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[Dossier] PKW-Maut / Infrastrukturabgabe in Deutschland

Pkw-Maut in Deutschland Infrastrukturabgabe
In Deutschland soll über eine "Infrastrukturabgabe" ein Teil der Finanzierungslücke bei der Finanzierung des Straßennetzes geschlossen werden. Ausländische Nutzer des deutschen Straßennetzes sollen einen Teil der Unterhaltskosten tragen, so zumindest der Plan der CSU. Doch kann dieses Vorhaben gelingen? Und welche sinnvollere Alternativen gäbe es? Lesen Sie unser Dossier!
Zeichen 391 Mautschild Zeichen für Mautpflicht StVO
Verkehrszeichen 391 “mautpflichtige Strecke”, das den Beginn einer mautpflichtigen Strecke kennzeichnet.

Bislang zu diesem Thema erschienen:

Vignette für Ausländer – Wie viele ausländische Pkw nutzen das deutsche Autobahnnetz?

Vignette für Ausländer – Eine Einnahmeprognose für eine Pkw-Maut auf dem deutschen Bundesautobahnnetz

Infrastrukturabgabe – Eine Einnahmeprognose für das gesamtdeutsche Straßennetz
(Nachgerechnet: Können mit einer Pkw-Maut wirklich 600 Mio. € netto pro Jahr erlöst werden?)

Vignette und Anhebung der Energiesteuer sind keine langfristig tragbaren Lösungen!

Die Vignette, angeblich eine saubere Lösung. Aber gilt dies auch für die Mautüberwachung?

Vorschlag für eine datenschutzkonforme fahrleistungsabhängige Maut

Virtuelle Vignette statt Pickerl (AGES-Mautsystem)

[Pkw-Maut in Deutschland] Der Gesetzentwurf zum Download

[Pkw-Maut] Die Achillesferse des Mautkonzepts: Die Tagesgeschäftsreisen ohne Übernachtung


Pkw-Maut in Deutschland InfrastrukturabgabeSeit mehreren Monaten wird in Deutschland verstärkt über die Einführung einer Pkw-Maut gestritten. Im Fokus der Diskussion steht insbesondere die Einführung einer “Pkw-Maut für Ausländer”. Deutsche Autofahrer unterliegen in diesem Modell zwar ebenfalls der Mautpflicht, die Kosten für die Vignette würden jedoch durch eine Senkung der Kfz-Steuer in Höhe des Vignettenpreises kompensiert, um eine Nettomehrbelastung zu vermeiden.

Die Einführung einer Maut wurde insbesondere vonseiten der CSU im Bundestagswahlkampf und im bayerischen Landtagswahlkampf 2013 gefordert. Hauptargument der Befürworter einer solchen Mautform ist die Forderung nach einer verursachungs- und nutzungsgerechten Finanzierung der Verkehrswege und einer höheren Gerechtigkeit, da deutsche Autofahrer in vielen deutschen Nachbarländern Benutzungsgebühren entrichten müssen (z.B. Österreich, Schweiz, Frankreich) und Ausländer deutsche Autobahnen “kostenfrei” nutzen könnten.

Jedes Jahr fahren etwa 7,1 Millionen ausländische Pkw in das deutsche Straßennetz ein. Auf deutschen Autobahnen verursachen Ausländer etwa 6,7 Prozent des Gesamtverkehrs (Inländer: 93,34 %). Die Fahrleistung ausländischer Pkw beträgt 11,196 Mrd. Fahrzeug-Kilometer (Fz-km) im Vergleich zu deutschen Pkw-Fahrern mit 163,392 Mrd. Fz-km.

Wie viele Ausländer fahren auf deutschen Autobahnen? Pkw-Maut Vignette Diskussion
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Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, eine “europarechtskonforme PKW-Maut, mit der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW an der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben für das Autobahnnetz beteiligt werden sollen, ohne im Inland zugelassene Fahrzeuge höher als heute zu belasten”, einzuführen.

Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute. Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfolgen. Ein entsprechendes Gesetz soll im Verlauf des Jahres 2014 verabschiedet werden.

(vgl. Koalitionsvertrag, S. 9 / 39)

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat zur Umsetzung dieses Vorhabens am 07.07.2014 sein Konzept zur Einführung einer “Infrastrukturabgabe” in Deutschland vorgestellt. Dieses umfasst die gesetzliche Regelung zur Einführung der Infrastrukturabgabe sowie die Schaffung von Freigrenzen im Kraftfahrzeugsteuergesetz und enthält folgende Kernpunkte:

Grundkonzept des Bundesverkehrsministers (Infopapier zur Pkw-Maut/ Infrastrukturabgabe des BMVI):

Grundlegendes

  • Pkw-Maut / Infrastrukturabgabe soll ab dem 1.1.2016 erhoben werden
  • Die Infrastrukturabgabe ist von inländischen und ausländischen Haltern eines Kfz bis zu einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen (Pkw, Kleintransporter und Motorräder / Motorroller) zu entrichten
  • Die Abgabepflicht gilt für das gesamte öffentliche Straßennetz in Deutschland (Autobahnen, Bundesstraßen, Landes- und Staatsstraßen, kommunale Straßen)
  • Inländer erhalten automatisch die Jahresvignette, Ausländer können zwischen drei Gültigkeitszeiträumen wählen.

Höhe der Infrastrukturabgabe

Der Preis der Vignette ist nach Gültigkeit gestaffelt:

  • 10-Tages-Vignette: 10 Euro
  • 2-Monats-Vignette:  20 Euro
  • Jahresvignette mit einer Gültigkeit von 12 Monaten unabhängig von ihrem Erwerbungszeitpunkt: Der Preis bestimmt sich nach Baujahr, Ökoklasse und Hubraum.

Regelungen für die Jahresvignette:

  • Fahrzeuge, die ab Juli 2009 zugelassen wurden, zahlen mit Otto- und Wankelmotor eine Infrastrukturabgabe von 2 € je angefangene 100 ccm Hubraum bis zu einer festgelegten Kappungsgrenze von 5000 ccm.
  • Fahrzeuge, die ab Juli 2009 zugelassen wurden, zahlen mit Dieselmotor eine Infrastrukturgabe von 9,50 € je angefangene 100 ccm Hubraum bis zu einer festgelegten Kappungsgrenze von 1100 ccm
  • Fahrzeuge, die vor Juli 2009 zugelassen wurden, zahlen die für die jeweiligen Schadstoffklassen vorgesehenen Beträge je 100 ccm Hubraum, ebenfalls jeweils bis zu einer festgelegten Kappungsgrenze.

Der Vignettenpreis wird auf 103,04 € für Benzin- und 112,35 € für Dieselfahrzeuge begrenzt. Fahrzeuge, die ganz oder teilweise von der Kfz-Steuer befreit sind, wie z. B. Elektrofahrzeuge oder Fahrzeuge von behinderten Personen, werden wirkungsgleich von der Infrastrukturabgabe befreit.

Vertrieb

Halter von in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw müssen eine Infrastrukturabgabe entrichten. Im Gegenzug erhalten sie auf dem Postweg einen Infrastrukturabgabenbescheid und eine Papiervignette.

Halter von nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw können zwischen einer Vignette für 10 Tage (10 €), 2 Monate (22 €) oder 1 Jahr wählen und sie primär über das Internet erwerben. Nach Eingang der Buchung in der Vertriebsstelle wird ihnen die Vignette zugesandt. Zusätzlich ist der Erwerb an Tankstellen möglich. 10-Tages- und 2-Monatsvignetten sind auch dort zum Preis für 10 € bzw. 22 € zu erwerben. Der Preis für eine Jahresvignette an Tankstellen beläuft sich unabhängig von der technischen Beschaffenheit des Fahrzeugs einheitlich auf 103,04 € für Benzin- und 112,35 € für Dieselfahrzeuge.

Einnahmeprognose des Bundesverkehrsministeriums

  • Gesamteinnahmen (brutto): rund 4,7 Mrd. € pro Jahr, wobei rund 3,8 Mrd. € auf in Deutschland Kfz-steuerpflichtige Pkw und rund 860 Mio. € auf nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtige Pkw entfallen.
  • Systemkosten: rund 260 Mio. Euro
    Für Halter von nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw werden 8 % des Vignettenumsatzes veranschlagt (68,8 Millionen Euro), für Halter von in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw 5 % des Vignettenumsatzes (190 Millionen Euro).
  • Die um die Systemkosten geminderten Einnahmen aus dem Verkauf von Vignetten an Halter von nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw in Höhe von über 600 Millionen Euro pro Jahr fließen aus dem Bundeshaushalt zweckgebunden in die Straßeninfrastruktur.

Hintergrundinformationen zu einer Pkw-Maut / Infrastrukturabgabe in Deutschland:

Vignette für Ausländer – Wie viele ausländische Pkw nutzen das deutsche Autobahnnetz?

Vignette für Ausländer – Eine Einnahmeprognose für eine Pkw-Maut auf dem deutschen Bundesautobahnnetz

Infrastrukturabgabe – Eine Einnahmeprognose für das gesamtdeutsche Straßennetz
(Nachgerechnet: Können mit einer Pkw-Maut wirklich 600 Mio. € netto pro Jahr erlöst werden?)

Vignette und Anhebung der Energiesteuer sind keine langfristig tragbaren Lösungen!

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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Dennis
2. Februar 2015 19:23

Rechne ich richtig, das ich dann für ein Benziner mit 1043 ccm im Jahr nur ca. 22 € bezahlen müsste ?

M.Ph
M.Ph
8. Dezember 2014 02:42

Deutsche Autofahrer und Biker habt ihr Eier????? Alle auf die Autobahn mit 30 KMH …..Wier brauchen keine Maut!!!!!! Macht Deutschland Dicht!!!!!!! Kenzeichen Scanner sind in jeder Maut Brücke verbaut ,es geht nicht alleine ums Geld,Jetzt noch auf Bundesstrassen Bewegungs Profiele erstellen???????Und Dafür noch Geld Bezahlen??????

Dambergen
14. Juli 2014 17:57

2 wesentliche Probleme werden durch die bisherigen Pläne nicht gelöst. Die EU konformität im Hinblick auf eine nicht diskriminierung und wenn sowieso eine Mauteingeführt werden soll, und dies in Kombination mit einer reformierten KFZ Steuer, sollte dieses Vorhaben grundsätzlich dafür genutzt werden eine saubere Lösung zu präsentieren in der ökologisch und ökonomische Interessen in Einklang gebracht werden. Ein Geesamtkonzept könnte auch noch am ehesten einer EU Tauglichkeit entsprechen, wenn Diskriminierungs Tatbestände entfernt werden. Weiterhin besteht aber, wie auch in der sonstigen Politik, ein Mittelverwendungs Problem, welches ebenfalls im Rahmen dieser Reform angegangen werden müsste.

Pudu
Pudu
8. Juli 2014 18:09

Hallo,

eine Sache wundert mich etwas:
Die Infrastrukturabgabe soll für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen gelten.
Die Lkw-Maut dann für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen.
Zahlen die Fahrzeuge mit 3,5 bis 7,5 Tonnen dann als einzige nichts, auch keine Infrastrukturabgabe wie die Pkw?
Wieviel wiegt den ein Fernbus?
Wieviele Fahrzeuge in dem Gewichtsbereich gibt es denn und wieviel könnte man zusätzlich für den Erhalt der Infrastruktur einnehmen, wenn man für diese Fahrzeuge auch eine Infrastrukturabgabe erheben würde?

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Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) hat mich im Rahmen der VDV-Jahrestagung 2013 in Mainz als “Talent im ÖPNV” des Jahres 2013 ausgezeichnet. Der VDV vertritt rund 600 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs, des Schienenpersonennahverkehrs, des Schienengüterverkehrs, der Personenfernverkehrs sowie Verbund- und Aufgabenträger-Organisationen.

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Verfasst von:

Randelhoff Martin

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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