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Effizienzgewinne und Rebound-Effekte: Umweltwirkungen des Dieselantriebs im Vergleich

Dieselpartikelfilter Pkw Oxicat Oxydationskatalysator Siliziumkarbid
Dieselpartikelfilter aus Siliziumkarbid (rechts) plus Oxydationskatalysator (links) inklusive Sensoren sowie Metallgehäuse. - Foto: Michael KR @ Wikimedia Commons - CC BY-SA 4.0
Die besondere Stellung des Dieselantriebs in Deutschland wird mit der vermeintlich besseren CO2-Bilanz begründet. Es zeigt sich jedoch, dass zwischen diesel- und benzinbetriebenen Fahrzeugen kaum Unterschiede existieren bzw. dass neue Dieselfahrzeuge im Schnitt sogar mehr CO2 pro Kilometer als Benziner ausstoßen. Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen?

Im Nachgang der Dieselgate-Affäre und der Stickoxid-Problematik in vielen deutschen Städte wird derzeit stark über die Zukunft des Dieselantriebs im Pkw-Bereich diskutiert. Während Umweltverbände für Fahrverbote plädieren, wird vom Verband der deutschen Automobilindustrie darauf hingewiesen, dass die Klimaziele ohne Dieselantrieb nicht zu erreichen seien. „Wer den Diesel verbieten will, stellt sich auch gegen den Klimaschutz“, so VDA-Chef Matthias Wissmann im April 2017. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geben diese Position von politischer Seite wieder.

Der Verkehr ist ein starker Emittent von Treibhausgasen und verursachte im Jahr 2015 rund 21 % aller in Deutschland emittierten Treibhausgase.1 Davon stammten rund 95 % aus dem Straßenverkehr. Bei einem Vergleich der Sektoren schneidet der Verkehrssektor bei der Minderung der Treibhausgasemissionen am schlechtesten ab. Im Vergleich zu 1990 haben sich die Treibhausgasemissionen des Verkehrs kaum verringert.

Treibhausgasemissionen CO2 Sektoren THG Deutschland 1990 bis 2015
Entwicklung der energiebedingten THG-Emissionen 1990–2015. Der Sektor Verkehr konnte seine Treibhausgasemissionen von 164 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 1990 bis zum Jahr 2015 nur um 3 Millionen Tonnen reduzieren. Andere Sektoren haben weitaus größere Fortschritte gemacht. – Grafik: UBA 2017: Übersicht zur Entwicklung der energiebedingten Emissionen und Brennstoffeinsätze in Deutschland 1990 – 2015

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung sind die Klimaschutz-Anstrengungen im Verkehrssektor zu forcieren, um die Ziele der Bundesregierung erfüllen zu können. Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sollen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent, bis 2030 um 55 Prozent, bis 2040 um 70 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent reduzieren werden (jeweils bezogen auf das Basisjahr 1990).

Die Frage lautet daher: Trägt der Dieselantrieb zu einer Senkung der durchschnittlichen CO2-Emissionen der gesamten Pkw-Flotte bei und sollte daher auch in Zukunft im Pkw-Bereich eine besondere Rolle spielen?

In Deutschland ist in den vergangenen Jahren der Anteil des Dieselantriebs im Pkw-Bestand nahezu linear gewachsen. Zwischen 20062 und 20173 hat sich der Anteil von 21,9 % auf 32,9 % erhöht. Grund für diese Entwicklung ist vor allem die Positionierung des Diesels als sparsame Technologie4 und die unterschiedliche Besteuerung von Kraftstoffen.5 Hinzu kommen das starke Engagement der deutschen Automobilindustrie in diesem Bereich bei gleichzeitig hoher Präferenz deutscher Automobilbesitzer für heimische Marken und Modelle sowie die hohe Verfügbarkeit von Dieselkraftstoff in einem engen Tankstellennetz.6

Diesel im Vergleich zu Ottokraftstoffen

Im direkten Vergleich der Treibhausgasemissionen von Diesel- und Ottokraftstoffen schneidet der Dieselkraftstoff zunächst nicht besser ab. Der energiebezogene CO2-Emissionsfaktor von Ottokraftstoffen liegt über die Jahre stabil bei rund 73,1 t CO2/TJ7, der energiebezogene CO2-Emissionsfaktor von Diesel bei rund 74,0 t CO2/TJ.8 Benzin weist folglich geringere CO2-Emissionen pro Energiegehalt auf: Benzin 2,33 kg CO2 pro Liter und Diesel 2,64 kg CO2 pro Liter.9

Jedoch hat der Dieselmotor als Selbstzünder aufgrund seiner Funktionsweise Effizienzvorteile. Da ein Dieselmotor im Gegensatz zum Ottomotor kein Kraftstoff-Luft-Gemisch, sondern nur Luft verdichtet, kann er ein höheres Verdichtungsverhältnis erreichen, ohne Selbstentzündungen zu riskieren. In einem Dieselmotor wird der Dieselkraftstoff nach der Verdichtung über ein Einspritzventil in die komprimierte vorgewärmte Luft eingespritzt. Mit einem vorgemischten Kraftstoff-Luft-Gemisch wäre ein derartig hohes Verdichtungsverhältnis nicht möglich, es würde sich vorher selbst entzünden. Je höher das Verdichtungsverhältnis, desto höher ist der Wirkungsgrad des Zyklus. Insbesondere im Teillastbereich entsteht im Vergleich zum Ottomotor ein geringerer spezifischer Kraftstoffverbrauch. Es wird davon ausgegangen, dass der Wirkungsgrad des Dieselmotors zwischen 5 und 15 %-Punkte über dem des Ottomotors liegt.

Im direkten Vergleich emittiert der Dieselmotor aufgrund seiner Funktionsweise je Kilometer etwa 84 bis 95 % der CO2-Menge eines Ottomotors und besitzt somit hinsichtlich der CO2-Emissionen einen Vorteil.

CO2-Ausstoß eines durchschnittlichen Dieselfahrzeugs und eines durchschnittlichen Benziners

Bei einem Vergleich der in Deutschland in einem Jahr neu registrierten Fahrzeuge mit Otto- und Dieselmotor fällt jedoch auf, dass ein durchschnittlicher Diesel-Pkw mehr CO2 je Kilometer als ein durchschnittlicher Benziner ausstößt:10

CO2-Emissionen Dieselfahrzeug Benziner Deutschland neu registierte Fahrzeuge Neuzulassungen EU
Durchschnittlicher CO2-Ausstoß neu registrierter Pkw in der EU nach Antriebstechnologie (links) – Quelle: ICCT (2016a): Passenger cars: CO2 emissions by engine technology (EU). | Durchschnittlicher CO2-Ausstoß neu registrierter Pkw in Deutschland nach Antriebstechnologie – Quelle: ICCT (2016b): Passenger cars: CO2 emissions by engine technology (Germany only), vgl. auch KBA (2015b): Fahrzeugzulassungen (FZ) Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen nach Umwelt-Merkmalen Jahr 2014. Abrufbar unter: http://www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2014/fz14_2014_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=2, S. 32f. – Grafik: Mahler, A (FÖS).; Runkel, M. (FÖS); Schäfer-Stradowsky; S. (IKEM); Schmitz, J. (IKEM) (2016): Umweltwirkungen von Diesel im Vergleich zu anderen Kraftstoffen. Bewertung der externen Kosten der Dieseltechnologie im Vergleich zu anderen Kraftstoffen und Antrieben. Kurzstudie im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion. Berlin 2016

Grundsätzlich emittieren die innerhalb der EU neu registrierten Diesel-Pkw im Schnitt weniger CO2 als solche mit Benzinantrieb. Die Emissionswerte haben sich jedoch bis 2007 stark angenähert und sind seither nahezu deckungsgleich. “Im Jahr 2014 besaßen neue Diesel-Pkw im Mittel nur noch einen Klimavorteil von rund 2,3 %, während er im Jahr 2001 noch gut 9 % betrug.”11

Im Vergleich zu den im selben Zeitraum in der EU zugelassenen Pkw stoßen die in Deutschland neu registrierten Diesel-Pkw seit 2007 im Durchschnitt mehr CO2 als die im gleichen Jahr zugelassenen Fahrzeuge mit Ottomotor aus. Die Ursache hierfür liegt insbesondere im höheren Fahrzeuggewicht und der höheren Motorisierung des durchschnittlichen Diesel-Pkw im Vergleich zum durchschnittlichen Benzin-Pkw. Die Durchschnittsleistung und das Durchschnittsgewicht neuer Diesel-Pkw lag in den letzten Jahren stets über dem Mittel aller neu angemeldeten Pkw:12

Fahrzeuggewicht Durchschnitt Deutschland Leistung Dieselfahrzeug Benziner Ottomotor
Durchschittsleistung neu registrierter Pkw in Deutschland – Quelle: ICCT (2016c): Passenger cars: New vehicles – Engine power by type of vehicle and engine technology (Germany only). | Durchschnittsgewicht neu registrierter Pkw in Deutschland – Quelle: ICCT (2016d): New passenger cars – Vehicle mass in running order by type of vehicle and engine technology (Germany only). – Grafik: Mahler, A (FÖS).; Runkel, M. (FÖS); Schäfer-Stradowsky; S. (IKEM); Schmitz, J. (IKEM) (2016): Umweltwirkungen von Diesel im Vergleich zu anderen Kraftstoffen. Bewertung der externen Kosten der Dieseltechnologie im Vergleich zu anderen Kraftstoffen und Antrieben. Kurzstudie im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion. Berlin 2016

Während die durchschnittliche Leistung neu registrierter Benzin-Pkw über den Betrachtungszeitraum 2001 – 2014 nur langsam wächst, nimmt die Durchschnittsleistung der Diesel-Pkw stark zu. Waren neu registrierte Diesel-Pkw im Jahr 2001 nur etwa 5 % leistungsstärker als Benziner, lag die durchschnittliche Mehrleistung im Jahr 2014 bereits bei 25 %, sodass der effizienzbedingte Klimavorteil des Diesels durch stärker wachsende Motorleistungen geschmälert wird.13

Gleiches gilt für das Durchschnittsgewicht neu registrierter Pkw: Benzin-Pkw bleiben im Durchschnitt annähernd gleich schwer, während das durchschnittliche Fahrzeuggewicht eines neu registrierten Diesel-Pkw zwischen 2001 und 2008 über 150 kg zugenommen hat und seitdem auf diesem Niveau stagniert. Während Diesel-Neuwagen im Jahr 2001 etwa 17 % schwerer waren als neue Benzin-Pkw, betrug das durchschnittliche Mehrgewicht im Jahr 2014 bereits 28 %.14

Ein typisches Dieselfahrzeug kann somit zwar technisch gesehen pro Kilogramm bewegte Fahrzeugmasse effizienter und klimafreundlicher sein, da aufgrund des Kostenvorteils im Verbrauch aber meist größere, schwerere und leistungsstärkere Fahrzeuge gekauft werden, wird dieser Vorteil jedoch aufgehoben bzw. überkompensiert. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen aller Diesel- und Benzin-Neuwagen in der EU liegen nahezu gleichauf, in Deutschland sind Benzin-Neuwagen im Schnitt bereits heute klimafreundlicher.

Der technologische Emissionsvorteil wird in Deutschland durch die Kaufentscheidungen des Autokäufers bzw. der Autokäuferin aufgehoben:

Im Jahr 2014 neu zugelassene Dieselfahrzeuge des Segments „Kleinwagen“ emittieren gemäß Typenzulassung durchschnittlich 15,6 % weniger CO2 je Kilometer als Benziner des gleichen Segments. Für die Segmente „Kompaktklasse“, „Mittelklasse“ und „obere Mittelklasse“ liegt die Differenz bei 14,6 %, 13,9 % bzw. 20,5 %. Da der Großteil der Dieselfahrzeuge jedoch in den höherklassigen, schweren und leistungsfähigeren Pkw-Segmenten Mittelklasse, Obere Mittelklasse, Oberklasse, Vans, SUV und Geländewagen (jeweils über 50 % Dieselanteil) abgesetzt wird und der Ottomotor nur in den Bereichen der Minis, Kleinwagen wie auch in der Kompaktklasse dominiert, liegen die Emissionen eines Dieselfahrzeugs, über alle Segmente gemittelt, über den Emissionen eines durchschnittlichen Benziners. Die Ursache: Pkw-Käufer fragen zu schwere und leistungsstarke (Diesel-)Fahrzeuge nach. Steuerliche Anreize unterstützen diese Fehlentwicklung.

Steuerliche Fehlanreize

Die Steuerbegünstigungen für Diesel beeinflussen die Wahl des Fahrzeuges hinsichtlich Motorentechnologie, Gewicht und Verbrauch sowie die Fahrzeugnutzung. Durch die Begünstigung bei Energiesteuer und Kfz-Steuer in Kombination mit einem niedrigeren Verbrauch ist der Kauf eines Diesel insbesondere für Viel- und Weitfahrer attraktiv.15 Die geringeren Kilometerkosten führen “häufig zu höherer Fahrleistung (Rebound Effekt). Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass KFZ-Steuern für Dieselfahrzeuge höher sind als die von vergleichbaren Benzinern, sodass die höheren jährlichen und verbrauchsunabhängigen Kosten oft mit höheren Laufleistungen kompensiert werden.”16 Durch den geringeren Kraftstoffverbrauch entstehen zudem bereits ausreichende monetäre Vorteile, die nicht zusätzlich steuerlich unterstützt werden müssen.

Die Begünstigung von Diesel-Pkw in Deutschland hat gravierende Rebound-Effekte zur Folge, sodass von ihnen eine kaum messbare oder sogar negative Klimaschutzwirkung ausgeht. Der erheblichen Subventionierung in Form von Steuermindereinnahmen in Höhe von 7,757 Milliarden Euro (2014) pro Jahr17 steht kein entsprechender Umwelteffekt gegenüber. Insbesondere, wenn der erhöhte Ausstoß von Luftschadstoffen mit in die Betrachtung einbezogen wird, gibt es keine zeit- und sachgemäße Begründung für die steuerliche Bevorzugung von Diesel. Ursprünglich war die steuerliche Besserstellung für das Speditionsgewerbe und Verkehrsunternehmen eingeführt worden. Durch die seitdem erfolgte starke Nachfrage nach Diesel-Pkw und den daraus erwachsenen Problemen haben sich die Rahmenbedingungen für eine steuerliche Begünstigung mittlerweile geändert. Sie bedarf daher einer Neubewertung.

Emissionsminderungspotenziale sind beim Diesel weitestgehend erschöpft

Hinzu kommt, dass die wesentlichen Emissionsminderungspotenziale beim Diesel weitestgehend gehoben sind, wohingegen die Effizienz benzinbetriebener Pkw durch motorische Maßnahmen, Elektrifizierung, Getriebemaßnahmen sowie antriebsübergreifende Maßnahmen noch erheblich gesteigert werden kann:18

BereichTechnologienCO2-Einsparung
2030-real.
Benziner
CO2-Einsparung
2030-real.
Diesel
MotorDirekteinspritzung, homogen4,0%
Direkteinspritzung, Schichtladung9,0%
Downsizing (Stufe 1)
Benzin: Einfache Aufladung
mit einer homogenen
Direkteinspritzung.
Diesel: Standard in EU 2010.
5,5%
Downsizing (Stufe 2)
Benzin: Zusätzlicher Einsatz einer vollvariablen Ventilsteuerung.
Diesel: Verbesserte Aufladungs-
und Einspritzsysteme.
9,0%5,0%
Downsizing (Stufe 3)
Benzin: Neue Aufladungskonzepte
wie variable Turbinengeometrien
oder mehrstufige
Aufladungskonzepte.
Diesel: Neue Aufladungskonzepte
und hinsichtlich Kühlung
und Durchfluss optimierte
Abgasrückführung
18,0%8,5%
Gekühlte-/ Hochlast-
Abgasrückführung
4,0%
homogene Kompressionszündung
HCCI / CAI
11,0%
Variable Verdichtung7,0%5,0%
Ventilsteuerung - variabel (VVT)3,5%
Ventilsteuerung - vollvariabel10,0%1,5%
Zylinderabschaltung6,0%4,0%
Verbrennungssteuerung1,0%
Abgasrückführung - verbesserte
Kühlung und Strömung
3,0 %
HybridMicro-Hybrid7,0%6,0%
Mild-Hybrid14,5%10,5%
Full-Hybrid26,5%23,5%
Plug-in-Hybrid60,0%60,0%
GetriebeGetriebeoptimierung /
Downspeeding
3,5%3,0%
Stufenloses Getriebe (CVT)4,5%3,0%
Doppelkupplungsgetriebe6,0%5,0%
ÜbergreifendReibungsreduzierung Motor,
Getriebe und Endantrieb
3,5%3,5%
Elektrifizierung von Nebenaggregaten3,5%3,5%
Thermomanagement2,5%2,5%
Wärmeenergie-Rückgewinnung
(Rankine-Zyklus)
1,8%1,8%
Wärmeenergie-Rückgewinnung
(Thermoelektrischer Generator)
1,8%1,8%
FahrwiderständeRollwiderstandsreduzierte Reifen3,5%3,5%
Aerodynamik-Optimierung2,3%2,3%
Aerodynamik-Design3,8%3,8%
Leichtbau - leicht (Karosserie)1,5%1,5%
Leichtbau - mittel (Karosserie)5,0%5,0%
Leichtbau - stark (Karosserie)9,0%9,0%
Leichtbau - sehr stark (Karosserie)12,0%12,0%
Leichtbau - Komponenten1,5%1,5%
Leichtbau - Komponenten - stark2,5%2,5%

Bereits heute existieren zudem Alternativen zu konventionellen Antrieben, wie beispielsweise Erdgas- und Elektrofahrzeuge. Diese sind der Dieseltechnologie, wie auch dem Ottomotor in Klimaschutzbelangen wie auch dem lokalen Luftschadstoffausstoß überlegen. Zur Minderung der gesundheitlichen Folgekosten durch lokale Luftschadstoffe und der Erfüllung der gesteckten Klimaziele, auch im Verkehrssektor, sollte die hemmende Subventionierung des Dieselantriebs schrittweise reduziert und letztlich vollständig abgebaut werden. Die zusätzlichen Steuereinnahmen könnten über entsprechende Programme in die Förderung und Forschung alternativer Antriebe wie auch Verkehrsangebote – und somit letztlich in die Zukunft – investiert werden.

Fazit

Die Stellung des Dieselantriebs wird oftmals mit der vermeintlich besseren CO2-Bilanz begründet. Es zeigt sich jedoch, dass es zwischen diesel- und benzinbetriebenen Fahrzeugen kaum Unterschiede gibt bzw. dass neue Dieselfahrzeuge im Schnitt sogar mehr CO2 pro Kilometer als neue Benziner ausstoßen. Da Pkw-Käuferinnen und -Käufer entsprechende Kaufentscheidungen treffen, sind neu zugelassene Diesel-Pkw schwerer und stärker motorisiert und heben somit theoretisch vorhandene CO2-Reduktionsgewinne auf.

Insbesondere vor dem Hintergrund des erhöhten Ausstoß von gesundheitsgefährenden Luftschadstoffen stellt sich daher die Frage, ob der Dieselantrieb seine Stellung in Deutschland behalten sollte. Diese ist auch vor dem Hintergrund zu beantworten, dass der Ottomotor im Vergleich zum Dieselmotor umfangreiche CO2-Reduktionspotenziale besitzt und Alternativen zu konventionellen Antrieben konkurrenzfähig werden.

Die steuerliche Bevorzugung von Diesel-Pkw wie auch Dieselkraftstoff setzt Fehlanreize und erzeugt Rebound-Effekte, welche eine negative Klimaschutzwirkung zur Folge haben. Die Diskussion, ob der Diesel diese Begünstigung weiterhin genießen soll und – vor dem Hintergrund der hohen Folgekosten aufgrund von Gesundheitsschäden – weiterhin genießen darf, ist daher überfällig.

Quellen

  1.  UBA (2017): Übersicht zur Entwicklung der energiebedingten Emissionen und Brennstoffeinsätze in Deutschland 1990 – 2015. Abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/uebersicht-zur-entwicklung-energiebedingten
  2. KBA (2016): Fahrzeugzulassungen (FZ) Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen nach Umwelt-Merkmalen Jahr 2015. Abrufbar unter: http://www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2015/fz14_2015_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=3
  3. KBA (2017): Pkw-Bestand in Deutschland nach Kraftstoffarten (Stand: 1. Januar 2017). Abrufbar unter: http://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/Ueberblick/2017_b_barometer.html?nn=1133288
  4.  Roedenbeck, M., Strobel, J. (2014): Entrepreneurial Market Shaping in the Face of Path Dependency: The Success Story of Diesel Cars in Germany. In: Science, Technology & Innovation Studies. Jg. 10, Nr. 2. S. 21-44.
  5. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) (2014): How Does Fuel Taxation Impact New Car Purchases? An Evaluation Using French Consumer-Level Data. Discussion Paper. Abrufbar unter: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.490672.de/dp1428.pdf
  6. Roedenbeck, M., Strobel, J. (2014): Entrepreneurial Market Shaping in the Face of Path Dependency: The Success Story of Diesel Cars in Germany. In: Science, Technology & Innovation Studies. Jg. 10, Nr. 2. S. 21-44.
  7. Juhrich, K. (2016): CO2-Emissionsfaktoren für fossile Brennstoffe. Climate Change | 27/2016. Umweltbundesamt Dessau-Roßlau 2016 – https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/co2-emissionsfaktoren-fuer-fossile-brennstoffe, S. 34
  8. Juhrich, K. (2016): CO2-Emissionsfaktoren für fossile Brennstoffe. Climate Change | 27/2016. Umweltbundesamt Dessau-Roßlau 2016 – https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/co2-emissionsfaktoren-fuer-fossile-brennstoffe, S. 36
  9. Runkel, M; Mahler, A. (2015): Steuervergünstigung für Dieselkraftstoff. FÖS. Berlin 2015, S. 1, Daten: Europäische Kommission (2014): Excise Duty Tables
  10. Mahler, A (FÖS).; Runkel, M. (FÖS); Schäfer-Stradowsky; S. (IKEM); Schmitz, J. (IKEM) (2016): Umweltwirkungen von Diesel im Vergleich zu anderen Kraftstoffen. Bewertung der externen Kosten der Dieseltechnologie im Vergleich zu anderen Kraftstoffen und Antrieben. Kurzstudie im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion. Berlin 2016
  11. a.a.O., S. 7
  12. Mahler, A (FÖS).; Runkel, M. (FÖS); Schäfer-Stradowsky; S. (IKEM); Schmitz, J. (IKEM) (2016): Umweltwirkungen von Diesel im Vergleich zu anderen Kraftstoffen. Bewertung der externen Kosten der Dieseltechnologie im Vergleich zu anderen Kraftstoffen und Antrieben. Kurzstudie im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion. Berlin 2016
  13. Schipper, L., Fulton, L. (2013): Dazzled by diesel? The impact on carbon dioxide emissions of the shift to diesels in Europe through 2009. In: Energy Policy. Jg. 54. S. 3–10. zitiert nach Mahler et al. (2016), S. 8
  14. Mahler et al. (2016), S. 9
  15. Im Jahr 2014 betrug die durchschnittliche Fahrleistung eines Diesel-Pkw rund 20.500 km. Ein Benziner wurde mit durchschnittlich rund 11.000 km nur etwa halb so weit gefahren (DIW 2015: Verkehr in Zahlen 2015/2016, S. 309).
  16. Lah, O; Hüging, H.; Eichhorst, U. (2016): Die klimapolitische Wirkung der Steuerbegünstigung für Dieselkraftstoffe. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. S. 2
  17. Burger, A.; Köder, L. (2017): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland 2016. Aktualisierte Ausgabe 2016. Umweltbundesamt Dessau-Roßlau. Januar 2017. Abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltschaedliche-subventionen-in-deutschland-2016
  18. IKA (2014): CO2-Emissionsreduktion bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nach 2020. Studie des Instituts für Kraftfahrzeuge der RWTH Aachen University im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, S. 133 – https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/co2-emissionsreduktion-bei-pkw-und-leichten-nutzfahrzeugen-nach-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=1
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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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philipp
philipp
26. September 2017 07:15

Ich meine auch, dass die steuerliche Begünstigung des Diesels aufgehoben werden müsste – Europaweit und auch für LKW (da hier Subventionierung gegen die Bahn und gegen regionale Produkte). Allerdings fehlt meiner Meinung nach ein Aspekt in dem Artikel:
Durch die in den letzten Jahren immer aufwendiger und teurer gewordene Abgasnachbehandlung beim Diesel rechnet sich der Diesel immer häufiger nur noch in großen Autos. Daher wird er bereits in immer weniger Kleinwagen angeboten. Wenn ich jedoch die (vielen) Kleinwagen aus der Waagschale nehme, dann brache ich mich nicht zu wundern, wenn die Waage Richtung große, schwere Fahrzeuge ausschlägt.
Außerdem ist gerade bei großen Autos mit Benzinmotor die Abweichung zwischen Normverbrauch und tatsächlichem Verbrauch am größten. Daher sollte man große Autos auch weiterhin mit Dieselmotor fahren.
Ein weiterer Punkt für die immer größeren Autos ist noch, dass man zum Transport von Kindern immer mehr Platz braucht. Wir haben drei Kinder, aber drei Kindersitze nebeneinander sind nicht mal im aktuellen Passat möglich. Ich habe auch zwei Geschwister, wir waren mit unseren drei Kindersitzen nebeneinander in einem Golf II unterwegs…

Gerrit
Gerrit
5. August 2017 19:05

Vielen Dank für diesen wieder mal interessanten Artikel.

Grade die benannten fehlgeleiteten Kaufanreize sowie Rebound Effekte zeigen auf, dass es von einer breiten Käuferschicht nicht möglich ist freiwilliges ökonomisches sowie ökologisches Verhalten zu erwarten. Aus dieser Perspektive betrachte ich die zaghaften Gedanken einiger Kommunen (Tempo 30, Fahrverbote…) mit Neugierde. Die Denkverbote scheinen langsam zu schwinden. Erste Ansätze eMobilität zu fördern steuern sicherlich in eine etwas bessere Richtung als der bisherige Kurs.

Oh, da ja beim Thema eMobilität gerne die Frage aufgeworfen wird woher denn die benötigte elektrische Energie kommen soll. An verschiedenen Stellen wird zu dieser Frage die gleich folgende Passage als Argument verwendet. Andere Angaben konnte ich bislang auch nicht finden. Wie belastbar mag die getroffene Aussage sein?

Gruß Gerrit

==============================

Das DOE (Department Of Energy) wurde 2009 gefragt: “Wie viel Energie wird verwendet, um ein Liter Benzin herzustellen?”

Antwort: “6 kWh pro Gallone” (=1,585 kWh pro Liter). Ein Golf braucht demnach pro 100km: 7,93 Liter + 12,5kWh Strom = 82 kWh Gesamtverbrauch.

Nur mit dem Strom eingesparten Strom wegen “Nicht hergestelltem Benzin” fährt ein BMW i3 = 78km fährt ein Tesla Roadster = 66km Mit dem Gesamtverbrauch kommen diese so weit: BMW i3 = 512km Tesla Roadster = 431km

Berechnungsgrundlagen:

1 Liter Benzin = 8,76kWh Heizwert
Verbrauch ab Steckdose pro 100km BMW i3 : ~16 kWh
Verbrauch ab Steckdose pro 100km Tesla Roadster : ~19 kWh

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