Für die Nutzung des Fahrrades als alltägliches Verkehrsmittel hat das sichere und komfortable Abstellen der Fahrräder am Wohnort eine große Bedeutung. Daher wird die Schaffung von Fahrradabstellplätzen zunehmend im Bauordnungsrecht der Länder verbindlich gefordert oder über örtliche Satzungen festgelegt und konkretisiert.
Laut Bestimmungen der Landesbauordnung des Landes Baden-Württemberg ist bspw. für Neubauten die Errichtung von Fahrradabstellplätzen auf dem Grundstück selbst vorgeschrieben (§§ 35 Abs. 4 bzw. 38 Abs. 1 Nr. 13 LBO in der Fassung vom 5. März 2010, zuletzt geändert durch Verordnung vom 23.02.2017). Für jede Wohnung sind zwei geeignete wettergeschützte Fahrrad-Stellplätze herzustellen. Auch die Stellplatzsatzung der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam vom 07.03.2012 (Richtzahlenliste – Anlage 2) fordert für Wohnungen in Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohneinheiten zwei Abstellplätze je Wohnung. Bei Gebäuden mit Publikumsverkehr sind für die Öffentlichkeit leicht zugängliche Abstellmöglichkeiten zu schaffen.
Nach Möglichkeit sollten diese Fahrradabstellplätze aus Witterungsgründen überdacht und gegen Diebstahl versperrbar ausgeführt sein. Klassische Anwendungsobjekte sind Fahrradkleingaragen, Abstellräume in der Tiefgarage oder ebenerdige Fahrradräume im Eingangsbereich der Gebäude.
Neben der Forderung überdachter und sicherer Radabstellanlagen auf privaten Grundstücken, sollte von Kommunen darüber hinaus geprüft werden, ob bspw. bei Straßenumbaumaßnahmen nicht zusätzlich gut nutzbare Radabstellanlagen im öffentlichen Straßenraum geschaffen werden können. Dies gilt nicht nur für Quartiere mit mehrgeschossiger Blockrandbebauung, sondern ebenfalls für Wohnquartiere mit einer lockereren Bebauung und offenen Bauweise wie Einfamilien- oder Reihenhaussiedlungen.
Zur Förderung des Radverkehrs sollte das Fahrrad stets im Bewusstsein der Menschen verankert sein. Zudem sollte die Nutzung möglichst einfach gestaltet werden. Der hohe Anteil kurzer Distanzen bei den alltäglichen Wegen prädestiniert die Nutzung des Fahrrads. Dieses ist jedoch oft im Fahrradkeller oder der Garage abgestellt und entschwindet somit bei vielen Menschen aus dem täglichen Bewusstsein. Bei der Verkehrsmittelwahl geht das Heraustragen des Fahrrads aus Keller oder Garage zudem zeitlich wie auch aus Komfortsicht negativ ein, der vor der Haustür geparkte Pkw ist einfacher und schneller verfügbar. In manchen Garagen werden die Fahrräder über sogenannte Fahrradwandhalter an der Wand befestigt, zur Nutzung des Fahrrads muss oftmals vorher der Pkw heraus- und ggf. wieder hineinrangiert werden.
Um das Fahrrad aus der Rolle des Freizeit- oder Sportgeräts zu befreien und stärker in den Alltag zu integrieren, bietet es sich an, das Fahrrad an einem Ort zu positionieren, welcher nach dem Heraustreten aus dem Haus bzw. auf dem Weg zum Pkw passiert werden muss. Je schneller und bequemer die Fahrradfahrt am Wohnort beginnen kann, desto öfter wird das Fahrrad benutzt.
Darüber hinaus unterstützt die Umwandlung von Parkständen in Radabstellanlagen dem push and pull-Gedanken zur Verlagerung auf den umweltverträglichen und platzsparenden Radverkehr. Fahrbahneinengungen als geschwindigkeitsdämpfende Maßnahme der Verkehrsberuhigung könnten nicht nur mit Straßenbegleitgrün, sondern bei ausreichender Tiefe auch mit Radabstellanlagen versehen werden. Baumscheiben oder Pflanzflächen zur Ordnung des Parkraums könnten verlängert und ebenfalls mit Fahrradständern versehen werden.
Ein gutes Beispiel der Integration von Radabstellanlagen im öffentlichen Straßenraum bietet Kopenhagen:
Die Frage der Vandalismus- und Diebstahlsicherheit stellt sich bei Radabstellanlagen im öffentlichen Raum häufig. Insbesondere beim Abstellen eines Fahrrads über Nacht ist mit einem entsprechenden Risiko verbunden. Dies sollte jedoch der Errichtung entsprechender Abstellanlagen nicht entgegenstehen. Zum einen ist eine Nutzung der subjektiven Risikobewertung jedes Einzelnen überlassen, zum anderen dürften vor allem geringwertige, aber dennoch verkehrssichere Fahrräder über Nacht im Freien abgestellt werden. Der alltägliche Komfort- und Zeitgewinn dürfte ungleich höher als ein singulärer möglicher Fahrraddiebstahl sein. Hinzu kommt eine einfachere und geordnete Abstellung durch Besucherinnen und Besuchern mit einer zumeist kurzen Abstelldauer.
Die Nutzung von Stadtmobiliar wie Verkehrsschilder und Straßenleuchten, Bäumen und Baumschutzbügeln, Pollern, Geländern, Zäunen, etc. als Fahrradständerersatz ist häufig ein deutliches Zeichen für das Fehlen oder ein zu geringes Angebot an geeigneten Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Raum. Besitzer hochwertiger Fahrrädern dürften insbesondere bei längerer Abstelldauer höhere Handlingkosten (Zeit, Komfortverlust, Umwege) in Kauf nehmen und eigene sichere Abstellmöglichkeiten besitzen.
Die flächendeckende Errichtung überdachter und abschließbarer Radabstellanlagen in Wohnstraßen ist aus finanziellen wie auch aus Gründen der Einsehbarkeit und der zur Verfügung stehenden Flächen im Straßenraum unrealistisch1. Zudem bieten diese oftmals nur eine geringe städtebauliche Qualität.
Bei ausreichend Flächen im Seitenraum können punktuell überdachte Radabstellanlagen wie bspw. das standardisierte Hamburger Fahrradhäuschen errichtet werden, welche die sichere Unterstellung von bis zu 12 Fahrrädern ermöglichen.
Zur weiteren Förderung des Radverkehrs als Alltagsverkehrsmittel sollte der Straßenraum nicht nur in dicht bebauten und innerstädtischen Wohnquartieren mit Radabstellanlagen versehen sein. Auch klassische Einfamilien- und Reihenhausgebiete sollten entsprechende Abstellmöglichkeiten im öffentlichen Raum aufweisen, auch wenn theoretisch in Garagen und Schuppen oder in Nebenräumen ausreichend Abstellflächen existieren.
Die Positionierung des Fahrrads als Alltagsverkehrsmittel und weniger als reines Sport- und Freizeitgerät bedarf eines schnellen und bequemen Zugangs sowie einer Verankerung im täglichen Bewusstsein. Durch einfache und günstige Maßnahmen lässt sich viel erreichen. Wenngleich private Stellplätze für den Radverkehr der Regelfall sind und auch sein sollte, sollten diese wie beim Kfz-Verkehr zusätzlich durch öffentliche Stellplätze ergänzt werden.
- Längsparkstände mit einer Parkstandsbreite von 2,10 Metern bieten keinen ausreichenden Bauraum, bei Senkrechtaufstellung dürften bauliche Anlagen Sichtverhältnisse zu stark einschränken. ↩
“Wichtig sind m.M.n. jedoch auch sichere und wettergeschützte Abstellanlagen.” Ich finde auch, dass dieser Punkt noch mehr Relevanz verdient. In urbanen Vierteln mit vielen Altbauten, ohne Abstellmöglichkeiten im Innenhof, ist es für Mieter wirklich schwierig sich ein hochwertiges Fahrrad anzuschaffen. Bei uns sind ausreichend Bügel vorhanden, aber der Keller ist klein und eng, ich würde mir gerne ein hochwertiges Fahrrad anschaffen, tue es aber nicht, weil eine entsprechende Abstellmöglichkeit (die ich auch bezahlen würde) fehlt. Die Stadt Frankfurt hat hier z. B. ein Pilotprojekt mit Fahrradgaragen im öffentlichen Raum, aber meines Erachtens in viel zu kleinem Umfang und viel zu zögerlich in der Umsetzung.
Schöner Artikel – das Thema wird sonst viel zu wenig beachtet, obwohl es sicher einen sehr großen Einfluß auf die Fahrradnutzung hat.
Wichtig sind m.M.n. jedoch auch sichere und wettergeschützte Abstellanlagen. Einfache Fahrradständer bzw. -bügel sind ein guter Anfang und für das Abstellen bis zu einigen Stunden gut geeignet. Jedoch werden sie nur selten dazu führen, daß jemand ein bisher umständlich in der Garage oder im Keller untergebrachtes Fahrrad nun nach draußen stellt. Zu groß wäre der Schaden durch Wettereinflüsse und die Gefahr von Diebstahl und Vandalismus. Die “Garagenfahrräder” werden also solche bleiben, solange es keine ebenso sichere Abstellmöglichkeit an der Straße gibt.
Sinnvoll wäre es, einfache Fahrradbügel dort aufzustellen, wo es um eher kurze Abstellzeiträume geht, z.B. vor Geschäften. Ergänzungen durch Fahrradboxen etc. sollten dort hinzukommen, wo Fahrräder länger stehenbleiben (z.B. an Bahnhöfen, an Arbeitsplätzen) und besonders in Gegenden mit einem hohen Anteil einigermaßen hochwertiger Räder (z.B. hügelige Städte, ländliche Regionen).
Hallo,
es ist wichtig, dass es hier nicht um ein “entweder oder” gehen soll. Vielmehr geht es mir um eine Sensibilisierung für das Thema.
Konkreter Anlass für diesen Artikel war eine Diskussion im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsverfahrens, in der vehement darauf hingewiesen wurde, dass man in der klassisch suburbanen oder am Rand gelegenen Siedlungsstruktur keine öffentlichen Fahrradabstellanlagen benötigt, da diese auf privaten Flächen vorgehalten werden sollen / müssen. Was aus ordnungsrechtlicher Sicht durchaus nachvollziehbar ist, ist es aus Sicht einer Förderung des Radverkehrs jedoch nicht. Und genau dies war eigentlich Thema der Diskussion.
Mir ist natürlich auch bewusst, dass man in diesen Siedlungsräumen häufig auch eher hochwertige Räder besitzt. Und diese müssen selbstverständlich sicher abgestellt werden. Es bringt auch wenig, wenn man einfache Radverkehrsinfrastruktur vor der Haustür hat, das hochwertige Fahrrad aber trotzdem im Keller oder der Garage hängt bzw. steht und wiederum selten genutzt wird.
Ich bin mir aber immer noch unsicher, ob und wie sichere und wettergeschützte Radabstellanlagen im öffentlichen Raum abseits der klassischen Ziele (Knotenpunkte, Points of interest, etc.) durch die öffentliche Hand geschaffen werden können bzw. sollen. Wie bereits im Artikel erwähnt, überzeugen mich die bisherigen Lösungen oftmals weder ästhetisch noch vom Bedienkomfort (Beispiele sind gerne hier oder auf qimby.net gesehen). Für teure Räder braucht man hier eine Lösung, welche die Balance zwischen Ökonomie, Nutzungsdauer und Nutzertyp findet. Es darf zum einen nicht sein, dass Budget durch einige wenige Radabstellmöglichkeiten aufgezehrt wird, Dauerparker die Boxen über längere Zeit belegen und es gleichzeitig attraktiv ist, auch ein teureres Fahrrad anzuschaffen bzw. zu nutzen (insb. Pedelec für das Pendeln). Natürlich vor dem Bewusstsein, dass die Bereitstellung von kostenfreien Parkraum für den ruhenden Kfz-Verkehr auch kommunales Budget bindet.
In vielen Wohngebieten wären alleine schon die Installation mehrerer Anlehnbügel ein großer Fortschritt. Über Fahrradboxen, o.ä. kann man dann gerne als Zusatzangebot zur Basisinfrastruktur nachdenken.
Man muss hier – wie sonst auch – vor allem auf die lokale Gegebenheiten achten. Welche Menschen wohnen in einem Gebiet, wie ist die jetzige Fahrradnutzung bzw. das Potenzial für welche Verkehre bei welchem genutzten Fahrradtyp. Dann kommt man vermutlich auch zu einem Ergebnis. Man muss die Planungsebene nur auch für diese Thematik sensibilisieren. Mir wird das heute noch zu wenig auf allen Ebenen mitgedacht.
Viele Grüße,
Martin Randelhoff
In den EFH-Gebieten sehe ich primär Besucher als Zielgruppe. Dazu gehören im weitesten Sinne auch Lieferdienste.