Masdar ist eines der berühmtesten Stadtbauprojekte weltweit. In der geplanten Ökostadt im Emirat Abu Dhabi sollen Pkw nicht erlaubt sein. Stattdessen soll ein unterirdisches Personal Rapid Transit-Netz (PRT) entstehen, dass die individuelle Mobilität der Bewohner sicherstellt. Leider hat das ambitionierte Projekt mit einigen Problemen zu kämpfen, sodass sich wichtige Teile des Projekts noch in der Schwebe befinden.
Das Architekturbüro Adrian Smith + Gordon Gill Architecture (Chicago) hat nun Pläne für eine sich selbstversorgende Ökostadt in der Nähe von Chengdu vorgelegt. Chengdu ist eines der beiden Wirtschaftszentren in Westchina und kam im Jahr 2006 laut China Daily auf den vierten Platz der lebenswertesten Städte Chinas.
Die Tianfu District Great City ist als Satellitenstadt Chengdus geplant und soll eine Fläche von 1,3 Quadratkilometern umfassen. Die Ökostadt ist als Modellstadt für andere Gebiete Chinas gedacht und soll einen Lösungsansatz für die Probleme heutiger chinesischer Städte liefern. Ziel ist die Entwicklung einer Stadt mit geringem Energiebedarf und geringen CO2-Emissionen, die sehr dicht besiedelt ist und wenig Fläche benötigt.
Nach acht Jahren Bauzeit soll die Stadt 80.000 Menschen ein zu Hause bieten. Sie ist strategisch um einen großen Nahverkehrsknoten geplant, der Great City mit Chengdu und dem Umland verbindet. Mit intelligenter Durchmischung der Stadtviertel soll das Auto vollständig obsolet werden. Stattdessen sollen alle Ziele mit einem 15 Minuten langen Fußweg erreichbar sein.
Der Fußweg von jedem Punkt in der Stadt in das Stadtzentrum soll maximal 10 Minuten dauern. Jeder Bewohner soll einen öffentlichen Park in weniger als zwei Minuten erreichen können.
Die Great City soll 48% weniger Energie und 58% weniger Wasser benötigen und 60% weniger CO2 und 89% weniger nicht-recyclebaren Müll im Vergleich zu einer Stadt ähnlicher Größe und Bevölkerungszahl erzeugen. Zusätzlich speichert die Stadt imSommer Wärme, die für das Heizen im Winter verwendet wird.
Schlüssel für den Erfolg der Stadt ist die extrem hohe Einwohnerdichte. Diese beträgt etwa 62.000 Einwohner je Quadratkilometer. Zum Vergleich: Berlin hat eine Einwohnerdichte von 3.942 Einwohner je Quadratkilometer, New York City von 10.356,1 Einwohner je Quadratkilometer, Shanghai von 3.630,5 Einwohner je Quadratkilometer und Tokio von 14.476,2 Einwohner je Qudratkilometer. Die am dichtesten besiedelte Stadt der Welt ist zur Zeit Malé, die Hauptstadt der Malediven. Aufgrund der geringen Landfläche beträgt die Einwohnerdichte dort 21.283,2 Ew./km². Great City soll diesen Wert mehr als verdreifachen.
Und die Stadtfläche soll noch weiter aufgeteilt werden. Inklusive Umland beträgt die Gesamtfläche 3,2 Quadratkilometer. Davon sind 60 Prozent für Landwirtschaft und Erholungsgebiete reserviert. 15 Prozent des 1,3 Quadratkilometer großen Stadtgebietes werden für das Anlegen von Parks und Aufenthaltsflächen genutzt, 60 Prozent der Fläche werden bebaut. Die restlichen 25 Prozent dienen als Fläche für Fußwege, Infrastruktur und Straßen. Vom Straßenraum sind aber nur 50 Prozent für den motorisierten Verkehr gedacht.
Wenn “vom Straßenraum … aber nur 50 Prozent für den motorisierten Verkehr gedacht” sind und schon die Pläne in diesem Artikel große Garagen und auch einige Zufahrtsstraßen aufweisen, wird es wohl keine autofreie Stadt werden. Vielleicht wird ein Teil der von Autos (auch der eigenen) verursachten Verkehrsprobleme nach außen verlagert, wäre dann aber dem faktischen Flächenverbrauch hinzuzurechnen.
Es dürfte letztlich wohl darauf hinauslaufen. In der Innenerschließung soll die Stadt laut Masterplan (http://smithgill.com/media/pdfs/Great_City_Chengdu_Master_Plan_for_web_2.pdf) für den nicht-motorisierten Verkehr optimiert werden. Ganz auf Straßen wird man aus Gründen der Ver- und Entsorgung sowie des Brandschutzes nicht verzichten können.
Etwa die Hälfte der gebauten Straßen soll für Pkw befahrbar sein, man möchte aber durch die Schaffung einer entsprechenden Stadtstruktur den Verzicht auf den Pkw innerhalb der Stadt so attraktiv wie möglich gestalten.
Man muss sich auch immer vor Augen führen, dass die “Great City” als klassischer Vorort für Chengdu, und – falls sich die Form als erfolgreich erweist – für viele weitere chinesische Städte, konzipiert ist. Rein von der Raumstruktur sind derartige Siedlungsstrukturen per se nicht verkehrarm, da immer die Verbindung zur “Kernstadt”bestehen soll. Und im Vergleich zu den “klassischen” Vorhaben in Chengdu
) ist bei diesem Projekt wenigstens eine umweltverträglichere Planung in Ansätzen erkennbar.
An dem Projekt habe ich während meines Praktikums bei AECOM gearbeitet. Der Investor hat eine Vorliebe für “vertical city”, zumindest vermarktet er alle seine Projekte unter dem Titel, haben zuvor schon an einem ähnlichen Projekt in Xi’an gearbeitet. Wenn man sich etwas näher damit auseinandersetzt ist es ein ganz normales TOD Projekt. Vertical transportation gibt es da nur in Form von Aufzügen, wobei sich die Architekten auch etwas schwer tun den Begriff “Vertical City” in Bezug auf das Verkehrssystem näher zu definieren. In China gibt es oft sehr ambitionierte Pläne, nur leider lässt der Output dann oft zu wünschen übrig. Ich bin gespannt was daraus wird.