Alles Wissenswerte zum Thema Pkw-Maut / Infrastrukturabgabe in Deutschland finden Sie in unserem Dossier.
Die Einführung einer Straßennutzungsgebühr, deren Höhe von der Fahrleistung, der Straßenkategorie sowie von der Zeit der Fahrt abhängig ist, wird sehr oft mit Datenschutzbedenken abgelehnt (siehe bspw. diese Diskussion). Meiner Meinung nach ist die Einführung einer derartigen Maut mit heute verfügbaren Mitteln datenarm und datenschutzkonform möglich. Nur eine nachfrage- und somit auslastungsabhängige Preisgestaltung erfordert eine Totalüberwachung aller Fahrten in Echtzeit. Diese ist aus Gründen des Datenschutzes und dem Prinzip „Wo der Trog, da kommen die Schweine“ bedenklich und daher abzulehnen.
Ich möchte daher an dieser Stelle einen Vorschlag für eine datenschutzkonforme fahrleistungsabhängige Maut machen, den ich zur Diskussion stellen möchte.
Grundlage der Mautermittlung sind vier Komponenten: Fahrzeugtyp, Straßenkategorie, Zeitraum der Fahrt sowie Fahrweite.
Straßenkategorie
Der Preis je zurückgelegten Kilometer orientiert sich an dem Straßentyp, welches das Fahrzeug nutzt. Differenziert wird nach vier verschiedenen Straßenkategorien: Autobahnen, Bundesstraßen, Landes-/ Staatsstraßen sowie Kreis- und Gemeindestraßen.
Für jeden zurückgelegten Kilometer ist ein differenzierter Betrag zu bezahlen. Ein Kilometer Fahrt auf der Autobahn ist aufgrund der hohen Bau- und somit Kapitalkosten je Kilometer, des wirtschaftlichen Vorteils aufgrund des Geschwindigkeitsvorteils multipliziert mit den individuellen Zeitkosten sowie den höheren Bau- und Unterhaltskosten je Nutzungseinheit am teuersten, gefolgt von Bundesstraßen, Landesstraßen und am unteren Ende der Preisspanne Kreis- und Gemeindestraßen, da diese von Nutzern des Straßennetzes am intensivsten genutzt werden und an dieser Stelle auch eine soziale Komponente greift.
Es ist zu klären, wie mit Bundes- und Staatsstraßen innerhalb von Kommunen verfahren wird und ob Straßen innerhalb eines Ortes generell als Gemeindestraßen abgerechnet werden.
Fahrzeugtyp
Zahlungspflichtig sind alle Straßennutzer, d.h. Pkw (bis 3,5 t), Motorräder sowie Busse. Für Lkw ab einem Gewicht von 3,5 Tonnen sollte das heutige Lkw-Mautsystem beibehalten, jedoch auf alle Straßenkategorien ausgeweitet werden. Eine preisliche Differenzierung innerhalb des Pkw-Bereichs nach CO2, Verbrauch, o.ä. sollte durch eine Reform der Energiesteuer statt durch eine Differenzierung bei den Straßennutzungsgebühren dargestellt werden.
Zeitliche Komponente
Ein Tag wird in mehrere Zeitblöcke unterschiedlicher Länge unterteilt. Die Zeiteinteilung sollte eine unvollkommene Lenkungswirkung beinhalten, das heißt nach Haupt- und Nebenzeiten differenzieren:
- Hauptzeit: 06:30 – 09:00 Uhr sowie 15:30 – 18:00 Uhr
- Nebenzeit: 00:00 – 06:30 Uhr sowie 18:00 – 00:00 Uhr
Funktionsweise
In jedem Fahrzeug wird eine OnBoard-Unit installiert. Auf dieser befindet sich entsprechendes Kartenmaterial, welches zwischen den verschiedenen Straßenkategorien differenziert. Entsprechend des Standorts wird der jeweilige Kostensatz der genutzten Straßenkategorie gewählt.
Alternativ könnte die Straßeninfrastruktur entsprechend einer Infrastructure2Vehicle-Kommunikation aufgerüstet werden. Sender, welche an Straßenschildern angebracht sind, signalisieren die Einfahrt in die jeweilige Straßenkategorie. Bei Autobahnen dienen Auf- / Abfahrten als trennendes Element, die Trennung zwischen dem Gemeinde- und Kreisstraßennetz zur Festsetzung der Mittelaufteilung (kein preislicher Unterschied) kann über Ortseingangs- bzw. Ausgangsschilder sichergestellt werden. Generell beginnt jede Autofahrt zunächst im Gemeinde- bzw. Kreisstraßennetz und kann dann in höherwertige Netzkategorien einfallen.
Die einzelne Fahrt wird mittels folgender Informationen abgewickelt: Fahrzeugtyp (fix), Zeit der Fahrt (keine Speicherung, nur für die Tarifwahl wichtig), Fahrleistung je Streckenkategorie (Kombination aus fahrzeugseitigen und infrastrukturseitigen Informationen). Während jeder Fahrt werden dem Fahrzeughalter, ähnlich wie auf einem Taxameter, die Kosten angezeigt. Dies soll dem Fahrzeugführer die Kosten bzw. vielmehr den Wert eines jeden zurückgelegten Kilometers nahebringen und neben den monetären Anreizen durch den psychologischen Effekt zu einer Reduktion der Fahrleistung motivieren. Die angefallenen Daten werden einmal am Tag, in der Woche oder im Monat gesammelt an eine Clearingstelle übertragen.
Abrechnung und Überwachung
Meiner Meinung nach dürfte dieses System datenschutzrechtlich akzeptabel und mit minimalem Datenaufkommen verbunden sein. An staatliche Stellen wird ausschließlich die Höhe der angefallenen Straßennutzungsgebühren zuzüglich des Kennzeichens übermittelt. Schuldner ist der Fahrzeughalter, die Forderungen werden durch die Kfz-Steuerstelle der Zollverwaltung (ab 1. Juli 2014 übernimmt die Zollverwaltung die Verwaltung der Kfz-Steuer von den Finanzämtern der Länder) eingetrieben. Die Aufteilung der Finanzmittel erfolgt entsprechend der zurückgelegten Fahrleistung auf Straßen der jeweiligen Kategorie und werden an den jeweiligen Baulastträger weitergegeben.
Da jeder Kfz-Halter zum Einbau der entsprechenden OnBoard-Unit in ein in Deutschland zugelassenes und somit der Kfz-Steuerstelle bekanntes Fahrzeug verpflichtet wird, kann auf den Aufbau entsprechender Überwachungstechnologie und –strukturen verzichtet werden. Im Rahmen der normalen Polizeikontrollen können der Einbau und die ordnungsgemäße Funktion der OnBoard-Unit stichprobenartig überprüft werden. Bei Missbrauch und Manipulation sind empfindliche Bußgelder von mindestens 5.000 Euro zu erlassen, bei Fehlen der OnBoard-Unit erlischt die Betriebserlaubnis.
Einbeziehung ausländischer Fahrzeugführer
Ausländische Fahrzeuge müssen Tages-Vignetten kaufen, die neben den Vertriebskosten eine Pauschalgebühr umfasst, die sich anhand der durchschnittlichen Fahrleistung je Straßenkategorie eines ausländischen Autofahrers bemisst. Da diese jedoch nur näherungsweise das reale Fahrverhalten abbilden kann, ist diese Gebührenart aufgrund ihrer Unvollkommenheit für die Erhebung von Straßennutzungsgebühren bei deutschen Autofahrern ungeeignet.
Investitionen
Kostenseitig sind auf Infrastrukturseite sowie fahrzeugseitig entsprechende Investitionen notwendig, die jedoch aufgrund von Skalenerträgen und ihres Charakters als Einmalkosten nur gering ins Gewicht fallen. Der Aufbau der Vertriebsinfrastruktur für Vignetten sollte keine hohen Investitionen erfordern.
Der Realisierungszeitraum dürfte etwa drei bis vier Jahre betragen. Dieser Zeitraum sollte zudem für die Anpassung der Energiesteuer (Artikel folgt) genutzt werden.
Ich würde mich sehr über eine kritische Auseinandersetzung mit meinem Vorschlag für eine datenschutzkonforme fahrleistungsabhängige Maut freuen. Verbesserungsvorschläge sind ebenso wie ein Verriss meiner Idee bei Vorhandensein der entsprechenden Argumente willkommen!