Eisenbahn Hochgeschwindigkeitszug Infrastruktur Konzepte Verkehr und Energie

Solartunnel liefert Strom für belgische Hochgeschwindigkeitszüge und den Bahnhof Antwerpen

Tunnel mit Solarzellen in Belgien

Verkehrsanlagen benötigen eine große Fläche. Egal ob es sich um Flughäfen, Eisenbahn- oder Straßenverkehrsanlagen handelt. Meistens sind diese Flächen für eine andere Nutzung auf viele Jahrzehnte verloren, auch wenn die ursprünglich angedachte Nutzung als Eisenbahnstrecke oder Straße schon längst Geschichte ist.

Glücklicherweise gibt es auf dieser Welt aber auch viele Ideen, die Verkehrsflächen einer Zweitnutzung zuführen möchten. Seien es Solarautobahnen (Solarautobahnen: stromerzeugende Straßen aus Glas und Solarzellen) oder die folgende Idee:

Die belgische Hochgeschwindigkeitsstrecke HSL 4 zwischen Antwerpen und den Niederlanden hatte jahrelang ein Problem: Bäume fielen auf die Strecke. Vor einigen Jahren entschloss man sich daher, einen Tunnel zu errichten, der die Bäume davon abhalten sollte, weiter auf die Strecke zu fallen und damit den Zugverkehr zu beeinträchtigen.

Da man die Infrastruktur nicht einfach so “in der Gegend rumstehen lassen wollte”, hat man sich dazu entschieden, diesen Tunnel, der entlang der Europastraße 19 verläuft, zum ersten Eisenbahninfrastrukturprojekt zu machen, das aus regenerativen Quellen Strom erzeugt. Auf dem 3,4 Kilometer langen Eisenbahntunnel wurden daher 16.000 Solarzellen mit 245 Watt Peak je Solarpanel installiert. Die Gesamtfläche des Daches beträgt 50.000 m². Die Installation erzeugt jährlich schätzungsweise 3.300 MWh Strom.

Die Solarpanele werden an einer speziellen Konstruktion verankert, die keine Bohrlöcher im Tunnel selbst erfordert. Diese soll auch etwaige Erschütterungen, die von den fahrenden Zügen ausgehen, abfangen.

Der erzeugte Strom soll 50% des Energiebedarfs des Antwerpener Hauptbahnhofs Antwerpen-Centraal decken. Die in einem Jahr erzeugte Strommenge könnte äquivalent für den “Solarbetrieb” von etwa 4.000 Zügen reichen. Somit könnte das belgische Eisenbahnnetz rechnerisch einen Tag im Jahr vollständig mit Solarenergie betrieben werden.

Über einen Zeitraum von 20 Jahren sollen etwa 47,3 Mio. kg CO2-Emissionen vermieden werden.

Das 14,5 Millionen Euro teure Projekt wurde von SPS Fin, einem Public-Private Partnership-Unternehmen umgesetzt. Partner sind das belgische Unternehmen Enfinity, einem internationalen Unternehmen mit dem Schwerpunkt der Projektierung, Entwicklung, Durchführung, Verwaltung und Finanzierung erneuerbarer Energien (vor allem im Bereich der sonnen- und windgenerierten Energie) sowie der belgischen Eisenbahninfrastrukturbetreiber Infrabel und die Gemeinden Schoten und Brasschaat.

Das unten stehende Video verdeutlicht nochmals die enormen Ausmaße des Tunnels.

Mit diesem Tunnel wird die Ära der nachhaltigen Energieversorgung  durch das Schienennetz selbst begonnen. Für Bahngesellschaften und Infrastrukturbetreiber sind solche Projekte das perfekte Mittel ihre Emissionen zu senken und Flächen u nutzen, die ansonsten keinen weiteren ökonomischen Wert haben. Eine Geschichte, die sicherlich in vielen anderen europäischen Ländern Nachahmer finden wird.

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

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Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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