Öffentlicher Personennahverkehr urbane Mobilität

Recyclebare U-Bahnwaggons für das Warschauer U-Bahnnetz

Artikelaktualisierung Zukunft MobilitätDer städtische “Massentransport” ist per se schon sehr umweltfreundlich. Problematisch wird es allerdings, wenn es um die Entsorgung ausrangierten Rollmaterial geht.Normalerweise werden Eisenbahn- bzw. U-Bahnwaggons auseinander geschweißt, die Sitze herausgebaut und das Metall wiederverwertet. Diese Art der Entsorgung ist aufwendig und manchen Eisenbahngesellschaften zu teuer, zumal wenn es sich um relativ altes Rollmaterial handelt, in dem Asbest und andere gefährliche Stoffe verbaut ist. Diese werden zuweilen auch im Meer versenkt um neue künstliche Riffe zu schaffen.

Inspiro U-Bahnwaggon für die Warschauer Metro von Siemens und BMW. U-Bahn ist recyclebar.BMW DesignworksUSA und Siemens haben zusammen die Inspiro-Plattform entwickelt. 35 sechsteilige U-Bahnzüge sollen ab Ende 2012 für die Warschauer U-Bahn Metro Warszawskie ausgeliefert werden und in Zukunft auf der gerade in Bau befindlichen Linie 2 fahren sowie altes Rollmaterial der Linie 1 ersetzen. Die neuen Züge kosten 1,35 Milliarden Zloty, ungefähr 272 Millionen Euro.

Gefertigt werden 10 der neuen Züge im Wiener Siemens-Werk, die restlichen 25 stammen aus dem Werk des polnischen Schienenfahrzeugherstellers Newag in Nowy Sącz.

U-Bahnnetz Warschau Netzkarte Linie 1 und Linie 2, die im Bau ist.Der Inspiro ist besonders energiesparend konstruiert und fast vollständig recyclebar (94,8%). Durch die Aluminium-Leichtbauweise des Wagenkastens und das gewichtoptimierte Fahrwerk arbeitet der sechsteiliger Einzelwagenzug – es sind jedoch auch Zugkonfigurationen mit drei bis acht Teilen möglich – besonders energiesparend. Weitere 500 Kilogramm Gewicht können durch die Verwendung von Aluminiumprofilen für die Vorbauten der Wagen, in denen die Kupplungen angebracht sind, eingespart werden. Der Wagenkasten wurde einer Computeranalyse mit der Finite-Elemente-Methode unterzogen, um zu sehen, wo Material weggelassen werden kann, ohne die Funktion zu beeinträchtigen.

Siemens Inspirio Warschau Metro Polen
Erster ausgelieferter U-Bahnzug für die Warschauer Metro auf Inspirio-Basis (für Großansicht bitte in das Bild klicken) – Foto: Siemens AG

Die elektrodynamische Bremse bremst das Fahrzeug bis zum Stillstand und reduziert damit die Emission von Lärm und Feinstaub. Durch die Verwendung von Aluminiumprofilen in Leichtbauweise sinkt das Gewicht nochmals um sechs Tonnen auf ein Leergewicht von 165 Tonnen. Voll besetzt wiegt der Zug 267 Tonnen. Aufgrund des im Vergleich mit anderen U-Bahnzügen geringeren Gewichts benötigt der U-Bahnzug vergleichsweise geringe Traktionsenergien. Vier der sechs Wagen werden durch jeweils vier eigenbelüftete, asynchrone Traktionsmotoren angetrieben (insgesamt sind zwei Drittel der Achsen angetrieben). Im Vergleich zu einem Auto mit Verbrennungsmotor verringert der Inspiro die Treibhausgasemissionen um 88 Prozent pro Fahrgast. Die Versorgung mit 750-V-Netzgleichspannung erfolgt über Stromabnehmer von der dritten Schiene.

Durch das Syntegra-System, eine speziell aufeinander abgestimmte Kombination aus Antriebs-, Fahrwerks- und Bremstechnologien, kann der Energieverbrauch um bis zu 30% abgesenkt werden. Wer weitere Informationen zum Syntegra-System möchte, kann sich gerne das Datenblatt anschauen. Eine genauere Vorstellung würde den Rahmen und den Sinn dieses Blogs allerdings sprengen…

Inspiro U-Bahnwaggon für die Warschauer Metro von Siemens und BMW. U-Bahn ist recyclebar.Auch das von BMW DesignworksUSA entworfene Wageninnere entspricht den Vorgaben des “Green Design”. Besonders ins Auge stechen, oder besser gesagt stechen eher nicht, die nicht vorhandenen Haltestangen. Anstatt dessen wurden innovative und unverwechselbare Haltemöglichkeiten in Form eines stilisierten verästelten Baumes eingebaut. An diesen können sich mehrere Fahrgäste festhalten. Dennoch wird aber die notwendige Distanz zu den Mitreisenden gewahrt.

Teile der Wagendecke fungieren gleichzeitig als Kabelkanal. Die Lüftungskanäle bestehen statt wie bisher aus Metall aus leichteren Textilien. Ein neuartiger Kork-Aluminium Fußboden ist 30 Prozent leichter als bisher, dämpft Fahrgeräusche ab und bietet außerdem eine bessere Wärmeisolierung.

Inspiro U-Bahnwaggon für die Warschauer Metro von Siemens und BMW. U-Bahn ist recyclebar.Acht elektrisch betriebenen Außenschiebetüren (4 auf jeder Seite) erleichtern das Aus- und Einsteigen und verkürzen die bisherigen Haltestellenaufenthaltszeiten. Große Displays informieren die Fahrgäste über den nächsten Halt, zeigen dynamische Netzkarten oder andere Informationen an. Verzichtet wurde im Inneren der Züge auf jegliche technischen Einrichtungen wie Elektroschränke oder Gerätekästen. Dies lässt die U-Bahnwaggons sehr geräumig aussehen und ermöglicht eine höhere Passagierkapazität. Insgesamt bietet ein sechsteiliger Zug bei 244 Sitzplätzen theoretisch bis zu 1.500 Fahrgästen Platz.

Eine innovative Ambiente-Beleuchtung mit gezielt platzierten Lichtinseln ersetzt die Standardbeleuchtung von U-Bahnwaggons und lässt das Wageninnere hell und freundlich erscheinen.

Die neuen Metrozüge vom Typ Inspiro für die polnische Hauptstadt Warschau haben im September 2013 ihre Zulassung erhalten.

Seit dem 6. Oktober 2013 werden die ersten beiden Inspirio-Züge im Warschauer U-Bahnnetz eingesetzt. Bis Ende des Jahres sollen 15 der im Februar 2011 bestellten 35 sechsteiligen Metrozüge nach und nach folgen. Zudem existieren mittlerweile Designentwürfe und Bestellungen für weitere U-Bahnzüge auf Inspirio-Basis unter anderem für London und Riad.

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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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ab.er
ab.er
13. Oktober 2013 21:46

Martin,

überprüf doch bitte die Gewichtsangabe. Die Angabe von 6Tonnen kann sicher nicht für den fertigen Wagen gelten.

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Verfasst von:

Randelhoff Martin

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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