Liebe Leserinnen und Leser,
am 19.08.2014 habe ich in diesem Blog den Artikel “Vergleich unterschiedlicher Flächeninanspruchnahmen nach Verkehrsarten (pro Person)” mit zwei Grafiken veröffentlicht. Leider habe ich bei der Erstellung der Grafiken einen Fehler begangen, welcher das Ergebnis grob verfälscht hat (siehe Gegenüberstellung der falschen und richtigen Grafik am Ende dieses Artikels).
Die Werte der Flächenbedarfe für den Fuß- und Radverkehr habe ich “Knoflacher, H. und Kloss, H.P. (1980): Verkehrskonzeption Wien, Teil C: Konsulentengutachten – Radverkehr, Wien” entnommen. Die dort genannten Flächenbedarfe werden in der einschlägigen Literatur vergleichsweise oft verwendet und zitiert. Nach Veröffentlichung der Grafik wurde ich mehrfach gefragt, welche Breite für den Radverkehr angenommen wurde, da der Flächenbedarf eines Radfahrers bei 30 km/h von 6,7 m² als fragwürdig angesehen wurde. Beim Nachrechnen des Wertes (analog zum beschriebenen Vorgehen im Artikel) ist mir leider der Fehler unterlaufen, die Ausgangsgeschwindigkeit im Zähler nicht quadriert zu haben. Das Ergebnis und im Folgenden die Bewertung von Knoflachers Berechnung war somit falsch.
Dieser Fehler ist mir am folgenden Tag, den 20.08.2014, selbst aufgefallen. Daraufhin habe ich den Flächenbedarf neu berechnet. Es stellte sich heraus, dass Knoflacher je nach der von ihm verwendeten Bremsverzögerung eine Breite des Radverkehrs von etwa 0,7 – 0,9 Metern angenommen haben muss, da ansonsten eine Fläche von 6,7 m² bei 30 km/h nicht erzielt werden kann.
Meiner Meinung nach nimmt der Radverkehr jedoch eine weitaus größere Breite der Verkehrsfläche ein. Dies wird in neueren Richtlinien sowie der Rechtssprechung ebenfalls so gesehen. Nach RASt 06 ist ein Radfahrer einen Meter breit zuzüglich entsprechender variabler Sicherheitsabstände zwischen 0,25 – 0,75 Metern. Die verwendeten Flächenmaße von KNOFLACHER (1980) für den Radverkehr konnte ich daher für die Bemessung des Flächenbedarfs nicht verwenden. In einer Diskussion auf Facebook und Twitter einigte man sich nach einigen Kontroversen auf eine Breite des Radverkehrs im Mittel von 1,5 Metern. Diesen Wert habe ich daraufhin für eine Neuberechnung des Flächenbedarfs des Radverkehrs verwendet.
Da das Ergebnis einen eklatanten Unterschied zur veröffentlichten Grafik aufwies, habe ich diese sowie den dazugehörigen Artikel daraufhin zurückgezogen und überarbeitet. Neben der Korrektur des Flächenbedarfs des Radverkehrs habe ich zudem die Fahrspurbreite des Busverkehrs an die Vorgaben der RASt 06 angepasst und Sicherheitsabstände und Reaktionszeiten mit in die Grafik aufgenommen.
Diejenigen, welchen gegenüber ich den Wert von KNOFLACHER auf Basis meiner fehlerhaften Berechnungen verteidigt habe, habe ich um Entschuldigung und Verständnis gebeten.
Es ist mit Sicherheit nicht mein Anspruch, Werte zu kommunizieren, welche einen Verkehrsträger aufgrund fehlerhafter Berechnungen besser stellen. Ich hätte die entsprechenden Annahmen vorab einsehen und bewerten bzw. den Wert im Vorfeld nachrechnen müssen. Dies habe ich leider unterlassen. Für dieses Versäumnis möchte ich meine LeserInnen und Leser aufrichtig um Entschuldigung bitten. Es tut mir sehr leid, dass falsche Werte kommuniziert und veröffentlicht wurden. Ich möchte mich auch im Vorfeld all jene um Entschuldigung bitten, welche die Nachricht der fehlerhaften Grafik nicht erreicht und diese daraufhin verwenden. Es ist für mich leider unmöglich, alle Versionen und Kopien, welche mittlerweile im Internet kursieren, einzusammeln und zu löschen bzw. die Verwender vorab zu informieren.
Ich werde in Zukunft kritischere Maßstäbe an die Verwendung externer Daten legen und vorab die entsprechenden Primärquellen einsehen. Sollte dies nicht möglich sein, werde ich die Unsicherheit der Werte explizit kommunizieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Randelhoff
Die korrekte Grafik:
Die fehlerhafte Grafik:
Wenn die 40qm pro Radfahrer auch nur annähernd stimmen sollten, wäre das folgende Video (das nicht gestellt ist) unmöglich – Radfahrer brauchen einen Bruchteil dieser Fläche
https://www.youtube.com/watch?v=n-AbPav5E5M
Der Berechnung liegt aus Gründen der Vergleichbarkeit eine Geschwindigkeit von 30 km/h zugrunde. In dem Video wird an keiner Stelle eine Geschwindigkeit von 30 km/h erreicht, daher ist der Flächenbedarf auch geringer.
völlig unsinniger Vergleich.
1) Wir sind in der Stadt nicht in einem Wettbewerb der Höchstgeschwindigkeiten, sondern im Wettbewerb der “sinnvollen Kapazität”.
2) Die realen Geschwindigkeiten sind viel niederer, Radfahrer haben einen viel kleineren Minimalbedarf bei kleinen Geschwindikeiten, zB in Stauzonen.
3) Überdies muss man Kapazität=Transportleistung mit dem Flächenbedarf vergleichen, und die Flächen dürfen nicht als Quadrate sondern als immer gleich hohe Rechtecke dargestellt werden, sonst werden die Unterschiede kleiner empfunden als sie tatsächlich sind.
4) Überschneiden sich die Transportmittel nur in einigen Bereichen – kein Fussgänger würde bis Rom gehen – man kann nur die vergleichen.
5) Und die Bahn braucht immer gleichviel Platz, von 0 bis zu ihrer 100% Auslastung.
Die korrigierte Breite des Radfahrers lässt ausser Acht, dass Radfahrer durch leichten seitlichen Versatz am Vorausfahrenden vorbeisehen können und den Reaktionsweg somit zum 2.Vorausfahrenden bemessen können. Somit ist die Annahme Knoflachers, Radfahrer bräuchten etwa 0,7m realistischer und der tatsächliche dynamische Platzverbrauch des Radlers geringer als dargestellt.
In der Praxis wird dieser Vorteil auch von Motorradgruppen genützt, die ihre Sicherheit durhc versetztes Fahren erhöhen können.
PWKs haben diesen Vorteil nicht, der fahrer sieht nicht ausreichend durch das vorausfahrende Fahrzeug durch.
Der Reaktionsweg wird aber für jeden einzelnen Radfahrer und nicht für einen Verband bestimmt. Sicherheitsabstände und Bremswege sind vollkommen unabhängig davon, ob versetzt gefahren wird oder nicht. Zudem bleibt die Breite des Radfahrers auch bei versetztem Fahren gleich groß.
Hallo,
ich finde diese Grafiken sehr informativ und anschaulich. Wegen der Fehlerdiskussion habe ich jetzt auch mal kurz auf Plausibilität geschaut und da ist mir bei der Busberechnung vielleicht ein weiterer Fehler aufgefallen. Sollte das kein Fehler sein, dann wäre ich für eine Erklärung sehr dankbar.
In dem ursprünglichen Artikel wird bei der Busberechnung der Wert Breite_Verkehrsraum(Stand) bei 20%-Füllung und bei 40% im Stand ein Wert von 4,25m angenommen, mit 40%-Füllung bei 30km/h bzw. 50km/h sind es auf einmal 4,75m Breite. Woher kommt der Unterschied?
Gekommen bin ich darauf, weil ich intuitiv annehmen würde, dass, wenn ich den Füllungsgrad des Busses verdopple, sich der Flächenbedarf halbieren müsste.
Viele Grüße
zer0
Was wäre wenn weitere Komponenten hinzugefügt werden wie: Rohstoffverbrauch, Gesundheit, Schadstoffausstoss, Unfälle, usw.
Dann wäre man aber relativ weit vom “Verkehrsflächenbedarf” entfernt. ich glaube auch kaum, dass eine solche Grafik noch begreifbar und verständlich wäre. Es gibt ja auch einige, die bereits diese Grafik nicht oder erst nach einiger Zeit verstehen…
Die Bewertung bezüglich des Flächenbedarfs der verschieden Mobilitätsvarianten ist sicherlich hilfreich , sollte aber vielleicht ergänzt werden um eine Bewertung bezüglich der spezifischen Transportleistung (Personenkilometer oder sogar Personenkilometer/Zeiteinheit). Dabei würde wohl ein im öffentlichen Verkehrsraum geparktes Fahrzeug sehr schlecht abschneiden.
Super!
Da sag’ nochmal einer, dass wissenschaftlich fundierte Veröffentlichungen nicht auch im Netz stehen können. Ich finde gerade auch Deine offene Auseinandersetzung mit dem Fehler sehr gut, zeigt sie eben auch, dass Du im Sinne der Wissenschaftstheorie nicht von einem absoluten “Befund” ausgehst, sondern dass Du Deine Ergebnisse kritisch betrachtest.
Danke! Für eine “wissenschaftliche” Untersuchung des Themas ist das natürlich noch zu wenig. Aber das soll es ja auch eigentlich nicht sein.
Viele Grüße,
Martin
Der “Fehler” zeigt in meinen Augen auch schon, woran diese Vergleiche kranken. Es ist schon mal gut, es sich vor Augen zu führen, aber hier wird ein Idealzustand angenommen, der in der Stadt wohl nie vorkommt – sprich es gibt immer Überlappungen – da sich immer auch andere Fahrzeuge die sich in gleicher Richtung bewegen, sich im Bremsraum des folgenden Fahrzeugs befinden.
Und hier ist das Fahrrad wahrscheinlich am effektivsten. Natürlich “braucht” der Radler seine 2m – oder er hätte sie gerne – aber wenn er sie nicht hat und wenn viele Radler zusammenkommen, dann schrumpft der reelle Bedarf enorm und man kommt dann wahrscheinlich nahe an die “falschen” ursprünglichen 6,7qm dran.
Aber trotzdem interessant zu sehen und danke für die “Richtigstellung” ;-)
Hallo Axel,
natürlich sind das theoretische Werte, denen einige Annahmen (siehe Hauptartikel [1]) zugrunde liegen. Hier muss nur die Fahrbahnoberfläche nicht optimal beschaffen sein und schon sind die Bremswege länger.
Man muss nur für einen Vergleich ähnliche Bedingungen für alle Verkehrsarten schaffen. Das ist bereits sehr schwierig. 6,7 m² wird der Radverkehr aus 30 km/h aber kaum erreichen können. Wenn man von einer Breite von 1,5 Metern ausgeht, ist man bei einem Bremsweg von 4,5 Metern. Da passen schon die 8,3333 m Reaktionszeit (1 Sekunde) nicht mehr herein.
In Realität fährt der 0815-Radfahrer natürlich eher selten 30 km/h, braucht also auch weniger Verkehrsfläche. Aber für einen Vergleich machen unterschiedliche Geschwindigkeiten natürlich wenig Sinn…
Viele Grüße,
Martin
[1] https://www.zukunft-mobilitaet.net/78246/analyse/flaechenbedarf-pkw-fahrrad-bus-strassenbahn-stadtbahn-fussgaenger-metro-bremsverzoegerung-vergleich/
30 km/h sind definitiv zu hoch, jedenfalls wenn sie als Mittelwert herhalten sollen.
Ich kann’s nicht finden/verlinken.
Bin mir aber sehr sicher, dass ca 95% (+/- 2SD) der Radler eine Reise- (keine Durchschnitts-)geschwindigkeit zwischen 12 und 20 km/h fahren.