Auf der Suche nach einem neuen Zeitraffer-Film für das Video zum Wochenende bin ich auf einen Artikel von Oli Mould gestoßen, der sich mit dem Phänomen der wachsenden Zahl von Zeitraffer-Filmen und deren Beitrag zu einem neuen Urbanismus auseinandersetzt.
Seine Gedanken gehen über den Ansatz sinkender Produktionskosten hinaus. Professionelle Kameras, Schnittprogramme und Rechnerleistung sind heutzutage bereits für wenige Hundert Euro erhältlich. Neben einigen professionellen Filmemachern wächst auch die Zahl der Amateure und Hobbyfilme, die in stundenlanger Kleinarbeit semi-professionelle Zeitrafferfilme produzieren.
Zeitrafferfilme zeichnen meistens nur ein positives Bild einer Stadt und blenden Probleme und weniger prosperierende Stadtviertel aus. Sie stehen für ein lebendiges, schillerndes und schnelles Leben innerhalb einer Stadt. Mich persönlich fasziniert an diesen Filmen, dass durch ein beschleunigtes Abspielen von Filmaufnahmen der Puls der Stadt zu erkennen ist. Insbesondere der Verkehr definiert die Geschwindigkeit, die wir einer bestimmten Stadt zuschreiben.
Mould geht in seiner Beschreibung sogar so weit, dass Zeitrafferfilme Kontext im Rahmen einer zeitgenössischen Beschäftigung mit Städten und städtischem Leben schaffen können und belegt dies eindrucksvoll:
Cresswell (2010: 17) argues that there are six constituent parts to the concept of mobility; “motive force, velocity, rhythm, route, experience, and friction”, only some of which seem to be articulated by time lapse videos. The constant fluidity and ‘smooth’ space depicted by these films negates the frictions of mobility and perhaps more tellingly, obscures the immobility that is part of the urban condition. Thinking of urban immobility though is not conducive, and indeed counter-productive to the wider lexicon of ‘flows of capital, people, ideas’ and so on – all those themes which have became the common parlance of urban entrepreneurial strategy. […]
Im Rahmen eines globalen, nationalen und auch regionalen Wettbewerbs zwischen Städten haben mittlerweile auch PR-Abteilungen von Städten, Grundstücks- und Immobilienunternehmen und ansässige Unternehmen erkannt, dass Zeitrafferfilme helfen, eine globale Marke aufzubauen. Logos und Marken von Städten werden in Zeiten sozialer Medien immer beliebiger, verwaschen und sind nicht mehr mit einer eindeutigen Botschaft zu verbinden. Diese Lücke der Einmaligkeit können Zeitraffervideos zum Teil schließen und werden daher in Zukunft viel öfter auch von offizieller Seite als Übertragungsmedium genutzt werden.
Mould hierzu:
Therefore, city time lapse films are highly relevant and desired vehicles for urban competitiveness as they visually articulate urban fluidity that is representative of (and indeed a pre-requisite for) mobile capital, while at the same time (re)producing a particular urban aesthetic of ‘cool’, that is much needed to attract the people and workers that are the conduits for the capture of said mobile capital. How long will it be before the time lapse film becomes part of the Creative City package that is sold by doorstep salesmen to the next city wanting a slice of the ‘creative’ action? Is it already the case?
Um die Ebene der Metadiskussion und der kommerziellen Nutzung von Zeitrafferfilmen zu verlassen, möchte ich heute auf ein Projekt aus China verweisen. 56 Fotografen haben, ohne sich persönlich zu treffen und zu koordinieren, in 49 chinesischen Städten Aufnahmen gemacht, die in einen einzigartigen Zeitrafferfilm über China eingeflossen sind. Die erste Version des elf Minuten langen Filmes ist bereits sehr imposant, eine Endfassung wird derzeit erstellt.