Umwelt urbane Mobilität

Paris und Madrid planen starke Restriktionen für den Autoverkehr in den Innenstädten

Panorama von Paris
Foto: Moyan Brenn @ Flickr - CC BY-ND 2.0

Die neue Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo plant im Rahmen der Luftreinhaltung massive Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr in der Stadt. Die vier zentralen Bezirke 1., 2., 3. und 4. Arrondissement, in welchem sich viele historische Gebäude und für den Tourismus wichtige Anziehungspunkte befinden, sollen zu “Halbfußgängerzonen” umgestaltet werden. In Zukunft sollen dort nur noch Busse, Fahrräder, Taxis, Lieferwagen, Rettungsfahrzeuge und Anwohner-Pkw verkehren dürfen. Verschiedenen Achsen mit hoher Feinstaubbelastung wie die Rue de Rivoli und die Champs Elysees dürfen nur noch “Ultra-Low-Emission-Fahrzeuge” befahren.

Die Bürgermeisterin will die Pläne bis Februar kommenden Jahres gemeinsam mit dem für Verkehr und Transport zuständigen stellvertretenden Bürgermeister, Christophe Najdovski (EELV), ausarbeiten. Anschließend soll der Stadtrat darüber beraten. 64 Prozent der befragten Pariser sind – unabhängig ihres Wohnorts innerhalb der Stadt – für die Umsetzung dieser Maßnahme (n = 804, Erhebung durchgeführt von Ifop im Auftrag des Journal de Dimanche).

Karte Pariser Arrondissements creative Commons
Pariser Arrondissements mit markanten Punkten der Stadt. Die Restriktionen würden in den Arrondissements 1, 2, 3 und 4 implementiert werden. – Karte: Mark Jaroski für WikitravelCC SA 1.0

Die Restriktionen sollen zunächst am Wochenende gelten und im Anschluss schrittweise auf die ganze Woche ausgeweitet werden. Im Großteil des Pariser Straßennetzes wird in Kürze eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h gelten. Ausnahmen werden nur für einige Hauptverkehrsstraßen sowie das Seine-Ufer gemacht auf denen eine Höchstgeschwindigkeit vom 50 km/h gelten soll. Begegnungszonen (zones de rencontre) sollen geschaffen werden, in denen Fußgänger sowie Radfahrer Priorität haben. Der motorisierte Individualverkehr (Abkürzung: MIV, Pkw und motorisierte Krafträder) darf maximal 20 km/h schnell fahren.

Im Güterverkehr soll der Lkw-Durchgangsverkehr in Paris und auf der Ringautobahn verringert werden. Etwa 30 Prozent aller Lkw-Fahrten queren Paris ohne zu Be- oder Entladen bzw. könnten ihr Ziel im Pariser Umland auch auf anderen Wegen erreichen. Die Pariser Bürgermeisterin möchte zudem den Transportweg Seine stärken und neue Güterverkehrskonzepte für die Metro, die Straßenbahn und den Schienenpersonennahverkehr (RER) entwickeln. Transporte auf der letzten Meile sollen mit kleinen, effizienten und elektrisch betriebenen Transportern durchgeführt werden.

Der Kampf gegen die Luftverschmutzung ist in Paris ein wichtiges Thema, da diese große Probleme im Bereich der öffentlichen Gesundheit verursacht. Der Straßenverkehr erzeugt 66 % der NOx-Emissionen und 56 % der Feinstaubelastung (PM 10) in Paris. Im Jahr 2014 wurden erstmals seit 1997 Fahrverbote abwechselnd für gerade und ungerade Kennzeichen aufgrund der starken Smog- und Feinstaubbelastung (180 Mikrogramm Feinstaub-Partikel pro Kubikmeter Luft an fünf Tagen in Folge) verhängt. Nebenbei reagierte die französische Hauptstadt mit kostenlosen Fahrten im Nahverkehr sowie dem Gratisverleih von Elektroautos und Leihrädern.

Der ehemalige Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë hatte während seiner Amtszeit bereits verkehrsbezogene Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen. So wurden viele Straßen mit Busspuren versehen, Fußgängerzonen und Radverkehrsanlagen geschaffen, das Bikesharing-Angebot Vélib’ mit 20.000 Fahrrädern eingeführt und der Pkw-Verkehr von Teilen des Seine-Ufers verbannt. Als Folge dieser Maßnahmen ist der Verkehr in der Stadt zwischen 2002 und 2008 um 20 Prozent gesunken. Zwischen 2001 und 2014 ist die Pkw-Besitzquote von 60 auf 40 Prozent gesunken. Die neue Bürgermeisterin Anne Hidalgo versucht diesen Weg weiter zu gehen und die verkehrsbezogenen Schadstoffemissionen weiter zu verringern. Perspektivisch sollen beispielsweise die Betriebsstunden der Pariser Metro auf die ganze Nacht ausgedehnt werden, Elektrofahrzeuge und Fahrzeuge mit Hybridantrieb sollen von der Zahlung von Parkgebühren befreit werden.

Grün am Pariser Seineufer
Umgestaltetes Seineufer – Foto: Mairie de Paris/Marc Verhille

Als weitere Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität plant die Stadtverwaltung, das Einfahren in die Innenstadt mit Diesel-Pkw zu verbieten. Allenfalls einkommensschwache Haushalte mit alten Dieselfahrzeugen könnten eine zeitlich begrenzte Ausnahmegenehmigung erhalten. Perspektivisch sollen Pkw mit Dieselantrieb den Périphérique ebenfalls nicht mehr befahren dürfen.

Dieselmotoren haben durch die Emission feiner Rußpartikel und Stickstoffoxide (NOx) eine negative gesundheitliche Wirkung. “Dieselmotoren erzeugen – bei Turboaufladung besonders stark – prozessbedingt wesentlich mehr NOx als Ottomotoren. Der permanent hohe Luftüberschuss in der Flamme und höhere Verbrennungstemperaturen begünstigen die chemischen Reaktionen, die zur Oxidation des Luftstickstoffs führen. Hinzu kommt, dass aufgrund des höheren Luftanteils während der Verbrennung kein Dreiwegekatalysator wie beim Ottomotor eingesetzt werden kann. Um die Emissionen von Kohlenmonoxid (CO) und unverbrannten Kohlenwasserstoffen (HC) zu verringern und die vorgegebenen Grenzwerte sicher einzuhalten, wurden vorrangig bei Euro-2 und -3 Diesel-Pkw Oxidationskatalysatoren im Abgasstrang eingesetzt. Diese wandeln auch das im Motor primär entstandene NO (je nach Zusammensetzung des Katalysators unterschiedlich stark) in NO2 um; der direkt emittierte NO2-Anteil steigt an.”1 Eine Abwrackprämie, deren Einführung Bürgermeisterin Hidalgo vom französischen Staat fordert, soll beim Umstieg von Diesel auf einen (teilweise) elektrifizierten Antriebsstrang (Elektroauto / Hybridauto) oder Gasantrieb unterstützen.

Neben einer Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs sollen auch die Alternativen zum Pkw gestärkt werden. In den kommenden sechs Jahren soll die Länge des Radwegenetzes mit 100 Millionen Euro verdoppelt und das Bikesharing-Angebot Vélib’ mit elektrischen Fahrrädern ergänzt werden. In Nord-Süd- wie auch Ost-West-Richtung sollen leistungsfähige Trassen für den Radverkehr entstehen. Die Zahl von Ladepunkten innerhalb der Stadt soll erhöht werden. Die Elektromobilität soll jedoch nicht nur im Bereich Automobil, sondern auch im Fahrradbereich gefördert werden.

Um Spitzen der Schadstoffbelastung in der Luft abmildern zu können, plant die Stadtverwaltung eine temporäre Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit sowie weitere tageweise Fahrverbote abwechselnd für gerade und ungerade Kennzeichen. Diese Maßnahmen sollen jedoch durch grundsätzliche Änderungen wie Verbote für Diesel-Pkw innerhalb des Autobahnrings gar nicht mehr notwendig werden.

Unterstützung in und um Paris seitens der Bevölkerung

84 Prozent der befragten Pariser (n = 804, Erhebung durchgeführt von Ifop im Auftrag des Journal de Dimanche) sehen den Kampf gegen die Luftverschmutzung als wichtig an. Hierfür sind sie auch bereit, Einschränkungen in Kauf zu nehmen. 73 Prozent der Befragten befürworten die Förderung alternativer Antriebskonzepte (elektrischer Antrieb oder Gas) und des ÖPNV. 27 Prozent lehnen dies ab. 70 Prozent der Befragten unterstützen Fahrverbote abwechselnd für gerade und ungerade Kennzeichen bei länger andauernder Verschmutzung, 30 Prozent lehnen dies ab. 67 Prozent der Befragten unterstützen diese Maßnahme bereits bei Überschreiten der Spitzenwerte, 33 Prozent sind dagegen.

64 Prozent der befragten Personen sprechen sich für Einfahrverbote und die teilweise Umgestaltung im 1., 2., 3. und 4. Arrondissement aus, 36 Prozent sind dagegen. Eine Mehrheit von 54 Prozent findet sich für ein Verbot von Dieselfahrzeugen im Pariser Stadtgebiet (46 Prozent dagegen).

Von Restriktionen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung sind die Pariser in den meisten Fällen stärker überzeugt als die Bewohner des Umlandes und der Vororte:

zustimmung-massnahmen-paris-verkehrsberuhigung-bewohner-ausserhalb
Detailergebnisse der Befragung – Grafik: JDD

Je weiter die Befragten von Paris entfernt leben und je weniger stark sie durch die externen Effekte des Verkehrs beeinflusst werden, desto stärker fühlen sie sich in ihrer Freiheit beschränkt und diskriminiert. Die Pläne für die Beschränkung des motorisierten Individualverkehrs und der Verbesserung der Luftqualität sollen bis Februar kommenden Jahres fertiggestellt werden. Anschließend soll der Stadtrat darüber beraten.

Am 09. Februar 2015 hat der Stadtrat einem Teilplan des Luftreinhalteplans von Bürgermeisterin Anne Hidalgo zugestimmt (Download, 33 Seiten). Ab 1. Juli 2015 dürfen Lastwagen und Busse, die älter als 14 Jahre sind und in die niedrigste französische Emissionskategorie (1 Stern) fallen, zwischen 8 und 20 Uhr nicht mehr in den Bereich innerhalb des Autobahnrings Périphérique fahren. Ab dem 1. Juli 2016 wird Pkw und Motorrollern, die vor 1997 zugelassen wurden, die Einfahrt verboten. Die Grenzen werden schrittweise angehoben, sodass im Jahr 2020 nur noch ab 2011 zugelassene Diesel- und Benzinfahrzeuge mit den Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 in die Innenstadt einfahren dürfen.

Pkw-Besitzer, welche ihr Fahrzeug in Zukunft aufgrund der neuen Grenzwerte nicht mehr nutzen können, sollen finanziell entschädigt werden. So zahlt die Stadt für die Abschaffung eines über 14 Jahre alten Pkw einen Zuschuss von 500 Euro beim Kauf eines Fahrrads und der dazugehörigen Ausrüstung. Alternativ kann man einen “Pass Navigo annuel” erhalten, welcher zur kostenfreien Nutzung des öffentlichen Verkehrsangebots (ÖPNV und das öffentliche Fahrradverleihsystem Vélib’) für ein Jahr berechtigt, für das Carsharing-Angebot Autolib’ gibt es einen Rabatt von 50 Prozent. Die beschlossenen Maßnahmen bleiben jedoch nicht unwidersprochen und stehen als familienfeindlich und als ökologische Bevormundung in der Kritik.

Anfang 2018 hat Paris eine umfassende Reform der Parkraumbewirtschaftung und -überwachung umgesetzt. Durch eine neue Tarifstruktur und den Einsatz neuer Technologien sollen der vorhandene Parkraum effizienter genutzt, der Parksuchverkehr reduziert und damit die Luftqualität verbessert werden.

Madrid

Neben Paris plant auch die spanische Hauptstadt Madrid Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr im Innenstadtbereich. Ab 1. Januar 2015 wird auf weiteren 1,9 Quadratkilometern in der Innenstadt der Pkw-Verkehr auf den Anwohnerverkehr beschränkt. Nach der Ausweitung erstreckt sich die sogenannte “Área de Prioridad Residencial (APR)” auf insgesamt 3,52 Quadratkilometer.

Madrid Fußgängerzone autofreie Zone APR
Área de Prioridad Residencial (APR) – Karte: Ayuntamiento de Madrid

Der motorisierte Individualverkehr wird in dieser Zone auf das Hauptstraßennetz begrenzt. Falls ein Fahrzeug, welches keinem Anwohner gehört und keinen Stellplatz auf einem der 13 offiziellen Parkplätze in der Zone hat, diese befährt, erhält automatisiert ein Bußgeld von 90 Euro. Ein Zutrittskontrollsystem erfasst die Kfz-Kennzeichen aller einfahrenden Fahrzeuge mittels 22 Überwachungskameras und prüft die Zutrittsgenehmigung in einer Datenbank.

Bewohner, öffentliche Verkehrsmittel und Rettungsfahrzeuge dürfen die Zone jederzeit befahren. Motorräder sind auf 07:00 – 22:00 Uhr limitiert. Handwerker, Lieferanten und KEP-Dienste dürfen an bestimmten Tagen und zu gewissen Zeiten (10 – 13 Uhr) die Zone befahren.

Diese Maßnahme sind Teil des Plans, den Innenstadtbereich Madrids innerhalb des Autobahnrings M-30 (Autopista de Circunvalación M-30) bis 2020 in eine Fußgängerzone zu verwandeln. Durch die nun ergriffenen Beschränkungen soll die Verkehrsmenge um mindestens ein Drittel sinken. Zuvor wurden bereits die Parkgebühren stark angehoben, das Radwegenetz und das öffentliche Fahrradverleihsystem ausgebaut, die Zahl der Busspuren erhöht und ortsfeste Radarfallen installiert.

Zurzeit beträgt die mittlere Geschwindigkeit in der zentralen Zone 21 km/h. 29 Prozent aller Fahrten werden mit Privatfahrzeugen durchgeführt. Sechs Prozent der Fahrten in Madrid werden durch Stau oder zähflüssigen Verkehr ausgebremst. Im Schnitt beträgt der Besetzungsgrad im Berufverkehr 1,1 Personen / Pkw. 75 Prozent der Arbeitnehmer, welche im Innenstadtbereich arbeiten, fahren mit dem Pkw zur Arbeit.

Die Bevölkerung soll durch die Maßnahmen nicht nur vor den negativen Folgen von Luftschadstoffen, sondern auch vor Verkehrsunfällen und Verkehrslärm geschützt werden. Etwa 132.000 Personen (4 % der Bevölkerung) sind über den Tag hinweg einer übermäßigen Geräuschentwicklung ausgesetzt. 483.000 (15%) sind in der Nacht von Lärm negativ beeinflusst. Durch eine Aufwertung des Innenstadtbereichs dürfte zudem der Tourismus auf dem Plaza Mayor und der Puerta del Sol profitieren.

Bis 2020 sollen insgesamt 95 Maßnahmen durchgeführt werden, um sechs Prozent des Gesamtverkehrsaufkommens vom motorisierten Individualverkehr (MIV) auf den ÖPNV sowie den Fuß- und Radverkehr zu verlagern. Der MIV-Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen soll von heute 29 Prozent auf 23 Prozent gesenkt und der Anteil des Umweltverbunds (ÖPNV, Fuß, Rad) von heute 42 auf 45 Prozent erhöht werden. Die Stadtverwaltung prognostiziert, dass bei Umsetzung aller Maßnahmen etwa 3,2 Millionen Fahrzeugkilometer / Tag eingespart werden können. In Folge sollen 135.000 Tonnen CO2, 400 Tonnen NOx und 26 Tonnen PM 2,5 (Feinstaub) weniger emittiert werden. Bis zum Jahr 2020 soll zudem die Zahl der zurückgelegten Wege um 3,5 Prozent – dies entspricht etwa 130.000 zusätzlichen Wegen – wachsen. Diese zusätzliche Nachfrage soll mit den bestehenden Strukturen abgewickelt werden können.

Paris und Madrid stehen weltweit jedoch nicht alleine. Unter anderem plant Singapur, die Attraktivität des Fußverkehrs stark zu verbessern. Damit möchte der Stadtstaat die öffentliche Gesundheit und insbesondere die Gesundheit der Bevölkerung über 65 Jahren fördern. Weitere Städte dürften den Beispielen folgen.

Aktualisierung – 10.02.2015

Informationen zur Stadtratsentscheidung vom 09.02.2015 hinzugefügt, dass ab Juli 2015 ältere Lastwagen und Busse nicht mehr in die Innenstadt fahren dürfen.

Aktualisierung – 06.08.2018

Hinweis auf die umfassende Parkraumreform in Paris hinzugefügt.

  1. UBA (2013): Warum sind Dieselmotoren „NOx– und NO2-Schleudern“? – Online im Internet: www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/warum-sind-dieselmotoren-nox-no2-schleudern, abgerufen am 09.12.2014
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Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
Ist interessiert an innovativen Konzepten zum Lösen der Herausforderungen von morgen insbesondere in den Bereichen urbane Mobilität, Verkehr im ländlichen Raum und nachhaltige Verkehrskonzepte.

Kontaktaufnahme:

Telefon +49 (0)351 / 41880449 (voicebox)

E-Mail: randelhoff [ät] zukunft-mobilitaet.net

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Flusch
Flusch
8. Januar 2015 09:02

Was heißt denn MIV? (Mein Tipp: Immer vorsichtig mit Abkürzungen. Es gibt immer jemanden, der sie nicht kennt. Ich zum Beispiel diese hier.)

Valeska
Valeska
18. Dezember 2014 17:51

Danke!

Valeska
Valeska
15. Dezember 2014 14:37

Hallo Martin, woher hast du die Zahlen für das Beispiel Paris: “Als Folge dieser Maßnahmen ist der Verkehr in der Stadt zwischen 2002 und 2008 um 20 Prozent gesunken. Seit 2011 ist die Pkw-Besitzquote von 60 auf 40 Prozent gesunken.”

Danke und viele Grüße

Valeska

Valeska
Valeska
Reply to  Randelhoff Martin
9. Januar 2015 10:00

Hallo Martin,

schau mal, Hidalgo sagt das: “Aujourd’hui, 60% des Parisiens n’ont déjà plus de voiture, alors qu’en 2001, ils étaient 40%. Ça va vite.” (http://www.lejdd.fr/JDD-Paris/Anne-Hidalgo-La-fin-du-diesel-a-Paris-705238)

Also seit 2001 ist der Autobesitz gesunken – nicht 2011. Ich hatte mich schon gewundert ;-)

Grüße
Valeska

Helmigo
Helmigo
13. Dezember 2014 14:30

Ups, Madrid und nicht Mailand.
Also die Urbanen Region von Madrid kommt auf 7 Mio. EW, davon 3,2 Mio innerhalb der eigentlichen Stadtgrenze. Generell ist der PKW kein sinnvolles Werkzeug um damit starke Verkehrsströme zu bewältigen. Im Ballungsräumen gehört der MIV auf wenige Ausnahmen (Notdienste, gehbehinderte Menschen, Handwerker, Botendienste etc.) beschränkt.

Helmigo
Helmigo
12. Dezember 2014 12:54

Paris selber hat “nur” 2,2 Mio Einwohner, die Urbane Region jedoch über 12 Mio. Einwohner. In Milano liegt die Situation durchaus ähnlich (Stadt 1,3 Mio, Urbane Region 7,4 Mio). Das kann durchaus ein Problem sein, weil der ÖPNV meist von der Stadtverwaltung organisiert wird und dementsprechend außerhalb der Stadtgrenzen weit schlechter funktioniert als innerhalb. MM sollte man mehr über solche Probleme nachdenken, als über den Ersatz von Diesel- durch Benzin-PKWs. Letzteres ist ja eine typische Maßnahme, wie sie von einer Politik kommt, die von den Interessen der Automobilkonzerne gesteuert wird.

Axel
Axel
Reply to  Helmigo
15. Dezember 2014 10:54

Der ÖPNV wird in solchen Gegenden in aller Regel von regionalen Konsortien geregelt – auch in Madrid und Paris. Das der ÖPNV weiter “draussen” schlechter funktioniert, liegt einfach an der geringeren Bevölkerungsdichte die es einfach schwieriger macht ein gutes UND tragfähiges Angebot zu machen. Für Madrid muss man aber sagen, dass das Angebot gar nicht so schlecht ist, nur ist es wie überall sehr schwer die Leute dazu zu motivieren, mit dem Auto nur bis zur S-Bahn oder zum Busbahnhof zu fahren und dann mit dem ÖPNV weiter. Wer mal im Auto sitzt, der sitzt dort und nimmt Stau und Parkplatzsuche scheinbar auf sich.

Helmigo
Helmigo
Reply to  Axel
15. Dezember 2014 18:48

Dass die Menschen nicht mehr in die Öffis umsteigen, wenn sie einmal im Auto sitzen stimmt so nicht ganz, allerdings kann das garnicht funktionieren, wenn dieses Umsteigen erst am Stadtrand erfolgen soll. Das geht sich vom örtlich erforderlichen Parkraum nicht aus. Das alles unterstreicht mM die Wichtigkeit des ÖPV im weniger dicht besiedelten Raum und das halte ich für kein unlösbares Problem.

Madrid hat offenbar ein sehr dichtes Netz an Stadtautobahnen, siehe:comment image
Wenn so eine Stadtautobahn einmal – rein theoretisch – staufrei währe, dann währe dieses Angebot im Vergleich zum ÖPV konkurenzlos schnell. Somit entsteht ein Regelkreis: Sobald aus irgend einem Grund weniger Menschen auf der Autobahn fahren verlagert sich sofort wieder Verkehr vom ÖPV zur Autobahn, so lange bis die Autobahn wieder vertsaut ist. Umgekehrt ist es aber praktisch unmöglich Stadtautobahnen so breit zu bauen, dass sie den Verkehr bewältigen können. Ein Problem dass man schafft solbald man Stadtautobahnen baut, und dass man praktisch nicht mehr weg bekommt, wenn sie einmal da sind.

Axel
Axel
Reply to  Helmigo
15. Dezember 2014 19:40

Das war natürlich nicht als absolute Aussage zu verstehen. Aber die Menge der Leute die P&R Angebote nutzen ist doch überschaubar.
Auf den Autobahnringen läuft es teilweise sogar ganz gut – das Problem sind halt wie immer die Knoten – trotzdem hat man auf den diversen sternförmig herausführenden Autobahnen Morgens und Abends kilometerlange Staus. Überall hast Du ein leistungsfähiges S-Bahn und Busnetz. Ein Problem haben die meisten in Sachen ÖPNV nur auf der Strecke zwischen Wohnung und S-Bahn-Station.

Das vorhandene Autobahnen scheinbar nicht unbedingt eine Einladung zur Nutzung des ÖPNV sind, wird hier wohl niemand abstreiten. Ich wollte lediglich drauf hinweisen, dass es sehr wohl ein zusammenhängendes, zentral organisiertes ÖPNV System für die ganze Metro-Area gibt – im Falle von Madrid ist es auch nicht mal schlecht (meine Meinung).

H. Apfel
H. Apfel
12. Dezember 2014 06:42

“Je weiter die Befragten von Paris entfernt leben und je weniger stark sie durch die externen Effekte des Verkehrs beeinflusst werden, desto stärker fühlen sie sich in ihrer Freiheit beschränkt und diskriminiert.”

Das sollte nicht verwundern: der in der Paris ansässige “darf” täglich den Stau vor der Tür bewundern, die abgasgeschwängerte Luft einatmen und den Lärm ertragen. Der will natürlich das es weniger Verkehr gibt.

Der Bweohner der Vororte lebt ja dort weil es da ruhiger ist, will/”muss” aber gleichzeitig sein Schärflein zum Pariser Verkehr beitragen – daher ist der natürlich verärgert wenn er dann nicht mehr – abseits seines Wohnorts, bitte! – herumstinken und -lärmen darf.

Axel
Axel
10. Dezember 2014 20:55

OK, ich gebe zu, dass “desterrar progresivamente el uso del vehículo privado” in Politiker-Sprech alles bedeuten kann, sogar eine Fussgängerzone. Nachdem ich die Stadt aber sehr gut kenne und auch die lokale Verkehrspolitik verfolge, kann ich Dir garantieren, dass es so weit dann doch nicht geht – zumindest nicht in diesem kurzen Zeitrahmen. Da geht es derzeit eher darum zu zeigen, dass man ja alles versucht die von der EU Festgelegten Grenzwerte zu erreichen.

Man muss aber schon sagen, dass viel gemacht wird und die Ausweitung der “Anwohnerzugangszone” in der Altstadt sicher positive Effekte hat. Was vor allem bemerkenswert ist, dass seit Jahren überall Gehwege verbreitert werden und man beim Thema Fahrrad fast ausschließlich auf die gemeinsame Nutzung der Fahrbahn setzt. Die lokale Verkehrsordnung sieht z.B. vor, dass Fahrräder in der Mitte einer Fahrspur fahren müssen/sollen. In sehr vielen Strassen wurden Spuren mit Sharrows und Tempo 30 Zeichen markiert. Natürlich halten sich da nicht plötzlich alle Autofahrer dran, dennoch zeigt es, dass man nicht unbedingt auf Radwege setzen muss. Das Leihradsystem mit E-Bikes scheint auch ziemlich gut angenommen zu werden.
Wie gesagt, es wird schon was gemacht – aber das Ziel die ganze Fläche innerhalb des M-30 Rings zur Fussgängerzone zu machen dann doch nicht. Im Prinzip wurde dort nur die dort eh schon seit Jahren existente Parkraumbewirtschaftung auf ein dynamisches System umgestellt, bei dem sich der Preis nach der Auslastung richtet.
Es ist sicher gut zu zeigen, dass auch in anderen Ländern sich einiges bewegt, aber man sollte das immer im Kontext und mit einer gewissen Vorsicht betrachten. Diese Fläche zur Fussgänger Zone zu machen, wäre gleichbedeutend, wie wenn München jetzt ankündigen würde, alles innerhalb es Mittleren Rings bis 2020 zur Fussgängerzone machen zu wollen. Selbst wenn der politische Wille da wäre, wäre das wohl in der Zeit nicht machbar. Hier geht es auf jeden Fall erst mal drum die Leute über erhöhte Parkgebühren davon abzuhalten mit dem privaten PKW in die Stadt zu fahren – diese Politik gibt es aber seit bald 10 Jahren und sie wurde lediglich verschärft um der EU zu zeigen, dass man nicht untätig ist. In Paris kenne ich die Details nicht, aber ich gehe mal davon aus, dass auch dort das Damoklesschwert der Strafzahlungen über der Stadt schwebt, und daher ein gewisser Aktionismus herrscht ;-)

H. Apfel
H. Apfel
Reply to  Axel
12. Dezember 2014 06:49

“Es ist sicher gut zu zeigen, dass auch in anderen Ländern sich einiges bewegt, aber man sollte das immer im Kontext und mit einer gewissen Vorsicht betrachten.”

Wie sagte ein Bekannter am Wochenende: seitdem es für Verstöße in den “Umweltschutzzonen” keine Punkt mehr gibt stören ihn die Schilder nicht mehr – kontrolliert werde ja eh nicht, und wen er doch einmal 60 (?) Euro zahlen müsse sei das immer noch wesentlich billiger als ein neuer Wagen.

Nur große Reden schwingen und mit bunten Schilder die Landschaft verstellen bringt nichts. Sieht aber sicher gut aus und lässt sich in Brüssel auch gut verkaufen.

Thomas
Thomas
10. Dezember 2014 15:28

“1,9 Millionen Quadratkilometer” und “3,52 Millionen Quadratkilometer” in Madrid. Ich bin irritiert…

Axel
Axel
10. Dezember 2014 15:08

Also keine Ahnung welche Quelle Du hierfür hast >Diese Maßnahme sind Teil des Plans, den Innenstadtbereich Madrids innerhalb des Autobahnrings M-30 (Autopista de Circunvalación M-30) bis 2020 in eine Fußgängerzone zu verwandeln<, aber das wäre dann wohl doch zu schön um wahr zu sein.

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Verfasst von:

Randelhoff Martin

Randelhoff Martin

Herausgeber und Gründer von Zukunft Mobilität, arbeitet im Hauptjob im ARGUS studio/ in Hamburg. Zuvor war er Verkehrswissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund.
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