Nach baulichen Maßnahmen an der Verkehrsinfrastruktur und Anpassungen im Verkehranblauf ist es immer recht interessant, wenn nach einem gewissen Zeitraum ein Fazit gezogen wird. Dies ist leider auch in heutigen Zeiten nicht überall üblich.
Als Beispiel könnte deutschen und anderen Städten weltweit der New Yorker Sustainable Streets Index (Download) dienen, der seit 2007 erscheint. In diesem werden die Wirkungen verschiedener Maßnahmen im Verkehrsbereich vorgestellt und transparent gemacht. Der Bericht beschreibt auch Trends und Entwicklungen im New Yorker Verkehr, die zumindest für andere Großstädte auf der ganzen Welt in Teilen übertragbar sein dürften. Der Sustainable Streets Index ist in eine ganze Reihe verschiedener Jahresberichte eingebettet, die ein umfassendes Bild des New Yorker Verkehrs ermöglichen.
Ein paar Fakten:
Pendlerverkehr
10% der New Yorker Pendler gelangen hauptsächlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit:
Verkehrssicherheit
Zwischen dem Jahr 2000 und 2011 fiel die Zahl der Verkehrstoten um 37 Prozent.
Verkehrswachstum und Geschwindigkeit des Straßenverkehrs
Der Verkehr in London nahm zwischen dem Jahr 2000 und 2010 um 1,5 Prozent ab. Im Jahr 2010 ist die Verkehrsmenge um etwa ein Prozent gewachsen, liegt aber immer noch 0,8 Prozent unter dem Wert des Jahres 2007. Im Jahr 2011 blieb die Verkehrsmenge konstant.
An Werktagen sind 0,9 Prozent mehr Menschen unterwegs (2010), über die 10-Jahres-Periode gesehen ist aber auch dieser Wert um 1,5 Prozent gesunken.
Einen Eindruck von den in New York gefahrenen Geschwindigkeiten lässt sich recht gut aus GPS-Daten der New Yorker Taxis ableiten. Taxis befahren das gesamte Stadtgebiet Tag und Nacht, sieben Tage die Woche. Jeden Monat werden etwa 13 Millionen Taxifahrten aufgezeichnet. Diese Daten wurden ja bereits für diverse Studien genutzt, als Beispiel sei hier nur die Untersuchung über den Zusammenhang von Taxi- und ÖPNV-Nutzung genannt.
Die Geschwindigkeit wird durch die Entfernung zwischen Start- und Zielpunkt sowie der benötigten Fahrzeit zwischen beiden Punkten ermittelt. Somit wird nicht nur die reine Fahrgeschwindigkeit ermittelt, sondern die Gesamtreisezeit die auch das Warten an Lichtsignalanlagen und im Stau beinhaltet.
Die schnellste Tagesdurchschnittsgeschwindigkeit liegt bei 16,3 mph (25,75 km/h). Die 25 schnellsten Tage liegen in der Ferienzeit und an Sonntagen im Januar und Juli. Die schnellsten 75 Tage (11,7 mph – 10,5 mph | 17,7 km/h – 16,09 km/h) liegen an Wochenenden im Frühling und Herbst sowie kurz vor der Ferienzeit. An 165 Tagen im Jahr beträgt die ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen 10,5 mph (16,09 km/h) und 9,2 mph (14,5 km/h). Dies ist die durchschnittlich ermittelte Geschwindigkeit an Werktagen im Frühling und Sommer.
Die 75 langsamsten Tage sind jahreszeitunabhängig und treten meistens in der Mitte der Arbeitswoche auf. Hier beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen 9,2 (14,5 km/h) und 8,6 mph (12,87 km/h). Die 25 langsamsten Tage befinden sich alle an Wochentagen im hinteren Teil des Jahres (8,6 – 6,9 mph | 12,87 km/h – 9,66 km/h)). Besonders betroffen sind die Monate September, November und Dezember.
Mit Hilfe der Taxi-GPS-Daten können noch viele weitere Analysen durchgeführt werden. Aus der durchschnittlichen Fahrtdauer von sieben Minuten lassen sich bestimmte Gebiete und Routen ermitteln, die innerhalb dieses Zeitfensters liegen.
Im Durchschnitt legten die Taxis innerhalb des sieben Minuten-Zentraums eine Distanz von 1,3 Meilen (2,1 km) zurück. Daraus ergibt sich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 10,9 mph (16,09 km/h). Da der Verkehr innerhalb Manhattans viel stärker ist als in den Außenbezirken ist eine regionale Differenzierung dieser Daten angebracht:
- Innerhalb Manhattans 7-19 Uhr: 12,1 mph (19,46 km/h), Fahrweite: 1,4 Meilen (2,25 km)
- Innerhalb Manhattans 19-7 Uhr: 15,1 mph (24,3 km/h), Fahrweite: 1,8 Meilen (2,89 km)
- Von Manhattan in andere Stadtviertel 7-19 Uhr: 8,5 mph (12,87 km/h), Fahrweite: 1,0 Meilen (1,6 km)
- Von Manhattan in andere Stadtviertel 19-7 Uhr: 9,9 mph (14,5 km/h), Fahrweite: 1,2 Meilen (1,93 km)
- Außerhalb Manhattans 7-19 Uhr: 12,4 mph (19,31 km/h), Fahrweite: 1,5 Meilen (2,41 km)
- Außerhalb Manhattans 19-7 Uhr: 15,8 mph (24,14 km/h), Fahrweite: 1,9 Meilen (3,05 km)
Die langsamere Geschwindigkeit von Manhattan in andere Stadtviertel dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit an den Brücken und Tunneln liegen, die gebündelte Verkehrsströme aufnehmen müssen.
ÖPNV
Eine genauere Betrachtung des ÖPNV zeigt ein Rückgang der Fahrgastzahl im Jahr 2010 um 0,4 Prozent. Hier ist jedoch eine Differenzierung zwischen U-Bahn und Bus notwendig. Die Zahl der U-Bahn-Fahrgäste stieg auch in den Jahren 2010 (1,4 %) und 2011 (+2,5 % an Werktagen). Der Busverkehr, der sehr stark im Zeitraum 1990 – 2008 gewachsen war, ging 2010 um 2,5 Prozent und 2011 um 4,3 Prozent zurück. Leider wurde nicht geklärt, ob für den Fahrgastrückgang Änderungen des Liniennetzes, des Taktes oder des Angebots insgesamt ursächlich sind oder ob der New Yorker Busverkehr generell unattraktiver geworden ist.
Dennoch ist die Nutzung sowohl von Bus als auch U-Bahn attraktiver als vor zehn Jahren. Zwischen dem Jahr 2000 und 2010 stieg die Fahrgastzahl um 10,1 Prozent.
Wachstum des Radverkehrs
Die Zahl der Pendler, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, ist in den Jahren 2000 – 2011 um 289 Prozent gewachsen. Das Wachstum hat sich ab dem Jahr 2007 nochmals verstärkt. Zwischen 2009 und 2010 wuchs der Radverkehr um 13 Prozent, zwischen 2010 und 2011 um sieben Prozent.
Die Wirkung einzelner Verkehrsprojekte
Unfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit gingen auf der West 6th Street in Brooklyn um 30 Prozent zurück, nachdem ein nicht benötigter Fahrstreifen je Richtung in Abbiegespuren, ein Mittelstreifen und einen breiteren Parkstreifen umgewandelt wurde. Die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen sank um 42% in südlicher Richtung und um 29% in nördlicher Richtung. Fußgänger können die Straße nun sicherer überqueren, zusätzlich wurde die Straße begrünt.
Der Umbau der East 180th Street in der Bronx reduzierte die Unfälle mit Fußgängern und überhöhter Geschwindigkeit um 67 Prozent. Hier wurden ein Mittelstreifen und hinzugefügt sowie die Fahrspuren verengt.
Die Reisezeit und die Unfallhäufigkeit auf dem Southern Boulevard in der Bronx wurden verringert, indem die Verkehrsführung vereinfacht und der Gehweg verbreitert wurde. Zusätzliche Mittelinseln vereinfachen die Überquerung der Straße. Die Zahl der Unfälle sank um 14 Prozent. Obwohl die Straße verengt und Fahrspuren rückgebaut wurden, wird die Kreuzung zur morgendlichen Stoßzeit 4 Prozent schneller und zur abendlichen Stoßzeit 35% schneller überquert.
Eine neue Busspur auf der Livingston Street in Brooklyn beschleunigte den Bus um 12 bis 14 Prozent. Die Behinderungen des Busverkehrs durch den restlichen Verkehr wurden halbiert.
Neue Busspuren und Radwege verbesserten den ÖPNV und den Radverkehr auf der First und Second Avenue in Manhattan. Die Maßnahmen verbesserten die Geschwindigkeit des Busses um 15 – 18 Prozent und erhöhte die Fahrgastzahl um 12 Prozent. Der Radverkehr wuchs je nach betrachteten Abschnitt um 18-177 Prozent während die Unfälle um 37 Prozent zurückgingen.
Ein Umbau des Broadway auf Höhe des Union Square verbesserte die Übersicht und verringerte somit die Zahl und Schwere der Unfälle und steigerte die Attraktivität für Radfahrer. Die Aufenthaltsqualität wurde erhöht, was einen positiven Einfluss auf den Umsatz des lokalen Einzelhandels hatte. Bei einer Befragung berichteten 74% der Befragten, dass die Umgestaltung eine Verbesserung gewesen sei. Die Zahl der Unfälle mit Beteiligung eines Pkw ging um 65 Prozent zurück während die Gesamtunfallzahl um 26% sank.
Die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen auf dem Broadway sank um 16 Prozent. Der Radverkehr wuchs sowohl unter der Woche als auch an den Wochenenden. Zwischen Montag und Freitag sind im Schnitt 16 Prozent mehr Radfahrer auf diesem Straßenabschnitt unterwegs, an Wochenenden wuchs die Zahl sogar um 49 Prozent.
Zwanzig Prozent der lokalen Einzelhändler haben nun einen höheren Umsatz als vor der Umgestaltung. Keiner der befragten Händler verzeichnete einen sinkenden Umsatz.
Auf dem Queens Boulevard wurde versucht die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Zu diesen Zweck wurden die sechs Mittelinseln verbreitert und drei Trennstreifen zwischen den sechs Fahrspuren eingeführt, um eine Geschwindigkeitsdämpfung zu erzielen. Die Umlaufzeit für Fußgänger wurde ausgeweitet und ein zusätzlicher Fußweg errichtet. Die Unfallzahl liegt nun unterhalb des Drei-Jahres-Durchschnitt.
Neue Fußgängerüberwege und ein Mittelstreifen verbesserte auf der Luten Avenue in Staten Island die Situation für Fußgänger. In Verbindung mit einer Verkleinerung der Fahrstreifen sank neben der Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen (-34 Prozent) die Zahl der Unfälle. Das subjektive Sicherheitsgefühl der Fußgänger wurde erhöht.
Die Reisezeit auf der Hoyt Avenue in Queens nahe der RFK Bridge verbesserte sich um 51 Prozent nachdem die LSA-Schaltung angepasst wurde, eine neue LSA mit Fußgängerüberweg eingerichtet und U-Turns verboten wurden. Die Fußwege wurden verbreitert und die Lücke im Radwegenetz geschlossen. Um den Parkdruck zu verringern, wurde ein Parkraummanagement mit Parkraumbewirtschaftung eingerichtet.
Die Reisezeit auf der 31st Street zwischen dem Astoria Boulevard South und der 24th Road ging in nördlicher Richtung um 51 Prozent und in südlicher Richtung um 26 Prozent zurück. Der Radverkehr wuchs unter der Woche um 19 Prozent und am Wochenende um 37 Prozent. Die Zahl der Unfälle sank unter den 10 Jahres-Durchschnitt.
Die Montague Street Weekend Walks in Brooklyn verbesserten die Umsätze des lokalen Einzelhandels bei 86% der befragten Einzelhändler. 76% berichteten eine Steigerung des Fußverkehrs.
Nach Einführung eines internen Carsharing-Programms innerhalb der New Yorker Verkehrsbehörde, sank der durch die Verkehrsbehörde induzierte ruhende Verkehr um 14 Prozent unter der Woche und um 68% während des Wochenendes. Die Fahrleistung ging um 11 Prozent zurück.