Paragraph 164 der Straßenverkehrsordnung des Großherzogtums Luxemburg, der Code de la Route, sieht vor, dass an Fußgänger- / Radfahrerüberwegen und -furten ein beidseitiges Parkverbot von fünf Metern besteht. Dieser Abstand soll freie Sichtachsen gewährleisten, um querende Personen rechtzeitig zu erkennen. Trotzdem scheinen im Straßenraum zahlreiche Parkplätze innerhalb des 5-Meter-Bereichs markiert zu sein.
Eine Anfrage von Aktivist:innen des Zentrums für urbane Gerechtigkeit (ZUG) rund um Thorben Grosser über die Gesetzeskonformität von Zebrastreifen in Luxemburg stieß bei der Stadtverwaltung auf eine Mauer des Schweigens. Als Reaktion starteten sie das Projekt “Safe Crossing”, um die Einhaltung der Regularien für Zebrastreifen in Luxemburg-Stadt mittels Crowdsourcing zu überprüfen. Auf Basis von Daten, die mittels Overpass Turbo aus Openstreetmap extrahiert wurden, Luftbildern aus dem Luxemburger Geoportal und einem an Tinder angelehnten Interface konnten Nutzer:innen in einer App Luftbilder von Zebrastreifen analysieren und problematische Bereiche markieren. Um Fehler zu vermeiden, mussten für jeden Zebrastreifen mindestens fünf voneinander unabhängige Bewertungen vorliegen.
Insgesamt wurden 1.787 Fußgängerüberwege untersucht. Davon entsprechen 475 (27 %) wahrscheinlich nicht der Straßenverkehrsordnung. 162 Zebrastreifen (9%) konnten nicht bewertet werden, die restlichen 1.150 (64%) waren in Ordnung. Laut den Aktivist:innen besteht bei rund einem Drittel der Fußgängerüberwege Nachbesserungsbedarf.
Die Stadt hat eine abweichende Meinung. Die Verwaltung hält lediglich 37 Zebrastreifen für verbesserungswürdig. Gleichzeitig weigert sie sich hartnäckig, interne Dokumente herauszugeben, die dies belegen. Eine Anfrage nach dem Luxemburgischen Informationsfreiheitsgesetz wurde im Januar 2022 abgelehnt. Laut Verwaltung unterliegen die Prüfergebnisse der Fußgängerüberwege dem Schutz personenbezogener Daten und dem Urheberrecht.
Im März 2022 stellte die Ombudsstelle Commission d’accès aux documents (CAD; Kommission für den Zugang zu Dokumenten) fest, dass es keinen sachlichen Grund gibt, die Herausgabe der Dokumente zu verweigern. Trotzdem hat sich die Haltung der Verwaltung nicht geändert. Derzeit ist eine Klage vor dem Verwaltungsgericht anhängig, die im September 2024 entschieden werden soll. Die Kosten der Klage in Höhe von 8.000 Euro wurden durch Crowdfunding finanziert.
Thorben Grosser und sein Mitstreiter Federico berichteten auf dem 37. Chaos Communication Congress in Hamburg über den bis heute andauernden Kampf für mehr Transparenz und mehr Verkehrssicherheit. Ihr Engagement hat sich bereits positiv ausgewirkt: An mehreren Stellen im Straßennetz sind neue Markierungen erkennbar, die den Sichtbereich an Fußgängerüberwegen freihalten. Ein Zusammenhang besteht natürlich nicht.