Dies ist ein Gastartikel von Niklas Fischer. Wenn auch Sie Interesse haben, hier einen Gastartikel zu veröffentlichen, dann schreiben Sie mir bitte.
Jeder kennt diese Situation. Wir stehen an der Haltestelle und warten auf den Bus oder die Bahn. Erscheinen diese nicht wie geplant, ist die Ratlosigkeit auf den Bus- oder Bahnsteigen oft groß. In solchen Fällen helfen Echtzeitinformationen. Sie erfüllen dabei den Zweck die Lücke zwischen den Erwartungen der Passagiere und dem nicht erscheinenden Verkehrsmittel zu schließen oder zumindest zu verkleinern.
Doch welche Eigenschaften oder Umstände legen in einer solchen Situation den Wert von Echtzeitinformationen fest? Im Kern definiert sich der Wert anhand der Verfügbarkeit (Bereitstellung durch den ÖPV-Betreiber), der Zugänglichkeit (Informationstafeln, Durchsagen, Homepage, App) und der Qualität der Informationen als auch anhand des Aufenthaltsortes des Reisenden.
Aber welche Art von Information ist für einen ÖPV-Nutzer überhaupt relevant, der gerade im Begriff ist sich auf den Weg zur Haltestelle zu machen oder womöglich schon dort auf den nächsten Zug wartet? Zuallererst wäre da natürlich die erwartete Dauer der Verspätung, die die Grundlage für mögliche Anpassungen der vorhandenen Reiseoptionen bildet und bei Erhalt dem Reisenden das Gefühl vermittelt trotz einer Verspätung noch Herr der Lage zu sein. Darüber hinaus besteht der Bedarf nach einem Höchstmaß an Transparenz, was den Grund der Verspätung betrifft. Dies bedeutet, dass dafür Sorge zu tragen ist, dass die Passagiere schnellstmöglich über die Ursache der Verspätung informiert werden, damit diese bspw. an die Arbeitsstelle, Familienmitglieder oder Freunde weitergegeben werden kann. Abschließend und besonders im Falle einer Reise auf einer unbekannten Route empfiehlt es sich die Reisenden über alternative Routen zu informieren, die ein Erreichen des Ziels zum angestrebten Zeitpunkt ermöglichen.
Doch wann benötigen die ÖPV-Nutzer die beschriebenen Informationen? Besonders hoch ist der Bedarf natürlich bevor der Weg zur Haltestelle angetreten wird. Zu diesem Zeitpunkt besteht für den Reisenden noch die Möglichkeit die Zeit sinnvoll zu nutzen, anstatt an der Haltestelle warten zu müssen. Doch auch wenn ein Passagier bereits unterwegs ist, haben Echtzeitinformationen eine hohe Relevanz, besonders wenn Umstiege vorgesehen und ggf. Anpassungen der Reiseoptionen notwendig sind. Ebenso ist der Bedarf von der Länge der möglicherweise auftretenden Verspätung abhängig. Die Toleranzgrenze von Bus-Passagieren für Verspätungen liegt bspw. bei rund fünf bis zehn Minuten, wobei Verspätungen von zwei bis drei Minuten gar nicht als solche wahrgenommen und für Verspätungen, die größer als zehn Minuten sind, explizite Begründungen gefordert werden. Darüber hinaus spielt die Taktung des ÖPV eine große Rolle. So konnte nachgewiesen werden, dass Nutzer vor Antritt der Reise seltener nach Echtzeitinformationen suchen, wenn die Taktung des ÖPV bei weniger als zehn Minuten liegt.
Besonders die deutsche ÖPV-Landschaft hat in diesem Bereich noch viel Luft nach oben. So wird vielerorts nach wie vor mit statischen Fahrplan-Anzeigen ohne jegliche Art von Echtzeitinformation gearbeitet und somit der Nutzer sich selbst und seiner Hoffnung überlassen, dass das Verkehrsmittel der Wahl zeitnah auftaucht. In diesem Fall lohnt wie so oft der Blick in den Norden. So kann der ÖPV-Nutzer in Helsinki über eine Homepage die Positionen jeglicher ÖPV-Fahrzeuge und die Inhalte der Informationstafeln aller Haltestellen in Echtzeit einsehen und so sein Reiseverhalten dementsprechend anpassen. In größerem Maßstab gedacht, könnten, basierend auf einer funktionierenden Informations-Pipeline, die bestehenden ÖPV-Angebote durch Mobilitätsangebote privater Anbieter ergänzt und so Symbioseeffekte geschaffen werden. So ist bspw. denkbar die Fahrgäste im Falle einer Verspätung mit alternativen Verkehrsmitteln (z.B. Sammeltaxi) abzuholen und an ihr Ziel zu bringen. Im urbanen Raum bietet sich im Rahmen dessen die Ergänzung durch Verkehrsmittel aus dem Mikromobilitätssektor an.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Echtzeitinformationen im ÖPV eine große Rolle spielen und diese in Zukunft weiter wachsen wird. Ein Service, der die Nutzer jederzeit zuverlässig und umfassend über Abweichungen vom regulären Fahrplan informiert, ist noch nicht überall verfügbar, sollte aber das Ziel aller Mobilitätsanbieter sein. Es ist davon auszugehen, dass die rasch voranschreitende technologische Entwicklung ihren Beitrag zur Verbesserung des bestehenden Angebots leisten wird. Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft alle beteiligten Mobilitätsanbieter offene Datenschnittstellen zur Verfügung stellen, damit dem Endnutzer ein aggregiertes Informationsangebot zur Verfügung gestellt werden kann. Diese Entwicklung könnte dazu beitragen, die Akzeptanz und Nutzung des öffentlichen Verkehrs weiter zu erhöhen und damit einen wesentlichen Beitrag zur klimafreundlichen Mobilität der Zukunft zu leisten.
Hi, Ja das ist ein spannendes Thema, was wir zusätzlich ls sehr wichtig empfinden ist es, den Verkehrsbetrieben / Mobilitätsanbietern eine einfache Schnittstelle zu bieten um die Infos auch aktiv zu managen. gerade in den aktuellen Zeiten von hoher Unsicherheit ein wichtiger Faktor um die Qualität zu sichern.
Hallo Linus,
Da hast du Recht. Einfach und im Idealfall sollte sie meiner Meinung nach auch einheitlich gestaltet sein.
Sehr interessant! Danke jungen!
Danke! Gerne!
Im Falle von Verspätungen sind auch Überfüllungen von Wagen wahrscheinlich. Anzeigen der verfügbaren Kapazität von Wagen, die sowohl zug- als auch bahnsteigseitig an den Anzeigern installiert werden können, sind ein recht neuer Trend aus London, der nach der Corona-Krise wegen der Sensibilisierung der Bevölkerung über die Ansteckungsgefahr von Menschenansammlungen an Bedeutung gewinnen dürfte.
Interessanter Gedanke und definitiv relevant. Google Maps zeigt ja mittlerweile (zumindest teilweise) auch schon die erwartete Auslastung von Fahrzeugen an.
Dabei sind mehrere Aspekte wichtig: die Auslastung verschiedener Fahrwege, diejenige verschiedener Züge auf demselben Fahrweg und (wenn man an einem sehr langen Bahnsteig steht) auch diejenige verschiedener Wagen desselben Zuges.
Guter Zusatz. Da teilt sich dann ja auch bereits die Zielgruppe für Echtzeitinformationen auf in Betreiber und Nutzer, wenn ich deine Gedanken richtig verstehe. Danke für deinen Input!
Ist der MDM bekannt?
Hallo Martin,
Meinst du das hier?
https://de.wikipedia.org/wiki/Mobile-Device-Management
Falls ja, dann kenne ich es zumindest jetzt. Danke.
Ich glaube, er meint den Mobilitäts Daten Marktplatz MDM als nationalen Zugangspunkt für Mobilitätsdaten: https://www.mdm-portal.de/ ;-)
Achso, danke :) Interessant, aber leider sehr stark bis ausschließlich auf Daten des MIV bezogen, sofern ich das richtig erfasst habe.