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1 Einleitung – Wieso überhaupt ein Deutschland-Takt?
Für mich als Berliner ist ein dichtes Nahverkehrsnetz mit häufigen Fahrten und guten Anschlüssen selbstverständlich. Aber schon im nicht weit entfernten Brandenburg fahren Regionalzüge und Busse in einem deutlich dünneren Takt. Das steht offensichtlich in einem starken Kontrast zum ersten Grundsatz der Raumordnung, nach dem gleichwertige infrastrukturelle Verhältnisse in Deutschland anzustreben sind.
Damit nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land ein Verkehrsangebot bestehen kann, das Mobilität auch ohne Auto grundsätzlich ermöglicht, muss gerade bei dünneren Takten besonderer Wert auf kurze Umsteigezeiten gelegt werden, um die Gesamtreisezeit gering zu halten. Gerade in ländlichen Regionen sind kurze Umsteigezeiten auch ein wichtiger Aspekt der Reisequalität: Dort ist schließlich auch die Aufenthaltsqualität in den Bahnhöfen in der Regel gering.
Damit auch im Fernverkehr die Verkehrsverlagerung auf die Schiene gelingt, muss ein attraktives Angebot bestehen, um mit dem Flugzeug als schnellem Verkehrsmittel, mit dem aufkommenden Fernlinienbus als günstigem Verkehrsmittel oder dem Auto als direkterem Verkehrsmittel konkurrieren zu können. Auf vielen Fernzuglinien wird aber heute überhaupt nicht (mehr) in regelmäßigen Abständen gefahren, wodurch zahlreiche deutsche Großstädte im Prinzip vom Fernverkehr der Deutschen Bahn abgehängt sind. Aus den Zielen der Raumordnung kann man ableiten, dass wieder mehr deutsche Städte Anschluss an den Schienenpersonenfernverkehr haben sollten. Zusätzliche Linien machen jedoch nur Sinn, wenn diese gut mit dem Bestand verknüpft sind. Das heißt, dass die Fahrpläne der Fernzüge untereinander und mit denen der Regionalzüge so abgestimmt sein sollten, dass kurze Umsteigezeiten bestehen. Das Angebot einer schnellen und durchgängigen Reisekette fast von Haustür zu Haustür ist wohl der größte potenzielle Wettbewerbsvorteil der Bahn gegenüber dem Fernbus und dem Flugzeug als anderen öffentlichen Verkehrsmitteln, die aber schlechter in den Nahverkehr eingebunden sind, und ein entscheidender Bestandteil der Verkehrsmittelwahl gegenüber dem motorisierten Individualverkehr.
Aus diesen Gründen wird immer öfter die bundesweite Einführung eines sogenannten Integralen Taktfahrplans (ITF) nach Schweizer Modell gefordert, der unter dem Schlagwort Deutschland-Takt 2013 sogar im Koalitionsvertrag zwischen der Union und der SPD vereinbart und daraufhin im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums in einer Machbarkeitsstudie untersucht wurde. In diesem Beitrag soll erläutert werden, welches Konzept sich hinter dem Begriff ITF verbirgt, wie dieser in der gesamten Schweiz und regional auch in Deutschland schon umgesetzt ist und inwiefern das auch hierzulande bundesweit möglich wäre.
2 Integraler Taktfahrplan in der Theorie
2.1 Taktfahrplan und Symmetrie
Bei einem Taktfahrplan verkehren die Züge einer Linie in festen Zeitintervallen. Im Eisenbahnverkehr ist das meistens der Stundentakt, aber auch der Halbstundentakt oder der Zweistundentakt sind weit verbreitet. Der Taktfahrplan bietet nicht nur ein leicht merkbares und zuverlässiges Angebot für die Kunden, sondern auch große Vorteile für die Verkehrsunternehmen: Da sich der Betriebsablauf regelmäßig wiederholt, kann er von einer Stunde auch auf andere Stunden übertragen werden und so der Planungsaufwand vereinfacht werden.
Artreine Taktfahrpläne sind aber eher selten, weil das unterschiedliche Verkehrsaufkommen im Tagesverlauf oder betriebliche Erfordernisse in der Praxis zusätzliche Fahrten, Taktlücken oder sonstige Abweichungen ergeben. Abgesehen davon ist der Taktfahrplan aber in den meisten mitteleuropäischen Staaten (insbesondere in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Benelux-Ländern) weit verbreitet. Auch in Frankreich gibt es mittlerweile eine Tendenz zu Taktfahrplänen, während in den meisten osteuropäischen Ländern weiterhin unregelmäßige Fahrpläne vorherrschen.
Auf einer Bahnlinie im Taktfahrplan begegnen sich die Züge in die entgegengesetzte Richtung in regelmäßigen Abständen mit der Länge der halben Taktzeit, beim Stundentakt also alle 30 Minuten. Die Uhrzeiten, in der diese Zugbegegnungen eintreten, heißen Symmetriezeiten. Beim Stundentakt gibt es pro Stunde also zwei Symmetrieminuten, wobei sich die eine Symmetrieminute aus der anderen Symmetrieminute durch Addieren oder Subtrahieren der halben Taktzeit ergibt. Die beiden verschiedenen Symmetrieminuten korrespondieren dabei zu unterschiedlichen Zugkreuzungspunkten.
Die Fahrpläne von Richtung und Gegenrichtung einer Linie sind an den Symmetrieminuten gespiegelt. Bei einer Linie im Stundentakt mit der Symmetrieminute 0 beträgt die Summe der Abfahrtszeit eines Zuges und der Ankunftszeit seines Gegenzuges an der gleichen Station stets 60.
2.2 Integraler Taktfahrplan und Knoten
Der Integrale Taktfahrplan, Integrierte Taktfahrplan oder kurz ITF ist ein Fahrplanmodell, in dem der Fahrplan nicht für jede Linie einzeln geplant wird, sondern die Taktfahrpläne unterschiedlicher Bahn- und Buslinien integriert betrachtet und aufeinander abgestimmt werden. Dadurch soll ein flächendeckendes Verkehrsnetz angeboten werden, in dem die Anschlüsse so gut wie möglich optimiert sind. In Mitteleuropa wird bereits in zahlreichen Regionen von einem Integralen Taktfahrplan gesprochen, obwohl dieser von Region zu Region unterschiedlich weit entwickelt ist. Die als ITF bezeichneten Fahrpläne sind jedoch fast ausnahmslos symmetrische Taktfahrpläne.
Bei einem symmetrischen Taktfahrplan gibt es zwei für alle Linien geltende Symmetrieminuten. Symmetrische Taktfahrpläne können fast überall eingerichtet werden, auch wenn Abweichungen von der Symmetrie manchmal sinnvoll oder gar notwendig sein können, zum Beispiel bei einer ungünstigen Lage der zweigleisigen Begegnungsabschnitte auf ansonsten eingleisigen Strecken. Symmetrische Taktfahrpläne sind in Mitteleuropa weit verbreitet, wobei sich als Symmetriezeiten fast überall die volle und die halbe Stunde (streng genommen die Symmetrieminuten 28 ½ und 58 ½) etabliert haben, wodurch die Fahrplanung grenzüberschreitender Linien vereinfacht wird.
Weil die Fahrpläne aller Linien an der gleichen Symmetrieminute gespiegelt sind, sind die Umsteigezeiten zwischen je zwei Linien bei Hin- und Rückfahrt identisch. Das reduziert den Aufwand der manuellen Planung, da die Umsteigezeiten nur in eine Richtung optimiert werden müssen, um auch in der Gegenrichtung gute Anschlüsse zu ermöglichen. Allerdings bedeutet eine kurze Umsteigezeit aus der ersten Richtung in die zweite Richtung normalerweise eine lange Umsteigezeit von der zweiten Richtung in die erste Richtung. Die einzige Ausnahme zu dieser ungünstigen Tatsache ist der Fall, in dem die beiden Züge gleichzeitig in der Station halten und jeweils auf die Fahrgäste des anderen Zuges warten. Eine Station mit solchen wechselseitigen Umsteigebeziehungen heißt Taktknoten oder kurz Knoten. Die Uhrzeiten dieser Anschlüsse werden Knotenzeiten genannt.
Ein Symmetrieknoten hat als Knotenzeit eine der beiden Symmetrieminuten. Weil die zur Knotenzeit haltenden Züge einer Linie dann paarweise im Bahnhof stehen, kann unter den zugehörigen Linien von und in alle Richtungen umgestiegen werden. Ein Symmetrieknoten kann bei einem Stundentakt als 0-Knoten zur vollen Stunde oder als 30-Knoten zur halben Stunde eingerichtet werden.
Symmetrieknoten, an denen sich zur Knotenzeit Züge von allen dort haltenden Linien in jeweils beide Richtungen treffen, werden als Vollknoten bezeichnet. In der Praxis gibt es aber viele Knoten, an denen nicht alle Linien zur Knotenzeit vertreten sind. Sie werden in Abgrenzung zu Vollknoten manchmal als Halbknoten bezeichnet, auch wenn dieser Begriff nicht sehr präzise definiert ist. Insbesondere besteht eine große Verwechslungsgefahr zwischen Knoten zur halben Stunde und Halbknoten sowie zwischen Knoten zur vollen Stunde und Vollknoten!
Taktknoten mit einer von den Symmetriezeiten verschiedenen Knotenzeit heißen Richtungsknoten. Auch in Richtungsknoten bestehen zu einer Knotenzeit kurze Anschlüsse zwischen den kurz davor einfahrenden und kurz danach wieder ausfahrenden Zügen, aber wegen der Abweichung von der Symmetrieminute hält von den zugehörigen Linien jeweils nur ein Zug in eine Richtung und kein Zug in die Gegenrichtung. Zwar bestehen dank der Fahrplansymmetrie auch zwischen allen Gegenzügen Anschlüsse zu der an der Symmetrieminute gespiegelten Knotenzeit, allerdings haben Umsteiger ums Eck, also von einem zur ersten Knotenzeit haltenden Zug zu einem zur zweiten Knotenzeit haltenden Zug, eine lange Umsteigezeit. Ein Richtungsknoten hat idealerweise die Knotenzeiten 15 und 45, weil bei einer Verdichtung aller Linien zu einem Halbstundentakt diese zusätzlichen Symmetrieminuten auftreten und der Knoten damit zu einem vollwertigen Symmetrieknoten wird.
2.3 Kantenzeiten und Infrastruktur
Die Schwierigkeit bei der Einführung eines Knotensystems für einen Integralen Taktfahrplan besteht nun darin, dass die Züge die Knoten pünktlich zur jeweiligen Knotenzeit erreichen sollen. Dafür werden die sogenannten Kantenzeiten, also die linienspezifischen Fahrzeiten zwischen zwei Knoten, betrachtet. Damit eine Linie an beiden Knoten zur jeweiligen Knotenzeit halten kann und dort kurze Umsteigezeiten bestehen, sollte die Kantenzeit leicht unter der Differenz der Knotenzeiten liegen. Beispielsweise ist für zwei Symmetrieknoten mit derselben Knotenzeit, also entweder zwei 0-Knoten oder zwei 30-Knoten, eine Kantenzeit von knapp unter 60, 120, … Minuten erforderlich. Zwischen zwei Symmetrieknoten mit unterschiedlicher Knotenzeit, also einem 0-Knoten und einem 30-Knoten, ist dagegen eine Kantenzeit von knapp unter 30, 90, … Minuten erforderlich. In einem Integralen Taktfahrplan gilt daher das Grundprinzip, dass die Züge nicht „so schnell wie möglich“, sondern „so schnell wie nötig“ fahren sollten, um die Taktknoten rechtzeitig erreichen und die Gesamtreisezeit durch kurze Umsteigezeiten zu verringern. Reisezeitverlängerungen auf Direktverbindungen ergeben sich im ITF aber vor allem in den Knoten durch längere Haltezeiten, die wegen der Einfahrt mehrerer Züge über die gleichen Gleise entstehen, allen Fahrgästen das Umsteigen zwischen allen Zügen ermöglichen müssen und als zeitlichen Puffer die Fahrplanstabilität erhöhen sollen.
Der Integrale Taktfahrplan stellt also an die Kantenzeiten oder allgemeiner an die Infrastruktur besondere Ansprüche, die auf einem bestehenden Bahnnetz in der Regel nicht so einfach zu erfüllen sind. Auch wenn durch Neu- und Ausbaustrecken in der Regel die Fahrzeit auf Direktverbindungen verringert wird, lässt sich der nach Fertigstellung ausgearbeitete Fahrplan oft nur schwer in das Gesamtgefüge integrieren, weil die tatsächliche Fahrzeit nicht der theoretischen Kantenzeit entspricht. Zur Umsetzung eines Integralen Taktfahrplans gehört daher stets die Umkehrung der Planungsreihenfolge bei Eisenbahnprojekten: Bei der Fahrplanbasierten Infrastrukturplanung wird zunächst ein mittelfristiger bis langfristiger Zielfahrplan definiert, an dessen Erfordernisse dann die Infrastruktur angepasst wird. In diesem Sinne haben also diejenigen Eisenbahnprojekte Vorrang, die notwendig zur Weiterentwicklung des Integralen Taktfahrplans sind, beispielsweise weil die Fahrzeiten dadurch knapp unter die Differenz der Knotenzeiten gesenkt werden können. Wegen der Mindestkantenzeit von 30 bzw. 60 Minuten kann es im Integralen Taktfahrplan aber Strecken geben, deren Beschleunigung die Reisezeit auf Umsteigeverbindungen nicht weiter verringern vermag:
Für die Taktknoten bestehen besonders hohe Anforderungen an die Infrastruktur, da sich dort das Zug- und Fahrgastaufkommen zu den Knotenzeiten konzentriert. Insbesondere müssen genügend Gleise für alle zur Knotenzeit haltenden Züge zur Verfügung stehen. Um die Haltezeiten gering zu halten, sollte die Anordnung der Bahnsteige den Fahrgästen einen schnellen Umstieg und der Gleisplan des Bahnhofs den Zügen gleichzeitige Einfahrten und gleichzeitige Ausfahrten ermöglichen.
Die Pünktlichkeit der Züge ist in einem Integralen Taktfahrplan von besonderer Bedeutung, da schon bei geringen Verspätungen die kurzen Anschlüsse verpasst werden können. Die Verspätungen eines einzelnen Zuges können sich schnell im ganzen Netz verbreiten, besonders wenn die Knotenbahnhöfe schlecht ausgebaut sind, viele eingleisige Abschnitte bestehen, Strecken vom Regionalverkehr und Fernverkehr gemeinsam genutzt werden und der Fahrplan knapp bemessen ist. Bei einer gut ausgebauten Infrastruktur und ausreichenden Pufferzeiten kann ein Integraler Taktfahrplan mit einem dichten Knotensystem aber sogar weniger verspätungsanfällig sein, da die schnelleren Fernzüge die langsameren Regionalzüge eher beim längeren Halt in gut ausgebauten Knoten als bei der Durchfahrt durch kleinere Regionalbahnhöfe überholen.
3 Fahrplangestaltung in der Schweiz
Auch wenn in den Niederlanden bereits im Jahre 1970 ein Taktfahrplan im Bahnverkehr eingeführt wurde, ist vor allem der 1982 eingeführte Schweizer Taktfahrplan für seine besonders konsequente und flächendeckende Umsetzung bekannt. Dort sind neben den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), die bis heute als integrierter Konzern auch für die Netzinfrastruktur zuständig sind, auch viele Privatbahnen und (Post-)Busse in den Integralen Taktfahrplan eingebunden. Seit der Einführung 1982 wird der Taktfahrplan alle zwei Jahre weiterentwickelt. Dafür wurde in einer bundesweiten Volksabstimmung 1987 das fast 6 Mrd. CHF teure Infrastrukturprogramm „Bahn 2000“ beschlossen.
Seit der weitgehenden Fertigstellung von „Bahn 2000“ im Jahre 2004 umfasst der Integrale Taktfahrplan in der Schweiz vier Vollknoten: die drei Hauptbahnhöfe Zürich HB, Bern und Basel SBB sowie den Eisenbahnknotenpunkt Olten, an dem sich die Strecken in die erstgenannten Städte verzweigen. Zwischen je zwei der Großstädte wird ein Halbstundentakt angeboten, so dass man zu jeder vollen und halben Stunde von einer dieser Städte mit einem Fernzug zu einer anderen fahren kann. Die Fahrzeit zwischen Olten und den drei anderen Städten beträgt jeweils knapp unter 30 Minuten, wodurch die Knotenzeit in diesen Städten rechtzeitig erreicht wird.
Um diese Fahrzeiten zu erzielen, waren an einigen Stellen Streckenausbauten und sogar Neubauten notwendig. Mit der Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist entstand in der Schweiz erstmals eine Strecke, auf der eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h möglich ist. So konnte die Fahrzeit zwischen Olten und Bern von 40 min auf 26 min gesenkt werden, wodurch der oben geschilderte Fahrplan überhaupt erst möglich gemacht wurde. Während man besonders in der Anfangszeit auf einen Netzausbau setzte, wurde 1993 aus Kostengründen beschlossen, nur noch an den zwingenden Infrastrukturprojekten festzuhalten. Um trotzdem die notwendigen Fahrzeitverkürzungen zu erzielen, wurden InterCity-Neigezüge bestellt, die kurvenreiche Strecken wie die Jurafußlinie Genf – Neuchâtel – Biel – Olten mit einer höheren Geschwindigkeit befahren können. Dennoch konnten die Kantenzeiten nach Biel und nach Lausanne bislang noch nicht auf ein Vielfaches von 30 Minuten reduziert werden. Daher bestehen in diesen Städten bislang nur Knoten zu den Minuten 15 oder 45, die aber in der Praxis Symmetrieknoten darstellen, da auf den meisten Hauptstrecken durch Überlagerung zweier Linien ein Halbstundentakt mit diesen zusätzlichen Symmetrieminuten besteht.
Mit dem Intercity-Neigezug (ICN), dem Intercity (IC) und dem Interregio (IR) sind die wichtigsten Städte in der Schweiz miteinander verbunden. Die Taktknoten dienen aber nicht nur als Umsteigebahnhöfe innerhalb des Fernverkehrs, sondern auch als Verknüpfung zwischen dem Fernverkehr und Regionalverkehr, wobei es in der Schweiz anders als in Deutschland keine unterschiedlichen Tarife für verschiedene Zuggattungen gibt. Schließlich sorgen erst das große Netz von RegioExpressen (RE), Regionalzügen (R) und S-Bahnen der SBB sowie die zahlreichen sogenannten Privatbahnen, die bis auf wenige Ausnahmen vor allem die vielen Nebenbahnen und Schmalspurbahnen in der Schweiz besitzen und betreiben, für ein flächendeckendes Angebot.
Am dichtesten ist das Bahnnetz im Mittelland um Zürich, Bern, Lausanne und Genf. Obwohl es nur etwa ein Drittel des Staatsgebietes der Schweiz ausmacht, wohnen dort dank der vergleichsweise günstigen Topografie zwei Drittel der Einwohner. Wegen der hohen Bevölkerungsdichte fahren Regionalzüge und S-Bahnen dort in der Regel öfter als alle 30 Minuten, weshalb die Umsteigezeiten auch außerhalb der bedeutenden Knoten gering sind.
Ein großer Teil des Schweizer Staatsgebiets ist gebirgig. Daraus ergeben sich lineare Siedlungs- und Verkehrsachsen, was günstig für den öffentlichen Verkehr ist, da nur wenige Verkehrslinien für eine komplette Raumerschließung notwendig sind. Somit sind nur wenige Anschlüsse zu berücksichtigen. Im Netz der Rhätischen Bahn, der bekanntesten Schmalspurbahn der Schweiz, bestehen an den Kreuzungsbahnhöfen mehrerer Bahnlinien auch einfache Arten von Knoten, z.B. in Filisur und Samedan (siehe oben). Die Alpenregionen sind bereits über Taktknoten in Interlaken und Visp an den Fernverkehr ins Mittelland angeschlossen. Der Taktknoten Visp entstand 2007 dank der Verkürzung der Reisezeit durch den neuen Lötschberg-Basistunnel im Rahmen des Projekts NEAT (Neue Eisenbahn-Alpentransversale), aus dem Ende 2016 auch der Gotthard-Basistunnel eröffnet wird.
Im Rahmen des Projekts „HGV-Anschluss“ entstanden bis 2013 weitere Knoten in der Ostschweiz. Zur zukünftigen Weiterentwicklung des Schweizer Taktfahrplans dient das Infrastrukturprogramm ZEB (Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur) und das längerfristige STEP (Strategisches Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur, ursprünglich „Bahn 2030″). Bis spätestens 2030 können die Knotenzeiten in Biel und Lausanne so auf die volle und halbe Stunde verschoben werden.
Das Zugangebot in Zugkilometern ist in der Schweiz heute etwa 40% höher als 1996, wobei der deutlichste Anstieg im Jahr 2005 nach der Fertigstellung von „Bahn 2000“ zu verzeichnen war. Die Nachfrage ist seit 1996 sogar um mehr als 40% gestiegen. Die Ausweitung des Zugangebots in der Schweiz stellt also nicht nur eine logische Konsequenz gestiegener Fahrgastzahlen dar, sondern führt auch zu einer stärkeren Nutzung des Schienenpersonenverkehrs.
4 Fahrplangestaltung in Deutschland
Seit der Bahnreform 1994 betreibt die Deutsche Bahn den Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) unter privatwirtschaftlichen Verhältnissen ohne staatliche Subventionen. Der Regionalverkehr, meist als Schienenpersonennahverkehr (SPNV) bezeichnet, wurde hingegen regionalisiert, also in die Verantwortung der Bundesländer übertragen. Die Trennung von Fernverkehr und Regionalverkehr hat seit der Bahnreform zu unterschiedlichen Entwicklungen bei der Fahrplangestaltung geführt.
Im Fernverkehr war 1971 der Intercity eingeführt worden, die zunächst im Zweistundentakt und ab 1979 im Stundentakt verkehrte. 1988 folgte der ebenfalls vertaktete Interregio (IR), der zwischen dem Intercity (IC) und dem heutigen Regionalexpress einzuordnen ist, und 1991 schließlich der Intercityexpress (ICE), der bis heute auf den Hauptlinien im Taktfahrplan verkehrt. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen wurde allerdings das Angebot in den letzten Jahren vielerorts ausgedünnt. Dabei wurde nicht nur der IR eingestellt, sondern auch beim IC und beim ICE gibt es abseits der Hauptstrecken inzwischen viele Ausnahmen vom Taktfahrplan.
Der Taktfahrplan hat sich im deutschen Regionalverkehr mittlerweile fast flächendeckend durchgesetzt. Von Land zu Land unterschiedlich ist jedoch der Ehrgeiz, einen echten Integralen Taktfahrplan mit Knotenbahnhöfen zu schaffen. Deutschland gleicht in dieser Hinsicht noch einem Flickenteppich, auch wenn es vor allem im Süden und Westen Deutschlands bereits gute Beispiele von regionalen Integralen Taktfahrplänen im Regionalverkehr gibt, vor allem den NRW-Takt, den Rheinland-Pfalz-Takt und den 3-Löwen-Takt in Baden-Württemberg. Aus dem Vergleich der Fahrgastzahlen im Regionalverkehr von 1993/94 und 2004 geht hervor, dass die Länder mit den höchsten Fahrgastzuwächsen – darunter war auch Rheinland-Pfalz – alle einen ITF eingeführt hatten.
4.1 ITF im Regionalverkehr am Beispiel von Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz, hinsichtlich Fläche und Einwohnerzahl halb so groß wie die Schweiz, ist ein polyzentrisches Land mit starken Verflechtungen zu benachbarten Bundesländern besonders innerhalb der Ballungsräume Rhein-Main, Rhein-Neckar und Karlsruhe. Die für das Land wichtigen ICE-Bahnhöfe Köln, Frankfurt, Mannheim und Karlsruhe befinden sich außerhalb der eigenen Grenzen, während Rheinland-Pfalz bis auf die Halte in Kaiserslautern und Koblenz mittlerweile weitgehend vom Fernverkehr der Deutschen Bahn abgehängt ist. Von der Einstellung des Interregio war Rheinland-Pfalz sehr betroffen, da auf einigen Korridoren diese vertakteten Fernverkehrsverbindungen wegfielen.
Von einem Knotensystem nach Schweizer Vorbild, in dem die großen Zentren des Landes Knotenpunkte für den Fernverkehr darstellen, scheint Rheinland-Pfalz also weit entfernt zu sein. Tatsächlich handelt es sich bisher um einen vorrangig regionalen ITF, mit dem zweierlei erreicht wurde: die Anbindung peripherer Regionen an die oben genannten Ballungsräume, z.B. durch die S-Bahn Rhein-Neckar, sowie die Schaffung von neuen Querverbindungen innerhalb von Rheinland-Pfalz wie z.B. die Linie Mainz – Ludwigshafen – Karlsruhe, die die vorher unzureichende Anbindung der Südpfalz an die Landeshauptstadt Mainz gewährleistet.
Der Rheinland-Pfalz-Takt wurde ab 1994 schrittweise eingeführt, da Fahrzeitverkürzungen durch Investitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge erst nach und nach erfolgten, beispielsweise durch neue Neigetechnikfahrzeuge. Die 2003 eröffnete S-Bahn Rhein-Neckar stellt heute das Rückgrat des Nahverkehrs im Süden von Rheinland-Pfalz dar, allerdings handelt es sich eigentlich um eine modernisierte Regionalbahn. Alle Linien fahren daher nur im Stundentakt, teils bilden aber mehrere Linien einen Halbstundentakt, wie z.B. auch von Ludwigshafen Richtung Neustadt (Weinstraße).
Auch auf kleineren Nebenbahnen wurde ein Taktfahrplan eingeführt. In Neustadt (Weinstraße) zweigt von der in Ost-West-Richtung verkehrenden S-Bahn Rhein-Neckar nach Norden die im Halbstundentakt bediente Regionalbahnlinie Richtung Bad Dürkheim und Freinsheim sowie nach Süden die bis Landau (Pfalz) sogar noch häufiger bediente Strecke Richtung Karlsruhe ab. In Neustadt (Weinstraße) kann zur vollen und zur halben Stunde in alle Richtungen umgestiegen werden kann, auch wenn manche Linien in manchen Stunden leicht vom symmetrischen Taktfahrplan abweichen:
Schon nach dem ersten Jahr des Rheinland-Pfalz-Taktes (1995) zeigte sich der Erfolg des neuen Taktfahrplans. Einerseits erhöhte sich das Angebot (angegeben in Zugkilometern) um ganze 44% im Vergleich zum Vorjahr (1994), fast identisch stieg aber auch die Nachfrage (angegeben in Reisendenkilometern) um 43%.
Im Rahmen des Konzepts “Rheinland-Pfalz-Takt 2015” wurde der Integrale Taktfahrplan in Rheinland-Pfalz weiterentwickelt. Dabei entstanden neue Direktverbindungen wie die Regionalexpress-Linie Koblenz – Trier – Saarbrücken – Kaiserslautern – Neustadt (Weinstraße) (– Mannheim), die zum Teil die Lücke zwischen Regional- und Fernverkehr füllen, welche auf manchen Strecken durch die Einstellung des Interregio entstand. In Koblenz entstand ein 0-Knoten und in Mainz ein 30-Knoten. Mit der Schaffung von Symmetrieknoten in Großstädten und den neuen Regionalexpress-Linien nähert sich der Rheinland-Pfalz-Takt immer weiter dem Schweizer Modell an.
4.2 ITF im Fernverkehr am Beispiel von Baden-Württemberg
Auch im angrenzenden Baden-Württemberg besteht mit dem Drei-Löwen-Takt ein Integraler Taktfahrplan im Regionalverkehr. In manchen Städten bestehen sogar Symmetrieknoten unter Einbeziehung des Fernverkehrs wie in der Schweiz. Am Mannheimer Hauptbahnhof gibt es für den ICE einen 30-Knoten, so dass zwischen den Linien Richtung Berlin, München, Basel und Dortmund umgestiegen werden kann, wobei die beiden ICE-Züge nach Norden sowie die beiden ICE-Züge nach Süden jeweils an der gegenüberliegenden Bahnsteigseite halten und dadurch kurze Umsteigezeiten ermöglichen. Es gibt auch Anschlüsse zu Regionalzügen (und in manchen Stunden zum IC-Bus), allerdings weichen manche Ankunfts- und Abfahrtszeiten sehr stark von der Knotenzeit ab:
Die Fahrzeit von Mannheim nach Karlsruhe beträgt 22 Minuten, so dass in Karlsruhe ein 0-Knoten möglich ist. Dort halten zur Knotenzeit nicht nur die ICE-Züge auf der Strecke Mannheim – Basel, sondern auch ein Intercity, ein Interregioexpress und Regionalexpresszüge in andere Richtungen:
Die Einbindung von Stuttgart in das Knotensystem mit Mannheim und Karlsruhe gestaltet sich jedoch aufgrund der Kantenzeiten schwierig. Zwischen Mannheim und Stuttgart benötigt der ICE über die Hochgeschwindigkeitsstrecke 36 Minuten, weshalb ein Vollknoten zur vollen Stunde in Stuttgart nicht möglich ist. Grundsätzlich möglich wäre ein Richtungsknoten, der jedoch nur zu den Minuten 15 bzw. 45 wirkliche Vorteile bringen würde. Dazu müsste ein längerer Aufenthalt in Stuttgart eingeplant werden bzw. die Fahrzeit zwischen Mannheim und Stuttgart auf 45 Minuten gestreckt werden. Von der Deutschen Bahn wird das aber abgelehnt, weil dadurch die Fahrzeit auf den direkten ICE-Verbindungen steigen würde. Die Befürworter eines Integralen Taktfahrplans wenden dagegen ein, dass durch einen längeren Aufenthalt in Stuttgart nicht nur die Knotenzeit eingehalten werden kann, sondern der zeitliche Puffer auch der Fahrplanstabilität zugutekommt. Hier zeigt sich wieder einmal die Hauptkonfliktlinie zwischen Gegnern und Befürwortern von Integralen Taktfahrplänen: “so schnell wie möglich” gegenüber “so schnell wie nötig”, um einen Vollknoten in Stuttgart zu erreichen und damit auch die Verbindungen nach Heilbronn, Reutlingen, Tübingen oder andere Städte im polyzentrischen Norden des Landes Baden-Württembergs zu verbessern.
In der Diskussion um das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S21) spielte auch die Eignung des neuen Tiefbahnhofs für einen ITF-Knoten eine Rolle. Die Gegner des Bahnprojektes forderten stattdessen unter dem Namen Kopfbahnhof 21 (K21) den Ausbau des bestehenden Bahnhofs, der mit seinen 16 Gleisen genug Kapazität für einen ITF-Vollknoten aufgewiesen hätte. Stuttgart 21 wird als Durchgangsbahnhof jedoch nur 8 Gleise haben, weswegen nicht alle Züge gleichzeitig im Bahnhof halten können und nach einer vergleichsweise kurzen Stehzeit wieder ausfahren müssen. Weil die Deutsche Bahn aber keinen Symmetrieknoten in Stuttgart plant, zumal bei einem Halbstundentakt auf den meisten Strecken auch ohne Taktknoten akzeptable Umsteigezeiten möglich sind, spielt die fehlende Eignung des Tiefbahnhofes als ITF-Vollknoten für sie nur eine geringe Rolle.
4.3 Schnellfahrstrecke Erfurt-Nürnberg
Im Rahmen der Transeuropäischen Verkehrsnetze und des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 (VDE 8) wird der Eisenbahnkorridor Berlin – Leipzig / Halle – Nürnberg – München ausgebaut und neu über Erfurt trassiert. Nach der im Dezember 2015 eröffneten Neubaustrecke Leipzig / Halle – Erfurt soll im Dezember 2017 die Schnellfahrstrecke Erfurt – Nürnberg fertiggestellt werden.
Die minimale Fahrzeit zwischen Erfurt und Nürnberg wird sich durch letzteren Abschnitt deutlich von fast 3 Stunden auf 66 Minuten verringern. Damit ist die Kantenzeit auch hier für einen ITF überhaupt nicht geeignet. Auch auf längere Sicht ist es also ausgeschlossen, das sowohl in Nürnberg als auch in Erfurt Vollknoten bestehen, sofern die Fahrzeit zwischen beiden Städten nicht noch zusätzlich um etwa 10 Minuten verkürzt oder ein vergleichsweise langen Puffer von 20 Minuten eingebaut wird.
An diesem Beispiel lässt sich gut erkennen, wieso in Deutschland die Prioritäten anders als der kleineren Schweiz gesetzt werden. Die DB rechnet ab einer Fahrzeit von 4 Stunden nur mit einem geringen Marktanteil der Bahn im Vergleich zum Flugzeug. Auf dem Korridor Berlin-München kann die Reisezeit erst durch den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Leipzig / Halle – Erfurt – Nürnberg von etwa 6,5 Stunden auf etwa 4 Stunden reduziert werden. Dieser Wert könnte jedoch nicht mehr erreicht werden, wenn Vollknoten in allen Großstädten eingerichtet und dementsprechend zwischen Erfurt und Nürnberg Fahrzeitverlängerungen um 20 Minuten eingeplant werden.
4.4 Regionalverkehr in Berlin-Brandenburg
Die Unterschiede zwischen der Metropolregion Berlin und dem ländlichem Raum in Brandenburg sind groß: In Brandenburger Randregionen wie der Prignitz wird auf den Nebenstrecken – wenn sie heute überhaupt noch im Personenverkehr genutzt werden – oft nur ein unregelmäßiger Fahrplan oder ein Zweistundentakt gefahren, während auf der Nord-Süd- und der Ost-West-Achse des Regionalverkehrs in Berlin durch Überlagerung mehrerer Linien etwa viertelstündlich ein Zug fährt.
Die Einrichtung eines ITF-Knotens in Berlin macht wegen dieser Linienbündelung auf den zentralen Abschnitten also kaum Sinn, da dann die Züge in kürzester Zeit hintereinander über diese Strecke fahren müssten, um den Knoten zu erreichen. Das würde nicht nur zu einer ungleichen Auslastung der Züge, sondern auch zu einer Überlastung der Infrastruktur zur Knotenzeit führen. Am Berliner Hauptbahnhof, der als zentraler Kreuzungsbahnhof von Nord-Süd- und Ost-West-Achse eigentlich die natürliche Wahl für einen Taktknoten wäre, bestehen auf der oberen Ebene pro Richtung nur zwei Gleise für den Regional- und Fernverkehr, zu wenig bei stündlich vier Linien des Regionalverkehrs und weiteren Fernverkehrszügen. Entsprechend der langen Umsteigezeit zwischen Zügen auf den verschiedenen Ebenen wären auch die Haltezeiten der Züge im Hauptbahnhof sehr lange. Ein ITF-Vollknoten am Berliner Hauptbahnhof wäre also sowohl nachteilig als auch schlicht unrealisierbar.
Angesichts der dünnen Takte in der Peripherie musste in den äußeren Regionen Brandenburgs besonderer Wert auf die Einrichtung von Knoten gelegt werden. Andererseits bestehen in der Regel weniger Anforderungen an die Infrastruktur, da auch weniger Linien zusammentreffen. Im Land Brandenburg bestehen daher mehrere Taktknoten – vom umfangreichen 0-Knoten Cottbus, von dem Regionalbahnlinien sternförmig in allen Richtungen führen, bis zu kleineren Knoten mit nur einer abzweigenden Linie wie in Rathenow und Brandenburg (Havel):
Zuletzt sorgte die Eröffnung der Neubaustrecke Leipzig / Halle – Erfurt und die damit verbundene Erweiterung des Fernverkehrsangebots für große Änderungen im Brandenburger Taktfahrplan, da die bisherigen Fahrplanlagen der Regionalzüge auf der gemeinsam genutzten Ausbaustrecke Berlin – Leipzig / Halle nun vom Fernverkehr beansprucht wurden, der als höherwertiges Verkehrsmittel Vorrang bei der Trassenvergabe genießt. Dies führte zu einer Abstufung von Falkenberg (Elster) zu einem Halbknoten, an dem nicht mehr alle Linien zur vollen Stunde halten können. Ob sich im Brandenburger Regionalverkehr ein langfristig gültiger Integraler Taktfahrplan herausbilden kann, hängt also auch von der Entwicklung eines dauerhaften Fahrplangefüges im Fernverkehr ab.
5 Fazit und Ausblick
5.1 Kann das Schweizer Modell auf Deutschland übertragen werden?
Offensichtlich gibt es keine grundsätzlichen Probleme, das Schweizer Modell auf Deutschland zu übertragen, denn in einigen Bundesländern gibt es bereits sehr ähnliche Integrale Taktfahrpläne. Allerdings liegt die Fläche dieser einzelnen Bundesländer in einer Größenordnung mit der Schweiz. Wie auch das Schweizer Mittelland besitzen auch Nordrhein-Westfalen und Teile von Rheinland-Pfalz eine hohe Bevölkerungsdichte bei einer polyzentrischen Struktur. Auch die meisten anderen Teilräume Deutschlands sind mehr oder weniger gut für Integrale Taktfahrpläne auf regionaler Ebene geeignet, jedoch mit gewissen Unterschieden bei der Taktzeit und der Knotendichte.
Deutschland ist insgesamt mehr als 7-mal so groß wie die Schweiz. Im deutschen Fernverkehr muss daher mehr auf Hochgeschwindigkeitsverbindungen gesetzt werden, zumal der Marktanteil der Bahn gegenüber dem Flugzeug ab einer Fahrzeit von 4 Stunden stark sinkt. Zudem ist die Komplexität der wichtigsten deutschen Bahnknoten schon heute größer als bei den meisten Schweizer Taktknoten. Es lässt sich sicherlich darüber streiten, ob der Konflikt zwischen einer hohen Geschwindigkeit auf wichtigen Direktverbindungen und einem flächendeckend abgestimmten Fahrplan in Deutschland unvermeidbar ist oder erst durch die fehlende Eignung neuer oder ausgebauter Bahnstrecken und Bahnhöfe für einen Integralen Taktfahrplan wirklich entstanden ist. Auf jeden Fall lassen sich die politischen Entscheidungen zum Bau neuer Schnellfahrstrecken und Hauptbahnhöfe und zur konkreten Ausgestaltung dieser Schienenverkehrsanlagen kaum noch rückgängig machen.
5.2 Wie kann der Integrale Taktfahrplan in Deutschland umgesetzt werden?
Eine derart konsequente Ausgestaltung des ITF wie in der Schweiz erscheint in Deutschland weder sinnvoll noch unter vertretbarem Aufwand umsetzbar. Jedoch können die Anschlüsse in den mittlerweile schon nahezu flächendeckend bestehenden, meist symmetrischen Taktfahrplänen im Regionalverkehr schrittweise verbessert werden und der Fernverkehr vertaktet werden. Wie eine Zwischenstufe eines Integralen Taktfahrplans aussehen kann, zeigen die erste Entwicklungsstufe des Rheinland-Pfalz-Taktes oder die einzelnen Taktknoten im Land Brandenburg. Längerfristig können daraus flächendeckende Knotensysteme werden, die auch den Fernverkehr mit einschließen. Während in Verdichtungsräumen dank der hohen Verkehrsnachfrage die Umsteigezeiten auch einfach durch Taktverdichtung reduziert werden könnten, sollte hauptsächlich in ländlichen Regionen auf die Schaffung neuer Knoten gesetzt werden. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums von der Technischen Universität Braunschweig und dem IGES Institut erstellte Machbarkeitsstudie zur Prüfung eines Deutschland-Takts im Schienenverkehr.
Eine Einbindung des Regionalverkehrs in diese Fernverkehrsknoten erfordert eine Zusammenarbeit mit den Bundesländern oder den Organisationen, die für den jeweiligen Integralen Taktfahrplan im Regionalverkehr zuständig sind. Umgekehrt kann die Stabilität der Taktfahrpläne im Regionalverkehr nur gewährleistet werden, wenn auch im Fernverkehr ein langfristiges Fahrplanangebot definiert wird, da viele Bahnstrecken gemeinsam genutzt werden.
Ein Integraler Taktfahrplan im Fernverkehr kann aber nicht flächendeckend umgesetzt werden, solange der Fernverkehr eigenwirtschaftlich betrieben wird. Die Planung des Fernverkehrsangebots einschließlich der Fahrpläne erfolgt derzeit durch den jeweiligen Betreiber hauptsächlich nach betriebswirtschaftlichen Kriterien, was ein unregelmäßiges oder fehlendes Angebot auf weniger ausgelasteten Linien zur Folge hat. Auf den Hauptstrecken kann der freie Netzzugang hingegen dazu führen, dass sich mehrere Anbieter um diejenigen Fahrplantrassen bewerben, die einen Taktknoten zur Knotenzeit erreichen und daher höhere Fahrgastzahlen und Einnahmen versprechen. Bislang hat der DB-Konzern im deutschen Fernverkehr zwar nur wenige Konkurrenten, deren Anzahl könnte sich aber bei Fortsetzung der insbesondere von der Europäischen Union vorangetriebenen Wettbewerbspolitik im Fernverkehr in den nächsten Jahren erhöhen. Selbst wenn alle Linien in einen Integralen Taktfahrplan eingebettet wird, könnten konkurrierende Fernverkehrsanbieter weiterhin jeweils ihre eigenen Tarifsysteme anwenden, wodurch es Reiseketten geben würde, die nur zu einem hohen Preis oder gar nicht durchgehend verkäuflich und damit für den Bahnkunden unattraktiv sind. Zusammengefasst gilt: Eine Aufteilung des Fernverkehrs in konkurrierende eigenwirtschaftliche Anbieter mit nicht aufeinander abgestimmten Fahrplänen oder Tarifen ist grundsätzlich unvereinbar mit einem Integralen Taktfahrplan!
Für einen Deutschland-Takt muss das Bundesverkehrsministerium oder eine untergeordnete Organisation daher die Fahrpläne und Tarife im Fernverkehr stärker regulieren, anstatt die Entscheidung über diese Angebotsbestandteile allein den Verkehrsunternehmen zu überlassen. Insbesondere sollten bestimmte Fahrplantrassen für die im Deutschland-Takt verkehrenden Linien reserviert werden. Laut der Machbarkeitsstudie ist ein solches Vorgehen mit dem europäischen Recht vereinbar, da der freie Netzzugang (Open Access) für Eisenbahnverkehrsunternehmen dort nur einen Anspruch auf vorgefertigte Fahrplantrassen beinhaltet. Nach geltendem deutschem Recht ist jedoch nur eine unverbindliche Trassenvorplanung zulässig, weshalb für einen Deutschland-Takt die Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) dahingehend geändert werden sollte, dass sich die Verkehrsunternehmen nur um die Nutzung vorkonstruierter Fahrplantrassen bewerben können.
Durch eine staatliche Bestellung von Fernverkehrsleistungen könnte auch der Rückzug des Fernverkehrs aus manchen Ländern, wie Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt oder Rheinland-Pfalz, umgekehrt werden. Im ersten Schritt sollte auf allen Linien ein konsequenter symmetrischer Taktfahrplan eingeführt werden. Als Grundtakt eignet sich der 60-Minuten-Takt, der je nach Auslastung der Strecken aber auch zu einem 120-Minuten-Takt reduziert oder zu einem 30-Minuten-Takt verdichtet werden kann. Alle Betriebskonzepte der Machbarkeitsstudie sehen im ICE-Verkehr auf der Nord-Süd-Achse Hamburg – Hannover – Kassel – Fulda – Frankfurt – Mannheim – Karlsruhe – Basel sowie auf weiteren wichtigen Städteverbindungen wie Frankfurt – Köln, München – Nürnberg und Berlin – Wolfsburg einen passgenauen oder angenäherten Halbstundentakt durch Überlagerung zweier ICE-Linien im Stundentakt vor. Für die meisten heutigen IC-Linien in allen Szenarien wird hingegen nur ein Zweistundentakt zugrunde gelegt. Ähnliche Standardtakte präsentierte die Deutsche Bahn bereits im März 2015 in ihrem Fernverkehrskonzept. Zwar verfolgt der DB-Konzern in erster Linie das betriebswirtschaftliche Ziel, die zunehmend von Konkurrenten betriebenen langlaufenden Regionalexpresslinien durch eine Integration in den Fernverkehr wieder selbst anbieten zu können. Allerdings ist ein regelmäßiger Verkehr auf weiteren Fernverkehrslinien sowie eine stärkere Koordination von Regionalverkehr und Fernverkehr als Grundlage für einen Deutschland-Takt auch unabhängig von den Konzerninteressen der Deutschen Bahn wünschenswert.
Taktfahrpläne bieten den ganzen Tag über dasselbe Angebot und haben daher scheinbar ein schlechteres Nutzen-Kosten-Verhältnis als nachfrageorientierte unregelmäßige Fahrpläne. Das wird aber weitgehend durch die deutlichen Reisezeitverkürzungen und Nachfragesteigerungen kompensiert, zu denen die Ausweitung des Angebots zu Taktfahrplänen und besonders die Verknüpfung der Taktfahrpläne einzelner Linien zu Integralen Taktfahrplänen schon oft geführt haben und die in der Machbarkeitsstudie auch für den Deutschland-Takt vorhergesagt werden.
Die Konstruktion des Deutschland-Takts erfolgt in der Machbarkeitsstudie ausgehend vom Schweizer Taktknoten Basel SBB und der von Basel entlang des Oberrheingrabens Richtung Karlsruhe und Mannheim verkehrenden ICE-Linie. Weil der Ausbau und abschnittsweise Neubau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel eine Fahrzeitverkürzung um etwa eine halbe Stunde bewirkt, wird Karlsruhe zur halben Stunde anstatt zur vollen Stunde erreicht und die Knotenzeit des ICE-Knotens in Mannheim von der heute genutzten Symmetrieminute 30 auf die andere Symmetrieminute 0 verschoben. Mit den Fahrplanlagen mancher ICE-Linien werden auch die Fahrpläne von abschnittsweise parallel verkehrenden ICE-Linien aufgrund der möglichst gleichmäßigen Überlagerung der beiden Stundentakte zu einem Halbstundentakt auf der gemeinsam bedienten Strecke weitgehend festgelegt.
Auf der Grundlage des so entstandenen symmetrischen Taktfahrplans im Fernverkehr könnten neue Knoten eingeführt werden, sofern dadurch keine inakzeptablen Reisezeitverlängerungen für durchfahrende Fahrgäste auf wichtigen Direktverbindungen entstehen. Die Machbarkeitsstudie legt aber vor allem Wert auf die Beibehaltung der bereits in ähnlicher Weise bestehenden Anschlüsse in den Taktknoten Mannheim, Fulda und Hannover, wodurch gleichzeitig die Fahrplanlage von noch mehr Fernverkehrslinien festgelegt wird. Von diesen Städten soll nur Hannover keinen Vollknoten im Fernverkehr erhalten, weil die ICE-Linien und IC-Linien in Ost-West-Richtung wie bisher außerhalb der Symmetrieminuten halten sollen. Durch einen Infrastrukturausbau und die resultierende Fahrzeitverkürzung zwischen Frankfurt und Fulda kann der ICE aus Basel den Knoten Hannover zur vollen Stunde erreichen, die Anschlüsse aus Richtung Frankfurt in Richtung Bremen und Magdeburg und umgekehrt sollen aber zur halben Stunde entstehen. In Fulda sollen sich die ICE-Linien Richtung Hannover, Berlin, Nürnberg und Mannheim weiterhin zur vollen Stunde treffen, wobei zwischen den nach Norden fahrenden Zügen sowie den nach Süden durch den Bahnhof fahrenden Zügen schon heute am selben Bahnsteig umgestiegen werden kann. Am neuen Symmetrieknoten Erfurt entstehen neue Anschlüsse zwischen den auf die Neubaustrecken des Projekts VDE 8 verlegten ICE-Linien Berlin – Frankfurt – Wiesbaden / Basel und Hamburg – Berlin – Nürnberg – München eingerichtet werden. Allerdings erreicht der Intercityexpress vom Symmetrieknoten in Erfurt aufgrund der zu langen Kantenzeit entlang der Schnellfahrstrecke Erfurt – Nürnberg den Symmetrieknoten der anderen Fernverkehrslinien in Nürnberg nicht mehr rechtzeitig. Weitere Halbknoten sind in Dortmund und Köln vorgesehen, wobei die geringe Kapazität des zentral in der Innenstadt unweit des Kölner Doms gelegenen Kölner Hauptbahnhofs einen Vollknoten in dieser Stadt gar nicht erst erlaubt.
Außerhalb dieser vor allem für den Fernverkehr bedeutenden Knoten sollte eine Einbindung einzelner Fernverkehrslinien in bestehende oder neue Regionalverkehrsknoten angestrebt werden. Indem der Regionalverkehr besser mit dem Fernverkehr abgestimmt wird und insbesondere Anschlüsse zwischen Intercity- und Regionalexpress-Linien angeboten werden, werden auch viele bislang nicht vom Fernverkehr bediente kleinere Städte an den überregionalen Verkehr angebunden und auch bislang schlechter ausgelastete Fernzüge durch die Fahrgastzuführung über Regionalzüge stärker genutzt. Weitere Symmetrieknoten unter Einbeziehung einzelner Fernverkehrslinien, aber ohne Umsteigeverbindungen innerhalb des Fernverkehrs, können laut der Machbarkeitsstudie zur Symmetrieminute 0 in Magdeburg, Memmingen und Münster sowie zur Symmetrieminute 30 in Bremen, Buchloe und Karlsruhe eingerichtet werden. Damit der Intercity Richtung Leipzig trotz des neu eingerichteten Knotens in Hannover zur vollen Stunde auch weiterhin den bestehenden Knoten in Magdeburg zur vollen Stunde erreicht, ist ein Infrastrukturausbau zur Verkürzung der Fahrzeit zwischen diesen beiden Städten notwendig.
Ein Deutschland-Takt im Schienenpersonenverkehr darf die Leistungsfähigkeit des Schienengüterverkehrs nicht beeinträchtigen. Dafür sollte auch der Güterverkehr deutschlandweit tagsüber vertaktet werden, wofür in der Machbarkeitsstudie standardmäßig ein Zweistundentakt gewählt wurde. In den Nachtstunden kann aufgrund des unregelmäßigen Angebots im geringen Personenverkehr bereits mehr als die Hälfte der Güterverkehrsleistung abgewickelt werden, für den Rest verbleibt auch tagsüber neben dem regelmäßigen Personenverkehr auf den meisten Strecken noch genügend Kapazität für vertaktete Güterverkehrstrassen. Die Studie benennt die sowohl vom Personenverkehr als auch vom Güterverkehr stark genutzten Bahnstrecken zwischen Köln und Mannheim entlang des Rheins, zwischen Hamburg und Hannover sowie zwischen Fulda und Hanau aber als Engpässe, die nur durch Infrastrukturmaßnahmen beseitigt werden können. In vielen Fällen reicht aber schon die Verlegung des Personenverkehrs auf parallele Neubaustrecken aus, wodurch die erforderlichen Kapazitäten auf den Bestandsstrecken freigegeben werden. Anderenfalls muss der Güterverkehr umgeleitet werden, wofür aber meistens Infrastrukturanpassungen an den Alternativstrecken und wichtigen Eisenbahnknotenpunkten erforderlich sind.
Ein bundesweiter Taktfahrplan erfordert also eine fahrplanbasierte Infrastrukturplanung, wobei das Schweizer Modell durchaus ein gutes Vorbild für Deutschland dienen kann. Mit der Prämisse, erst einen Langfristfahrplan zu entwickeln und dann die Infrastruktur daran anzupassen, können die finanziellen Mittel für die Schieneninfrastruktur dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Tatsächlich enthält der Bundesverkehrswegeplan 2030 neben zahlreichen konkreten Infrastrukturprojekten auch den Untersuchungsauftrag, die für einen Deutschland-Takt notwendigen Anpassungen der Schienennetzinfrastruktur zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Reisezeitvorteile eines Integralen Taktfahrplans gesamtwirtschaftlich zu bewerten.
5.3 Integrale Taktfahrpläne – der Weisheit letzter Schluss?
Integrale Taktfahrpläne gehören für viele heute zur Idealvorstellung eines guten öffentlichen Verkehrsnetzes. Die Grundidee der Umsteigeknoten ist sehr anschaulich, eignet sich recht gut als politisches Ziel und liefert mit geringem Aufwand Schlüsse, wo durch eine Verbesserung der Infrastruktur möglichst große Verbesserungen des Fahrplans erreicht werden können. Es lässt sich aber nicht allgemeingültig behaupten, dass symmetrische oder gar Integrale Taktfahrpläne unter festen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit oder der Umsteigezeiten optimal sind.
Mit den Mitteln moderner Mathematik ist es heute möglich, Verkehrsnetze zu modellieren und unter gewissen Nebenbedingungen einen Fahrplan mit optimalen Umsteigezeiten zu bestimmen. Allerdings wird bei der mathematischen Fahrplanoptimierung ein feste Netzinfrastruktur angenommen, wodurch die Fahrplanentwicklung anders als bei der Philosophie des Integralen Taktfahrplans nicht in einen Zusammenhang mit der Infrastrukturentwicklung gestellt werden kann.
Ein mathematisch optimierter Fahrplan wurde erstmals 2004 bei der Berliner U-Bahn eingeführt. Allgemeine mathematische Algorithmen lassen sich prinzipiell auch auf andere Verkehrssysteme wie die Deutsche Bahn übertragen, stoßen aber bei größeren und schwerer modellierbaren Netzen schnell an die Grenzen der Komplexität. Wie in der Taktfahrplanung werden auch in der Linien- und Umlaufplanung mathematische Methoden entwickelt, wobei es trotz der hohen Komplexität Versuche gibt, mehrere dieser Teilbereiche gemeinsam zu optimieren. In der Praxis wird die Mathematik eine immer stärkere Konkurrenz zur traditionellen manuellen Planung darstellen.
6 Zum Weiterlesen
- Dieser Artikel steht im PDF-Format auf http://www.felix-thoma.de/ITF/gastartikel.pdf zum Download zur Verfügung.
- Meine im Herbst 2012 im Rahmen des Abiturs verfasste Facharbeit, die im Frühjahr 2013 mit einem Dr.-Hans-Riegel-Preis im Fach Geografie ausgezeichnet wurde, enthält noch weitere Fakten und Zusammenhänge zum Integralen Taktfahrplan, ein Interview mit Werner Schreiner, dem Mitentwickler des Rheinland-Pfalz-Taktes, sowie das vollständige Verzeichnis aller damals verwendeten Quellen: http://www.felix-thoma.de/ITF/facharbeit.pdf.
- Der Mathematiker Christian Liebchen vergleicht die Vorteile und Nachteile verschiedener Arten von Taktfahrplänen in seinem Artikel „Fahrplanoptimierung im Personenverkehr – muss es immer ITF sein?“ in der Eisenbahntechnischen Rundschau 11/2005.
- Auf den Netzgrafiken des Schweizer Beratungsunternehmens „SMA und Partner“ ist der komplette Bahnfahrplan der Schweiz und insbesondere der S-Bahn Zürich abgebildet: http://www.sma-partner.ch/de/ueber-sma/downloads. Ähnliche Darstellungen gibt es auch für den Schienenverkehr in den deutschen Bundesländern Bayern (http://beg.bahnland-bayern.de/de/infomaterial) und Nordrhein-Westfalen (http://www.kcitf-nrw.de/service/).
- Nordrhein-Westfalen unterhält das Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan NRW (http://www.kcitf-nrw.de/) für die Weiterentwicklung des NRW-Taktes. Auch über den Rheinland-Pfalz-Takt (http://www.der-takt.de/) und des 3-Löwen-Takt in Baden-Württemberg (http://www.3-loewen-takt.de/) wird auf eigenen Internetseiten informiert.
- Bei der Schlichtung zum Bahnprojekt Stuttgart 21 (u.a. am 29.10.2010 und am 27.11.2010) trafen verschiedene Ansichten zum Integralen Taktfahrplan aufeinander. Alle Sitzungsprotokolle und das von „SMA und Partner“ nachgelieferte Audit zur Betriebsqualitätsüberprüfung, der sogenannte Stresstest, stehen auf http://www.schlichtung-s21.de/dokumente.html.
- Der Informatikprofessor Wolfgang Hesse von der LMU München entwarf als Gegner von Stuttgart 21 (S21) einen Integralen Taktfahrplan für das Alternativprojekt Kopfbahnhof 21 (K21) und verfasste dazu den Artikel „Stuttgart: Nullknoten ist möglich – Betriebskonzepte und Integraler Taktfahrplan in der Diskussion“ in der Eisenbahn-Revue International 3/2011.
- Ingo Decker bietet auf seiner Internetseite Fahrplan Süd (http://www.fahrplan-sued.de/) ebenfalls eine lesenswerte Einführung in den Integralen Taktfahrplan, analysiert den ITF von Wolfgang Hesse für K21 und entwickelt einen eigenen ITF auf der Infrastruktur von S21.
- Eine sehr differenzierte Position zum ITF in der Schweiz und zu seiner Übertragbarkeit auf Deutschland vertritt auch Rainer Engel vom Fahrgastverband PRO BAHN. Sein Artikel “Der integrale Taktfahrplan: Grenzen und Chancen”, der auch die Sichtweise weiterer Länder wie Frankreich und den Niederlanden sowie verschiedener Akteure zum ITF analysiert, erschien dreiteilig in den Ausgaben 5/2012, 6/2012 und 7/2012 der Eisenbahn-Revue International.
- Die von mehreren Führungspersonen von Unternehmen und Verbänden getragene Initiative Deutschland-Takt veröffentlicht zahlreiche aktuelle Texte und Präsentationen zum Integralen Taktfahrplan auf der von Rainer Engel (PRO BAHN) verwalteten Internetseite https://www.initiative-deutschlandtakt.de.
- Das 2000 vom Fahrgastverband PRO BAHN publizierte Konzept „Der letzte Fahrplanwechsel“ für einen bundesweiten Integralen Taktfahrplan mit schnellem Fernverkehr (http://www.pro-bahn.de/pbz/pdf/itf_broschuere.pdf) erreicht sein Ziel abweichend vom Schweizer Modell durch Verzicht auf Taktknoten in den größten deutschen Städten.
- Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) veröffentlichte 2004 die etwas weniger auf Fahrplanaspekte fokussierte und stattdessen allgemeiner geschriebene Studie „Bahn 21“ (http://www.nahverkehrsberatung.de/downloads/Bahn21_VCD-Studie.pdf)
für eine „vernetzte Flächenbahn“ mit einem Integralen Taktfahrplan in Deutschland. - Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) verfasste eine Arbeitsgemeinschaft der Technischen Universität Braunschweig und des privaten IGES Instituts eine Machbarkeitsstudie zur Prüfung eines Deutschland-Takts im Schienenverkehr: http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Schiene/deutschland-takt-machbarkeitsstudie-schienenverkehr-bericht.pdf?__blob=publicationFile
Die Studie benennt ebenfalls Probleme einer Übertragbarkeit des klassischen Integralen Taktfahrplans auf Deutschland und bietet stattdessen einige alternative Ansätze. Auf dieser theoretischen Grundlage wird für die bestehenden Fernverkehrslinien und vier Infrastrukturszenarien ein konkretes Fahrplankonzept für einen Deutschland-Takt entwickelt. Die einzelnen Konstruktionsschritte werden im Text begründet und die resultierenden Angebotskonzepte auf einem mikroskopischen Modell des Gesamtnetzes auf ihre betrieblich-technische Machbarkeit überprüft. Allerdings ist es selbstverständlich schwierig zu beurteilen, ob die in der Machbarkeitsstudie konkret gewählten Knotensysteme hinsichtlich der jeweils vorausgesetzten Infrastruktur alternativlos oder unter allen dafür zulässigen Taktfahrplänen optimal sind. Für die verschiedenen Entwicklungsszenarien des Deutschland-Taktes werden in den Anlagen die wichtigsten Taktknoten mit den Ankunftszeiten und Abfahrtszeiten der dort haltenden Linien, die Fernverkehrslinien mit ihren Verläufen, Takten und zugewiesenen Fahrzeugen sowie die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen in Tabellen aufgelistet oder auf Karten dargestellt: http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Schiene/deutschland-takt-machbarkeitsstudie-schienenverkehr-anlagen.pdf?__blob=publicationFile
- Die Deutsche Bahn informiert Medien über ihr im 2015 präsentiertes Fernverkehrskonzept, das auch unter dem Namen „Deutschland im Takt“ bekannt ist, auf ihrer Konzernwebsite:
http://www.deutschebahn.com/de/presse/suche_Medienpakete/9910362/medienpaket_fernverkehr.html - Der neue Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2015 wurde erst Anfang 2016 veröffentlicht und enthält neben vielen konkreten Projekten auch das Vorhaben 41 des Potenziellen Bedarfs, das sich aus dem Bestandsnetz durch die vorgesehenen Neubau- und Ausbaustrecken entwickelnde BVWP-Zielnetz ggf. an die Erfordernisse eines Deutschland-Takts anzupassen, die dafür notwendigen zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen auszuarbeiten und unter Berücksichtigung der Reisezeitvorteile gesamtwirtschaftlich zu bewerten:
http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/BVWP/bvwp-2030-gesamtplan.pdf?__blob=publicationFile - Auf der offiziellen Seite des Deutschland-Takts (https://www.deutschlandtakt.de/) können insbesondere die Netzgrafiken des dritten und vorerst letzten Gutachterentwurfs von SMA&Partner sowie ergänzende Dokumentationen heruntergeladen werden.
Vielen Dank an Pierre Daniel Bertholdt für die ausführlichen Verbesserungsvorschläge sowie an alle Autoren von Zuschriften und Kommentaren! Im Hinblick auf zukünftige Aktualisierungen dieses Artikels sind inhaltliche Korrekturen und Hinweise sowie Vorschläge für weitere Linktipps weiterhin gerne gesehen!
Ich sehe bei den Taktfahrplänen die Problematik, dass dabei Direktverbindungen ohne Umsteigen gerade nicht mehr gut hereinpassen. Nehmen wir eine Regionalstrecke wie Rostock – Berlin, die momentan im 2-Stunden-Takt mit RE betrieben wird. Die Fahrgäste aus zwei Stunden „Wunsch-Abfahrtszeit“ werden also von je einem Zug mitgenommen. Wollte die DB oder jemand anderes einen Zug Rostock – Berlin – München anbieten, könnte sie/er sich gerade in die Mitte zwischen zwei dieser Taktzüge legen. Wer nach München will, würde sich die Abfahrtszeit schon passend einrichten. Unter den Fahrgästen auf der Relation Rostock – Berlin könnte der zusätzliche Zug aber nur die Fahrgäste aus einer Stunde „Wunsch-Abfahrtszeit“ erreichen, soweit er sich nicht durch besondere Merkmale (Preise, Komfort, Geschwindigkeit) abhebt. Beispiel: Abfahrt der RE um 8:00, 10:00, 12:00, 14:00 und 16:00: Fährt je ein Fernzug dann um 9:00 und um 15:00 ab, werden diese auf er kürzeren Strecke vor allen die Fahrgäste nutzen, die am liebsten zwischen 8:30 und 9:30 bzw. 14:30 und 15:30 abfahren möchten, sofern man einmal eine symmetrische Möglichkeit der Verschiebung der Reisezeit gegenüber der Idealzeit unterstellt. Zwar werden es insgesamt etwas mehr Fahrgäste auf der Strecke durch das zusätzliche Angebot eines Fernzuges, aber im Prinzip nehmen der vorige und der nachfolgende RE dem Fernzug Fahrgäste weg.
Besser wäre die Situation, wenn die beiden RE je vier Stunden einen unregelmäßigen Takt von abwechselnd 80 Minuten und 160 Minuten hätten, also Abfahrt z.B. um 8:00, um 9:20, 12:00, um 13:20 und 16:00.
Dann könnten sich Fernzüge nach München mit Abfahrten um 10:40 und 14:40 jeweils in die Mitte der RE mit 160 Minuten Abstand setzen und hätten somit gute Chancen, Fahrgäste zu erreichen, die am liebsten irgendwann in der 160-minütigen Lücke abfahren würden, statt nur die Fahrgäste der 120-minütigen Lücke bei echtem Taktfahrplan des RE.
An Haltestellen des RE, an denen der Fernzug durchfährt, gäbe es eine Bedienung mit 80 – 160 Minuten Abstand, das ist sicherlich eine gewisse Verschlechterung gegenüber 120 – 120. Für Fahrgäste von Rostock nach Berlin gäbe es dann dagegen einen annähernden 80-Minuten Takt statt 60 – 60 – 120. Tatsächlich aber sind Fernzüge auf dieser Strecke weitgehend unwirtschaftlich, so dass in der Realität fast immer 120 Minuten Zugabstand besteht, und die Weiterfahrt über Berlin hinaus Umsteigen erfordert. Die Alternative liegt also zwischen 80-Minuten-Takt und 120-Minuten-Takt.
Ich will damit sagen, dass ein getakteter Regionalverkehr dann kontraproduktiv ist, wenn es möglich wäre, hin und wieder Fernverkehrszüge auf derselben Strecke fahren zu lassen, die Aufgaben des Regionalzuges übernehmen: Dann wäre eine Streckung des Taktes des Regionalverkehrs hilfreich, um den Fernverkehrszug aus dieser Lücke mehr Fahrgasteinnahmen zu ermöglichen
Hallo,
danke für deine interessante Idee, bei der ich jedoch ein paar grundsätzliche Probleme sehe:
– Ein 80-Minuten-Takt ist nicht sinnvoll, nicht nur wegen der unregelmäßigen Abfahrtsminuten (beim heutigen 120-Minuten-Takt reicht die Kenntnis der Abfahrtsminute ohnehin nicht aus), sondern auch wegen der unregelmäßigen Zugfolge- und Umsteigezeiten zu anderen Zügen im 60-Minuten-Takt, die kaum optimiert werden können.
– Wenn der Fernzug gegenüber dem Regionalzug einige Haltestellen auslässt, verkürzt sich zwar die Reisezeit, aber höchstens an einem Ende der Linie kann ein einheitlicher Takt angeboten werden. Wenn z.B. in Berlin die Fern- und Regionalverkehrszüge alle 80 Minuten abfahren, käme in Rostock nach dem Fernzug länger kein Regionalzug an.
– Schließlich sehe ich schon die Gefahr, dass 80-160-Minuten-Abstände die Attraktivität der schon heute nur im 120-Minuten-Takt bedienten Stationen weiter sinken, so dass sie möglicherweise nicht mehr rentabel zu betreiben wären.
Geeigneter erscheint mir das zwischen Bremen und Ostfriesland angewandte Konzept, wo ein Intercity und ein Regionalexpress jeweils im 120-Minuten-Takt fahren, wobei der Intercity an allen Stationen des Regionalexpresses hält und mit Regionalverkehrs- oder Verbundfahrscheinen genutzt werden kann, so dass sich überall ein 60-Minuten-Takt für Nahverkehrsfahrgäste ergibt. Dieser Ansatz eignet sich besonders für Rand- oder Küstenregionen, in denen es keine durchreisende Fernverkehrsfahrgäste gibt, so dass der Nachteil des kürzeren Stationsabstands des Regionalverkehrs weniger wiegt. Da zwischen Berlin und Neustrelitz durch Überlagerung mit dem Regionalexpress nach Stralsund bereits ein 60-Minuten-Takt besteht, könnte der Intercity bis Neustrelitz die meisten Halte auslassen. Hinter Neustrelitz führe der Intercity wie ein Regionalexpress, der aber auch nur 5 Stationen hat, da ab Güstrow nur die S-Bahn Rostock die kleinen Orte bedient. Insgesamt ergäbe sich eine Angebotsausweitung, aber häufigere und schnellere Verbindungen zwischen Berlin und Rostock wären sowieso durchaus wünschenswert, auch wegen der steigenden Konkurrenz durch den Fernbus.
Bei deinem und bei meinem Vorschlag gibt es aber noch das organisatorische Problem, dass sich ein Verkehrsverbund nicht darauf verlassen sollte, dass ein eigenwirtschaftliches Fernverkehrsbetreiber die Angebotslücken im Regionalverkehr schließt und dabei die Verbundtarife anwendet. Andererseits liegen Verträge von Verkehrsverbünden mit Fernverkehrsunternehmen als faktische Direktvergaben (meistens an DB Fernverkehr) im rechtlichen Graubereich und werden daher oft von Konkurrenten angefochten. Wie der Fernverkehr in Zukunft organisiert wird und wo dann die Grenze zwischen Fernverkehr und Nahverkehr liegt, ist derzeit offen, worauf ich auch im Artikel eingegangen bin.
Viele Grüße,
Felix
Mit der kompetten Integration wird es in ganz D ohnehin nicht klappen.
Es gibt sicherlich auch Regionen, wo z.B. mehrere Fahrtzeiten Vielfache von knapp 40 Minunten sind und nicht von knapp 60 Min. Dann mag ein 40-Minuten -Takt dort besser sein als ein holpriger 60 Min-Takt, der ein paar Fernreisenden mehr nutzt als den örtlich Reisenden.
Außerdem fehlen mir da die Bedarfsorientierung und die Direktverbindungen. Am Beispiel von Hamburg finde ich es besser, einige Züge von Berlin bzw Hannover kommend (abwechselnd) Richtung Sylt, Kiel oder Lübeck durchzubindenen, die dann idealerweise mehr Halte aufweisen als auf den südlciheren “Stammstrecken”, als dass das unbedingt immer alle Stunde dasselbe passieren muss.
Und zur These “Für mich als Berliner ist ein dichtes Nahverkehrsnetz mit häufigen Fahrten und guten Anschlüssen selbstverständlich.” Gute Anschlüsse kenne ich eigentlich nur abends am Mehringdamm. Überall sonst eher kurze Wartezeiten durch kurze Taktfolge, aber nicht durch besonders geschickte Anschlußgewährung.
Hallo Joachim,
auch wenn sicherlich nicht alle Umsteigezeiten in Deutschland verkürzt werden können, ist es grundsätzlich möglich, die Fahrpläne bundesweit besser zu integrieren, wie auch aus der in meinem Artikel verlinkten Machbarkeitsstudie und den neueren Ergebnissen auf der Seite http://www.bvwp-projekte.de/schiene/M-001-V01/M-001-V01.html hervorgeht.
Ein abweichender Grundtakt z.B. von 40 Minuten wäre wohl nur auf Teilnetzen sinnvoll, die betrieblich und verkehrlich weitgehend vom Restnetz unabhängig sind, die also keine relevanten durchgehenden Linien und Umsteigeverbindungen aufweisen, was in Deutschland wegen der Mischnutzung vieler Strecken durch verschiedene Zuggattungen des Fern- und Nahverkehrs und der vielen Umsteiger auch innerhalb des Regionalverkehrs eher selten ist. Ein geografisch eher isoliertes Bundesland ist Schleswig-Holstein, aber auch dort sollte es Direktverbindungen in andere Regionen geben, wie du ja selbst schreibst. Dabei muss aber nicht in jeder Stunde dasselbe passieren! Tatsächlich erlauben es Knoten im Sinne eines ITF besonders gut, Linienteile in verschiedenen Stunden anders zu verknüpfen, weil zur Knotenzeit mehrere Züge gleichzeitig im Bahnhof stehen und somit auch nach einem Tausch ihrer Zielbahnhöfe kurze Haltezeiten möglich bleiben.
Mit “guten Anschlüssen” meine ich nichts anderes als “kurze Wartezeiten”, die in Berlin wie gesagt tagsüber durch die dichte Taktfolge gegeben sind. Die Fahrpläne der Berliner U-Bahn in der Schwachverkehrszeit wurden vor etwa 10 Jahren mathematisch auf kurze Umsteigezeiten hin optimiert, was ich bereits in einem vorherigen Kommentar erläutert habe. Außerdem warten U-Bahn-Züge bei dünnen Takten an Umsteigebahnhöfen (soweit ich weiß nicht nur am Mehringdamm), falls dem Fahrer durch eine Anzeige am Bahnsteigende angezeigt wird, dass ein Zug einer andere Linie eingefahren ist.
Viele Grüße,
Felix
Das ganze Modell funktioniert wunderbar auf dem Papier, die Praxis zeigt aber schon in der Schweiz, dass es da ein paar ganz elementare Fehler gibt: (sinnvolle) Haltepunkte sind eben nicht immer 30 oder 60 Minuten auseinander und das man halt einfach passend macht, was nicht passt, ist eben oft kontraproduktiv.
Eine Verbindung mit einer fahrplanmäßige Fahrzeit von 40-45 Minuten kriegt man eben nicht ohne immense Investitionen auf die benötigten 25-27 Minuten, also ist die Realität, dass man den Fahrplan auf 55 Minuten aufbläst.
Es ist gelinde gesagt absurd einem 2000-Seelenkaff die Verbindung zu Recht zu biegen, dass unterm Strich vielleicht 5 Minuten Fahrzeitgewinn bleiben und die 18 1/2 Fahrgäste pro Zug nur noch 5 statt 15 Minuten Wartezeit am Bahnhof haben, im gleichen Zug (Wortspiel nicht beabsichtigt) aber den 200 Fahrgästen zwischen den beiden Städten auf der Strecke einen Zuschlag von 15 Minuten aufzubrummen.
Die Strecke Zürich HB – Basel SBB ist so eine klassische Bummelstrecke. 77km, dauert im besten Fall 54 Minuten. Realistische Fahrzeit ist eben im Bereich von knapp 40 Minuten, ohne Fahrplanreserven vielleicht bei 35, aber eben niemals bei unter 30, dafür müsste man faktisch eine HGV-Neubaustrecke hinklatschen (und das hat man ja mit der Bahn2000 Reform veritabel verbockt, auch wenn man langsam den krassen Fehler bemerkt).
Nun fällt das in der Schweiz nicht so extrem auf, da es sich um ein kleines Land handelt, selbst die gut 25-30 Minuten “ITF-Bremse” zwischen St. Gallen und Genf fällt da nicht so extrem ins Gewicht (echten Fernverkehr hat die SBB abseits von TGV und ICE-Leistungen durch ihre hohe Haltefrequenz ja ohnehin nicht), aber wenn man das hochexponenziert, dann kommen da schnell absurde Fahrzeitverlängerungen auf längeren Strecken, wie sie in Deutschland im Fernverkehr nunmal existieren, zusammen.
Der ITF macht dort wo er “natürlich” machbar ist durchaus Sinn, es ist auch nicht falsch auf begrenzten Gebieten mittels Investitionen einen ITF zu erschaffen, aber das hört eben bei Metropolregionen oder auf Landesebene auf, weil entweder kontraproduktiv oder prohibitv teuer (und meistens sogar beides).
Der “realexistiernde Bahnsozialismus”, den ein Deutschlandtakt darstellen würde, würde tatsächlich alle gleich behandeln, nur eben alle gleich schlecht. Die einen verlieren, die anderen gewinnen nicht.
Wir verbuddeln doch doch nicht dutzende Milliarden Euro für Neubaustrecken, nur um die Fahrzeiten dann wieder zu verbummeln, weil ein paar Provinzfürsten so 15 Minuten sparen…
Hallo Roadrunner,
die Auffassung, dass ein “perfekter” Integraler Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild in Deutschland nicht realisierbar ist, wird doch auch von den meisten Befürwortern eines Deutschland-Takts geteilt. Das liegt einerseits an den langen Distanzen im Eisenbahnfernverkehr, andererseits am fragwürdigen Kosten-Nutzen-Verhältnis in Metropolregionen, wo für Umsteigeknoten in vielen Hauptbahnhöfen nicht ausreichend Kapazität und wegen der dichten Takte auch kaum Notwendigkeit besteht. Im Knoten-Kanten-Modell auf der letzten Seite der Anlagen zur Machbarkeitsstudie für einen Deutschland-Takt (https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Schiene/deutschland-takt-machbarkeitsstudie-schienenverkehr-anlagen.pdf) gibt es nur sehr wenige reine Knoten nur zur Minute 0 und/oder 30 nach Schweizer Vorbild und diese befinden sich fast ausschließlich in kleinen Städten.
Ich halte den Deutschland-Takt nicht für “realexistierendem Bahnsozialismus”, der alle “gleich schlecht behandelt”. Bei jedem Konzept gibt es natürlich Gewinner oder Verlierer, aber der Deutschland-Takt wird sich sicherlich nur durchsetzen, wenn keine unzumutbaren Fahrzeitverlängerungen auf wichtigen Verbindungen entstehen. Geringfügige Reisezeitverlängerung wie 11 Minuten zwischen München und Düsseldorf, siehe Seite 69 der Machbarkeitsstudie für einen Deutschland-Takt (https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Schiene/deutschland-takt-machbarkeitsstudie-schienenverkehr-bericht.pdf?__blob=publicationFile), sind wohl verschmerzlich. Tatsächlich enthält der Schienenverkehr doch schon lange Elemente einer Planwirtschaft wie den Bundesverkehrswegeplan. Fahrplanbasierte Infrastrukturplanung als eigentliches Ziel des Deutschland-Takts soll doch genau bewirken, dass Milliardeninvestitionen dort ausgegeben werden, wo die Stärke von Neubau- und Ausbaustrecken im tatsächlichen Fahrplan voll ausgespielt werden kann, also dein letztes Beispiel vermieden wird.
In der Schweiz wurden die größten Zeitgewinne sicherlich auf den Verbindungen von Bern nach Basel und Zürich erreicht. Weil über die Verbindungskurve bei Olten aber auch zwischen Basel und Zürich eine Fahrzeit von 60 Minuten erreicht werden konnte, lag die Einrichtung eines Vollknotens in Basel auf der Hand. Dessen Potenzial wird wegen der peripheren Lage in der Schweiz zwar noch nicht vollständig genutzt, denn es gibt zu wenige in den Knoten eingebundene Regionalbahnlinien Richtung Deutschland und Frankreich, aber vielleicht ändert sich das mittelfristig durch den geplanten S-Bahn-City-Tunnel, die Einführung eines Deutschland-Taktes, und eine zunehmende Vertaktung der französischen Eisenbahn.
Viele Grüße,
Felix
Die berechtigte “These, dass Vollknoten sogar eher in kleineren Großstädten bzw. ländlichen Räumen notwendiger wären, während man in Metropolräumen das Problem von 15/45-Richtungsknoten durch Takthalbierung lösen könnte”, würde ich sogar noch weitertreiben:
In Orten wie Neustadt (Weinstraße) oder Brandenburg (Havel) mit stündlichen Zügen ist ein abgestimmter Taktverkehr inkl. Buslinien sehr sinnvoll. Damit können Kleinstadt- bzw. Dorfbewohner von den zuführenden Strecken ohne längere Wartezeiten die Großstädte (im Beispiel von Neustadt nach Kaierslautern, Mannhein, Karlsruhe) erreichen (und umgekehrt), auch wenn nicht an derselben Linie gelegen.
In den größeren Städten gibt es hingegen kürzere Takte, z.B. alle 5 oder 15 Minuten eine Tram. Die Umsteiger aus dem Regionalverkehr machen nur einen kleinen Teil der Reisenden aus, eine Abstimmung mehrerer Linien gelingt ohnehin nicht und die wenigsten reisen von Dorf zu Dorf, sondern vom Dorf in die Großstadt oder umgekehrt. Stattdessen kann jeder die Tram nehmen, die ihn mit kurzer Wartezeit zum RE bringt – und wer etwas langsamer ist oder nicht laufen möchte, kommt eben 5 Minuten eher. Eine wechselseitige Integration der Taktverkehre ist also überflüssig.
Genauso funktionieren die Anschlüsse vom dicht getakteten großstädtischen Nahverkehr zum selteneren Fernverkehr ohne ein integrales Taktsystem, selbst bei unregelmäßigem Fahrplan der Fernzüge.
Hier stellt sich eher die Problematik, dass die zuggebundenen Spartarife die Reisenden dazu zwingen, mehr Puffer einzuplanen, um den Fernzug auch sehr sicher zu erreichen. Es wird also nicht die passende Tram genommen, sondern vorsichtshalber eine frühere, um nicht bei Verspätungen/verpasstem Fernzug das Ticket verfallen zu lassen und im nächsten Fernzug den vielfachen Preis zusätzlich zahlen zu müssen.
Hierzu würde sich mal eine Untersuchung lohnen, mit welcher durchschnittlichen Reserve Sparpreisreisende zum Bahnhof gehen, und wie es Bahncard50-Reisende mit flexiblen Tickets handhaben, insbesondere bei Reisen ohne festgelegtem Termin am Zielort (Bachelorarbeit?) und ohne Platzreservierung ! Kommen die Bahncard50-Reisenden knapper zum Bahnhof, weil bei ihnen ein ggf. verpasster Fernzug nicht so schlimm wäre (eine Stunde Verzögerung, falls der Fernzug pünktlich ist, aber keine Mehrkosten)? Wenn ja, würde das eine signifikante Reisezeitverlängerung in Folge der Zugbindungen aufzeigen.
Neben den Relationen Dorf -> nächste Großstadt und Großstadt -> Fernverkehr fehlen dann noch die Relationen Dorf -> Fernverkehr zu anderen Großstädten und von dort weiter. Eigentlich wäre nur für diese Verbindungen ein integrierter Deutschlandtakt hilfreich – aber um den Preis längerer Standzeiten an zahlreichen Umsteigehalten. Hier stellt sich dann schon die Frage, ob nicht häufigere Fahrten auf den Hauptachsen des Fernverkehrs die bessere Lösung wären, dann sind die Wartezeiten allein dadurch kürzer. Ergänzt werden kann das durch (meist nur gerichtete) Umsteigeanschlüsse. Soweit eine kleinere Großstadt „nur“ stündlich von den Fernverkehrszügen angefahren wird (weil z.B. die anderen ohne Halt durchfahren), wird es sicherlich sinnvoll sein, die Taktung des zugehörigen Regionalverkehrs und dieser Fernzüge aneinander anzupassen. Dazu könnte dann aber ggf. die Taktsymmetrie des kompletten Regionalnetzes verschoben werden, also statt zur vollen oder halben Stunde die Korrespondenz zu erreichen, würde sie einen krummen Wert einnehmen. Die beiden Fahrtrichtungen im Fernverkehr müssten zum Regionalverkehr passend halten, aber bei verschobenen Symmetrieminuten wäre das eben auch bei dem Fernzug der Fall.
Bei Reisen „von Dorf zur nächsten Großstadt, mit dem Fernverkehr zu einer anderen Großstadt und weiter in ein Dorf“ würde der Anschluss dann sicherlich einmal nicht passen. Das gäbe dann eine maximale Verzögerung von einer Stunde, für einen allerdings kleinen Teil der Gesamtzahl der Reisen, wenn ein Fernzug nur zu einem der regionalen Taktsysteme passt. Ein voll integrierter Taktfahrplan, für den auch an jedem Taktknoten 5-10 Minuten Wartezeit einkalkuliert wären, führt aber auch zu deutlich verlängerter Reisezeit bei solchen längeren Strecken.
Resume: Isolierte, stündliche Taktsysteme mit teils unterschiedlichen Systemzeiten in Verbindung mit einem Fernverkehr mit nur teilweiser Vertaktung sowie dem nicht im Takt angepassten dichteren Nahverkehr der Großstädte ergeben für vielfältige Bedürfnisse eine bessere Lösung als ein vollständig integrierter Taktfahrplan mit vollen Umsteigemöglichkeiten zu den Systemzeiten.
Begegnungen bzw. Überholvorgänge zwischen Regional- und Fernverkehr entstehen dann allerdings (auch) außerhalb der Knotenorte. Die weiter Planung sollte das dann durchaus berücksichtigen, und bei solchen Begegnungsorten sind dann auch Ausbaumaßnahmen sinnvoll (z.B. zusätzliches Gleis zwischen zwei Haltepunkten des Regionalzuges, damit dieser nicht auf den Überholer warten muss, sondern das Überholen in der Zeit der langsameren Fahrt zwischen den beiden Haltepunkten stattfinden kann, aber kein insgesamt vierspuriger Streckenausbau). Sehr wichtig ist also eine integrierte Planung (!) von Infrastruktur und Fahrplan – aber der angestrebte Fahrplan muss nicht zwingend ein integrierter Taktfahrplan mit Vollknoten sein.
Zu wenig beachtet wird meiner Meinung die Umsteigequalität. Das Umsteigen am gleichen Bahnsteig sollte mehr gefördert werden; das ermöglicht dann kurze Haltezeiten beider Züge, und funktioniert sehr gut zwischen zwei Zügen, also bei gerichteten Knoten. Wenn zwischen zwei Gleisen an einem längeren Bahnsteig noch versetzt ein drittes Gleis liegt, das dort endet, kann man auch zwischen drei Zügen ebenerdig umsteigen, davon zwei an Durchgangsgleisen.
Häufig wird man zwischen Fernverkehr und Regionalverkehr bzw. S-Bahn umsteigen, seltener zwischen zwei Fernverkehrszügen. Bei viergleisig ausgebauten Strecken ist es aber die Regel, dass die beiden Ferngleise auf einer Seite, die beiden Gleise für die S-Bahn an der anderen Seite liegen; an einem („Mittel-„) Bahnsteig der S-Bahn könnte man dann lediglich in den Zug der Gegenrichtung umsteigen – wer macht das schon? Für einen verbesserten Taktverkehr sollte die Gleislage vertauscht werden und die S-Bahn außen verkehren, mit gemeinsamem Bahnsteig für Fernverkehr (innen) und Nahverkehr (außen) an den größeren Bahnhöfen.
Die übrigen Bahnsteige der S-Bahn bzw. des Regionalverkehrs sollten dann außen sein, um wiederum ein niveaugleiches Umsteigen in Busse zu ermöglichen, wenigstens in einer Richtung. Vorzugsweise ist ein Haltpunkt an beiden Seiten mit Bussen anzusteuern, der Bus hält dann an der Bahnhofsseite mit dem Außenbahnsteig der bevorzugten Umsteigerichtung. Er muss dann nur kurz auf Umsteiger vom Zug warten, da sich diese nicht erst durch eine Unterführung quälen müssen.
Stattdessen halten Züge mitunter regelmäßig auf Gleis 2, obwohl ein Gleis 1 unbenutzt bleibt und einen niveaufreien Übergang ermöglichen würde. Vielleicht sollten die schönen Lifte zu den Mittelbahnsteigen besser ausgelastet werden, oder will man einen zweiten Fahrplanaushang sparen?
Bessere Umsteigeverbindungen erfordern also diverse Investitionen in Abstimmung mit einem Zielfahrplan – ein integrierter Deutschlandtakt mit einheitlichen Symmetrieminuten und durchgetakteten Anschlüssen wäre dagegen ein schlechter Ziel, da es viele schlechte Kompromisse zur Folge hätte.
Hallo Joachim,
schön, dass mal wieder ein Kommentar zu diesem Artikel eingegangen ist, und vielen Dank für die Erweiterung und Erläuterung der These, dass ITF-Knoten vor allem in kleinen und mittelgroßen Städten gebraucht werden. Ich stimme dir zu, dass in Metropolen die Hauptverkehrsströme zwischen Stadt und Umland verlaufen, und man dafür nicht zwangsläufig einen ITF mit Vollknoten braucht, meist reichen nämlich gute Richtungsanschlüsse in die nächste Großstadt aus.
Ob jetzt ein Vollknoten in den größeren Zentren oder an irgendwelchen kleineren Bahnknotenpunkten auf dem Land sinnvoller ist, hängt auch davon ab, ob man den Verkehr durch die großen Städte oder tangential führen will. In der Schweiz gibt es in manche Gegenden nur einen oder zwei Bahnstrecken, es geht also rein topografisch bedingt oft gar nicht anders, als die Fahrgäste über gewisse Hauptknoten zu führen. Die Ausrichtung entlang von Tälern und das Fehlen von tangentialen Verkehrsverbindungen im Hochgebirge spielt der Schweizer Bahn aber letztlich in die Hände, da es keinen Nachteil zum Auto darstellt, nur in den großen Städten Knoten einzurichten, da auch der Straßenverkehr große Umwege über diese Städte oder alternativ kurvige Gebirgsstraßen nehmen muss. Auf dem platten Land in Norddeutschland oder in zersiedelten Regionen in den deutschen Mittelgebirgen hat es die Bahn deutlich schwieriger, mit dem auf Tangentialverbindungen hierzulande kaum schlagbaren Straßenverkehr zu konkurrieren. Oft erreicht die Bahn wettbewerbsfähige Fahrzeiten auf solchen Verbindungen nur mit Knoten in eigentlich unbedeutenden Städten.
Es ist plausibel, dass eine Einbindung von Nahverkehrsstrecken in einen ITF-Knoten kontraproduktiv sein kann, wenn Fahrgäste (z.B. wegen der Zugbindung) einen Puffer wünschen. Bei Regionalzügen als Zubringer ist das etwas anders, da bei einer Verspätung des Zubringerzuges die Fahrgastrechte greifen und die Zugbindung aufgehoben werden kann.
Ich habe aber nicht genau verstanden, was die Verschiebung der Symmetrieminute auf Regionalnetzen an den Anschlüssen zu Fernzügen verbessern würde. Üblicherweise erkauft man dabei den besseren Anschluss bei der Hinfahrt nämlich mit schlechteren Anschlüssen bei der Rückfahrt. Wenn aber mehrere Fernverkehrslinien einen Bahnhof durchfahren, die nicht alle halten, dann müsste es gehen, bei den Regionalzügen die Symmetrieminute zu verändern und bei den Fernzügen in die verschiedenen Richtungen verschiedene Linien für den Fernverkehrshalt auszuwählen.
Ich denke mir auch oft, dass die Infrastruktur an Knotenbahnhöfen so genutzt oder angelegt werden sollte, dass Umsteigen am selben Bahnsteig möglich ist, da das gerade für mobilitätseingeschränkte Personen eine große Vereinfachung wäre. Also z.B. Stumpfgleise als eine Art “kleiner Kopfbahnhof” in der Mitte des Bahnhofs für endende Regionalzüge wie in Erfurt Hbf anstatt Bahnhöfe nur aus Mittelbahnsteigen zwischen jeweils zwei Gleisen. Vielleicht wird auf diesen Aspekt zu wenig Wert gelegt, da es im deutschen Regionalverkehr bereits heute eine organisatorische Trennung zwischen Infrastrukturplanung (DB Netz) und Angebotsplanung (Länder/Verbünde) gibt. Es sprechen aber auch handfeste betriebliche Gründe dagegen.
Nehmen wir einen ITF-Knoten mit einer zweigleisigen Hauptbahn und mehreren kleinen dort beginnenden und direkt hinter dem Bahnhof abzweigenden Nebenbahnen, Brandenburg/Havel, Rathenow oder Neustadt/Weinstraße sind so oder so ähnlich strukturiert. Für Fahrgäste wäre es ideal, wenn es einen Mittelbahnsteig für die Hauptbahn gäbe mit Kopfgleisen für die Nebenbahnen inmitten dieses Bahnsteiges, denn dann könnte ohne Treppensteigen umgestiegen werden. Das führt aber dazu, dass der Zug von einer Nebenbahn eines der beiden Hauptgleise kreuzen muss, um den Bahnsteig zu erreichen. Das hat ungünstigerweise Fahrstraßenausschlüsse zur Knotenzeit zur Folge, es kann also leicht vorkommen, z.B. bei einer leichten Verspätung, dass ein Zug dann vor einem roten Einfahrsignal steht. Ein Überwerfungsbauwerk lohnt sich an kleinen Knotenbahnhofen in der Regel nicht. Daher halten Regionalbahnen oft an Außengleisen.
Natürlich ist bei viergleisigen Strecken Richtungsbetrieb (d.h. Gleise in dieselbe Richtung liegen nebeneinander) für die Fahrgäste praktischer als Linienbetrieb (d.h. Gleise für dieselbe Linie oder dasselbe Verkehrsmittel liegen nebeneinander)- nicht nur zum Umsteigen, sondern manchmal auch damit Fahrgäste spontan auf dem Bahnsteig zwischen der S-Bahn und dem Regionalzug entscheiden können. Für den Linienbetrieb spricht aber, dass das Wenden von Zügen deutlich einfacher ist, da keine anderen Gleise überquert werden müssen, um das Gleis der Gegenrichtung zu erreichen. Wenn S-Bahnen also auf den Außengleisen fahren und es keine Brückenbauwerk gibt, müssen sie am Endbahnhof oder einer Zwischenendstelle die Hauptgleise überqueren, um für die Rückfahrt auf die andere Seite zu gelangen, was bei dichten Takten die Leistung der Hauptgleise stark beeinträchtigen würde (abgesehen davon, dass es bei S-Bahn-Systemen wie Berlin oder Hamburg dabei auch noch technische Schwierigkeiten gäbe). Was der Fahrgast also überhaupt nicht braucht, nämlich dass die beiden Richtungsgleise direkt nebeneinander liegen, ist genau das, was für den Betrieb von großer Bedeutung ist!
Ein Kompromiss ist aber, die S-Bahn-Gleise mittig zwischen den Fernbahngleisen anzulegen, das ist z.B. auf manchen viergleisigen Bahnstrecken in und um Stockholm der Fall (das kann man z.B. auf OpenStreetMap daran erkennen, dass an kleineren Halten nur die inneren Gleise einen Bahnsteig besitzen). Man geht dann davon aus, dass die Regional- und Fernzüge keine Wendemöglichkeit benötigen, da sie die Streckenabschnitte weitgehend ohne Zwischenhalt durchfahren. Umsteigen zum Bus sozusagen am selben Bahnsteig ist dann natürlich nicht möglich.
Viele Grüße,
Felix
Danke für diesen ausgezeichneten Artikel. Mit Linksammlung hat er es sofort in meine Lesezeichen geschafft.
Ich wäre über eine PDF-Version sehr erfreut, das würde ich mir grundsätzlich für ALLE Artikel wünschen. Dann habe ich sie nämlich auch ohne Internetz.
Grüße aus der abgehängten Region MV :)
Ich bin deinem Wunsch schon ein paar Tage zuvorgekommen! PDF-Versionen der beiden Gastartikel auf Zukunft Mobilität finden sich neben den ausführlichen Versionen auf http://www.felix-thoma.de/texte.htm
Du findest sie also einfachdort :-)
Viele Grüße, Felix
Integraler Taktfahrplan – was sonst?
Danke für diesen Artikel zu einem für den ÖPV so wichtigen Thema! Ein paar Dinge möchte ich dazu anmerken:
Wenn jemand die Frage stellt, ob der ITF auch für Deutschland anwendbar ist, dann drängt sich bei mir die Gegenfrage auf, was die Alternative zum ITF sein soll. Ich komme aus Österreich und erinnere mich noch mit Schrecken an den historisch gewachsenen Fahrplan vor 1991. Im Grund genommen ist der ITF eine Zusammenfassung von Strategien für eine überregionale Anschlussoptimierung (überregional im Gegensatz zu einzelfallorientiert). Kein ITF ist perfekt, auch nicht der schweizer ITF. Deshalb können Beispiele wie Stuttgart-Mannheim, wo die Fahrzeit für einen ITF nicht ideal sind, den ITF nicht grundsätzlich in Frage stellen eine die Anschlussoptimierung bei bestehender Infrastruktur, als nächste Stufe ergibt sich ganz von selbst eine Änderung der Prioritätenreihung bei Infrastrukturprojekten.
In den Beitrag steht: “Deutschland insgesamt ist mehr als 7-mal so groß wie die Schweiz, im deutschen Fernverkehr muss daher mehr Priorität auf die Hochgeschwindigkeit gesetzt werden.”
Die Größe eines Landes hat doch nichts mit den Mobilitätsverhalten der Bevölkerung zu tun. Die Statistik zeigt sogar, dass in der kleinen Schweiz die durchschnittlich gefahrenen Entfernungen pro Fahrgast sogar etwas größer sind, als in Deutschland, und zwar Deutschland 40 km und Schweiz 45 km, siehe: http://www.litra.ch/images/downloads/mitteilungen/2013/de/MM_UIC_Zahlen2012_dt.pdf Die Annahme, in großen Ländern fahren die Fahrgäste weiter als in kleinen Ländern stimmt also nicht.
Aber warum denken wir da überhaupt in nationalen Grenzen? ITF Systeme kann man beliebig erweitern und man kann auch von einander völlig unabhängig entwickelte ITF Systeme zu einem gemeinsamen ITF verbinden.
Hallo Helmigo,
wie du vielleicht bemerkt hast, habe ich die Definition von Integraler Taktfahrplan nicht an der Existenz eines Knotensystems festgemacht, wie das in bestimmten Quellen der Fall war. Die Idee, Fahrpläne aufeinander abzustimmen, will heute eigentlich niemand mehr rückwirkend machen. Die Frage ist eben nur, inieweit man einen ITF im engeren Sinne anstreben will. Österreich ist meiner Einschätzung nach auch ein schönes Beispiel dafür, wie sich schrittweise ein Integraler Taktfahrplan herausbilden kann.
Die Statistik von LITRA glaube ich schon einmal gesehen zu haben, aber die Folgerung, dass die durchschnittlichen Reiseweiten ist schon sehr interessant. Es wird wohl daran liegen, dass die Schweiz wegen des günstigen Generalabos (auch wenn derzeit die Erhöhung der Bahnpreise diskutiert wird) auch breiteren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit bietet, öfter längere Bahnfahrten zu unternehmen (bis hin zum Fernpendeln).
Ich stimme dir absolut zu, dass wir nicht in nationalen Grenzen denken sollten! Viel zu oft können sich gute Verkehrslösungen nicht in anderen Ländern durchsetzen. Es macht eigentlich gar nicht so einen großen Unterschied, ob wir die Schweiz oder vergleichbar große deutsche Bundesländer betrachten. Als Beispiel für länderübergreifende ITF-Planung ist die Einbindung des Knotens Mailand in das Schweizer Knotensystem zu nennen, besonders nach Fertigstellung des Gotthard-Tunnels.
Die Größe eines Landes spielt aber trotz vergleichbarer Durchschnittsreiselängen für mich eine bedeutende Rolle, denn unter dem untersuchten Deutschland-Takt verstehe ich eben einen bundesweit einheitlichen ITF, was bedeutet, dass auch der deutsche Fernverkehr eingebunden werden muss, der durchaus längere Strecken und größere Reisewege aufweisen kann (die aber offenbar nicht so stark in die Gesamtreiselänge eingehen wie in der Schweiz). Die Bundespolitik ist nach der Regionalisierung vorrangig für solche Verkehre verantwortlich (auch wenn sie diese Verantwortung derzeit nicht richtig wahrnimmt). Es geht also darum, den ITF in Deutschland noch auf eine höhere “Ebene”, nämlich die des Langstrecken-Fernverkehrs, zu bekommen. Während der ICE und TGV nur auf einzelnen in die Schweiz führenden Ästen in den dortigen Taktfahrplan eingebunden sind (und der TGV Paris-Schweiz sonst zum großen Teil auf Hochgeschwindigkeitsstrecken verkehrt), wären bei einem Deutschland-Takt ICE-Linien auf ihrer vollen Länge in einen ITF “aus einem Guss” eingebunden.
Nicht zuletzt mussten aber auch die unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen verglichen werden, insbesondere ist die Schweiz kein EU-Mitglied, es gibt also in der Realität große Unterschiede zwischen beiden Ländern, obwohl man es sich durchaus anders wünschen kann.
Viele Grüße,
Felix
Österreich leistet auch als abschreckendes Beispiel gute Dienste. 1991 wurde der “Neue Austrotakt” (NAT91) eingeführt. Ziel war der IT2000. Siehe: http://www.oerok.gv.at/fileadmin/Bilder/5.Reiter-Publikationen/OEROK-Empfehlungen/oerok_empfehlung_36.pdf
1995 wurde die Strategie ITF wieder verworfen. Anhand der ÖBB Jahresbilanzen lässt sich nachweisen, dass die Fahrgastzahlen 1991 bis 1995 angestiegen und nach 1995 eingebrochen sind. Detail am Rand, der Verkehrsminister, der 1995 diese Fehlentscheidung getroffen hat, wechselte nach seiner politischen Karriere zur Automobilindustrie.
Hallo Helmigo,
danke für den Hinweis auf das zwischenzeitlich aufgegebene NAT-Konzept. Mir war nur bekannt, dass in Österreich heute mehr oder weniger überall ein Taktfahrplan besteht und sich entlang der Westbahn nach und nach mit Eröffnung der Neubauabschnitte eine Art ITF herausbildet. Sogar die private WESTbahn kann ja auf dieser Strecke im Taktfahrplan fahren und hält in Linz sogar zur Minute 00, allerdings ist Linz derzeit eher ein Richtungsknoten.
Ich weiß leider nicht, wie der Fahrplan nach Fertigstellung der Westbahn aussehen soll und wie ernsthaft derzeit das ITF-Konzept wieder verfolgt wird bzw. was der aktuelle Stand ist. Es bliebe dann auch noch die Frage, ob sich die private WESTbahn (die nicht in den ÖBB-Tarif eingebunden ist) mit nicht in die für “ITF-unrelevanten” Fahrplanlagen zufrieden geben würde, nach Auslaufen des Rahmenvertrags mit der ÖBB-Infrastruktur könnte diese Frage ja wieder aufkommen.
Aber ich vermute mal, dass Integrale Taktfahrpläne solange nicht durch Privatbahnen ernsthaft bedroht werden, solange diese nur eine einzelne Linie betreiben, denn dann setzt dieses Unternehmen auf seinen Direktverbindungen meist auf niedrige Preise und bevorzugt die günstigen, nicht in die Knoten integrierten Fahrplanlagen. Wenn die Open-Access-Betreiber aber selbst den Anspruch erheben, für ein flächendeckendes Angebot mehrere ihrer Linien aufeinander abzustimmen, wird es für einen ITF schwierig.
Viele Grüße,
Felix
Es wäre wichtig, auf EU Seite fest zu legen, dass ein ITF Vorrang bei der Trassenvergabe genießt. Bisher fehlt nicht nur eine derartige, eindeutige Regelung, teilweise gibt es dazu sogar gegensätzliche Bestrebungen, z.B. rechtsverbindlichen(!) Vorrang für Güterzüge, aber auch die Pflicht zu einer Diskriminierungsfreien Trassenvergabe kann ITF zerstörend interpretiert werden.
Infos zu den Zukunftsplänen der ÖBB: http://www.oebb.at/infrastruktur/__resources/llShowDoc.jsp?nodeId=24317321 Auf Seite 43 findest du das Knoten-Kanten-Modell, teilweise sehr unscharf, weil z.B. der Knoten Bruck an der Mur mit dem Knoten St. Michael gleich gesetzt wird (Fahrzeit 20‘) und zwischen 30‘, 60‘ oder 120‘ Takt nicht unterschieden wird.
Hallo Felix,
zu den Beispielen nur zwei kurze Gedanken:
* Das Projekt Stuttgart 21 könnte, in Verbindung mit der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm, durchaus die Grundlage für einen Integralen Taktknoten legen. Momentan liegt die planmäßige ICE-Fahrzeit zwischen Mannheim und Stuttgart bei rund 37 Minuten, bei Verspätungen lassen sich auch 34 Minuten beobachten. Mit Stuttgart 21 wird die aus Mannheim kommende Neubaustrecke auf einem kürzeren und schneller befahrbaren Weg an den Hauptbahnhof angeschlossen. Zusammen mit weiteren Optimierungen, die in den nächsten Jahren ohnehin kommen werden, sind 30 Minuten durchaus kein unrealistisches Ziel.
* Inzwischen liegen ja schon wesentliche Details der Betriebskonzepte für VDE 8 auf dem Tisch. Zwischen Nürnberg und Erfurt werden (vergleichsweise lahmen) ICE T planmäßig um die 80 Minuten benötigen und dabei noch Zwischenhalte in Erlangen und Bamberg einlegen. Mit etwas sportlichen Ehrgeiz wären wohl auf dieser rund 180 Kilometer langen Achse wohl auch knapp unter 60 Minuten möglich gewesen.
Viele Grüße
Peter
Hallo Peter,
bei Stuttgart-Mannheim hat man mit Ausnahmegenehmigungen die Fahrzeit schon einmal auf 280 km/h erhöht, die Strecke war wohl ursprünglich auch für 300 km/h konzipiert. Auf der Strecke Erfurt-Nürnberg wird es schwierig, von den vielleicht schöngerechneten 66min bei 300km/h von 2007 alleine um ein paar Minuten runterzubekommen, durch den Einsatz des ICx mit vmax=250 km/h auf der Strecke Erfurt-Nürnberg ist das erst recht nicht zu schaffen. Weißt du, wo das aktuelle Betriebskonzept zu finden ist?
Wie auch in meiner Arbeit so erklärt, ist das mit den knapp unterhalb der Kantenzeiten liegenden Fahrzeiten riskant, denn dann reicht eine kleine Verspätung ,um den Knoten zu verpassen. Das hat fatale Folgen nicht nur für die Umsteigenden, die ihre Anschlusszüge verpassen und auf die nächste Knotenzeit warten müssen, sondern auch auf die Regionalzüge auf Mischstrecken. Es kann dazu führen, dass der verspätete ICE die Regionalzüge statt am Knotenbahnhof auf freier Strecke überholen muss, was besonders auf dem deutschen Mischnetz weitere Verspätungen verursachen kann, wenn da gerade mal kein Überholbahnhof in der Nähe liegt.
Es könnte sein, dass das “Überholen” in Knotenbahnhöfen gut für die Fahrplanstabilität (und die Schweiz vielleicht deshalb so stark darin ist), nach Christian Liebchens Artikel begünstigt die hohe Auslastung zu Knotenzeiten dagegen neue Verspätungen. Die Fahrplanstabilität ist ein sehr spannender Aspekt, den man sehr intensiv diskutieren (und mathematisch analysieren) muss.
Viele Grüße,
Felix
Hallo Felix,
in den Wikipedia-Artikeln zu VDE8 und der Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart stehen die Hintergründe zum Betriebskonzept bzw. den Ausnahmegenehmigungen.
Bei VDE8 hätte man bei einem Ziel von 60 Minuten (angedacht waren angeblich mal 59 Minuten) gerade nördlich von Bamberg einiges rausholen und die Thüringer-Wald-Querung vielleicht sogar für mehr als 300 km/h auslegen können. 189 Kilometer mit 300 km/h schnellen Fahrzeugen in knapp unter 60 Minuten zu bewältigen, wäre bei einem klaren Fahrzeit-Ziel sportliche Herausforderung gewesen.
Dasselbe gilt auch für den neuen Stuttgarter Bahnknoten. Für die gut 85 Kilometer von Stuttgart nach Ulm liegt die reine Fahrzeit nach alten fahrdynamischen Simulationen bei 24,5 Minuten, sodass sich in Stuttgart mit Verschiebungen im Minutenbereich ein nahezu idealtypischer Taktknoten ergeben würde. Nach allem, was ich bislang gesehen habe, sind knapp unter 30 Minuten reine Fahrzeit für die heute 107 Kilometer (zukünftig 106 Kilometer) zwischen Mannheim und Stuttgart grundsätzlich machbar.
Ich finde den Gedanken interessant, statt Rückwärts- Vorwärtsoptimierung zu betreiben. Dazu bräuchte es ein klares Bekenntnis für einen Integralen Taktfahrplan in Deutschland.
Viele Grüße
Peter
Hallo Peter,
interessanterweise wäre im Fall von Erfurt-Nürnberg eine höhere Geschwindigkeit sogar ganz gut für den ITF. Das klingt erstmal paradox, denn im Allgemeinen bedeuten Hochgeschwindigkeiten kürzere Fahrzeiten und damit auch weniger potenzielle Knoten auf der Fahrstrecke, nur dass eben zwischen Nürnberg und Erfurt eh nicht so wichtige Bahnknoten sind. Die niedrige Wahl der Fahrgeschwindigkeiten bei derart großzügig trassierten Strecken wie der Thüringer-Wald-Strecke in Deutschland wird dadurch noch viel unverständlicher.
In Erfurt ist sowwit ich weiß ein Knoten zur Minute 30 angedacht, in Nürnberg wäre vielleicht z.T. ein Richtungsknoten möglich, sonst eben nur mit einer Viertelstunde Verlangsamung oder z.B. einen Zwischenhalt in Bamberg (Knoten zur Minute 30?). Neben der sehr diskutablen 4-Stunden-Marke ist hier also auch meine These interessant, dass Vollknoten sogar eher in kleineren Großstädten bzw. ländlichen Räumen notwendiger wären, während man in Metropolräumen das Problem von 15/45-Richtungsknoten durch Takthalbierung lösen könnte. Das würde einen deutschen ITF etwas vom Schweizer Zielsystem 2030 unterscheiden, wo bestehende Richtungsknoten wie Lausanne oder Biel zu Vollknoten werden sollen. Die Wahl ländlicher Städte als Knoten kann aber oft ein bisschen willkürlich erscheinen.
Viele Grüße,
Felix
Jetzt bin ich auf den Beitrag zur Mathematischen Fahrplanoptimierung gespannt. Vermutlich werden da alle Reisebeziehungen eingepflegt und dann Anschlüsse/Verbindungen nach ihrer Nutzung gewichtet, d.h. eine Umsteigebeziehung die 1000Fahrgäste/Tag benutzen wird mit mehr Geld optimiert als eine die 100Fahrgäste/Tag nutzen? Da gehören natürlich dann auch ordentlich viele Annahmen noch dazu (wie ändert sich Modal Split in Abhängigkeit von Fahrzeit) und natürlich spielt auch die politische Prioritätensetzung eine Rolle: Wollen wir eine Fahrzeit von 4h M-B weil eine Statistik ergeben hat das unter 4h mehr Fahrgäste vom Flugzeug umsteigen, oder ist auch eine Fahrzeit von 4,5h M-B akzeptabel, weil dann immer noch genügend Fahrgäste umsteigen, dafür die Regionen dazwischen profitieren und der ganze Spaß günstiger wird, sodass noch weitere Regionen von weiteren Projekten Profitieren wollen?
Jan, die Sache ist noch ein wenig komplizierter und komplexer.
Einen Eindruck bekommst du hier:
Daniel Sparing, Rob M.P. Goverde, Ingo A. Hansen: An Optimization Model for Simultaneous Periodic Timetable Generation and Stability Analysis, o.J., Delft University of Technology, Department of Transport and Planning – http://repository.tudelft.nl/assets/uuid:56a64800-0dde-42fd-a2f1-05ed7c357b0b/293129.pdf
Recht schnell kann man aus diesem Paper einen Eindruck über heute angewendete Verfahren, deren Schwächen und den sich daraus ergebenden weiteren Foschungsbedarf gewinnen: https://online.tugraz.at/tug_online/voe_main2.getVollText?pDocumentNr=252480&pCurrPk=65249
Liebchen, Christian: Periodic Timetable Optimization in Public Transport, 2007, Institut für Mathematik, Kombinatorische Optimierung und Graphenalgorithmen, Technische Universität Berlin; http://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-540-69995-8_5 (Über eine Uni-Bib versuchen!)
Vielen Dank Martin für die weiteren Literaturtipps.
Hier ist auch etwas von meiner Uni, wo ich als Erstsemester auch noch nicht so viel dazu sagen kann, aber die Abschnitte zu den Modellierungsmöglichkeiten sind leicht verständlich:
http://page.math.tu-berlin.de/~moehring/adm3/adm3-2006/Kapitel/adm3-mitschrift-par6.pdf
Die Mathematiker sprechen vom Periodic Event Scheduling Problem, d.h. man geht beim Standardansatz schon mal von einem Taktfahrplan aus, den man in einem Graphen modelliert. Im Falle der Berliner U-Bahn wurde der Fahrplan nur zur verkehrsschwachen Zeit optimiert, die Zielfunktionen waren die Reduzierung der Umsteigezeiten (gewichtet) und die Anzahl der Umläufe eine Nebenbedingung (siehe auch: http://www.schlaulesen.de/Mathematik/Fahrplanoptimierung/Weniger+warten+in+der+U-Bahn.html?wo=text&was=17).
Beim U-Bahn-Projekt vermute ich (ohne dabei sicher zu sein), dass man für die Gewichtung der Umsteigezeiten einfach den Status quo der Passagierzahlen genommen hat. Den interessanten Ansatz, nach der Reisezeit zu optimieren und dabei abwechselnd die Fahrplanoptimierung und die Umlegung der Passagiere anhand von Quelle-Ziel-Matrizen durchzuführen, hat Michael Siebert auf den letzten beiden Future Mobility Camps vorgestellt.
Diese Wechselwirkung zwischen Taktfahrplanung und Passagierverhalten (und anderen Aspekten) ist auch beim MATHEON in Berlin derzeit ein Forschungsschwerpunkt:
http://www.zib.de/en/optimization/traffic/projects-long/matheon-b15-service-design-in-public-transport.html.
Soviel von mir noch dazu, Felix
Hallo Felix Thoma,
nochmals herzlichen Glückwunsch zur Arbeit. Da ich ein Unternehmensberater bin der twittert und keine twitterer der berät bin, sehe ich solche Sachen natürlich immer unter dem Blickwinkel der Realisierbarkeit. Deswegen mein “zu kritischer” Kommentar – Sorry! Mit der Idee der Lokalisierung von Netzen bist Du auf einer Schiene die immer wieder ernsthaft im politischen Spektrum diskutiert wird.
Weiter so!
Viele Grüße
—
Frank Nagel
Aus meiner Sicht ist die Idee eines Deutschlands-Takt nur eine weitere Neiddebatte, die hier herrscht bzw. Kopie und Paste-Debatte. Deutschland soll einen Bahn-Takt wie in der Schweiz haben, lernen wie die Finnen, eine Benzinpreis-Regulierung wie in Luxemburg, ein Glücklich-Land sein wie Bhutan und etc.., Die Deutschen schielen gerne ins Ausland und wollen möglichst alles nahtlos übernehmen und wenn irgendwo etwas tadellos funktioniert.
Die Schweiz ist nur ein Land von vielen auf der Welt. Man sollte eher fragen, wie funktioniert es in Frankreich mit dem Fahrplan (flächenmäßig eher mit Deutschland mitzuhalten ist, auch wenn hier die Ausrichtung ganz klar auf Paris ist) oder Spanien, Italien etc…
Ein kleines Land wie die Schweiz mit einem großen wie Deutschland zu vergleichen ist einbißchen arg mühsehlig. Mag sein, dass dort der Takt funktioniert, wie auch in den Niederlanden; in Belgien – auch ein kleines Land, wo ich mich häufig befinde, gibt es keinen geregelten Taktfahrplan. Die Züge fahren dort genauso willkürlich fast wie in Deutschland.
Erstaunlich ist allerdings, dass die Schweiz nicht ohne Neubaustrecken ausgekommen ist. In der Debatte wird bislang immer so getan, als die Schweiz keinerlei Strecken ausgebaut hätte, alle Züge mit maximal 180 km / h durch das Land zuckeln würde, aber dass es wie ich gerade gelesen habe, auch Strecken mit über 200 km / h gibt, die neugebaut wurden, wird nie erwähnt.
Mich würde nur interessieren, wie zum Beispiel der Eurocity von Hamburg nach Chur in diesen Taktfahrplan eingebunden ist. Ich meine, der Zug hat bis Freiburg oftmals 45 bis 60 Minuten Verspätung. Hält er dann irgendwo in einem schweizerischen Knotenbahnhof, bis er wieder im Takt fährt?
Hallo Sven,
ich sehe das ja im Prinzip genauso mit der schlechten Vergleichbarkeit. Mit Frankreich (darüber schreibe ich gerade auch etwas für die Uni) ist es wegen der zentralistischen Struktur aber noch viel schlechter (Italien wegen der linearen Struktur auch).
Bei Betrachtung der Fahrpläne auf den Schnellfahrstrecken in der Nähe von Paris wird man im Ansatz einen Taktfahrplan erkennen können, auf Langstrecken sieht das aber anders aus: Es gibt zum einen deutlich mehr Express-TGVs in Frankreich als ICE-Sprinter in Deutschland und es gibt sehr viele unregelmäßig bediente Äste z.B. zu Urlaubsorte.
Ganz besonders ausgeprägt ist das Fehlen von zentralen Umsteigeknoten nicht nur in Paris mit den dortigen Kopfbahnhöfen, sondern auch in anderen Großstädten, bei denen sich der Halt der TGVs nicht am innenstädtischen Hbf, sondern auf der grünen Wiese oder am Flughafen befindet, z.B. ist das in Lyon für viele Züge in Richtung Marseille der Fall. Umsteigen zu Regionalzügen kann da ganz schön schwierig werden. Im Vergleich dazu ist Deutschland wirklich schon sehr nah an der Schweiz, was ich auch sehr wichtig finde, denn ich sehe in der durchgehenden Reisekette trotz allem den eindeutigsten Wettbewerbsvorteil der Bahn hierzulande.
Bei der Neubaustrecke liegt der Irrtum leider bei mir, die Höchstgeschwindigkeit beträgt nämlich genau 200km/h, deshalb fällt sie normalerweise nicht unter die Kategorie Schnellfahrstrecke, aber die Strecke ist weitgehend geradlinig mit einigen Tunnels trassiert.
Gruß, Felix
Zur Zeit werden in der Schweiz 80 km mit 200 km/h befahren. 45 km zwischen Olten und Bern (der minimale Kurvenradius beträgt übrigens 3000 m) und der 35 km lange Lötschbergbasistunnel zwischen Visp und Bern (zugelassene, im Betrieb nicht genutzte vMax ist 250 km/h).
Hallo Sven
Für denFall ( der leider sehr oft vorkommt) wir in Basel der ICE weggestellt und auf die Planmäsige Rückfahrzeit wieder nach D zurückgeschickt.
Die Schweizer Strecke wird zur Planmäsigen Zeit mit einem “Disop”Zug gefahren.
-Dispozug: Die SBB hält an grösseren Bahnhöfen Züge mit Lokführer bereit um Ausgefallene / Verspätete Züge zu ersetzen.
In der Schweiz passiert folgendes: Der ICE läuft grundsätzlich im Takt. Wenn er Verspätung hat, wird er entweder nachgereicht, muss aber in Kauf nehmen, dass er noch weiter verspätet wird, da er ein “kranker” Zug ist, der “gesunde”, also nicht verspätete Züge nicht benachteiligen darf, oder er endet in Basel. Je nach Verspätungslänge. Das Hauptktiterium ist die Wendezeit am Zielbahnhof.
Auf jeden Fall wird ein Dispozug eingesetezt, der fahrbereit, geheizt und mit Personal bestückt wartet.
So etwa, wie hier beschrieben:
http://www.ice-treff.de/index.php?id=165656
oder hier im Film:
http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/betriebsstoerung-macht-die-bahn-noch-mobil-102.html
Ab Minute 42.53
Das Problem bei der Finanzierung ist jedoch ein von der Bundespolitik selbst verursachtes.Sie könnte über verschiedene Wege Einfluss auf die DB Netz AG ausüben, dass sie mit ihrem Trassenpreissystem die Kosten abbildet und dieses nicht dazu nutzt Monopolgewinne zu produzieren. Auch wäre eine Reduzierung der Dividendenforderung schon ein Anfang oder eine sehr strikte finanzielle Trennung von Infrastruktur und der DB ML AG mit der Befreiung der Infrastruktursparte von ihrer Pflicht Gewinne zu machen.
Aktuell sind die Trassengebühren für jeden Zugkilometer, egal ob den ersten oder millionsten gleich. Damit versuchen die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen natürlich die Zugkilometer einzusparen um ihre Kosten zu drücken. Das führt zu Einnahmerückgängen bei der DB Netz, die jedoch ihre Kosten nicht genauso senken kann. Die Strecke muss weiter unterhalten werden, die Stellwerke besetzt sein usw. So müssen die Trassengebühren pro Zugkilometer wieder angehoben werden und das spiel beginnt von Neuem. Würde man dagegen irgendwie die Grenzkosten die durch zusätzliche Züge auf den Strecken anfallen als Maßstab nehmen, so würden die Aufgabenträger einen Anreiz haben mehr Züge zu bestellen und die Strecken würden besser ausgelastet werden.
Auf der anderen Seite ist sowohl Bund und Ländern diese Problematik der überdurchschnittlich steigenden Trassengebühren auch bewusst und versucht dies in der Revision des Regionalisierungsgesetzes zu berücksichtigen.
Auch würde ich den ITF in Deutschland noch nicht zu Grabe tragen, hat der Deutschland-Takt es ja gerade in die Koalitionsvereinbarung geschafft und eine Machbarkeitsstudie zu den betrieblichen, juristischen und finanziellen Aspekten ist in Ausarbeitung.
Zum Thema Infrastruktur/Finanzierung: Ich habe ganz am Ende in der Facharbeit den (natürlich ein bisschen utopische) Vorschlag gemacht, dass die Länder die Regionalnetze der DB übernehmen. Der ITF macht nur mit dem Grundgedanken Sinn, dass die infrastrukturiellen Entscheidungen direkt aus den betrieblichen Notwendigkeiten hervorgehen. Das Trassenpreisproblem wäre dann nicht mehr so stark, natürlich gibt es dann andere finanzielle Umverteilungsprobleme. Trotzdem gehört für mich zu einer Bahnreform 2.0, dass nach der erfolgreichen Regionalisierung des Betriebs auch die der Infrastruktur kommt (also genau das Gegenteil der Trennung von Netz und Betrieb, die für den ITF sogar kontraproduktiv sein könnte).
Hallo Felix,
eine Idee um eigenwirtschaftlichen Fernverkehr und Taktknoten zusammenzubringen, wäre das Konzept Systemtrassen. Diese vorgefertigten, betreiberunabhängigen Trassen werden gerade in immer stärkeren Maß auf den Europäischen Korridoren eingeführt. Genauso könnte man auch für den Fernverkehr Trassen vordefinieren, die zu einem ITF passen. Diese würden dann anschließend versteigert, bzw. dort wo sich keine Bieter finden müsste der Staat einspringen. Hier sehe ich die Bundesregierung in der Pflicht überregionalen Fernverkehr zu finanzieren. Es ist einfach grotesk, dass Bundesländer Fernverkehrszüge bezuschussen oder “Nahverkehr” bestellen, der mehr als 50 km keinen Halt hat um die entfallenden IR/IC-Linien zu ersetzen.
Und wer wirklich Sprintertrassen haben will, muss eben deutlich mehr zahlen, als für die ITF-konformen Trassen. Da diese mehr Arbeitsaufwand bedeuten und Kapazitäten fressen, denke ich, kann man diesen Aufpreis dann auch rechtfertigen.
Viele Grüße,
Peter
Hallo Peter,
die Idee mit dem Systemtrasse ähnlich wie im Güterverkehr gefällt mir schon ziemlich gut. Aber wie du ja auch andeutest, muss dem ein von der Bundesregierung ausgearbeitetes integriertes Konzept für den Verkehr vorausgehen, z.B. muss auch der heutige DB-Tarif alle ITF-relevanten Fernverkehrszüge unterschiedlicher Anbieter umfassen und daher als “Deutschland-Tarif” von einer übergeordneten Instanz geregelt werden. Einzelne (wenige) Trassen für (eigenwirtschaftliche) Premiumzüge freizuhalten, finde ich nicht grundsätzlich schlecht.
Wenn der Bund dann einspringt, wenn sich kein Unternehmen für den eigenwirtschaftlichen Verkehr finden, dann wird das jetzige Problem der Länder sich (im wohl noch größeren Maße) auf den Bund übertragen, nämlich ein Rückzug der DB und anderer Privatbahnen aus solchen Verkehren,
um danach die lukrativeren “Dienstleistungsaufträge” (mit Kilometerpreis) dann zu gewinnen. Letztlich läuft diese Idee also auf das von Martin oben erwähnte Konzessions- bzw. Ausschreibungsmodell hinaus.
Wie aber auch bei der Berliner S-Bahn (siehe auch mein Artikel https://www.zukunft-mobilitaet.net/21246/analyse/analyse-zukunft-s-bahn-berlin/) besitzt die DB beim ICE aber mittelfristig das Monopol über die Fahrzeuge, so dass dieser Bereich aus dem Wettbewerb vorerst ausgeklammert werden müsste. Eine andere, von der EU sehr ungern gesehene Variante wäre eine Direktvergabe an einen bundeseigenen Betreiber wie die DB (die Niederländer trauen sich aber so was: http://www.railwaygazette.com/news/policy/single-view/view/ns-concession-renewal.html), wodurch die Trennung der Fernverkehrssparte vom Auslandsgeschäft jedoch noch dringlicher würde.
Viele Grüße,
Felix
Hallo Martin, spannende Lektüre. Nur leider 10 Jahre zu spät. Es gibt bei uns schon Kunden die sich gedanklich vom ITF verabschieden. Er ist nicht mehr finanzierbar…
Frank, der Autor müsste damals acht oder neun gewesen sein. Aber interessant, dass die Bundespolitik immer vom Deutschland-Takt schwärmt und auf der anderen Seite die Länder Probleme bekommen. Wobei ich das Prinzip des Integrierten Taktfahrplans und die Finanzierungsproblematik im ÖSPV / SPNV eher getrennt betrachten würde, aber wenn es sich natürlich bedingt. Es kommt eben immer auf die Prioritätensetzung der Politik an… :-/
Martin Randelhoff Die Bundespolitik schwärmt vom Deutschland-Takt? Damit meinst du aber eher die neuere Entwicklung? Den bis letztes Jahr hab ich zumindest das Gefühl, dass man eher auf Großprojekte und schnelle Punkt-zu-Punkt-Verbindungen setzte, als auf ein vermaschtes Netz und langfristige Fahrplankonzepte.
Die ablehnende Haltung ist auf jeden Fall nicht mehr so präsent wie noch vor einigen Jahren. Das BMVDI hat ja die entsprechenden Untersuchungen ebenfalls in Auftrag gegeben und dieses Vorhaben ist bekanntlich auch im Koalitionsvertrag der jetzigen Legislaturperiode gelandet.
Die meisten derzeitigen Projekte, die im Bereich HGV durchgeführt werden, stammen ja noch aus dem Planungsvorrat, den wir in den vergangenen Jahrzehnten angelegt haben. Bei einer kritischen Überprüfung der Vorhaben kommt man ja mittlerweile wie bei der Y-Trasse zu dem Schluss, dass Investitionen für den Schienengüterverkehr weitaus dringlicher sind. Natürlich ist die Schiene und der schnelle Schienenpersonenfernverkehr als Konkurrenz zum Flugzeug wichtig und förderungswürdig, jedoch müssen wir und auch die Politik uns eingestehen, dass Investitionen für den Güterverkehr und auch den Regionalverkehr gesamtwirtschaftlich sinnvoller sind als einige wenige Prestigeprojekte.
Sollten wir irgendwann in Deutschland wirklich die Schaffung eines bundesweiten Deutschland-Taktes als Ziel haben, wird es sowieso sehr interessant. Denn dann müssen wir über die entsprechenden infrastrukturellen Anpassungen und deren Finanzierung diskutieren, wenn wir die entsprechenden Kantenzeiten und Kapazitäten in den Knoten schaffen wollen. Meine Vermutung ist jedoch, dass dazu die Bereitschaft nicht bestehen dürfte. Unabhängig von der Diskussion, ob ein gesamtdeutscher ITF letztendlich sinnvoll wäre oder nicht oder ob man lieber regionale ITF schafft und das Fernverkehrsnetz außen vor lässt.
Weiterer Gedanke: Man könnte auch überlegen, ob man einige FV-Linien über Konzessionen an verschiedene Anbieter vergibt. Dies wäre aber letztendlich das Ende des eigenwirtschaftlichen Fernverkehrs in Deutschland und eine Annäherung an das Schweizer Modell. Ohne die Anpassung dürfte jedoch ein ITF in Deutschland nicht umsetzbar sein.
Aus diesem Thema ergeben sich sehr viele interessante und spannende Fragen, die dringend diskutiert gehören!
Viele Grüße,
Martin
Ich sehe schon, hier wird ja auch schon über das Thema nachgedacht. Der Deutschland-Takt ist derzeit meiner Ansicht klar im Interesse der Länder, die den regionalen ITF schon längst eingeführt haben und a) die verlässliche Rahmenbedingungen im Fernverkehr (z.B. im Mischverkehr oder bei Anschlüssen) wollen und b) nicht länger für ein reduziertes Fernverkehrsangebot einspringen möchten, z.B. eben Rheinland-Pfalz (dahinter steht also auch die Finanzierungsfrage). Hinter der Initiative Deutschland-Takt stehen (nach Impressum) Hans Leister bzw. die BAG-SPNV, die Bundesarbeitsgemeinschaft der (landeseigenen) Aufgabenträger im Schienenpersonennahverkehr, wie z.B. dem VBB, der erst gestern in einem Newsletter für den ITF geworben hat.Vermutlich haben die vielen Ländervertreter im Koalitionsausschuss Verkehr den Deutschland-Takt-Passus durchsetzen können. Ob er umgesetzt wird, wird wohl vom Handeln der DB abhängen, die im Fernverkehr weitgehend frei handeln kann.
Es gab vor 10 Jahren durchaus schon zwei ausführliche Texte zum Integralen Taktfahrplan, die jetzt auch in der aktualisierten Linksammlung zu finden sind. In den letzten Jahren wurde zwar viel über das Thema ITF geredet, aber ich konnte bislang leider keine aktuelleren ITF-Konzeptstudien im Internet finden. Weiß jemand von neuen Artikeln in Fachzeitschriften?
Felix
:-) wird ne interessante Abendlektüre.