Analyse Öffentlicher Personennahverkehr urbane Mobilität Verkehrspolitik

Welche Vor- und Nachteile hat ein kostenloser ÖPNV? Werden Autofahrer wirklich zur ÖPNV-Nutzung animiert?

Leipzig Strassenbahn ÖPNV in Deutschland
Straßenbahn in Leipzig - Foto: Philipp Kosok @ QIMBY.net - CC0 1.0

Tallinn wagt es, Templin und Lübben haben es gewagt und Tübingen würde gerne: die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs kostenlos anbieten.

Ziel ist es, den ÖPNV zu stärken und die Bevölkerung zur Nutzung von Bus und Bahn zu animieren. Autofahrer sollen vom Auto in die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen. Abgase, Lärm und Unfälle sollen verringert werden.

Ich möchte in diesem Artikel kurz auf die Vor- und Nachteile, die Wirkungen und Effekte eines kostenlosen ÖPNV eingehen.

Allgemeine Wirkungen eines kostenlosen ÖPNV

Ein Nulltarif im ÖPNV hat kurz- wie auch langfristig steigende Fahrgastzahlen zur Folge. Es existiert ein Verkehrsverlagerungseffekt vom MIV (Pkw und Motorrad) hin zum ÖPNV.1

Allerdings ist dieser Effekt nicht nur auf diese Nutzergruppe beschränkt. Ebenso wird für Wege, die vormals mit dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt wurden, der ÖPNV genutzt. Es kommt innerhalb des Umweltverbundes zu einer Verschiebung, die letztendlich unnötig Kapazität bindet. Hinzu kommt eine zusätzliche Kapazitätsbindung durch unerwünschten Mehrverkehr der bisherigen ÖPNV-Nutzer.

Durch die Verringerung des Pkw-Verkehrs sinkt die Umweltbelastung sowie die Zahl der Unfälle. Vorteile ergeben sich vor allem bei der Zahl und der Schwere der Verkehrsunfälle. Da nicht nur Autofahrer zum Wechsel des Verkehrsmittels animiert werden, sondern auch Fußgänger und Radfahrer – und damit die schwächsten Verkehrsteilnehmer – verstärkt den ÖPNV nutzen, sinken beide Parameter und die damit verbundenen Unfallkosten. Somit ergibt sich aus einer Verringerung des Rad- und Fußgängerverkehrs ein positiver Effekt für den Pkw-Verkehr, da die Unfallkosten sinken. Dies sollte aber auf keinen Fall primäres Ziel sein.

Durch die verringerten Pkw-Vorhalte- bzw. Betriebskosten steigt das für den Konsum verfügbare Haushaltseinkommen. Eine etwaige Abgabe zur Gegenfinanzierung dürfte im Allgemeinen nicht die Größenordnung der Einsparung erreichen, da alle Einwohner zur Zahlung einer Abgabe verpflichtet wären und sich die finanzielle Pro-Kopf-Belastung auf mehr Schultern verteilt. Beispiel hierfür sind die Semestertickets an Hochschulen und Universitäten. Da alle Studenten zum Kauf verpflichtet sind, ist der Preis weitaus günstiger als sechs Monatstickets, die von jedem Studenten anstelle des Semestertickets gekauft werden müssten. Allerdings muss auch hier eingeschränkt werden, dass ein steigendes Haushaltseinkommen nicht nur für den Konsum genutzt werden kann, sondern auch ein Anreiz für eine verstärkte Pkw-Nutzung sein könnte.

Durch das verringerte Verkehrsaufkommen steigen die Durchschnittsgeschwindigkeiten. Unter Berücksichtigung des konstanten Reisezeitbudgets steigt die Fahrleistung des MIV. Hinzu kommen die eingesparten Zeitkosten, da dieselbe Strecke in weniger Zeit zurückgelegt werden kann (was letztendlich durch eine Ausweitung der Fahrweite kompensiert wird, aber das ist ein anderes Thema). Gleichzeitig sinken aber auch die Betriebskosten des ÖPNV durch verringerte Umlaufzeiten und Einsparung eines Kurses. Fraglich ist jedoch, ob dieser Effekt wirklich eine Auswirkung auf die Kostenstruktur des Verkehrsunternehmens hat, da Fahrgastzahlsteigerungen um mehr als 1000 Prozent und die damit einhergehende Änderung der Fahrgaststruktur (stärkere Nachfrage in der HVZ) zu steigenden Haltestellenaufenthaltszeiten führen dürften.

Auf die Kommune kommen steigende Kosten für den ÖPNV zu. Der Beförderungsleistung steht keine entgeltliche Gegenleistung mehr gegenüber. Die Kommune muss nicht nur das bisherige Betriebskostendefizit schultern, sondern die kompletten betrieblichen Kosten inklusive der wegfallenden Erstattungs- und Ausgleichszahlungen nach § 45 a PBefG bzw. § 62 SchwG. Die Einführung einer oder mehrerer Maßnahmen zur Gegenfinanzierung steht der Kommune natürlich offen.

Das Verkehrsunternehmen muss Maßnahmen ergreifen, um die steigenden Fahrgastzahlen bewältigen zu können. Dies kann zum einen der Einsatz größerer Fahrzeuge (Gelenkbus statt Standardbus) oder eine Verdichtung des Takts (zehn statt 20 Minuten) sein. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, so kann eine Anpassung der vorhandenen Infrastruktur notwendig werden (Busbeschleunigung, Einrichtung von Busspuren, Bau eines zweiten Gleises, usw.) Größere Infrastrukturanpassungen wie der Bau neuer Straßenbahngleise sind jedoch kapitalintensiv und benötigen einen größeren Zeithorizont.

Kosten für Fahrkartenautomaten, Entwerter, Fahrkartenkontrollen, Einnahmenaufteilung über Aufgabenträger oder ggf. Verkehrsverbünde hinweg entfallen entweder vollständig oder zumindest zum Teil, wenn Nicht-Einwohner weiterhin ein Ticket benötigen.

Langfristig ergeben sich außerdem Wirkungen auf die Raum- und Siedlungsstrukturen, die Automobilindustrie und das Kfz-Handwerk, den Einzelhandel und das Arbeitsplatzangebot.

Die kostenlose Nutzung des ÖPNV – ein Erfolgsfaktor?

Preispolitische Maßnahmen sind ein Werkzeug, um die Menschen zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu bewegen. Die drastischste Maßnahme ist die vollständige Reduktion des Fahrpreises auf Null Euro. Allerdings hat sich gezeigt, dass diese Maßnahme nicht zwingend ein Erfolgsgarant ist. Die verkehrspolitischen Ziele wurden oftmals trotz des kostenlosen Nahverkehrsangebots verfehlt.

Für die Verkehrsmittelwahl spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Diese sind mit unterschiedlicher Priorität gewichtet. Von grundsätzlicher Bedeutung sind die sozioökonomischen Faktoren Einkommen, Wohnort, Verkehrsmittelverfügbarkeit, Führerscheinverfügbarkeit, Dringlichkeit des Fahrzwecks, usw.

Ist wegen fehlendem Führerscheins oder der Nichtverfügbarkeit eines Pkw nur die Wahl des ÖPNV möglich (Fahrrad- und Fußverkehr außen vorgelassen), so wird eine Tarifänderung keinen oder nur einen geringen Effekt auf die Verkehrsmittelwahl haben. Möglicherweise wird nur die Anzahl der Fahrten erhöht.

Existiert eine Wahlmöglichkeit zwischen den Verkehrsmodi, so wird eine Abwägung getroffen, welches Verkehrsmittel für den jeweiligen Fahrzweck am geeignetesten erscheint. In die Bewertung fließen natürlich auch die Kosten mit ein, sodass ein kostenloser ÖPNV eine Attraktivitätssteigerung erfährt.

Die Wahlentscheidung ist jedoch unvollkommen. Die subjektive Bewertung der Kosten ist meistens nicht richtig. So wird oftmals der Fehler begangen, den Ticketpreis des ÖPNV ausschließlich mit den variablen Kosten des Pkw, im schlimmsten Falle nur mit den in Höhe des Kraftstoffpreises, zu vergleichen.2 Für eine realistische Bewertung müssten jedoch die gesamten Kosten der Autofahrt (siehe auch: Die wahren Kosten eines Kilometers Autofahrt) herangezogen werden. Da dies nur in den seltensten Fällen geschieht, werden die Kosten der ÖPNV-Nutzung zu hoch und die Kosten der Pkw-Nutzung zu niedrig angesetzt.

Die Qualitätsmerkmale des ÖPNV

Neben des Preises spielen natürlich andere Faktoren bei der Wahlentscheidung eine Rolle. Wichtiger als der Preis sind die Pünktlichkeit, Sicherheit und Taktfrequenz. Hinzu kommen weiche Qualitätsmerkmale wie z.B. die Freundlichkeit des Personals, subjektives Sicherheitsempfinden, Servicequalität, Bequemlichkeit, Komfort oder die Sauberkeit des Fahrzeuges und der Haltestellen.3

Nulltarif – ein Modell für jede Stadt?

Es ist auffällig, dass bislang nur kleinere Städte die Nutzung des ÖPNV kostenlos gemacht haben. Templin und Lübben haben etwa 15.000 Einwohner, die belgische Stadt Hasselt etwa 73.000. Mit Tallinn versucht erstmals eine größere Stadt mit etwas über 415.000 Einwohnern einen Nulltarif einzuführen.

In beiden brandenburgischen Städten wie auch in Hasselt existierte nur ein kleines Netz mit ein oder zwei Buslinien, die nur mit großem zeitlichen Abstand bedient wurden. Die Nutzung des Busses wurde in allen Städten aus der Not heraus kostenlos gemacht. In Lübben und Templin aufgrund niedriger Fahrgastzahlen sodass die Linien von der Einstellung bedroht waren, in Hasselt aufgrund der großen Verkehrsprobleme und des hohen MIV-Anteils. (Ich empfehle an dieser Stelle die Lektüre des Artikels “Unentgeltliche Nutzung des Nahverkehrs in Tallinn ab 2013 – ein Modell für andere Städte?“)

In allen Städten waren die Fahrgastzahlen vor Einführung des kostenlosen ÖPNV äußerst gering. Die Kapazität war nicht ausgelastet und der Kostendeckungsgrad durch den Fahrscheinverkauf nur sehr gering. In Templin betrug der Kostendeckungsgrad beispielsweise nur 14 Prozent.

In größeren Städten ist freie Kapazität in den Spitzenzeiten bereits heute ein rares Gut. Durch die stärkere Nutzung ist der Kostendeckungsgrad ungleich höher. In Berlin betrug der Kostendeckungsgrad 2007 ohne Zuschüsse 76 Prozent. Im Jahr 2010 betrug der Kostendeckungsgrad inkl. Bestellerentgelt für Verkehrsleistungen; ohne Berücksichtigung Verkehrsinfrastruktur, Ruhegeld, neutrales und außerordentliches Ergebnis, Rückstellungen für Personalmaßnahmen 91,6 %.4 Bei der Hamburger Hochbahn lag der Kostendeckungsgrad 2010 bei 88,7 % (2009: 88,1 %), in München dürfte der Kostendeckungsgrad auch jenseits der 60 Prozent liegen, die Dresdner Verkehrsbetriebe erreichten 2010 einen Kostendeckungsgrad von 77,6 Prozent.

Ein Wegfall der Fahrgelderlöse bedeutet für diese Kommunen eine große finanzielle Belastung. In Templin und Lübben wurde der kostenlose ÖPNV nach weiteren Kostensteigerungen und der damit verbundenen finanziellen Belastung für die Kommunen wieder abgeschafft. Und das obwohl der Nettonutzen für Templin durchaus positiv war, d.h. der generierte Nutzen die Kosten überstieg.5 Ein kostenloser ÖPNV kann keine zeitliche Verschiebung von Verkehren aus der Spitzenlastzeit in Schwachlastzeiten leisten. Die Nachfrage ist zu den Hauptverkehrszeiten am höchsten, zusätzliche Fahrgäste können die Nachfrage in den Spitzenlastzeiten weiter erhöhen. Da ein Verkehrsunternehmen die vorgehaltene Kapazität immer an den Spitzenbedarfen ausrichten muss, wird eine Kapazitätsausweitung und damit der kapitalintensive Kauf zusätzlicher (größerer) Fahrzeuge recht schnell notwendig.

Es ist fraglich, inwieweit deutsche Großstädte in der Lage sind, weitere Kapazitätssteigerungen im ÖPNV zu leisten. Diese dürften oftmals mit sehr kapitalintensiven Infrastrukturmaßnahmen verbunden sein, die zum einen vorfinanziert werden müssten und zum anderen nicht kurzfristig umzusetzen sein dürften (Bau einer neuen U-Bahn / Straßenbahn /S-Bahn).

Eine starke Überlastung des Verkehrsnetzes senkt nicht nur die Attraktivität für Neukunden sondern auch für Bestandkunden. Große Verspätungen, überfüllte Fahrzeuge und verlängerte Fahrzeiten wegen längerer Haltestellenaufenthaltszeiten deattraktivieren das gesamte öffentliche Verkehrsangebot und stärken andere Verkehre insbesondere den Pkw-Verkehr.

Eine Taktverdichtung des Busverkehrs ist auch nur bis zu einem gewissen Punkt möglich. Ich möchte kurz auf die Buslinie 61 in Dresden hinweisen, die täglich im Mittel 37.000 Fahrgäste befördert. Um die Fahrgastnachfrage in den Spitzenzeiten befriedigen zu können, fahren die Busse in einem zwei bis drei Minuten-Takt. Dichtere Fahrzeugfolgezeiten sind wegen der entstehenden Pulkbildung und der gegenseitigen Behinderung an Haltestellen nicht möglich. Zur Zeit wird der Bau einer Straßenbahnlinie zur Entlastung geplant. Die Baukosten sollen netto etwa 98 Millionen betragen, Baubeginn und -dauer sind noch unbekannt.

Ein kostenloser ÖPNV ist vor allem für folgende Städte zu empfehlen:

  • kleine und mittelgroße Städte
  • mit geringer Auslastung und geringem Kostendeckungsgrad des ÖPNV
  • freier Kapazität in den Spitzenstunden in ausreichender Größe
  • Möglichkeit schnell und flexibel auf starke Fahrgastzahlsteigerungen zu reagieren
  • breiter politischer Unterstützung und der Möglichkeit den Pkw-Verkehr zu deattraktivieren
  • ausreichende Finanzkraft der Kommune um auch steigende Kosten zu decken bzw. das Vorhandensein eines geeigneten Gegenfinanzierungskonzepts

Kostenloser ÖPNV – der falsche Anreiz?

Für einen attraktiven Öffentlichen Personennahverkehr ist ein dichtes Liniennetz mit geringen Taktzeiten notwendig. In der brandenburgischen Stadt Lübben stellten sich steigende Fahrgastzahlen erst nach der Verringerung der Fahrzeugfolgezeiten und einer Ausweitung des Liniennetzes ein. Und das trotz kostenlosen Angebots (siehe “Unentgeltliche Nutzung des Nahverkehrs in Tallinn ab 2013 – ein Modell für andere Städte?“).

Es stellt sich daher die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre lieber das Angebot zu verbessern anstatt die Nutzung des ÖPNV kostenlos zu machen. Um den Kostenunterschied zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln und dem MIV stärker hervorzuheben, wäre als flankierende Maßnahme zu überlegen, ob man den Fahrpreis absenkt und das vermutlich entstehende Defizit durch erhöhte Parkgebühren gegenfinanziert. Somit wird die Differenz zwischen den Nutzungskosten des ÖPNV und des MIV stärker hervorgehoben. Ein solches Vorgehen würde allerdings geringere Verlagerungsanreize (je nach Elastizitäten) bieten und könnte zu größen Widerständen in der Bevölkerung führen. Die Kreuzpreiselastizität des Pkw liegt im Hinblick auf ÖPNV-Tarife nahezu bei Null. Eine Reduktion von Fahrpreisen zur Stoßzeit um 10% führt zu einem Anstieg des Peak-ÖPNV um 3,5 Prozent. Allerdings verringert sich der Autoverkehr lediglich um 0,3 Prozent. Ein Teil des neu generierten ÖPNV-Verkehrs stammt folglich von Mehrfahrten bisheriger ÖPNV-Nutzer und vom Fuß- und Radverkehr.6

Eine Umverteilung von Mitteln hin zum ÖPNV, die für den Straßenbau gedacht waren und durch die Einführung eines kostenlosen ÖPNV mit wachsender Nutzerzahl obsolet geworden sind lässt das deutsche Haushaltsrecht nicht zu. Die finanzielle Schieflage vieler Kommunen erlaubt eine Erhöhung der Zuschüsse für den ÖPNV ebenfalls nur in den seltensten Fällen. Die Fahrentgelte werden benötigt, um den Zuschussbedarf möglichst gering zu halten. Von den etwa 30 Milliarden Euro Umsatz deutscher Nahverkehrsunternehmen stammt etwa die Hälfte aus Fahrentgelten und die andere Hälfte von den Leistungsbestellern und Kommunen (Zuschüsse /Regionalisierungsmittel, Gemeindefinanzierungsgesetz, Schülerbeförderung, Steuererleichterungen wie z.B. die für Busse im Linienverkehr nicht anfallende Kfz-Steuer).

Bisherige Versuche der Einführung eines kostenlosen ÖPNV waren nicht erfolgreich. Templin, Lübben und auch Hasselt hatten nicht die Finanzkraft um den kostenlosen ÖPNV dauerhaft zu finanzieren. Hasselt schaffte es immerhin 16 Jahre, die kostenlose Nutzung des ÖPNV zu ermöglichen, wurde aber letztendlich durch eine Haushaltsschieflage und steigende Kosten des Busbetriebs zu einer Abschaffung des kostenlosen ÖPNV für Personen, die das 19. Lebensjahr vollendet haben, gezwungen. In den ersten Jahren konnte man stark aus den Ersparnissen des nicht mehr notwendigen Straßenbaus profitieren. Die Möglichkeit Gelder aus dem Straßenbau bzw. -unterhalt umzuschichten, ist in Deutschland nicht möglich.

Der Erfolg in Hasselt lag auch nicht nur an der kostenfreien Nutzung des ÖPNV, sondern vor allem in den flankierenden Maßnahmen. So wurde die Zahl der Parkplätze verringert und die Parkgebühren angehoben. Hinzu kamen flächendeckende Geschwindigkeitsreduktionen und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen (siehe dieser Artikel über verschiedene Maßnahmen der Verkehrsberuhigung). Die Einführung eines kostenlosen ÖPNV sollte in ein Gesamtkonzept eingebettet werden, das zum einen den ÖPNV attraktiver macht und den Pkw-Verkehr schwächt. Dem Parkraumangebot kommt hier eine spezielle Rolle zu. Ebenso sollten konkrete Pläne existieren um Netzüberlastungen schnell und flexibel begegnen zu können. Die Einführung sollte von einer Überarbeitung des Liniennetzes, der Fahrpläne und Organisation begleitet werden. Im Vorfeld sollten sich Kommune und Verkehrsunternehmen Gedanken über die Bestellung zusätzlicher Fahrzeuge und Einstellung / Ausbildung neuer Mitarbeiter machen.

“Kostenloser ÖPNV”. Eigentlich eine gute Idee, die stark von der Umsetzung abhängt. Und für dessen Bewertung man unbedingt die Rückkoppelungseffekte auf das Gesamtsystem beachten muss!

Die Einführung eines kostenlosen ÖPNV sollte wohlüberlegt und geplant sein. Ansonsten schadet man dem öffentlichen Personennahverkehr mehr als man ihm nützt…

Aktualisierung – 17.04.2013
Der Abschnitt über die Stadt Hasselt wurde nach Abschaffung des kostenlosen ÖPNV angepasst.

Aktualisierung – 14.07.2019
Nach einem Hinweis in den Kommentaren wurde der Satzteil “zusätzliche Fahrgäste erhöhen vor allem die Nachfrage in den Spitzenlastzeiten weiter” wie folgt korrigiert: “zusätzliche Fahrgäste können die Nachfrage in den Spitzenlastzeiten weiter erhöhen.” Grund für die Anpassung ist der fehlende Beleg für das unterstellte Fahrgastwachstum in der Hauptverkehrszeit. Dies kann je nach Fahrgastgruppe auch in den Nebenzeiten erfolgen. Für die fehlerhafte Formulierung bitte ich um Entschuldigung.

Quellenverzeichnis

  1. Kalbow, Michael: Wirkungsanalyse des Nulltarifs im ÖPNV am Beispiel der Stadt Darmstadt
  2. Ahner, Heinrich: Betriebs- und volkswirtschaftliche Konsequenzen eines unentgeltlichen Angebots der öffentlichen Nahverkehrsmittel in Ballungsräumen. München 1971, S. 70f.
  3. Dahlmann-Resing, Tim: Messung und Bewertung der Dienstleistungsqualität im SPNV und ÖPNV, 3. ÖPNV Innovationskongress, März 2007, Freiburg, http://www.innovationskongress-bw.de/documents/VortragDahlmann.pdf
  4. Geschäftbericht der BVG AöR 2010 – http://www.bvg.de/index.php/de/binaries/asset/download/900847/file/1-1, Seite 8
  5. Vgl. S. Keuchel u.a.: Kommunaler Nutzen von ÖPNV-Angeboten am Beispiel fahrscheinfreier Tarif-/Finanzierungskonzepte bei Stadtbusverkehren von Klein- und Mittelstädten, Forschungsbericht FE 70.588/99 im Auftrag des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Recklinghausen 2000
  6. vgl. Storchmann, Karl H. (2001) : Nulltarife im öffentlichen Personennahverkehr – ein Paradigmenwechsel?, Wirtschaftsdienst, ISSN 0043-6275, Vol. 81, Iss. 11, pp. 651-657, http://hdl.handle.net/10419/40818, Seite 654
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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Joa Falken
Joa Falken
11. Juli 2019 00:46

“Die Nachfrage ist zu den Hauptverkehrszeiten am höchsten, zusätzliche Fahrgäste erhöhen vor allem die Nachfrage in den Spitzenlastzeiten weiter.”
Diese Hypothese wird nicht weiter begründet. Ich denke vielmehr, heute ist der ÖV-Anteil in den Haupverkehrszeiten am größten, weil Berufstätige dem Stau entgehen möchten und ggf. nicht den ganzen Tag lang kostenlos parken können.
Daher sehe ich wenigstens das größere Prozentual für Wachstum zu anderen Tageszeite
Natürlich würde v.a. der Zuwachs in der Hauptverkehrszeit einen Zuwachs der Kapazitäten erfordern.

Marco
Marco
14. Februar 2018 09:41

“Allerdings muss auch hier eingeschränkt werden, dass ein steigendes Haushaltseinkommen nicht nur für den Konsum genutzt werden kann, sondern auch ein Anreiz für eine verstärkte Pkw-Nutzung sein könnte.”<<<Das ist-mit Verlaub-Unsinn! Ein Auto kostet min 300€/Monat. Da kann die Entscheidung, ob man ein Auto fährt oder nicht, nicht durch ein paar Euro/Monat beeinflusst werden. "Eine Taktverdichtung des Busverkehrs ist auch nur bis zu einem gewissen Punkt möglich. Ich möchte kurz auf die Buslinie 61 in Dresden hinweisen, die täglich im Mittel 37.000 Fahrgäste befördert. Um die Fahrgastnachfrage in den Spitzenzeiten befriedigen zu können, fahren die Busse in einem zwei bis drei Minuten-Takt. Dichtere Fahrzeugfolgezeiten sind wegen der entstehenden Pulkbildung und der gegenseitigen Behinderung an Haltestellen nicht möglich."<<<auch das ist Quatsch. In Hamburg werden auf der Linie 5 60.000 Fahrgäste/Tag befördert. Im 3-5 Minutentakt (die Linie 4 fährt auf einem kurzen Teilstück zeitversetzt den selben Weg, was zu den 5-Minutentakt der 5 auf durchscnittlich 2,5MInuten auf diesem Teilstück ergänzt.) Ausserdem werden Gelenk oder Doppelgelenkbusse eingesetzt und eine Ampelvorrangschaltung ist installiert. Busspuren und Haltestellen in Mittellage helfen beim Fahrgastwechsel. Auch das Argument man könne Gelder, die für den Straßenbau bestimmt sind, nicht für den ÖPNV umschichten, ist Blödsinn. Natürlich kann man nichts umschichten, was bereits verplant ist, aber Steuern sind grundsätzlich nicht zweckgebunden und natürlich kann man weiniger für den MIV ausgeben und dafür mehr für den ÖPNV. Am Ende sehe ich aber für die deutschen Miliionenstädte auch nur dann eine Möglichkeit die Leistung des ÖPNV signifikant zu erhöhen, wenn man das Autofahren quasi radikal torpediert und Flächen für den ÖPNV im großen Stil frei gibt. (bei 6 Spuren pauschal schon mal 2 Bussuren, bei 4 pauschal 2 für Busspuren usw) Parkplätze im Innenstadtbereich gegen Bäume und Aufenthaltsflächen tauschen. Anwohnerparken nur kostenpflichtig und mit Schein usw. Unterm Strich muss man das Auto einfach aus den Großstädten regelrecht herausekeln, ansonsten werden wrr so enden wie zB Tokio. Da dürfen dann Autos und Bahnen über Häuser drüber fahren und eine Wohnung von 30m² kostet 1000€.

Marco
Marco
Reply to  Randelhoff Martin
14. Februar 2018 17:23

Hallo Martin,
ja, ok, das Autofahren wird auch davon beeinflusst, wie viel man im Geldbeutel hat. Aber ist das signifikant und für die Dikussion, ob man Autofahrer bei kostenlosem ÖPNV anlockt? Glaube ich nicht, weil andere Faktoren die Entscheidung viel eher beeinflussen (müssten). Nämlich, ob ich mir zB als Autofahrer die vollen Busse und Bahnen überhaupt antun möchte. Oder wie sehr ist ein Auto für den Einzelnen “nur” ein Beförderungsmittel? Ich meine, für viele ist doch das Auto ein Heiligtum. Ich glaube, das kann man alles nicht messen oder durch Umfragen ans Licht bringen. Auch die öffentliche Meinung, die durch die Presse geistert (man denke nur an die Bild oder an Dobrindt-Parolen) beeinflussen die eigene Meinung vieler und stützen sie in ihrer persönlichen Bequemlichket, sodass sie nicht reflektieren müssen, was sie der Umwelt antun usw. Wir haben in Deutschland ja nicht mal den Hauch einer Empörung erlebt. Trotzt Dieselgate, Lügen und nicht mal dann, als man Audi erneut “erwischt” hat. Im Gegenteil: VW hat Rekordumsätze. Das ist reiner Lobbyismus, ja gerade zu eine Pro-Auto-Propaganda, die die Nutzung des ÖPNV torpediert.

Bei der Sache mit den Bussen sitze ich ja nun als Busfahrer der HOCHBAHN an der Quelle (du ja teilweise auch) sodass ich sagen kann, dass seit der Busbeschleunigung der Takt auf der M5 sehr stabil geworden ist, jedenfalls durch äußere Einflüsse weniger beeinträchtugt ist, als woanders. Natürlich ist man hier mit der Taktung an der Grenze des Machbaren, aber 60.000 Fahrgäste sind machbar, auch mit den CapaCity. Dresden hat ja ohndies den Vorteil, das sie auf die Tram zurückgreifen können, wenn es im Busbetrieb hakt. Argumentativ ändert das m.M.n aber nichts, nämlich, dass man mit Bussen wesentlich mehr machen kann, als viele annehmen. In HH haben wir ja mit der 4, 20, 25, 13 und noch einige Linien, die gut besucht sind. Am Ende befördern wir mit den Bussen miterweile knapp 600.000 Fahrgäste/Tag. Das zeigt, dass der Bus eine Menge leisten kann, sogar in einer Autostadt wie Hamburg. Wenn man da jetzt noch an der “Autoschraube” dreht, kann hier viel bewegt werden.

Schmidt
Schmidt
Reply to  Randelhoff Martin
14. Februar 2018 17:37

Bei dem Vergleich zwischen ÖPNV und MIV und Fußverkehr wird von den herrschenden Verhältnissen ausgegangen. Letztlich also dem, was Mama und Papa ihren Kinderlein erzählt haben, was “die Verkehrsregeln” seien. Über dieses Kindchenschema sind sogar oder gerade die höchsten Verkehrsrichter der BRD nicht hinausgekommen. Es geht hier nicht “nur” um ein bisschen Paragrafenwichserei. Die StVO wird als Legitimation für Tötungen herangezogen. Von daher sollte man vielleicht einfach mal darin lesen und vergessen was Mama und Papa und Kindergärtner und Grundschullehrerin erzählt haben. Die ganzen Zeitkalkulationen von wegen “mit dem Auto brauche ich … Minuten” beruhen für gewöhnlich auf fortwährenden Totschlagsversuchen und Nötigungen.

Magnus Kolter
Magnus Kolter
28. Dezember 2017 19:55

Gerade wenn auf die zum Teil geringe Größe der Städte Bezug genommen ist: Erinnere ich mich richtig, dass in Paris die lokale Führung (Bürgermeister …) so etwas vor vielleicht 2 Jahrzehnten einführen wollte, aber aus irgendwelchen (überregionalen) Gründen nicht durfte?
Allgemeiner gefragt: Gibt es so etwas irgendwo in Europa? Gibt es so etwas irgendwo auf der Welt? Was davon ist vergleichbar (und was nicht)? Wo sind solche Initiativen gescheitert und warum? Letzteres wäre für Deutschland wichtig, wenn es an europäischen Regeln scheitern kann…

Michael Aust
Michael Aust
27. Dezember 2017 20:51

Steuern sind nicht zwangsläufig zweckgebunden. Sie sind tatsächlich nur in den wenigesten Föllen zweckgebunden. Das erkennt man im Haushaltsplan im Einnahme- bzw. Ausgabetitel. Dort sollte ein entsprechender Vermerk sein. Und bei Kommunen gibt es eh wenige Steuern.
Es kommt daher meist alles in eine. Toüf und wird verteilt.
Jedoch werden Straßen (wir reden hier von Gemeindestrassen) in aller Regel über Fördermittel vom finanziert. Daher beträgt der Eigenanteil der Städte nur 10-25 %. Und letztlich ist es dieser Teil, der durch weniger Verkehr Einsparmöglichkeiten im Strassenbau für die Städte ermöglicht.

Gägge
Gägge
26. Januar 2016 07:06

Hallo,
ich komme wie kalter Kaffee in diesen Thread an, aber die Frage interessiert mich. Ich bin in Frankreich.

Die Idée an sich finde ich nicht schlecht.
Jedoch wirft sie “einige” Fragen auf :

Die Kosten eines für den Benutzer kostenlosen Nahverkehrs auf sämtliche Steuerzahler umzulegen, geht hier einfach nicht, weil dies eine grobe Ungerechtigkeit wäre :
Weil die Kosten für einen solchen Dienst unweigerlich auf alle Steuerzahler umgelegt wird, auch auf mich. Hier zahlt jeder Steuer, schon mal durch die Mehrwehrtsteuer welche jeder bezahlt wenn er einkauft.

“Kostenloser Transport” würde sich also auch auf diejenigen umlegen, die in einer abgelegenen Gegend leben, wo es gar keine öffentlichen Verkehrsmitttel gibt, noch Versorgung (Was mein Fall ist).

Ich denke, dass sich derart “kostenloses” Konzept nur in Frage kommen könnte, wo das Gebiet (Landkarte) der Steuerzahler so etwa mit dem der Benutzern der Transporte übereinstimmt. Und wo die Einwohnerschaft alle gleiche Bedürfnisse haben. Grosso Modo, wo Bezahlung der Gegenleistung entspricht.
Was meines derzeitigen Wissens nach noch nirgenwo der Fall ist.

Das Konzept einer Kostenlosigkeit würde auch Alte, Gebrechliche, und/oder Schmerzen erduldente Leute (wie mich) von derart Vorteil ausschliessen. Wir “dürfen” die Steuern bezahlen von denen das bezahlt wird, jedoch erhalten die Gegenleistung nicht.

Die nächste Bushaltestelle ist vier Kilometer weg, fast hundert Meter Höhenunterschied, der nächste Bahnhof 68 Kilometer weit.
Busse, Zug oder Straßenbahn kann ich nicht benutzen, Rückenmark zu kaputt. Kann nur etwa vierzig Meter gehen, kleine Schritte, halbe Länge der Füße. Manchmal geht’s besser, fast bis etwa hundert Meter,
manchmal schlechter, komm’ nicht mal auf’s Klo. Manchmal nicht mal aus’m Bett hoch (Heute geht’s gut !).

“Kostenloser Transport” wäre mir an sich Recht –
Wenn ich nur Transport hätte. Danke Ihrem Verständnisses.

Gägge
Gägge
Reply to  Randelhoff Martin
27. Januar 2016 15:09

Hallo, Martin,

und Danke der ausführlichen Antwort.
Hier sind scheint’s effiziente Leute im Thread, im Gegensatz zu einem Artikel auf bento (Nebenseite von Der Spiegel), wo ein notorischer Scharzfahrer “politischer Aktivist” will.

Ich lebe in Südfrankreich, in abgelegenem Hinterland. Hier gibt es Busse in die Hauptstadt Montpellier. Zwei oder vier pro Tag, je nach Schulferien. Der Conseil Général schiesst zu, ein Transport kostet 1,5o €, egal welche Entfernung. Auch in Nahverkehrzügen, und Straßenbahn in Montpellier. Spitze ! Sie wollen das auf 1,oo € runterbringen. Ehrlich, Hut ab !

Die haben hier auch viele Kleinbusse eingesetzt, um die Kosten der leeren 12-Tonnen-Busse zu vermeiden. Die Fahrer dürfen das Fahrzeug benutzen um zu sich nach Hause zu fahren, und morgens wieder an die Arbeit. Das vermeidet doppelte Kosten.

In Montpellier gab es mal auch “Rufbusse” : Man téléfonierte, und das Bussle wurde zu mir umgeleitet, hupte, und dann ging’s weiter, bis jeder an seinem Ziel abgeliefert wurde. Ich weiss nicht, was daraus geworden ist.

Jedoch bin ich seitdem in unser Haus im bergigen Hinterland aus der Großstadt “zurückgewandert”, zwangsweise. Hier gibt es keine Rufbusse, der Weg zur Bushaltestelle ist mir physisch unmöglich, Taxi kann ich nicht bezahlen, Anrecht auf Krankentransport habe ich nicht (Ist vor Gericht).

Damit will ich nur sagen, dass es abgelege Gegenden gibt, wo das es keinen Nahverkehr gibt und auch nie geben wird. Und es spezielle Fälle gibt, welche nie Nahverkehr benutzen verden können.

Selbst schwerbehindert wäre ich einverstanden, wenn wir für derart Kostenumlegung für fahrscheinfreien Transport steuerlich beaufschlagt würden. Solidarität ist.

Gägge
Gägge
Reply to  Gägge
27. Januar 2016 16:18

Vor zig-Jahren lebte ich im französischen Département Allier (F O3).
Dieses Département hat grosse Schwierigkeiten.
Es hat in Wirklichkeit drei “Hauptstädte” :
• Eine Verwaltungshauptstadt, Moulins, veraltert,
• Eine geschäfltliche Hauptstadt, Montluçon, und
• Eine kulturelle Hauptstadt, den Kurort Vichy, auch veraltert, “gepuderte” nannten wir sie.

Diese Städte bilden ein etwa gleichseitiges Dreieck,
jedoch sind sie fast oder überhaupt nicht untereinander verknüpft. Zwischendrin phantastiche Landschaften, Bocages, ein riesiger Eichenwald (Tonçais), kleine alte Stauséen, usw. Natur.

Meine Idée war, zwischen diesen drei Städten ein unterirdisches schnelles Nahverkehrssystem einsurichten.
Damit jemand in einer Stadt wohnend, in einer der anderen Städte arbeiten gehen kann.
Unterirdisch,
damit man nicht den Lebensraum der wilden Viecher abschneidet, einklammert. Die derzeitige Lebesqualität für Menschen und für Wildviech muss erhalten bleiben.
Bauverbot innerhalb und ein Bissel ausserhalb dieses Dreiecks.

Ich nannte das “MoMoVi”, Zusammenziehung der Initialen de drei Städte,
oder auch “Mon Mou Vi”, selbstkritisch.
(Frei übertragen “mein eigener Film”…).

Jedoch war ich mit dieser Idée voll auf Grundeis gelaufen. “Du bist doch verrückt, voll !”
Ok, ich halt’ die Fresse.
Das war vor etwa 22 Jahren.

Gägge
Gägge
Reply to  Randelhoff Martin
27. Januar 2016 15:15

Hallo, Martin,

und Danke der ausführlichen Antwort.
Hier sind scheint’s effiziente Leute im Thread, im Gegensatz zu einem Artikel auf bento (Nebenseite von Der Spiegel), wo ein notorischer Scharzfahrer “politischer Aktivist” will.

Ich lebe in Südfrankreich, in abgelegenem Hinterland. Hier gibt es Busse in die Hauptstadt Montpellier. Zwei oder vier pro Tag, je nach Schulferien. Der Conseil Général schiesst zu, ein Transport kostet 1,5o €, egal welche Entfernung. Auch in Nahverkehrzügen, und Straßenbahn in Montpellier. Spitze ! Sie wollen das auf 1,oo € runterbringen. Ehrlich, Hut ab !

Die haben hier auch viele Kleinbusse eingesetzt, um die Kosten der leeren 12-Tonnen-Busse zu vermeiden. Die Fahrer dürfen das Fahrzeug benutzen um zu sich nach Hause zu fahren, und morgens wieder an die Arbeit. Das vermeidet doppelte Kosten.

In Montpellier gab es mal auch “Rufbusse” : Man téléfonierte, und das Bussle wurde zu mir umgeleitet, hupte, und dann ging’s weiter, bis jeder an seinem Ziel abgeliefert wurde. Ich weiss nicht, was daraus geworden ist.

Jedoch bin ich seitdem in unser Haus im bergigen Hinterland aus der Großstadt “zurückgewandert”, zwangsweise. Hier gibt es keine Rufbusse, der Weg zur Bushaltestelle ist mir physisch unmöglich, Taxi kann ich nicht bezahlen, Anrecht auf Krankentransport habe ich nicht (Ist vor Gericht).

Damit will ich nur sagen, dass es abgelege Gegenden gibt, wo das es keinen Nahverkehr gibt und auch nie geben wird. Und es spezielle Fälle gibt, welche nie Nahverkehr benutzen verden können.

Selbst schwerbehindert wäre ich einverstanden, wenn wir für derart Kostenumlegung für fahrscheinfreien Transport steuerlich beaufschlagt würden. Solidarität ist.

Eine derart Massnahme sollte/müsste durch andere Mittel ausgeglichen werden für diejenigen, denen die üblichen Nahverkehrsmittel unzugänglich sind.
Ich weiss, das ist Wunschtraum…

Mit besten Grüßen,
Gerhard

Claus Schäfer
3. September 2013 17:07

Hallo!

Ich halte den Hasselter Entscheid für ein reines Zugeständnis an die neuen Mehrheiten im Rathaus (Rechtsruck in Belgien nach den Wahlen im Herbst 2012). Bürgermeisterin Hilde Claes wollte das Nulltarifsystem (NTS) beibehalten, die Finanzierung war über Steuermehreinnahmen und Parkraumbewirtschaftung gedeckt. Das zeigt: nur ein breites Bündnis ermöglicht ein NTS.

TransitPlanner
TransitPlanner
21. Januar 2013 21:29

Die FAZ hat schon was aktuelles auf Deutsch:
http://j.mp/XtDmf5

FAZit (Kalauer aus):
Tallinn hat 420.000 Einwohner aber bislang nur 30 Mio. Fahrgäste in Tram und Bus, was erschreckend niedrig ist (sage ich). Das sind so viele wie Münster/Westfalen mit eher schlechtem ÖV und nur 280.000 Einwohnern hat.

Zum Vergleich: Wuppertal ist gleich groß wie Tallinn, hat aber mit rund 90 Mio. Fahrgästen fast dreimal so viele wie die estnische Hauptstadt. Und dabei klagen die Wuppertaler eher über den gar nichtmal so gut genutzen Nahverkehr…

Woran liegt es? Die Wuppertaler sind sicher nicht ärmer als Tallinn und Radfahrer habe ich in Estland
auch nicht sehr viele gesehen…

Angeblich hat der Nahverkehr in Tallinn 6% Fahrgäste dazu gewonnen und der Autoverkehr um 15% abgenommen (klingt in der Relation merkwürdig angesichts der niedrigen Nutzerzahlen ÖV). 30 Mio. Fahrgäste wären bei einer Stadt der Größe von Tallinn um die 10% Modal-Split-Anteil ÖV… Merkwürdig.

Da Tallinn für den kostenlosen Nahverkehr 12 Mio. Euro zusätzlich reinbuttert, was 40 Cent pro Fahrgast entspricht, ist das kein unplausibler Wert an Fahrgästen. Dennoch kommen mir die Zahlen merkwürdig vor.

Jan Niko Kirschbaum
Reply to  TransitPlanner
21. Januar 2013 22:32

Die taz berichtete am 29.12, dass der Talliner ÖPNV “nach missglückten Privatisierungen ganz schön heruntergewirtschaftet ist”. 2001 fuhr noch jeder Dritte mit Bus und Bahn zur Arbeit, 2012 nur noch jeder fünfte.
http://j.mp/VkXn95

Darin wird auch erklärt, dass Tallin über 50 Bus-, 4-Straßenbahn- und 9 O-Buslinien verfügt. Aber wie Takt etc. aussehen, kann ich nicht sagen.

Im Faz-Artikel wird auch erklärt, dass bisher gerade einmal die Hälfte aller Talliner eine Chipkarte hat, da es Lieferschwierigkeiten gab.

Conny
Conny
21. Januar 2013 15:35

Gibt es schon irgendwelche Nachrichten aus Tallinn?
Vielen Dank,
Conny

Paul
22. September 2012 08:47

Hallo Martin,

Dazu passt sehr gut die Podiumsdiskussion der Dresdener Verkehrsbetriebe:
http://j.mp/MQAmc8

Grüße

Jan Niko Kirschbaum
11. September 2012 16:46

Hallo und vielen Dank für diesen Artikel mit vielen Interessanten, wenn auch manchmal etwas vagen Gedanken, die der Komplexität des Themas geschuldet sind. Ich habe ein paar Nachfragen und wäre dankbar um eine Antwort.
1.)Wieso sinken beim Fahrscheinlosen ÖPNV “die Betriebskosten des ÖPNV durch verringerte Umlaufzeiten und Einsparung eines Kurses”?

2.)Woher kommen die “Fahrgastzahlsteigerungen um mehr als 1000 Prozent”? Der VDV rechnet beim Fahrscheinlosen ÖPNV mit einem Anstieg von min.30% (http://www.vdv.de/medienservice/pressemitteilungen_entry.html?nd_ref=7567)
Wann werden die Fahrgastzahlsteigerungen erreicht?

Außerdem möchte ich anmerken, dass ein großes Problem des ÖPNV sein einfach zu benennendes Defizit ist und dass beim Autoverkehr die Kosten für die Kommunen über viele Haushhaltsposten laufen und die meisten Städte (wie meine Heimat Wuppertal) nicht wissen, wieviel sie für den Autoverkehr ausgeben. So entsteht der Eindruck, dass der Autoverkehr “gemolken” wird, während der ÖPNV defizitär arbeitet. Infolgedessen wird hier gekürzt, beim ebenso defizitären Autoverkehr nicht, da die Zahlen fehlen.

Da meine Stadt pleite ist und das Haushaltsdefizit interessanterweise dem des ÖPNV entspricht, bin ich für den Fahrscheinlosen Nahverkehr auf Basis einer Grundsteuer B-Erhöhung:
http://j.mp/PmULGG

Das hilft dem Haushalt, der Umwelt, dem Stadtbild, der Wirtschaft (Nutzen des ÖPNV), dem Tourismus und auch dem Autofahrer.

Viele Grüße
Jan

Jan Niko Kirschbaum
Reply to  Randelhoff Martin
11. September 2012 20:48

Danke für die sehr rasche Antwort, jetzt verstehe ich auch bei 1.) den Zusammenhang und bei 2.) ist es wichtig zu wissen, was die Ausgangslage und der Zeitraum ist, danke auch hier für die Aufklärung.

Ich muss gestehen, ich bin zwar interessiert, aber das ist eher weniger mein Metier und vor allem Prognosen machen mir da Schwierigkeiten, nicht nur weil sie die Zukunft betreffen ((c)Nils Bohr) sondern weil mir da Literatur und Backround fehlt. Auch kann ich überhaupt nicht einschätzen, wie die Leute reagieren, wenn sie nicht pro Kopf, sondern pro Haushalt zahlen. Wer einen guten Firmenparkplatz hat, wird vermutlich weiter mit dem Auto fahren, aber vielleicht abends am Wochenende öfter mit Bus und Bahn, wenn das Angebot stimmt. Andererseits werden Arbeitszeiten immer flexibler und die klassische Hauptverkehrszeit fasert aus, in Wuppertal wird bei einer Linie die Verstärkung am Nachmittag beim nächsten Fahrplanwechsel nach hinten geschoben, weil sich das Nutzungsverhalten verändert hat. Da kann ich überhaupt nicht beurteilen, was an Fahrzeugmehreinsatz nötig wird.

Demzugrunde liegt auch meine Unsicherheit bei der Berechnung der Notwendigkeit der Angebotserweiterung und der damit einhergehenden Kosten. Aber man lernt ja immer dazu und deshalb freue ich mich über Kritik jeder Art.

Jan Niko Kirschbaum
Reply to  Randelhoff Martin
11. September 2012 21:25

Hallo Martin,

so traurig es ist, die Lage meiner Stadt ist so desaströs, dass es hoffentlich bald zu einem Umdenken kommt, allerdings nicht mit der derzeitigen SPD-CDU Kooperation. Wenn Du etwas in meinem Blog liest, wirst Du ja die Positionen der Parteien sehen, da wird selten auf den Vorschlag selber eingegangen, sondern es werden immer nur Hindernisse genannt und so das Denken gleich aufgegeben, weil es “unmöglich” ist. Ich sag’ immer, die Schwebebahn würde heute nicht mehr gebaut werden, da wäre man viel zu ängstlich. Wir haben zwei defizitäre Verkehrssysteme und eine chronische Unterfinanzierung der Stadt. Mein Ziel ist es, so lange dicke Bretter zu bohren, bis Politik und Gesellschaft zu so einem Bekenntnis, wie Du es genannt hast, bereit sind. Dazu ist vor allem Ehrlichkeit und Transparenz wichtig, deswegen mag ich das Schlagwort vom kostenfreien/losen ÖPNV auch nicht. Ich persönlich habe noch ein NRW-Semesterticket und mit dieser Erfahrung bin ich für einen Fahrscheinlosen ÖPNV, denn ist so schön einfach. Es ist es egal, ob man Geld in der Tasche hat, einsteigen und fahren. Das ist herrlich unkompliziert. (Fast wie Autofahren – Einsteigen und los) Außerdem könnte man sich das Ticketing sparen. Aber ich sehe auch, dass der Preis eine Form der Verkehrssteuerung ist.

Auf das Kontakt-Angebot komme ich sicherlich zurück.

Carlos
Carlos
Reply to  Jan Niko Kirschbaum
7. Februar 2013 18:34

Die These über steigende Durchschnittsgeschwindigkeiten und eingesparte Zeitkosten würde ich für unser Dorf hier nicht unterschreiben. Sobald man sich einmal umgedreht hat, wurde hier eine neue 30-Zone (ganze Stadtviertel) eingerichtet. Straßen werden durch überbreite Bürgersteige soweit verengt, daß Busse und PKW’s keine Chance mehr haben an Müllabfuhren vorbeizukommen.
PKW-Fahrer werden gezwungen von Haltestelle zu Haltestelle hinter Linienbussen herzufahren.
Was mich interessieren würde: wie hoch sind die Kosten des Busverkehrs in Hasselt eigentlich tatsächlich und wie sehen die Zahlen im Vergleich mit deutschen Städten aus?

Raphael Hartmann
Raphael Hartmann
21. August 2012 15:33

Mich würde mal interessieren, wie in Deutschland im Mittel der Split zwischen Betriebs- und Infrastrukturkosten ist.
Ich lese immer von zwischen 23 und 30Mrd € p.a. an Kosten für den ÖPNV und gehe davon aus, das dies sowohl die Infrastruktur als auch die Betriebskosten umfasst. Kann dies jemand bestätigen/widerlegen?

Außerdem frage ich mich, in wessen Hand die Infrastruktur liegt. Im regionalen SPNV ist die DB Netz der Besitzer und Betreiber der Schienen etc., richtig? Wie ist es im kommunalen ÖPNV?

Letztlich noch kurz gesagt: der Artikel gefällt mir gut, die wichtigen Punkte sind angesprochen. Natürlich kann man nicht ohne weiteres eine perfekte Lösung des überaus komplizierten Verkehrproblems finden. Dennoch ist eine neue Art der Nutzerfinanzierung unabdingbar, nämlich eine, die auch die diversen Drittnutzer beteiligt. Sehr interessant in diesem Zusammenhang sind auch die “Umweltpolitische Handlungsempfehlungen für die Finanzierung des ÖPNV Band A: sozio-ökonomische Grundlagen” (Herausgegeben vom Umweltbundesamt, 2003) und “Sicherung der ÖPNV-Finanzierung in Nordrhein-Westfalen” von Prof. Dr. Baum, Dr. Peters, und Dipl. Kfm. Henn (2006).
Allerdings finde ich, dass im Artikel nur zu oberflächig auf den Volkswirtschaftlichen Nutzen des ÖPNV hingewiesen wird. Wir sind vertraglich gehalten, bestimmte Emissionsstandards einzuhalten welche bei Missachtung auch mit Strafen geahndet werden. Außerdem könnten die durch den MIV hervorgerufenen Gesundheitsprobleme deutlicher betitelt werden, welche auf die Wirtschaft negative Einflüsse hat. Wobei auch hier wieder die BWLer sagen dürften dass auch die Zahlungen der Krankenkasse an die Ärzte und Krankenhäuser einen Beitrag zum BIP beisteuern ;)

Freue mich auf eine Antwort!

Chrisss
Chrisss
Reply to  Randelhoff Martin
30. Oktober 2013 14:39

PS: Ich glaube hier hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: NGT 6DD ist nur ca. 30 m lang und der NGT D12DD nur 45m lang.

MunichTransit
MunichTransit
1. Juli 2012 11:51

München hat übrigens bei Tram/U-Bahn/Bus bei den Betriebskosten eine Kostendeckung von 100% durch Fahrscheinverkauf und deckt auch einen Teil der Investitionen damit ab. Einschließlich Invest liegt die Kostendeckung bei über 90%.

MunichTransit
MunichTransit
Reply to  Randelhoff Martin
1. Juli 2012 15:41

Spontan ein Bericht aus einer Münchner Tageszeitung von 2008, seither ist die Kostendeckung statt weiter steigender Fahrgastzahlen und noch viel weiter steigender Einnahmen eher noch gestiegen:
http://j.mp/NSipG0

Zitat:
“Und MVG-Chef Herbert König hat sein Unternehmen, das pauschal 50 Prozent der Einnahmen erhält, ziemlich unabhängig von Zuschüssen aus dem Querverbund der städtischen Betriebe gemacht: „Betriebskosten decken wir voll aus den Einnahmen, die Infrastruktur-Kosten zu 80 Prozent“, sagte er gestern.”

D.h. bei der MVG, die U-Bahn, Bus und Tram betreibt, dürfte die Kostendeckung so hoch sein wie in keinem anderen kommunalen Nahverkehrsunternehmen Europas.

MunichTransit
MunichTransit
Reply to  Randelhoff Martin
1. Juli 2012 21:46

Na dann viel Erfolg!
Bei der MVG sind alle Zahlen stets streng geheim. Es ist das einzige größere kommunale Nahverkehrsunternehmen, dass keine offiziellen Kostendeckungsgrade heraus gibt. Was übrigens auch einen triftigen Grund hat, denn die Kostendeckung ist im Vergleich extrem gut und man will keine Begehrlichkeiten wecken.

Marco
Marco
Reply to  Randelhoff Martin
14. Februar 2018 13:02

Hallo Martin,
nein, gibt es nicht. Der Geschäftsbericht wird immer so “verkauft” aber 100% werden natürlich nicht erreicht. 90% kann aber stimmen. Ach in Hamburg fährt die U-Bahn kostendeckend, wenn die Investitionen herausgerechnet werden und da die HOCHBAHN ja relativ viel über Einnahmen durch (Vermietung, Verpachtung, Werkswohnungen usw) generiert, kommt “der Laden” auch schon auf 90%

Markus
Markus
24. Juni 2012 21:33

Was ist denn mit einem teilweisen kostenlosen Nahverkehr?
Gerade bei der Bahn git es zahlreiche Nebenstrecken, wo die 2-4 Fahrgäste pro Wagen gerade ausreichen um den Schaffner zu finanzieren. (Wenn sie nicht eh mit einem Bayern Ticket, etc. fahren)

Auch viele Busse fahren zu späteren Uhrzeiten oft (fast) leer.

Also immer dann (Strecken, Uhrzeiten), wenn die Busse / Züge so leer sind, dass genügend Kapazität vorhanden ist und / oder dass man durch das kostenlos machen kaum Geld verliert, müsste sich das kostenlos machen doch lohnen oder?

Robert
5. April 2012 10:26

Das zeigt mal wieder deutlich, wie wichtig die Betrachtung des Gesamtsystems ist. Ich bin mal gespannt, was das Experiment in Talinn bewirkt und würde mich freuen, hier bei gegebener Zeit Updates und weitere Analysen darüber zu lesen.

Eines der größten Probleme ist das von dir angesprochene Verbot, Haushaltsmittel für Straßenbau in den ÖPNV zu stecken. Hätte man ein frei verteilbares Verkehrsbudget, gäbe es womöglich genügend finanzielle Flexibilität, um tatsächlich in Alternativen zu denken.
Straßen sind schließlich auch nicht kostenlos und verschlingen jährlich durch Neubau, Ausbau und Sanierung einiges an Geld. Gäbe es die Möglichkeit, diese Summe zumindest teilweise umzuleiten in den ÖPNV, könnte man durch die Attraktivierung des ÖPNV zumindest eine Verringerung der durch MIV verursachten externen Kosten (CO2, Lärm, Unfallfolgekosten, Feinstaub,…) erreichen.

Bei einer beibehaltung eines kostenpflichtigen ÖPNV würde ich sogar behaupten, dass man durch eine solche Maßnahme langfristig Geld spart – MIV bringt schließlich keine Einnahmen, ÖPNV erwirtschaftet zumindest einen gewissen Kostendeckungsgrad. Der Unterschied zwischen 0% (MIV) und 60-80% Kostendeckung(für große Städte) macht langfristig vermutlich schon etwas aus, dazu kommen die geringeren externen Kosten. Aber dazu wär sicher mal eine ausführlichere systemische Modellrechnung unter Betrachtung aller Variablen nötig.

Ich muss jetzt leider weg, sonst hätt ich noch mehr geschrieben – aber das kommt dann demnächst als Nachtrag in einem weiteren Kommentar ;-)

Jessi
Jessi
Reply to  Robert
30. April 2012 14:30

Nur mal folgende Anregungen von mir dazu:

Natürlich muss bzw. müsste man viel Geld in den Neu-, Aus- und Umbau von Straßen investieren. Aber wenn man den ÖPNV unterstützen würde und damit den MIV schwächt, dann heißt das nicht zwangsläufiger, dass weniger Geld in den Bau von Straßen investiert werden muss bzw. sollte. Denn auch der ÖPNV nutzt und benötigt die Straße. Außerdem werden Straßen, auf denen zuvor kein Bus gefahren ist, stärker belastet und sind damit vielleicht unterdimensioniert für diese Belastung, wodurch diese Straßen wiederrum schneller sanierungsbedürftig sind. Hinzu kommt noch, dass die Stärkung des ÖPNV wahrscheinlich kaum Auswirkungen auf den LKW-Verkehr haben wird und da die Schäden teilweise aus einem hohen LKW-Verkehr, wobei ein großer Teil noch überladen und damit die Straßen unterdimensioniert sind, resultieren, werden trotz geringerem MIV Verkehr gewisse Investitionen für den Bau von Straßen benötigt.

Zu der Annahme, dass der MIV der Stadt keine Einnahmen bereitet, würde ich gern folgendes schreiben:
Schon allein der Besitz eines Kfz bringt aufgrund der Kfz-Steuer, die den Ländern zu Gute kommen, gewisse Einnahmen. Außerdem wird natürlichen durch die Mineralölsteuer, welche der Bund erhält, ein Nutzen durch den MIV erzielt. Diese Einnahmen werden dann teilweise wieder den Gemeinden zugeschrieben. Außerdem beziehen viele Wirtschaftszweige einen großen Nutzen aus dem MIV. Zum einen durch Kfz-Betriebe bzw. der Automobilindustrie, zum anderen ist die Erreichbarkeit von nahezu jedem Standort gegeben. So könnten beispielweise in Gebieten, wo keine ÖPNV Anbindung vorhanden ist, Kunden wegfallen, wobei man natürlich mal wieder beim induzierten Verkehr wäre…

So das war es fürs Erste… Was meint ihr dazu?

Anonym
Anonym
Reply to  Randelhoff Martin
2. Juni 2020 21:17

Und was ist am deattraktivieren des schnellsten, sicherste, zuverlässigsten und komfortabelsten Verkehrsmittel innovativ ? Ich denke wir müssen genau bei dem Konzept Individualverkehr ansetzen. Ich persönlich nutze sowohl Auto und ÖPNV (gezwungenermaßen) und muss sagen, das ich mich jedes Mal aufs Neue über die ÖPNV ärgere, weil oben genannte Vorteile nicht mal ansatzweise auf den öffentlichen Verkehr zutreffen. Dem entsprechend erschreckt mich dein Ansatz, den MIV zu deattraktivieren.

Jan Niko Kirschbaum
Reply to  Jessi
11. September 2012 16:48

Hallo Jessi, nicht nur der MIV hat einen Nutzen, auch der ÖPNV hat einen. Im Fall der KVB in Köln erbringt jeder eingesetzte Euro einen Nutzen von 5,30 €. Nicht schlecht, oder?
http://j.mp/PmVeZf

Marco
Marco
Reply to  Jessi
14. Februar 2018 11:58

Moin Jessi,
die Kosten, die ein Auto für unsere Gesellschaft verursacht, sind deutlich höher, als das, was man durch den Betrieb von Autos einnimmt. Man muss es einfach so direkt sagen, wie es ist: das Auto ist ein volkswirtschaftliches Desaster. Hier ein guter Bericht der FAZ, der mit dem Mythos dass das Auto so gut für unsre Gesellchaft wäre, aufräumt.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/studie-autofahrer-verursachen-hoehere-kosten-als-sie-abgaben-zahlen-12085783.html

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Verfasst von:

Marco

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net