Die internationale Seeschifffahrt ist ein großer und wachsender Verursacher von Treibhausgasemissionen. 2018 wurden von ihr etwa 1.076 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt, dies entspricht rund 2,9 % der globalen Treibhausgasemissionen und einem Anstieg von 9,6 % im Vergleich zu 2012.1 Innerhalb der EU verursachte die Schifffahrt im Jahr 2017 etwa 13 % der Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors. Die Emissionen der Seeschifffahrt werden voraussichtlich erheblich zunehmen. Laut International Maritime Organisation (IMO) könnten die Emissionen der Schifffahrt bei unveränderten Rahmenbedingungen zwischen 2018 und 2050 um bis zu 50 % steigen.2
Zur Begrenzung des Anstiegs der globalen Erwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius und möglichst weniger als 1,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung, sind umfangreiche Veränderungen auch im Bereich der internationalen Schifffahrt notwendig. In einem Szenario ohne Wachstum müssten die CO2-Emissionen pro Frachteinheit von etwa 25 auf 4 g CO2 / Tonnen-Seemeile reduziert werden, d.h. eine Reduzierung um den Faktor fünf bis sechs.3
Die Seeschifffahrt ist zwar wie die internationale Luftfahrt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgeklammert, jedoch muss der Sektor aus rein logischen Gründen einen Beitrag leisten, damit die Menschheit im THG-Emissionsbudget bleiben kann. Im Jahr 2018 haben 173 Staaten im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation der UN (IMO) beschlossen, dass die Treibhausgasemissionen der internationalen Schifffahrt schnellmöglich sinken und bis 2050 um 50 % im Vergleich zu 2008 reduziert werden sollen (Resolution MEPC.304(72)).
Strategien zur Dekarbonisierung der Schifffahrt
Ähnlich wie im Luftverkehr und bei landgebundenen Verkehren kann eine Dekarbonisierung der Schifffahrt durch eine Reduktion des Energiebedarfs und einen Wechsel auf regenerativ und emissionsfrei erzeugte Energie erreicht werden. Neben technischen Innovationen sind hierfür ebenfalls nicht-technische Maßnahmen wie bspw. eine Bepreisung der Emissionen sowie eine den Transformationsprozess unterstützende politische Rahmensetzung notwendig. Zu letzteren gehört u.a. eine Verschärfung des Energy Efficiency Design Index (EEDI) im Zuge der Regulation 21 des MARPOL Annex VI, um die Anwendung neuster Technologie verpflichtend zu machen und ggf. die Motorisierung (und damit Geschwindigkeit) von Schiffen zu reduzieren. Für weitere kurzfristige regulatorische Maßnahmen siehe: CE Delft und Generaldirektion Klimapolitik [Europäische Kommission] (2019): Study on methods and considerations for the determination of greenhouse gas emission reduction targets for international shipping. Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union. doi: 10.2834/651129
Eine Übersichtsstudie von Bouman et al. (2017) stellte die Ergebnisse von über 150 Studien zu Klimaschutzmaßnahmen in der Seeschifffahrt zusammen.4 Sie identifizierten sechs verschiedene Maßnahmenkategorien:
- Rumpfdesign bestehend aus Form, Gewicht und Materialität zur Verbesserung der hydrodynamischen Performance und Minimierung des Schiffswiderstands (Reibung zwischen Rumpf und Wasser);
- economy of scale mit Bezug auf Schiffsgrößen und Frachteinheiten. Größere Schiffe reduzieren bspw. die Treibhausgasemissionen je Tonne, Container, etc.;
- Motoren und Antrieb (einschließlich Energiesparvorrichtungen) wie z. B. Hybridantriebe, Nutzung von Abwärme, Einsatz von Wind und Solar. Ziel ist die Erhöhung der Energieeffizienz;
- Geschwindigkeit hinsichtlich Entwurfsgeschwindigkeit des Schiffes und real gefahrener Geschwindigkeit (slow steam);
- Kraftstoffe und alternative Energiequellen;
- Wetterrouting und -planung zur bestmöglichen Nutzung von Wind und Wellen bzw. Minimierung von Gegenwind unter Einhaltung der gesetzten Ankunftstermine
Die Reduktionsmaßnahmen können in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: technische und betriebliche Maßnahmen. Technische Maßnahmen konzentrieren sich zum Beispiel auf Energieeinsparungen durch eine energieeffizientere Konstruktion, ein verbessertes Antriebs- und Energiesystem und alternative oder sauberere Kraftstoffe. Einige Maßnahmen können auf Bestandsschiffen nachgerüstet werden, während andere nur für neue Schiffe in Frage kommen. Betriebliche Maßnahmen zielen auf die Verringerung der Emissionen während des Betriebs auf Schiffs- oder Flottenebene ab. Beispiele sind die Optimierung der Geschwindigkeit, die Reiseplanung, das Flottenmanagement und das Energiemanagement an Bord. Betriebliche Maßnahmen sind auf Schiffsneubauten wie auch auf die Bestandsflotte anwendbar.
Im Vergleich zur vorherigen Aufstellung gehen die economies of scale in der Schiffsgröße (vessel size) auf, Geschwindigkeit und Wetterrouting / -planung im Betrieb (operation). Die in den einzelnen Studien ermittelten Reduktionspotenziale sind in folgender Grafik abgebildet, wobei der gefüllte Balken den typischen Bereich des Reduktionspotenzials angibt, d.h. vom 1. bis zum 3. Quartil des Datensatzes, und die dünne Linie die gesamte Streuung der angegebenen Minderungspotenziale zeigt. Die Streuung hat ihre Ursache insbesondere in den unterschiedlichen Annahmen und den Unsicherheiten. Die Punkte verdeutlichen die Werte der einzelnen Studien, sodass die Verteilung deutlich wird.
Keine Maßnahme ist alleine ausreichend, um erhebliche sektorweite Reduktionen zu erreichen. Es gibt zwar Einzelmaßnahmen, für die hohe Reduktionspotenziale prognostiziert werden (z.B. die Verwendung von Biokraftstoffen oder Geschwindigkeitsoptimierung), aber die große Bandbreite der identifizierten Reduktionspotenziale verdeutlicht die damit verbundene Unsicherheit. Hinzu kommt, dass sekundäre und tertiäre Wirkungen auf andere Bereiche in vielen Studien nicht hinreichend beleuchtet wurden. Hierzu zählen u.a. die global stark unterschiedliche Minderungswirkung der jeweils lokal wachsenden Pflanzen, indirekte Landnutzungsänderungen bspw. durch Waldrodungen für den Anbau von Energiepflanzen sowie die Wirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit und Artenvielfalt.
Die Studie “Decarbonising Maritime Transport – Pathways to zero-carbon shipping by 2035” des International Transport Forum beschreibt mehrere Pfade zu einer Klimaneutralität des Schiffsverkehrs im Jahr 2035. Die Maßnahmen werden in drei Kategorien unterteilt: technologische und betriebliche Maßnahmen sowie Maßnahmen im Zusammenhang mit alternativen Kraftstoffen und Energie.
Technische Maßnahmen:
Maßnahmen | Reduktionspotenzial |
---|---|
Leichtere Materialien | 0 - 10 % |
Schlankere Rumpfkonstruktionen | 10 - 15 % |
Antriebsverbesserungen wie bspw. gegenläufige Propeller | 1 - 25 % |
Wulstbug | 2 - 7 % |
Luftschmierung und Rumpfoberfläche | 2 - 9 % |
Abwärmenutzung | 0 - 4 % |
Im Vergleich zu Standarddesigns bringen schlanke Rumpfkonstruktionen einen geringeren Treibstoffverbrauch von 10-15 % bei niedrigeren Geschwindigkeiten und bis zu 25 % pro Seemeile bei 15-16 Knoten aufgrund ihres niedrigeren Blockkoeffizienten (block coefficient). Ziel ist eine Optimierung von Länge und Verhältnis der Rumpffülle, wobei die Verlängerung durch den ansteigenden Reibungswiderstand je m² benetzter Fläche begrenzt ist.
Ein Wulstbug – auch Bugwulst genannt – wird seit mehreren Jahrzehnten an größeren Schiffen verbaut. Die Wulst erzeugt in einem vorher definierten Geschwindigkeitsbereich eigene Wellen, welche die vom Bug erzeugte Bugwelle, die den größten Teil des Wasserwiderstandes verursacht, weitgehend ausgleichen. Das Schiff erreicht eine höhere Geschwindigkeit bei um 10 – 15 % verringertem Treibstoffverbrauch.
Systeme für die Luftschmierung stoßen kleine Luftblasen unter dem Schiffsboden aus. Diese perlen von vorn nach hinten und zur Seite und reduzieren den Schiffswiderstand.
Systeme zur Abwärmenutzung erzeugen aus Abgasströmen und Abwärme der Maschine Energie, welche in die Bordsysteme eingespeist wird. Verbesserungen des Antriebs umfassen u.a. Vordrall-Lamellen, Flossen am Rumpf und gegenläufige Propeller.
Betriebliche Maßnahmen:
Maßnahmen | Reduktionspotenzial |
---|---|
Geschwindigkeit | 0 - 60 % |
Schiffsgröße | 0 - 30 % |
Schnittstelle Schiff - Hafen | 1 % |
Landstrom | 0 - 3 % |
Das größte Reduktionpotenzial durch betriebliche Maßnahmen wird einer Geschwindigkeitsreduktion, dem sogenannten slow steaming, zugeschrieben. Die Langsamfahrt wurde nach der Finanzkrise 2008 und der nachfolgenden Schifffahrtskrise verstärkt zur Treibstoffkostenreduzierung und Kapazitätsreduktion durch längere Fahrtzeiten angewendet.5
Die Einspareffekte sind besonders groß, wenn die Schiffe (einschließlich der Rumpfform) von Anfang an für Slow steaming konstruiert worden sind. Kürzere und breitere Rümpfe ermöglichen es, weniger Ballastwasser mitzuführen. Da bei niedrigen Geschwindigkeiten der Reibungswiderstand im Wasser eine größere Rolle als der Wellenbrechungs-Widerstand spielt, wird der vordere Abschluss des Schiffsrumpfes steiler konstruiert.
Slow Steaming ist stets in Kombination mit dem Marktgeschehen zu bewerten. Der signifikanten Energieeffizienzsteigerung je Tonnenkilometer (tkm) steht eine reduzierte Produktivität des Schiffes (Tonnenkilometer eines Schiffes pro Jahr) gegenüber. Um die Nachfrage nach Seetransporten in einem bestimmten Zeitraum zu decken, kann diese reduzierte Produktivität zum Einsatz zusätzlicher Schiffe führen. Die Verringerung der Emissionen eines Schiffes kann durch eine Erhöhung der Anzahl der in Betrieb befindlichen Schiffe ausgeglichen oder gar überkompensiert werden, da für deren Bau zusätzliche Ressourcen benötigt werden. Ebenso begrenzen Hafenkapazitäten und Charterverträge mit der Notwendigkeit gewisse Termine einzuhalten, den Einsatz von slow steaming.6,7
Aufgrund der vielfältigen Randbedingungen muss Slow Steaming im Sinne einer Dekarbonisierungsmaßnahme als dauerhaftes Regulierungsinstrument eingeführt werden anstatt von den Schiffsbetreibern je nach Marktnachfrage und Treibstoffpreis nur vorübergehend angewendet zu werden. Die Geschwindigkeit von Schiffen kann hierbei entweder global, regional in einem bestimmten Gewässer oder bilateral zwischen Häfen von zwei Staaten geregelt werden. Bei einer hafenbasierten Lösung wird die maximal zulässige Höchst- oder Durchschnittsgeschwindigkeit über eine entsprechend angepasste Bereitstellung der Liegeplätze gesteuert. Bei regionalen und globalen Lösung erfolgt die Regelsetzung entweder durch den Flaggenstaat des Schiffes oder den Staat, in dem sich der jeweilige Hafen befindet.8 Letzteren stünde ein Kontrollrecht im Zuge eines Kontroll- und Sanktionssystems zu, das Schiffe davon abhält, die Vorschriften nicht einzuhalten.
Geschwindigkeitsvorschriften lassen sich am besten nach Schiffstyp und -größe differenzieren. Massengutfrachter und Öltanker sind für eine geringere Geschwindigkeit zwischen 15 und 16 Knoten (27,8 – 29,6 km/h) entworfen, während Containerschiffe und große Kreuzfahrtschiffe für eine Geschwindigkeit von über 20 Knoten (37 km/h) ausgelegt sind. Dauerhaft niedrigere Geschwindigkeiten erzeugen bei diesen Schiffstypen aufgrund der niedrigen Motorenlast technische Probleme. Hinzu kommt, dass insbesondere in der Containerschifffahrt die Schiffsflotte stark wachsen würde, um die global steigende Transportnachfrage zu decken.9 Auf der anderen Seite würde eine auf Containerschiffe ausgerichtete allgemeine Geschwindigkeitsgrenze auf langsamere Schiffstypen keinerlei Wirkung entfalten, sodass die Werte differenziert gesetzt werden sollten.
Neben der Geschwindigkeit ist die Schiffsgröße ein weiterer entscheidender Faktor für Effizienz und CO2-Emissionen eines Schiffes. Größere Schiffs haben häufig Effizienzvorteile gegenüber kleineren Schiffen aufgrund sinkender Stückkosten. Die Größe eines Schiffes und die Länge seiner Wasserlinie sind zudem wichtige Determinanten des hydrodynamischen Widerstands und des Energieverbrauchs pro tkm. In den vergangenen Jahren war die Zunahme der durchschnittlichen Schiffsgröße der dominante Faktor für die rückläufige CO2-Intensität des Seeverkehrs (CO2 / tkm-nm).10 Dieser Effekt war insbesondere bei Flüssiggastankern und Containerschiffen zu beobachten.
Die Entscheidung für slow steaming wird bei größeren Schiffen zudem häufiger getroffen, da bei diesen die relative Bedeutung der zeitabhängigen Kosten (d.h. Besatzung, Versicherung, Kapitalkosten usw.) im Vergleich zu den Treibstoffkosten geringer als bei kleineren Schiffen ist. Eine Verlängerung der Fahrzeiten ist in der Regel für größere Schiffe ökonomisch weniger signifikant als für kleine. Relative Treibstoffeinsparungen haben somit bei kleineren Schiffen einen geringeren Einfluss auf die Gesamtkosten der Reise als bei größeren.
Eine weitere zeitkritische Komponente mit Energieeinsparpotenzialen findet sich an der Schnittstelle zwischen Häfen und den ein- bzw. auslaufenden Schiffen. Durch ein verbessertes Handling und einer Optimierung der Prozesse können bspw. Wartezeiten und somit Schiffsbetriebsstunden vermieden werden, was wiederum den Energiebedarf und somit Emissionen reduziert. Ein weiteres wichtiges Element ist die Versorgung eines Schiffes mit Landstrom. Wird die für den Schiffsbetrieb und das Be- und Entladen benötigte Energie von außen zugeführt und nicht mit den schiffseigenen Aggregaten erzeugt, sinkt die lokale Emissionsbelastung. Zudem wird es möglich, regenerativ lokal erzeugten Strom einzusetzen.
Maßnahmen im Zusammenhang mit alternativen Kraftstoffen und Energie:
Energieform | Reduktionspotenzial |
---|---|
fortschrittliche Biokraftstoffe | 25 - 100 % |
LNG | 0 - 20 % |
Wasserstoff (Verbrennungsmotor) | 0 - 100 % |
Ammoniak | 0 - 100 % |
Brennstoffzelle | 2 - 20 % |
Strom | 0 - 100 % |
Wind | 1 - 32 % |
Solar | 0 - 12 % |
Nuklear | 0 -100 % |
Für eine Dekarbonisierung der Seeschifffahrt ist neben der Minderung des Energiebedarfs der Wechsel von fossilen auf regenerative Energieträger die zweite Schlüsselkomponente. Diese Energiewende kann mittels unterschiedlicher Herangehensweisen und Technologien erfolgen, die zudem zeitlich abgestuft einsetzt werden dürften. Kurzfristig dürften insbesondere Beimischungslösungen bspw. über drop-in-Biokraftstoffe realisierbar sein. Synthetisch erzeugte gasförmige oder flüssige Kraftstoffe dürften aufgrund der aufzubauenden Erzeugungskapazitäten erst mittelfristig zur Verfügung stehen.
Der Wechsel von fossilem Schweröl auf regenerativ erzeugte power-to-liquid (P2L)-Kraftstoffe wie bspw. Fischer Tropsch-Diesel oder Methanol ist eine Möglichkeit, bei der bestehende Infrastrukturen und Antriebe weiterverwendet werden können. Die Produktion der beiden synthetischen Flüssigkraftstoffe erfolgt mittels Elektrolyse produziertem Wasserstoff, dem in einem weiteren Umwandlungsschritt konzentriertes CO2 zugeführt wird. Hierbei entsteht synthetisches Methan (CH4), welches über die Fischer-Tropsch-Synthese bzw. Methanolsynthese verflüssigt wird. Beim Verbrennungsprozess im Motor wird das zuvor gebundene CO2 wieder freigesetzt. Daher darf das zur Herstellung verwendete CO2 nicht aus fossilen Quellen stammen, sondern sollte im Idealfall der Umgebungsluft entnommen werden.
Neben einer Verbrennung könnte das regenerativ erzeugte Methanol auch in Direktmethanol-Brennstoffzellen (DMFC) in elektrischen Strom umgewandelt werden. Im Vergleich zu Wasserstoff ist Methanol weitaus einfacher handhab- und speicherbar. Weitere Möglichkeiten für eine regenerative Erzeugung von Strom direkt an Bord ist der Einsatz von Segeln, Drachen, Windenergieanlagen oder Solarzellen.
Neben der Handhabbarkeit und der Speicherung sind die energetischen Gesamtwirkungsgrade der verschiedenen Antriebsoptionen von entscheidendem Belang. Je nach eingesetzter Energiemenge unterscheiden sich die Kosten, aber auch die Wirkungen auf das Gesamtenergiesystem mit den dort vorhandenen Stromerzeugungskapazitäten.
Maßgeblich ist hierbei der Gesamtwirkungsgrad (Well-to-Wake, WtW) , der sich aus dem Well-to-Tank-Wirkungsgrad (WtW) und dem Tank-to-Wake-Wirkungsgrad (TtW) zusammensetzt (zu diesem Thema siehe auch: Batterieelektrisch vs. Brennstoffzelle (H2) vs. Power-to-X im Straßenverkehr: Wirkung auf das Energiesystem). Der Well-to-Tank-Wirkungsgrad deckt den Weg von der Primärenergiegewinnung bis zur Bereitstellung der Energie im Schiff ab, der Tank-to-Wake-Wirkungsgrad die Umwandlung dieser Energie in mechanische Energie.
Die Elektrifizierung von Seeschiffen könnte angesichts der Tatsache, dass grüner Strom in den meisten Häfen der Welt voraussichtlich zu sehr niedrigen Preisen (niedriger als die von konventionellen Schiffskraftstoffen) verfügbar sein wird, eine interessante Option sein. Darüber hinaus sind Elektromotoren und die damit verbundenen Antriebsstränge billiger und fast doppelt so effizient wie konventionelle Motoren.11 Die Bereitstellung des benötigten Stroms könnte bspw. über containerisierte Wechselakkus erfolgen, welche in Häfen getauscht werden. Die Kapitalkosten der Akkus dürften aufgrund von Fortschritten in der Akkutechnologien perspektivisch auf ein konkurrenzfähiges Niveau von etwa 73 $ / kWh bzw. 80 € / kWh sinken.12
Da die mitzuführende Akkukapazität mit zunehmender Schiffsgröße und größeren Distanzen stark zunimmt, dürften batterieelektrische Schiffe insbesondere auf Distanzen von unter 1.500 km vorteilhaft und auf Distanzen von bis zu 3.750 km wettbewerbsfähig sein. Auf größeren Distanzen steigen die Kapitalkosten zu stark an. Bei Containerschiffen mit 5000 – 7999 TEU, die eine Distanz von 11.250 km zurücklegen (Feederverkehre im Mittelmeer), würde die Akkukosten auf bis zu 360 Millionen Euro steigen und somit die Investitionskosten für das Schiff mehr als verdoppeln. Verrechnet man die Kapitalkosten mit den von der Gesamtenergieeffizienz abhängigen Energiekosten, ergeben sich je nach Anforderung und Anwendung unterschiedliche Einsatzgebiete für die verschiedenen Energieträger:
Für den Langstreckenverkehr scheinen synthetische Kraftstoffe aus heutiger Sicht konkurrenzlos zu sein. Ihre Lagerung ist einfacher und somit viel billiger. Derzeit sind sie jedoch immer noch fast drei bis viermal teurer als fossile Kraftstoffe. Die zu erwartende Kostendegression dürfte synthetische Kraftstoffe mittelfristig konkurrenzfähig machen.
System | Kritische Technologie | Verfügbarkeit | Anmerkungen |
---|---|---|---|
Strom | Batterie | zwischen 2020 - 2030 | deutliche Kostensenkung plus Leistungssteigerung aufgrund der Entwicklung im Straßenverkehr erwartet; Einsatzgebiet nur neu gebaute Schiffe |
Wasserstoff | Elektrolyse Speicherung | zwischen 2030 - 2050 bald | Kostensenkung und Leistungssteigerung erwartet; schrittweise über den gesamten Zeitraum 2020 bis 2050; kommerziell nach 100 GW weltweit; Einsatzgebiet nur neu gebaute Schiffe Kostensenkung bei der Wasserstoffspeicherung |
Synthetische Kraftstoffe | Elektrolyse | zwischen 2030 - 2050 | verbunden mit den Kosten der Wasserstoffproduktion (plus billige Erneuerbare Energien mit hohen Volllaststunden); Drop-in-Kraftstoffe und/oder Umbauten möglich |
Verweise
- International Maritime Organization (2020): Fourth IMO GHG Study, S. 10 ↩
- International Maritime Organization (2020): Fourth IMO GHG Study, S. 280 ↩
- Lindstad, H. (2013): Strategies and measures for reducing maritime CO2 emissions. Dissertation. Norwegian University of Science and Technology, Trondheim ↩
- Bouman, E. A.; Lindstad, E.; Rialland, A. I. und Strømman, A. H. (2017): State-of-the-art technologies, measures, and potential for reducing GHG emissions from shipping – A review. Transportation Research Part D, 52, S. 408–421 ↩
- Faber, J.; Huigen, T. und Nelissen, D. (2017): Regulating speed: a short-term measure to reduce maritime GHG emissions. CE Delft, Delft. ↩
- Assmann, L.; Andersson, J. und Eskeland, G. S. (2015): Missing in Action? Speed optimization and slow steaming in maritime shipping. NHH Norwegian School of Economics, Department of Business and Management Science, Bergen ↩
- Kim, J.-G.; Kim, H.-J.; Jun, H. B. und Kim, C.-M. (2016): Optimizing Ship Speed to Minimize Total Fuel Consumption with Multiple Time Windows. Mathematical Problems in Engineering, Vol. 2016, S. 1-7. ↩
- Faber, J.; Huigen, T. und Nelissen, D. (2017): Regulating speed: a short-term measure to reduce maritime GHG emissions. CE Delft, Delft, S. 21 ↩
- Faber, J.; Huigen, T. und Nelissen, D. (2017): Regulating speed: a short-term measure to reduce maritime GHG emissions. CE Delft, Delft, S. 23 ↩
- International Maritime Organization (2020): Fourth IMO GHG Study, Annex 1, S. 22f. ↩
- Lechtenböhmer, S.; Schostok, D.; Kobiela, G.; Knoop, K.; Pastowski, A. und Heck, S. (2018): Deep Decarbonisation Pathways for Transport and Logistics Related to the Port of Rotterdam. Synthesis Report. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal, S. 43 ↩
- ebd. ↩
ich frage mich ernsthaft, wo hier das Problem liegt. Gerade die Schifffahrt hat eine jahrhunderte lange Tradition, wie sie mit regenerativen Antrieben die Menschheit über (sehr) weite Strecken verbindet und den Handel unterstützt. Das geht mit dem Segelschiff. Das einzige was damit wohl nicht geht, ist jeden Sch… in beliebiger Menge ohne Sinn und Verstand über die Weltmeere zu schippern. Aber vielleicht ist das ja auch gar kein Verlust.