplätze müssen wir die Betrachtung erweitern. Eine Beschränkung auf den Arbeitsort und das direkte Umfeld (Vororte, Speckgürtel) reichen nicht mehr aus. Dieser Trend mag zwar bisher nur in den USA gemessen worden sein, allerdings war er dort in acht der zehn größten Metropolregionen erkennbar.
Und natürlich existiert dieses Phänomen auch in Deutschland und Europa. Der Wandel in der Arbeitswelt ist auch bei uns erkennbar. Es gibt Menschen, die täglich mit dem ICE von Hamburg nach Berlin und zurück fahren. Es gibt auch Menschen, die von Düseldorf nach München fliegen oder in kleinerem Maßstab mit dem Auto von Göttingen nach Kassel fahren. Spezialisierung und räumliche Teilung machen dieses Verhalten notwendig. Auch wenn wir wegen der geringeren räumlichen Entfernungen den US-amerikanischen Maßstab kaum erreichen.
Die Tragweite dieses Phänomens mit all seinen Problemen wird einem erst bewusst, wenn man sich die Wachstumszahlen ansieht. Ich gehe näher auf den Großraum New York ein, interessant sind aber auch der Großraum Dallas – Houston und Kalifornien.
In New York wurden im Rahmen der Erhebung 59.000 “Super-Pendler” identifiziert. Als “Super-Pendler” wurden diejenigen Pendler bezeichnet, die außerhalb des statistischen Fläche ihres Arbeitsortes leben. Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsstätte beispielsweise in Manhattan haben, werden nicht als Super-Pendler bezeichnet, wenn sie aus New York City oder den umliegenden Städten wie beispielsweise Bridgeport, New Haven, Poughkeepsie und Trenton stammen. Die Zahl der Arbeitskräfte einer Stadt und des dazugehörigen Umlandes wird durch Isolinien begrenzt, die Punkte gleicher Pendelzeit darstellen. Durch die Art der Erhebung kann aber nicht die genaue Zahl der “Superpendler” bestimmt werden. Die hier genannten Zahlen stehen nur für wahrscheinliche oder mögliche “Super-Pendler”.
In New York City ist die Zahl der “Super-Pendler” zwischen 2002 und 2009 um 60 Prozent gewachsen (22.200 Menschen). Sie stellen mittlerweile 3 Prozent des gesamten Arbeitsangebots
Generell sind die meisten “Super-Pendler” jung (unter 29 Jahre) und gut ausgebildet (Mittelschicht). Dennoch verdienen 49% 15.000 Dollar weniger als das durchschnittliche Einkommen Manhattans. Die Zahl der Menschen, die über 40.000 Dollar verdienen ist allerdings auch um 26,5 Prozent gewachsen. Je größer die Pendelentfernung ist, desto höher ist auch das Einkommen. Für höhere Einkommen werden auch höhere Raumwiderstände in Kauf genommen. Menschen mit niedrigerem Einkommen, die größere Strecken pendeln, finden an ihrem Wohnort keine Arbeit bzw. nicht die richtige Arbeit oder können aus anderen Gründen nicht umziehen (pflegebedürftige Verwandte, usw.) Eine große Rolle spielen auch die Mieten und Preise für Wohneigentum. So kann es günstiger sein höhere Kosten für Mobilität zu akzeptieren, wenn die Wohnkosten höher lägen. Und generell verdienen jüngere Menschen mit ihrer geringeren Arbeitserfahrungen weniger als ältere Kollegen.
Diese Entwicklung ist sicherlich nicht auf New York beschränkt. Die zunehmende Urbanisierung bei gleichzeitig wachsender Arbeitsteilung und Spezialisierung wird die Zahl der “Super-Pendler” auch in Zukunft weiter wachsen lassen. Genannt seien hier nur die entsprechenden Megaagglomerationsräume in China, die Achts Rio de Janeiro – Sao Paulo und die Gauteng-Region in Südafrika.
Und auch in Europa werden wir den “Super-Pendler” wahrscheinlich häufiger antreffen. Auch wenn nicht in der Größenordnung wie in anderen Regionen der Welt. Der Demographie sei Dank? (bewusst als Frage formuliert)
Aktualisierung – 12.05.2013
Infografik eingefügt
- Moss, Mitchell; Qing, Carson: The Emergence of the “Super-Commuter”, Rudin Center for Transportation, New York University Wagner School of Public Service; Februar 2012 – http://wagner.nyu.edu/rudincenter/publications/supercommuter_report.pdf ↩
Interessanter Artikel. Ich frage mich gerade ob es in den USA auch Monats/Jahrestickets von Fluglinien gibt. Die SAS bot sowas ja im Verbund mit der SJ an 2007 mal an.
Der Typ Wochen-Fernpendler ist in Europa auch nicht wirklich neu. Spätestens seit der Eröffnung des TGV-Netzes in Frankreich gibt es Viele die zwischen ihrer Wohnung im Süden und ihrer Arbeit in Paris pendeln.
In Deutschland würden mir, bei täglichen Pendlern, dazu Montabaur und Limburg einfallen, die durch die ICE-Schnellstrecke erst zu Schlafstädten des Rhein/Main-Gebietes bzw. Kölner Raums wurden. (Wenn auch im deutlich geringeren Maße als hier mit den Fluglinien beschrieben).
Oben genannte Pendlerströme sind durch neue Verkehrsangebote erklärbar. Aber worin liegen die steigenden Pendlerströme dieser Flug-Fernpendler begründet?
PS:
Isolinien passt zwar auch, aber würde da Isoklinen nicht noch besser passen?
das liegt u.a. darin begründet, dass die gegebenen Pendelmöglichkeiten den Verdienst der Metropolregion bei niedrigen Lebenshaltungskosten der Schlafregionen inkl. Erhaltung des sozialen Umfeldes ermöglichen. Dabei aber auch die Möglichkeit des Arbeitens zuhause, sprich Homeoffice, möglich ist. Dann gönnt man sich noch zwei bis drei Tage Büro.
Superpendler sind für mich nichts neues. In Deutsch haben wir denen immer Dimido gesagt, weil sie nur DInstag, MIttwoch und DOnnerstag da sind. Ja, in Amerika kenne ich auch Leute, die jeden Tag 2 Stunden von Pennsylvania nach New York an die Arbeit fahren.
Hallo,
ich glaube die Entfernungen sind das wirklich Neue. Das Phänomen ist schon etwas älter. Es gibt ja auch Pendler, die täglich die Strecke Hamburg – Berlin pendeln.
Und wegen der besseren Infrastruktur und schneller gefahrenen Geschwindigkeiten bei gleichzeitig kürzeren Wege wg. des dichteren Netz und der Restriktion des konstanten Reisezeitbudgets wird dieses Phänomen noch häufiger auftreten. Als Freund der kompakten Stadt ist das ja eher unerfreulich… :-/