Die steigenden Kosten für Wohnraum stellen Bürger:innen und Gemeinden vor erhebliche finanzielle Herausforderungen. Die Bildung von Wohneigentum, aber auch der Bau neuer Mietwohnungen mit leistbaren Mieten, ist mit Ende der Null-Zins- bzw. Niedrig-Zins-Phase und den allgemeinen Baukostensteigerungen schwieriger geworden. Die Suche nach Mitteln und Wegen für kostengünstigeres Bauen hat sich daher nochmals intensiviert. Möglichkeiten für günstigeres Bauen bestehen beispielsweise bei den Infrastruktur- und Erschließungskosten, welche sowohl den Kommunalhaushalt wie auch die Bauherren finanziell entlasten können.
Eine vorausschauende und umsichtige Planung hinsichtlich der Lage des Baugebietes sowie der Bauart und -dichte hat einen signifikant positiven Einfluss auf die Höhe der anfallenden Kosten für die technische Infrastruktur. Dies betrifft sämtliche Phasen von der Errichtung über den Betrieb und die Erhaltung bis zur gegebenenfalls vorkommenden Ersatzinvestition.
Kosten fallen u.a. für die folgenden technischen Infrastrukturen an:1
- Verkehrserschließung (Kategorie Gemeindestraße)
- Wasserversorgung
- Kanalisation (Abwasser und Oberflächenwasser)
- Stromversorgung
- Straßenbeleuchtung
- Fern- / Nahwärme
Richtwerte für die Errichtungskosten und Folgekosten für technische Infrastruktur in Österreich, Jahr 2020:2
Errichtungskosten 2020 in € netto (gerundet) | Folgekosten in € netto pro Jahr | |
---|---|---|
Verkehrserschließung (Gemeindestraße, Breite 5.5 m; ohne Gehsteig) | 140-160/m² | 7,0-8,0/m² |
Wasserversorgung | 110-150/lfm | 5,5-7,5/lfm |
Kanalisation – Abwasser | 190-220/lfm | 9,5-11,0/lfm |
Kanalisation – Oberflächenwasser | 210-240/lfm | 10,5-12,0/lfm |
Stromversorgung | 50-100/lfm | 2,5-5,0/lfm |
Straßenbeleuchtung (inkl. Verkabelung; Leuchtenabstand 40 m) | 1.500-2.300/Stk. | 75,0-115,0/Stk. |
Fern- / Nahwärme | 250-350/lfm | 12,5-17,5/lfm |
Die Folgekosten umfassen den Betrieb und den langfristigen Unterhalt der Infrastruktur. Im Durchschnitt sind hierfür fünf Prozent und mehr der Investitionssumme anzusetzen.3 Aufgrund der langen Nutzungsdauer sind die Folgekosten in der Regel bedeutsamer als die Kosten für die Herstellung der Anlagen. Unabhängig von der Art der Bebauung beträgt die Belastung für 25 Jahre das 1,25-fache der ursprünglichen Investitionskosten, für 50 Jahre das 2,5-fache.4
Mit zunehmender Entfernung des Baugebietes vom bestehenden Siedlungsgebiet steigen die Investitionskosten sowie die Folgekosten signifikant an, was eine erhebliche, dauerhafte finanzielle Belastung für den kommunalen Haushalt sowie für die angeschlossenen Haushalte darstellt.
Kostensenkungspotenziale für Wohnraum
Das Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (SRI) zeigt im Leitfaden “Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung” mögliche Kostensenkungspotenziale für Wohnraum durch vorausschauende Planung auf. Maßgebliche Stellschrauben sind
- die Lage des Baugrundstücks mit zu überbrückenden Distanzen: je zentraler gebaut wird desto niedriger die Kosten5
- die Art der Bebauung (Bebauungsdichte und somit Infrastrukturkosten je Wohneinheit (WE)): je dichter gebaut wird desto niedriger die Kosten6
Lage des Baugrundstücks
Bei der Schaffung von Wohnraum in integrierter Lage kann vielfach an bestehende Infrastrukturnetze angeschlossen werden. Demgegenüber sind die Kosten für die Anbindung beim Bauen auf der “grünen Wiese” vergleichsweise hoch. Bei einer Entfernung von lediglich 100 Metern ist bereits ein signifikanter Anstieg der Kosten je Wohneinheit zu verzeichnen, wobei sich die Kosten je nach Bebauungsart auf das 1,2- bis 1,3-Fache erhöhen. Bei einer Entfernung von 500 Metern steigen die Kosten auf das 2,1- bis 2,7-Fache an, während sie bei einer Entfernung von 1.000 Metern das 3,1- bis 4,3-Fache betragen.7
Günstiges Bauen ist als Innenentwicklung in einer kompakten Siedlung eher umsetzbar als am Siedlungsrand oder gar als Streusiedlung. Im Idealfall fallen nur die Kosten für die innere Erschließung und den Netzanschluss an. Folglich sollten primär vorhandene Entwicklungspotenziale im Bestand durch Aktivierung, Reaktivierung und/oder bauliche Verdichtung genutzt werden, bevor eine Entwicklung in peripherer Lage angestoßen wird.8 Das Schließen von Baulücken und die (Um-)Nutzung brachgefallener Flächen sind der Neuausweisung von Bauland vorzuziehen.
Art der Bebauung
Die Kosten für die innere Erschließung werden maßgeblich von der Art der Bebauung beeinflusst. Eine höhere Bebauungsdichte führt zu einer effizienteren Flächennutzung und somit zu einer Reduktion der Kosten pro Wohneinheit. Die Investitionskosten sowie die langfristigen Folgekosten verteilen sich auf mehrere Haushalte.
Im Rahmen einer modellhaften Untersuchung wurden die Kosten für die Errichtung der technischen Infrastruktur in einem Baugebiet mit einer Fläche von 16.000 m² für verschiedene Bautypologien analysiert. Werden auf demselben Grundstück anstatt Einfamilienhäusern Geschosswohnungsbauten errichtet, reduzieren sich die Kosten für die erforderliche Infrastruktur auf 27 %.9 Dies bedeutet somit ein Einsparungspotenzial von 73 % im Vergleich zum freistehenden Einfamilienhaus.10
Die Anhebung der Geschossflächenzahl (GFZ) von der häufig üblichen 0,23 auf 0,3 ergibt bereits ein Einsparungspotenzial von 25%. Auch im Geschosswohnungsbau kann durch eine Erhöhung der GFZ ein weiteres Einsparungspotenzial gehoben werden.11 Die modellhafte Erhöhung der GFZ von 0,88 auf 1,0 ergab ein Einsparungspotenzial von 10 %.12 Auch eine Verringerung der Wohnungsgrößen ermöglicht kostengünstigeres Bauen (-10 m² = -7 % bei 90 m² Wohnnutzfläche [WNF]).13
Die Kombination aus Bautypologie und Lage hat einen entscheidenden Einfluss auf die Kosten der technischen Infrastruktur. Dabei gilt: Je kompakter und dichter gebaut wird, desto kostengünstiger wird Wohnraum und desto eher können sich breitere Teile der Bevölkerung die Bildung von Wohneigentum in Form von Eigentumswohnungen, Reihenhäusern, o. ä. leisten.
Verweise
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 8 ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 9 ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 10 ↩
- ebd. ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 10 ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 11 ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 16 ↩
- vgl. Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 13ff. ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 16 ↩
- ebd. ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 17 ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 17 ↩
- Empl, U. und Gugg, B. (2022): Infrastrukturkosten in der Siedlungsentwicklung. Teil 1: Leitfaden. Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen: Salzburg, S. 18 ↩