Analyse Fuß- und Radverkehr Straßenverkehr Studien urbane Mobilität

Reisezeitunterschiede unterschiedlicher Verkehrsarten von Tür zu Tür im Stadtverkehr – Realität und subjektive Wahrnehmungsverzerrung

Radabstellanlage Nimwegen Niederlande Parkplatz Design Nijmegen Radverkehr
Öffentlichkeitswirksame Fahrradbügelverkleidung in Nijmegen. - Foto: Philipp Böhme @ QIMBY.net - CC0 1.0
Die Reisezeitvorteile des Pkw im Stadtverkehr werden häufig überschätzt. Bis zu einer Distanz von 1,5 km kann das zu Fuß gehen, bis 5 km das Fahrrad fahren und bis 10 km die Pedelecnutzung schneller sein als die Fahrt mit dem Pkw. Grund sind die vergleichsweise lange Parksuchdauer und die langen Wege vom Parkplatz zum Ziel. Da die Reisezeit des Rad- und Fußverkehrs von Nicht-Nutzern signifikant überschätzt und andere Kriterien wie Komfort in der Verkehrsmittelwahl priorisiert werden, kommt es dennoch zu einer starken Nutzung des MIV auch auf sehr kurzen Distanzen.

Die Wahl eines Verkehrsmittels für einen Weg oder mehrere miteinander verknüpfte Wege ist ein komplexer mehrstufiger Prozess. Wichtigste Motive bei der Entscheidungsfindung sind hierbei Reisezeit, Reisekosten, Komfort und Verkehrssicherheit. Neben einer rationalen Komponente spielt jedoch auch die Einstellung des Menschen bei seiner Entscheidung für ein gewisses Verkehrsmittel eine Rolle. “Mobilitätstypen in Deutschland können symbolisch-emotionale Affinitäten gegenüber dem Pkw, dem ÖPNV oder dem Fahrrad haben, beispielsweise Pkw-­Besitz als Freiheit und Individualität empfinden und beim Fahren die Geschwindigkeit schätzen. Alternativ können sie ihre Verkehrsmittelwahlentscheidung emotionslos im engeren, nutzenorientierten Sinne treffen, etwa stets den Preis beachten und Verkehrssicherheit als Grundbedürfnis empfinden.”1 Kommen objektive und subjektive Limitierungen nicht zum Tragen, d.h. werden gewisse Verkehrsarten nicht aus rational nachvollziehbar oder subjektiv empfundenen Gründen von vornherein ausgeschlossen bzw. Fallen aufgrund von Verhinderungsgründen aus den Wahlmöglichkeiten heraus (ohne Führerschein keine Selbstfahrt mit dem Pkw), kann von einer Wahlfreiheit in der Verkehrsmittelwahl gesprochen werden.

Bei Pez 1998, der über 1.500 Personen in Kiel und Lüneburg befragte, waren bei kurzfristiger Betrachtungsweise etwa ein Drittel der befragten Personen nicht wahlfrei. Bei einer mittelfristigen Betrachtungsweise, in der bspw. die Möglichkeiten des Fahrradkaufs oder die Informationsbeschaffung über das ÖPNV-Angebot mit einflossen, sind nur noch ein bis fünf Prozent der Verkehrsteilnehmer nicht wahlfrei.2

Für jene, die frei zwischen den Verkehrsmitteln wechseln können, hatten folgende Faktoren eine besondere Bedeutung:

  • Unabhängigkeit / Flexibilität
  • Schnelligkeit
  • Zielerreichbarkeit
  • Umweltverträglichkeit
  • Verkehrssicherheit
  • Bequemlichkeit
  • Möglichkeit des Gepäcktransports (besonders im Einkaufsverkehr)
Determinanten Verkehrsmittelwahl Pez 1998 Wahlfreiheit Bequemlichkeit Schnelligkeit Komfort Geschwindigkeit Preis
Entscheidungsmodell der Verkehrsmittelwahl nach Pez 1998, S. 242

Je nach Wegezweck (Arbeit, Freizeit, Einkauf, usw.) kann sich die Gewichtung der einzelnen Faktoren unterscheiden. So nimmt das Motiv einer möglichst kurzen Reisezeit bei Pflichtaktivitäten wie Arbeiten einen größeren Stellenwert als bspw. bei Freizeitwegen ein.3

Die Reisezeit setzt sich aus Zu- und Abgangszeit, Fahrzeit sowie verkehrsmittelspezifisch aus Wartezeit, Umstiegszeit, Parksuchzeit, etc. zusammen. Ein vom Umweltbundesamt beispielhaft für den Stadtverkehr erarbeiteter Wegevergleich4 zeigt, dass das Fahrrad bei Entfernungen bis einschließlich 5 km das schnellste Verkehrsmittel im Stadtverkehr sein kann. Grund hierfür sind der geringere Zeitaufwand für die Suche nach einer Abstellmöglichkeit / einem Parkplatz und häufig kürzere Wege vom Parkplatz zum Zielort. Mit dem Fahrrad ist häufig das nähere Heranfahren an das Ziel möglich. Das Pedelec5 mit den möglichen höheren Durchschnittsgeschwindigkeiten ist sogar auf bis zu 10 km langen Wegen mit dem Pkw konkurrenzfähig. Auch bei Entfernungen bis 20 km ist der Zeitunterschied zwischen Pedelec- und Pkw-Nutzung marginal.

Reisezeit Tür zu Tür Stadtverkehr zu Fuß Radverkehr Fahrrad ÖPNV Bus Bahn Pkw MIV laufen Zeitaufwand Entfernung Schnittpunkt
Wegevergleich: von Tür zu Tür im Stadtverkehr. Entfernungsabhängige Reisezeitaufwände in Minuten des Fußverkehrs, des Radverkehrs, der Nutzung eines Pedelecs, der ÖPNV-Nutzung und des Pkw (motorisierten Individualverkehrs). Zum Lesen der Grafik: der Fußverkehr ist bis etwa 1,4 km schneller als die Pkw-Nutzung, das Fahrrad fahren bis zu einer Entfernung von 4,5 km und das Pedelec bis etwa 9,8 km. Bis zu einer Distanz von etwa 9 km kann das Radfahren schneller als die ÖPNV-Nutzung sein. Die Reisezeiten sind auf Basis einer Expertenschätzung entstanden. – Grafik: Umweltbundesamt 2014

Einzelwerte:

kmzu FußRadPedelecBus und BahnPkw
V Ø4 km/h15,3 km/h18,5 km/h20 km/h24,1 km/h
00,00 Min.4,00 Min.4,00 Min.13,00 Min.11,00 Min.
115,00 Min.7,92 Min.7,24 Min.16,00 Min.13,49 Min.
230,00 Min.11,84 Min.10,48 Min.19,00 Min.15,98 Min.
345,00 Min.15,76 Min.13,72 Min.22,00 Min.18,47 Min.
460,00 Min.19,68 Min.16,96 Min.25,00 Min.20,96 Min.
575,00 Min.23,60 Min.20,20 Min.28,00 Min.23,45 Min.
690,00 Min.27,52 Min.23,44 Min.31,00 Min.25,94 Min.
7105,00 Min.31,44 Min.26,68 Min.34,00 Min.28,43 Min.
835,36 Min.29,92 Min.37,00 Min.30,92 Min.
939,28 Min.33,16 Min.40,00 Min.33,41 Min.
1043,20 Min.36.40 Min.43,00 Min.35,90 Min.
1147,12 Min.39,64 Min.46,00 Min.38,39 Min.
1251,04 Min.42,88 Min.49,00 Min.40,88 Min.
1354,96 Min.46.12 Min.52,00 Min.43,37 Min.
1458,88 Min.49,36 Min.55,00 Min.45,86 Min.
1562,80 Min.52,60 Min.58,00 Min.48,35 Min.

Die UBA-Fachschätzung und die angegebenen Werte sollen beispielhaft für den Stadtverkehr in einer deutschen Stadt stehen. Sie sind jedoch nicht auf alle Städte übertragbar. So können in Städten mit U-Bahn oder Stadtbahn auf unabhängigem Gleiskörper durchaus höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten durch den ÖPNV erzielt werden. In sehr hügeligen Städten liegen die Durchschnittsgeschwindigkeiten insbesondere des nicht-motorisierten Verkehrs sicherlich niedriger. Kleinere autoorientierte Städte ermöglichen eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit des MIV, während in Mönchengladbach, Berlin und München laut INRIX 2016 Traffic Scorecard vom MIV durchschnittliche Tagesgeschwindigkeiten von 7,8 km/h, 8,2 km/h und 8,2 km/h erreicht werden. Für Gesamt-Deutschland mit der Vielzahl unterschiedlicher Stadtstrukturen und -größen haben die vom UBA befragten Experten oben genannte Geschwindigkeitswerte angesetzt. Für detaillierte Werte zu einzelnen Städten und den einzelnen Verkehrsmitteln siehe bspw. TravelTime Platform. Zur weiteren Einordnung sei angemerkt, dass sich die folgenden Ausführungen ebenfalls auf Gesamt-Deutschland und nicht einzelne Städte beziehen.

An Werktagen haben die Wege mit einer Wegelänge bis einschließlich 4 km einen Anteil von 56 % an allen Wegen. Somit ist die Hälfte aller unternommenen Wege kürzer als 5 km und liegen somit in einem Bereich, in dem das Fahrrad gegenüber dem Pkw Reisezeitvorteile besitzt. Dreiviertel aller zurückgelegten Wege liegen im Entfernungsbereich von bis zu 10 km – eine Distanz, in der Pedelecs aufgrund der höheren Durchschnittsgeschwindigkeit als Fahrräder ebenfalls Reisezeitvorteile gegenüber dem Pkw besitzen können.

Die Nutzung von Pedelecs konzentriert sich auf Wegelängen im Bereich von fünf bis unter zehn Kilometern. Dies entspricht einer Distanz, die eigentlich klassisch mit dem ÖPNV abgedeckt werden kann. Das Pedelec scheint hier als Ersatz für Bus und Bahn in Situationen zu fungieren, in denen deren Bedienungsqualität (z. B. Takte und Anzahl von Umstiegen) nicht ausreicht, sodass das Pedelec erhebliche Vorteile in der Reisezeit hat.6

Verteilung der Entfernungen Wegelängen Deutschland
Anteile der Entfernungsklassen an der Gesamtstichprobe, geschichtet nach Verkehrsart Mo-Fr (n = 162.160 Wege). Datenbasis: Deutsches Mobilitätspanel (MOP, Jahrgänge 2000-2012) sowie Mobilität in Deutschland (MiD, 2008). Grafik: Knecht, Sebastian; Manz, Wilko; Rentschler, Christoph; Schreiber, Svenja 2015: Radverkehr in Baden-Württemberg. INOVAPLAN GmbH im Auftrag des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg. Karlsruhe, S. 22

In der Realität werden jedoch auch kurze Distanzen mit dem Pkw zurückgelegt:

Der MIV ist sowohl werktags als auch am Wochenende ab der Entfernungsklasse von 1,5 km das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel, weist jedoch auch bereits bei Distanzen bis 500 m und 1 km signifikante Anteile auf. Der ÖV-Anteil nimmt ebenfalls mit der Wegelänge zu, wobei er werktags relevante Anteile ab einer Wegelänge von mehr als 3 km erreicht. Dabei erreicht der ÖV Modal-Split-Anteile von bis zu 23 % am Gesamtverkehr.

Der Fußverkehr konzentriert sich auf sehr kurze Distanzen, so nimmt schon bei Wegelängen von mehr als 500 m bzw. 1.000 m der prozentuale Anteil sowohl werktags (76 % bzw. 31 %) als auch am Wochenende stark ab.

Der Radverkehr weist sowohl werktags als auch am Wochenende den höchsten Anteil am Modal-Split im Entfernungsbereich zwischen 500 Metern und drei Kilometer auf. Der höchste Messwert des Radverkehrs am Modal-Split ist dabei werktags mit einem Anteil von 21 % bei einer Wegelänge von 1 – 1,5 km zu beobachten. Nennenswerte Anteile des Radverkehrs sind werktags bis zu einer Entfernung von sechs Kilometern zu beobachten.

Verkehrsmittelnutzung nach Entfernungsklasse Weglänge Deutschland Fahrrad Fußweg ÖPNV Pkw
Verteilung der Verkehrsmittel je Entfernungsklasse, Mo-Fr (n = 162.160 Wege). Datenbasis: Deutsches Mobilitätspanel (MOP, Jahrgänge 2000-2012) sowie Mobilität in Deutschland (MiD, 2008). Grafik: Knecht, Sebastian; Manz, Wilko; Rentschler, Christoph; Schreiber, Svenja 2015: Radverkehr in Baden-Württemberg. INOVAPLAN GmbH im Auftrag des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg. Karlsruhe, S. 22

Eine Ursache für diese Verteilung mit einer starken Pkw-Nutzung auch bei geringen Entfernungen liegt in einer häufig anzutreffenden subjektiven Fehlwahrnehmung bei der Bewertung der Schnelligkeit bzw. der Reisezeit.

In einer Befragung von 252 Studierenden und 253 Mitarbeitenden der Pennsylvania State University hinsichtlich ihrer Verkehrsmittelwahl und der geschätzten Reisezeit der von ihnen nicht genutzten Verkehrsmittel, waren die wenigsten in der Lage, die korrekte Reisezeit zu schätzen.7 Die überwältigende Mehrheit der Befragten überschätzte die Zeit zum Gehen (n = 201, 82 %) und Rad fahren zum Campus (n = 205, 88 %), während nur ein kleiner Teil den Zeitaufwand unterschätzte (n = 22, 9 %, Rad n = 11, 4,7 %). Etwa 90 Prozent der Schätzungen waren um mindestens zehn Minuten zu lang. Die wenigen Schätzungen, die korrekt waren, wurden fast ausschließlich von ÖPNV-Nutzern und zu Fuß Gehenden abgegeben. Parkberechtigungen und Entfernungen beeinflussten die Schätzungen negativ, insbesondere Inhaber eines Parkausweises überschätzten die Zeitaufwände für aktive Mobilität deutlich. Je näher jemand am Campus wohnt, desto besser war die Schätzungen. Die Befragten, vor allem Frauen, die wenig Erfahrung mit dem Radfahren hatten oder sich körperlich nicht fit fühlten, dachten, dass aktives Pendeln wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, als es real der Fall ist.

Radabstellanlage Ladeschrank Pedelec E-Bike E-Rad Recklinghausen Palais Vest
Förderung des schnellen (elektrifizierten) Radverkehrs durch Schaffung von Abstell- und Lademöglichkeiten am Zielort, hier: eine Abstellanlage für Elektrofahrräder mit Ladeschrank in Recklinghausen – Foto: Katharina Hering @ QIMBY.netCC0 1.0

Um die Reisezeit des nicht-motorisierten Verkehrs sowie des elektrifizierten Radverkehrs im Vergleich zum Kfz-Verkehr zu verkürzen, sollte Radverkehrsinfrastruktur an die teils höheren Geschwindigkeiten von E-Rädern anzupassen. Bei der Planung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Sicherheit des parallel geführten Rad- und Fußverkehrs mindestens gesichert bzw. besserenfalls gesteigert wird. Ebenfalls unterstützend wirkt die Schaffung von Abstellmöglichkeiten am Quell- und / oder Zielort. Hierbei sollte Diebstahlsicherheit und Witterungsbeständigkeit gewährleistet sowie das Aufladen des Akkus von Pedelecs möglich sein und der Zu- bzw. Abgang beschleunigt werden. Dies lässt sich beispielsweise in Wohngebieten mit der Platzierung von Radabstellanlagen vor der Haustür im öffentlichen Straßenraum bewerkstelligen.

Flankierend sollten die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten des MIV abgesenkt werden, um eine Förderung des Umweltverbundes zu erreichen und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Quellen

  1. Rudolph, Frederic 2014: Klimafreundliche Mobilität durch Förderung von Pedelecs: Lokale Langfristszenarien über die Wirkung von Instrumenten und Maßnahmen am Beispiel der Stadt Wuppertal. Wupptertal, Gießen: Disseration an der Bergischen Universität Wuppertal, S. 146. Abgerufen unter: http://elpub.bib.uni-wuppertal.de/edocs/dokumente/fbd/bauingenieurwesen/diss2014/rudolph
  2. Pez, Peter 1998: Verkehrsmittelwahl im Stadtbereich und ihre Beeinflußbarkeit: eine verkehrsgeographische Analyse am Beispiel von Kiel und Lüneburg. Kieler Geographische Schriften 95. Kiel: Geographisches Institut der Universität Kiel, S. 302f.
  3.  König, Arnd 2004: Messung und Modellierung der Verlässlichkeit des Verkehrsangebots. Experimente mit Schweizer Befragten. Zürich: ETH Zürich, S. 10
  4.  Kohlmeyer, Regina; Kolodziej, Andrea; Petrikowski, Falk; Sprecht, Bernhard; Wachotsch, Ulrike 2014: E-Rad macht mobil. Potenziale von Pedelecs und deren Umweltwirkung. Umweltbundesamt: Dessau-Roßlau
  5. Als Pedelecs werden Elektrofahrräder bezeichnet, die mit Muskelkraft angetrieben und bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h durch einen elektrischen Motor mit maximal 250 Watt Leistung unterstützt werden. Die Handhabung der Pedelecs unterscheidet sich von der der konventionellen Fahrräder kaum.
  6. vgl. Rudolph 2014, S. 70
  7. Sims, Dangaia; Bopp, Melissa J.; Rovniak, Liza S.; Matthews, Stephen A.; Poole, Erika 2018: Predicting discordance between perceived and estimated walk and bike times among university faculty, staff, and students. Transportmetrica A: Transport Science
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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Tino
Tino
29. Juni 2018 13:25

Die Werte für Bus&Bahn halte ich für sehr fragwürdig.

Vermutlich wurde nicht berücksichtigt, dass man jederzeit starten kann und zunächst auf das nächste Verkehrsmittel warten muss, sondern angenommen, dass man so startet, dass man nicht oder nur kurz warten muss. Wenn es nur einen 20- oder gar 60-Minuten-Takt gibt, (auch in einer Millionenstadt gibt es Busse mit 60-Minuten-Takt tagsüber, warum auch immer), müsste man entsprechende durchschnittliche Wartezeiten in die Berechnung einbeziehen.

Zur angenommenen Geschwindigkeit von 20 km/h bei ÖPNV: ich rechnete gerade mal 3 meiner Arbeitswege nach, alle in Deutschen Millionenstädten.

Arbeitsweg 1:

Luftlinie 11 km, Zeit von Tür zu Tür (ohne Wartezeit auf die nächste Verbindung) 48 Minuten, ergibt 13,75 km/h

Arbeitsweg 2:

Luftlinie 15,75 km, Zeit von Tür zu Tür 61 Minuten, ergibt 15,5 km/h

Arbeitsweg 3:

Luftlinie 9 km, Zeit von Tür zu Tür 55 Minuten, ergibt 9,8 km/h

Dabei wurden bei allen Arbeitswegen jeweils verschiedene Verkehrsmittel benutzt, insgesamt waren S-Bahn, Bus, Tram und U-Bahn beteiligt.

Berücksichtige ich noch die durchschnittliche Wartezeit, z.B. 10 Minuten bei 20-Minuten-Takt, komme ich mit obigen Beispielen bestenfalls auf 13,3 km/h.

Meinem Empfinden nach ist ÖPNV auch in Deutschen Millionenstädten nur etwas für Leute mit zuviel Zeit, es sei denn man wohnt genau vor einer Haltestelle mit dichtem Takt und für das Fahrziel gilt dies ebenso. Aus unserem Haushalt ist ÖPNV-Nutzung inzwischen fast komplett verschwunden. Für die Fahrt zum Tierpark oder zum Museum am Wochenende wird er gelegentlich benutzt, für die täglichen Wege würde er exorbitanten Verlust an Freizeit bedeuten.

Frederik Koch
Frederik Koch
20. Juni 2018 15:24

Spannende Ausführungen, die gut zeigen, dass es auch beim Thema Verkehr keinen “Homo oeconomicus” gibt.

Besonders interessant fände ich noch die zusätzlichen Einzelaspekte:

– Welchen Effekt hat die Infrastruktur (z.B. “Radschnellwege”, Busspuren etc.), letztlich also die übliche “Verteilungsfrage” im öffentlichen Raum?
– Wo liegt der multimodale Schwellenwert, bei dem z.B. ÖPNV nach Gehweg/Radfahrt oder individuelles Verkehrsmittel favorisiert wird? Ich fürchte, dazu habt ihr vermutlich sogar schon einen Artikel, den ich hätte finden müssen…

Jan Bühler
Jan Bühler
14. Juni 2018 22:34

Was leider nicht erwähnt wurde:
Das Wiener Modell der Quartiersgaragen. Wenn man – nach den vorliegenden Daten – die Rüstzeit für die Autofahrt um zwei oder mehr Minuten erhöht, kann man erhebliche Unterschiede in der Verkehrsmittelwahl erwarten – was in Wien auch der Fall ist (kombiniert mit viel Zuckerbrot).

Auch die Frage, wie man die Subjektive Wahrnehmung an die Realität anpassen kann, wäre spannend.
Merci fürn Artikel!

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Jan Bühler

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